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Hans-Jürgen Hübner:

Geschichte Spaniens

Version 1.920 (17. Juni 2019)

Alhambra at dusk Granada Spain
Ansicht der in muslimischer Zeit entstandenen Alhambra in Granada, vom Albaicín-Hügel gesehen. Die Alhambra ist eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Europas und gehört seit 1984 zum Weltkulturerbe. Die Burganlage ist etwa 740 m lang und bis zu 220 m breit. 1492 wurde die Stadt durch katholische Kastilier erobert, 1527 erteilte Kaiser Karl V. den Befehl, im Innern der Anlage einen gewaltigen Palast zu errichten.

Die Geschichte Spaniens umfasst einerseits den gesamten Zeitraum von den ältesten menschlichen Spuren bis zum Einsetzen einer breiteren schriftlichen Überlieferung, dann vor allem die schriftlich überlieferte Geschichte. Daher unterscheidet sich die Urgeschichte von der auf der Grundlage von Schriftquellen verfassten Geschichte sowohl in der Beschaffenheit ihres Ausgangsmaterials, dementsprechend ihrer Methodik, als auch darin, welche Fragen an die Fundstücke sinnvoll gestellt werden können. Zwar setzt schon vor dem Ende der Urgeschichte eine schriftliche Überlieferung ein, so dass man hier von der Frühgeschichte spricht, und andererseits befasst sich die Wissenschaft, die sich vorrangig mit dieser langen Phase beschäftigt, die Archäologie, auch mit späteren Zeiten. Dabei hat sich für Spanien die Zeit um 500 v. Chr. als ungefähre Grenze zwischen Urgeschichte und Geschichte etabliert. Die Geschichte der iberischen Halbinsel reicht inzwischen bis zu 1,4 Millionen Jahre zurück, wie Funde aus der Sierra de Atapuerca im Norden und dem Barranco León im Süden belegen.

Das Neolithikum, der Übergang von der aneignenden Lebensweise der Jäger, Fischer und Sammler zur produzierenden, letztlich bäuerlichen Produktionsweise setzte ab etwa 5600 v. Chr. durch Zuwanderung aus dem zentralen Mittelmeer ein. Doch widerstanden im nördlichen und westlichen Küstenbreich Kulturen der Jäger, Fischer und Sammler bis um 3500 v. Chr. der grundlegend veränderten Lebensweise. Etwa 1200 v. Chr. gelangten keltische Stämme vom Norden auf die Halbinsel und vermischten sich mit den Iberern. Im 11. Jahrhundert v. Chr. landeten phönizische Seefahrer an der Küste und gründeten Kolonien, die als Basen für einen umfangreichen Handel dienten; später folgten Griechen, vor allem aus dem späteren Marseille.

Aqueduct of Segovia 08
Aquädukt von Segovia, wahrscheinlich unter dem römischen Kaiser Trajan erbaut. Das Bauwerk gilt als besterhaltenes Zeugnis römischer Architektur auf der iberischen Halbinsel

Während der punischen Kriege eroberten die auf die Phönizier zurückgehenden Karthager weite Teile des Südens und des Ostens der Halbinsel. Nach der Niederlage Karthagos eroberten die Römer ihre Kolonien und in einem langen Prozess die gesamte Halbinsel. Die Provinz Hispania entwickelte sich zu einem wichtigen Bestandteil des Römischen Reiches.

Als das Weströmische Reich zusammenbrach, eroberten Westgoten das Land. Die gotische Herrschaft dauerte bis 711, als muslimische Heere die Straße von Gibraltar überquerten. Diese als Mauren bezeichneten Berbergruppen eroberten den Großteil der iberischen Halbinsel, bis der Gotenkönig Pelayo ihren Vormarsch in der Schlacht von Covadonga in Nordspanien beendete. Dieses Ereignis markiert im Rückblick den Beginn der Rückeroberung des Landes durch die Christen, die Reconquista. Das maurische Spanien wurde nach 750 unabhängig vom arabischen Weltreich, 929 rief Abd ar-Rahman III. Al-Andalus zu einem eigenen Kalifat aus. Streitigkeiten zwischen den maurischen Adelsfamilien führten dazu, dass das Kalifat nach einem Jahrhundert in zahlreiche kleine Reiche zerfiel.

Inzwischen wurde der Einigungsprozess im Norden vor allem durch Kastilien vorangetrieben. León wurde 1037 von König Ferdinand dem Großen von Kastilien erobert, der den Titel „König von León“ annahm. Zudem verfolgten die Kastilier imperiale Ziele und nahmen zeitweise den Kaisertitel an. Die beiden Königreiche brachen zwar 1157 wieder auseinander, als König Alfonso VII. eine Erbteilung unter seine Söhne vornahm, doch um 1230 wurden sie von Ferdinand III. endgültig wieder im Königreich Kastilien vereinigt. Dies wiederum verband sich 1469 durch ein Ehebündnis mit Aragón, das den Ostteil der Halbinsel dominierte.

1492 eroberten die vereinigten Reiche von Kastilien und Aragón mit Granada die letzte muslimische Herrschaft. Die Vereinigung der beiden bedeutendsten christlichen Königreiche durch die Hochzeit von Ferdinand von Aragón und Isabella von Kastilien im Jahr 1469 machte aus den iberischen Reichen die stärkste politische Kraft im westlichen Mittelmeer. Ihr Bestreben aus Spanien ein einheitliches katholisches Reich zu machen, begründete die dortige Inquisition. In diese Epoche fiel die Entdeckung Amerikas 1492. Spanien entwickelte sich zu einem der mächtigsten Vielvölkerstaaten. Als Königin Isabella 1504 starb, hinterließ sie den Thron ihrer Tochter Johanna von Kastilien. Als sie Philipp, den Sohn des deutschen Kaisers heiratete, begann die Verbindung zum Haus Habsburg. Karl I. (von Spanien, zugleich Karl V. des Heiligen Römischen Reichs) vereinte 1517 eines der größten Kolonialreiche der Geschichte. Nachdem er sich 1556 zurückzogen hatte, wurde es zwischen der spanischen und der österreichischen Linie der Habsburger aufgeteilt. Dabei wurde das Land in umfassende Kriege mit Frankreich, den Niederlanden und England, aber auch dem Osmanenreich verwickelt.

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Spanien (mit Wasserscheide)

Als 1700 der letzte Habsburger-König Karl II. ohne Nachfolger gestorben war, folgte ihm der Neffe des französischen Königs Philipp von Bourbon. Der Spanische Erbfolgekrieg schloss sich an. Napoleon, der nach der französischen Revolution die Herrschaft in Frankreich angetreten hatte, eroberte Spanien und setzte seinen Bruder als König ein; die Spanier wehrten sich in einem langwierigen Guerillakrieg.

Nach der Niederlage Napoleons gegen die europäischen Großmächte wurde Ferdinand VII. wieder als absolutistisch herrschender König eingesetzt. Wirtschaftliche Rezession und politische Instabilität, dazu der Verlust fast aller Überseebesitzungen kennzeichneten die Bourbonenherrschaft.

Nach der Revolution von 1868 entstand 1873 für ein Jahr die Erste Republik. Eine Rebellion in der spanischen Kolonie Kuba 1895 führte schließlich zum Krieg gegen die USA, in dessen Folge Spanien seine letzten Überseebesitzungen verlor. Die Weltwirtschaftskrise destabilisierte das Land weiter. Die Verbindung des Königs mit dem Diktator Miguel Primo de Rivera diskreditierte die Monarchie, sodass 1931 die Zweite Republik ausgerufen wurde.

Die wachsenden Spannungen zwischen der republikanischen Regierung und den in Katalonien verwurzelten Anarchisten und der nationalistischen Opposition gipfelten schließlich im Bürgerkrieg der Jahre 1936 bis 1939, in die sich auch Deutschland, Italien und die Sowjetunion militärisch einschalteten. Die Nationalisten unter Francisco Franco setzten sich 1939 durch. Franco hielt Spanien zwar aus dem Zweiten Weltkrieg heraus, aber seine Diktatur führte zu politischer und wirtschaftlicher Isolation.

Diese Isolation konnte erst nach seinem Tod 1975 aufgebrochen werden und eine konstitutionelle Monarchie entstand, die sich gegen den Versuch eines Militärputsches stellte. Ministerpräsident Adolfo Suarez setzte Reformen durch, die den Übergang zur Demokratie brachten. Spanien trat 1982 der NATO und 1986 der Europäischen Gemeinschaft bei und führte 2002 den Euro als gemeinsame europäische Währung ein. 2008 geriet das Land in die 2006 in den USA einsetzende Weltwirtschaftskrise, 2017 forcierte Katalonien seine Bestrebungen nach Unabhängigkeit.

Inhalt

Paläolithikum

Altpaläolithikum

Geröllwerkzeug (Chopper). Oberflächenfund aus dem Douro-Tal der Provinz Valladolid. Nur das eine Ende des Gerölls wurde beidseitig abgeschlagen, um dort eine scharfe Schneide zu erzeugen.

Der Begriff Altpaläolithikum umfasst einen derart langen Zeitraum, überaus verschiedene Kulturen und darüber hinaus verschiedene menschliche Spezies, dass eine Grobeinteilung in ein archaisches und ein klassisches Altpaläolithikum eine Orientierung zu wesentlichen Umbrüchen zu geben versucht. Gleichzeitig mindert diese Einteilung die allzu simple Vorstellung von einer großen Einförmigkeit und fehlenden Entwicklungsdynamik der Lebensweisen. Das Altpaläolithikum, für das Steinbearbeitungstechniken des sogenannten Mode 1 typisch sind, bei dem mit wenigen, in der Regel einseitigen Abschlägen, eine scharfe Kante erzielt wurde, um Geröllgeräte herzustellen,1 reicht bis zum ersten Erscheinen des Neandertalers (um 350.000 vor heute), das archaische Altpaläolithikum bis um 760.000. Die Bezeichnung der in dieser frühesten Phase lebenden Spezies als „Homo antecessor“ ist umstritten, jüngste Funde in Georgien könnten darauf hinweisen, dass die Zahl der Menschenarten sich möglicherweise auf eine einzige reduziert, und dass die Debatte um diese Art der Unterteilung neu eröffnet werden muss.2

Altpaläolithischer Chopper aus Quarzit, aus einer Flussterrasse des Douro, Valladolid

Das Oldowan (mode 1) mit seinen Choppern wurde in Afrika bereits vor etwa 1,6 Millionen Jahren vom Acheuléen (mode 2) abgelöst, das durch Faustkeile gekennzeichnet ist. Die ältesten Faustkeile werden dort auf 1,75 Millionen Jahre datiert.3 In Europa, genauer in Spanien, lassen sie sich erst vor 760.000 Jahren sicher nachweisen.4 Dabei ist zu berücksichtigen, dass die in Frankreich entwickelte Vorstellung von Faustkeilen, die aus Feuerstein hergestellt wurden, und deren Epoche als Acheuléen bezeichnet wird, schon von daher nicht auf alle Regionen zu übertragen ist, als sich nicht überall Feuerstein findet. Dies gilt insbesondere für die iberische Halbinsel, wo Quarzit als Ausgangsmaterial sehr viel häufiger war.

Archaisches Altpaläolithikum (1,4 bis 0,76 Millionen Jahre)

Möglicherweise folgten menschliche Jäger vor mehr als 1,3 Millionen Jahren Elefanten und Steppenwisenten (Bison priscus), die aus Westasien süd- und westwärts wanderten. So zogen sie von Osten, wo sie in Georgien nachweisbar sind (siehe Hominine Fossilien von Dmanissi) nach Süditalien, Südfrankreich und Nordspanien.5 Die ältesten menschlichen Überreste Spaniens stammten bis 2013 aus der Sierra de Atapuerca, 20 km östlich von Burgos, und wurden zunächst auf bis zu 1,1 Millionen6, später bis 1,3 Millionen Jahre datiert.7 Diese Fundstätte im Norden Spaniens steht seit 2000 auf der Liste des Weltkulturerbes,8 da sie von größter Bedeutung für die Frühgeschichte des Menschen ist.

2013 wurde im Barranco León bei Granada ein Zahn gefunden, der zunächst auf 1,02 bis 1,73 Millionen Jahre datiert werden konnte. Paläomagnetische und biochronologische Untersuchungen ergaben später ein Alter von etwa 1,4 Millionen Jahren.9 Dieser älteste Überrest eines menschlichen Wesens im Westen Europas konnte 2014 genauer datiert werden, so dass zu diesem Zeitpunkt die ältesten Überreste Barranco León D (1,26 ± 0,13 Millionen Jahre), Sima del Elefante, Schicht 9c (1,22 ± 0,16) und Fuente Nueva 3 (1,20 ± 0,12) waren.9a

Die wenig jüngeren Funde in der Sierra de Atapuerca wurden zunächst Homo antecessor zugewiesen, dem 1997 fast 80 meist recht kleine Fundstücke von mindestens sechs Individuen als Überreste des „möglicherweise letzten gemeinsamen Vorfahren von Neandertalern und modernen Menschen“ zugewiesen und auf ein Alter von „ungefähr 650.000 Jahren“ geschätzt wurden.10 2008 datierte ein Review-Artikel die Fossilien auf 780.000 bis 500.000 Jahre.11 Die spanischen Forscher hatten sich zu einer umstrittenen Deutung ihrer Funde als neue Chronospezies entschlossen: Aus dem afrikanischen Homo ergaster habe sich demnach in Spanien der Homo antecessor entwickelt und aus diesem Homo heidelbergensis.12 Viele Paläoanthropologen ordneten hingegen die asiatischen homininen Fossilien des Altpleistozäns (rund 1,8 bis 0,8 Millionen Jahre vor heute) mit denen aus Afrika und Europa einheitlich dem Homo erectus zu, so dass sich Homo erectus aus Afrika kommend über Westasien auch in Europa ausbreitete und sich hier zu Homo heidelbergensis entwickelte; die spanischen Fossilien gehören aus dieser Sicht – wie auch beispielsweise der kaum jüngere südfranzösische Homo erectus tautavelensis – zu einer lokalen Gruppe des Homo erectus. 2011 wurde die Zuordnung der ältesten Überreste zu Homo antecessor widerrufen und das Fossil zurückhaltender als Homo spec. ausdrücklich keiner bestimmten Art zugeordnet;13 das Alter wurde nunmehr mit 1,3 Millionen Jahren angegeben.

Möglicherweise können „Homo antecessor“ auch Fossilienfunde aus einem algerischen Steinbruch bei Ternifine (Tighenif) in der Nähe von Muaskar zugeordnet werden: drei Unterkiefer, ein Schädelfragment und einige Zähne, die dort 1954 von dem Paläontologen Camille Arambourg gefunden wurden. In der Erstpublikation noch als Atlanthropus mauritanicus benannt14, werden sie heute meist als Homo erectus mauritanicus bezeichnet. Sollten sowohl die spanischen als auch die algerischen Funde zur gleichen Art gehören, hätte die ältere Bezeichnung Atlanthropus mauritanicus den Vorrang; statt Homo antecessor müsste dann – den heutigen Konventionen folgend – der Artname Homo mauritanicus 15 oder Homo erectus mauritanicus verwendet werden. Mit dieser zeitlichen und räumlichen Nähe zwischen den spanischen und den algerischen Funden steht die Frage in Zusammenhang, ob es den frühen Menschen möglicherweise in Zeiten eines niedrigen Meeresspiegels gelungen sein könnte, die Straße von Gibraltar zu überwinden. Zwar entstand hier keine Landbrücke, doch bei einem Absinken des Meeresspiegels um 100 m ragt eine Vielzahl von Inseln aus dem Meer, deren Abstand durch kurze Fahrten über das Wasser überwunden worden sein könnte. Doch ausgerechnet eine Pferdeart mit dem Namen Equus numidicus, die in Huéscar I, Cúllar de Baza, Cueva Victoria und Orce in Spanien gefunden wurde, aber auch im italienischen Pirro Nord und in Selvella, dann in Sainzelles in Frankreich und schließlich sogar in Süßenborn in Deutschland gefunden wurde, lebte vor 1,8 Millionen Jahren nicht in Nordafrika. So deutet auch hier die bisherige Fundlage darauf hin, dass weder über Tunesien-Sizilien noch über die Straße von Gibraltar Tierarten nach Europa wanderten. So ist eine Herkunft des Menschen aus Westasien nach wie vor die wahrscheinlichste Erklärung.

Möglicherweise sind die als Homo antecessor bezeichneten Fossilien der Beleg für eine frühe Besiedlung der Region von Atapuerca durch eine Population, die später wieder ausgestorben ist.16 Ähnlich alt ist ein als Homo cepranensis bezeichnetes Schädeldachfragment, das 1994 in Italien geborgen wurde und Homo antecessor „möglicherweise“ nahesteht.17 Auch spricht die Fundsituation in anderen Ländern wie Italien dafür, dass diese erste menschliche Population verschwand und eine zeitliche Lücke bis zur Neubesiedlung entstand.18

Schichtung in der Sima del Elefante, 2006

Die Fundstelle der Sima del Elefante, auch als Trinchera del Elefante bekannt, befindet sich im Zusammenhang des karstischen Komplexes der Cueva Mayor / Cueva del Silo am Ende der unteren Galerie. Es dürfte sich um eine Galerie von über 15 m Höhe und bis zu 18 m Breite handeln. Der Name der Höhle geht auf das Auftauchen einiger Fossilien im Jahre 2001 zurück, die zunächst Elefanten zugeschrieben wurden. Nachfolgende Untersuchungen zeigten jedoch, dass sie von Nashörnern stammten, wenn sich auch später Elefantenknochen fanden. Ihre 21 m dicke Sedimentschicht umfasst den ganzen Zeitraum menschlicher Besiedlung der Sierra, entsprechend dem Pleistozän. Ihre ältesten Ebenen befinden sich bis zu 3,5 m unterhalb der eigentlichen Tiefe des Eisenbahngrabens und sind über eine Million Jahre alt (Altpleistozän). Dort fand man tierische Überreste nebst Steingeräten, was die Gegenwart von Hominini in einer Epoche vor derjenigen beweist, in dem der „Homo antecessor“ / Homo heidelbergensis in der Gran Dolina lebte (etwa 780-500.000 Jahre). Darüber hinaus wurden an einigen Knochenresten Schnittspuren gefunden, die von Steinwerkzeugen hinterlassen wurden. In den höheren Grabungsschichten wurden Werkzeuge des Mode 3 (Mittelpaläolithikum) gefunden, die Neandertalern zugeschrieben werden, nebst Überresten von Pferden und Hirschen.

2008 wurde ein Kieferknochenstück eines Individuums von etwa zwanzig Jahren sowie 32 Feuersteinwerkzeuge des Typs Oldowan (Mode 1) bekanntgegeben. Sie wurden auf 1,2 Millionen Jahre datiert.19 Während noch ältere europäische Funde aus Südfrankreich20 und Süditalien21 umstritten sind, galten bis 2013 die Funde aus der Sima del Elefante als die ältesten gesicherten Belege für die Anwesenheit des Menschen in Europa westlich von Georgien.22

Funde der Zeit um 800.000 vor heute sind in Spanien vergleichsweise häufig. Die unterste Schicht in der Cueva de Santa Ana in der westspanischen Extremadura (Provinz Cáceres) weist Werkzeuge des mode 1 auf. Sie konnten auf etwa 800.000 Jahre datiert werden.23 Wenig älter sind die Funde aus Vallparadís (Tarrasa, Barcelona). Cúllar de Baza wurde zuletzt auf 780.000 Jahre datiert.

Klassisches Altpaläolithikum (um 760.000 bis 350.000 Jahre)

Der älteste Nachweis des Homo Heidelbergensis, auch als archaischer Homo sapiens bezeichnet, gelang in der Sima de los Huesos für die Zeit vor etwa 600.000 Jahren. Dabei ist die Frage der kontinuierlichen Besiedlung der iberischen Halbinsel ein Schwerpunkt der Diskussionen. Möglicherweise wurde die Region von mindestens zwei Homininenarten bewohnt.24 Funde aus der Zeit vor 550.000 sind dabei selten, häufiger zwischen 524 und 470.000 (aus der Klimaphase Oxygen Isotopic Stage (kurz: OIS) oder Sauerstoff-Isotopenstufe 13). Eine gewisse Populationserhöhung lässt sich für OIS 9 bis 8, also die Zeit zwischen 339 und 303.000 vor heute fassen. Die ältesten Belege für das Acheuléen stammen aus der Phase zwischen 565 und 524.000 vor heute. Dabei ergab sich eine Verdichtung der Funde aus dieser Phase im Gebiet des Duero, was vorschnell auf eine Siedlungsverdichtung zurückgeführt wurde. Dabei zeigte die Fundsituation, meist in überschwemmungsgefährdeten Flusslagen, dass allein diese Tatsache den Faktor der Überlieferungslage stark beeinflusst haben muss. Wichtige Fundstätten des frühen Acheuléen (OIS 14-11) sind Villapando, San Quirce, La Maya III (Salamanca, ca. 500.000 BP)), El Espinar, La Mesa und Espinilla Sima de los Huesos. Entsprechende Stätten des mittleren Acheuléen (OIS 10-8) sind Cuesta de la Bajada, Gran Dolina 10-11, Galeria Ambrona und Torralba, La Maya II, Mealhada, Alpiarça, El Sartalejo, San Isidro, Áridos I-II, Pinedo (Toledo), Puente Pino, der späteren Phasen, einschließlich des End-Acheuléen oder (klassisch) Micoquien (OIS 7-5e) El Castillo (Kantabrien), Lezetxiki, Solana del Zamborino (Granada), La Maya I, El Basalito (Salamanca), Oxigeno (Madrid), Galería Pesada.25 Dabei sind die späten Acheuléenstätten selten, El Castilo 23 und Lezetxiki gar die einzigen Höhlenstätten Nordspaniens, was in scharfem Gegensatz zum Reichtum der vorherigen Epochen steht.26

Cleaver aus Torralba, einer Acheuléenindustrie. Dort fanden sich keine menschlichen Überreste, jedoch mögliche Holz- und Knochenwerkzeuge aus der Zeit um 400 bis 250.000.

Grabungskampagne 2008. Die meisten Personen sind auf der Ebene TD10 versammelt. Dort befand sich ein Lager von Homo heidelbergensis.

Schädel Nr. 5 der Sima de los Huesos‘‘, ausgegraben 1992. Der Kiefer tauchte bei einer späteren Ausgrabung auf.

Bei der Galería in der Sierra de Atapuerca handelt es sich um eine unterirdische Galerie (Sektion TG), von der ein grubenförmiger Kamin (Sektion TN) nach außen führt. Der Kamin, der durch Einsturz des Galeriedachs entstand, wurde zu einer natürlichen Falle, in die viele Tiere stürzten oder von Jägern hineingestoßen wurden. Die Funde umfassen einen Zeitraum von 200 bis 400.000 Jahren. Es wurden fünf sedimentäre Phasen identifiziert (TGI-TGV), mit starker menschlicher Präsenz in der dritten. In dieser Phase wurden 13 verschiedene Schichten menschlicher Besiedlung ausgemacht, in denen eine Vielzahl von Steingeräten des Mode 2 (Acheuléen) mit Überresten von Hirschen, Pferden, Bisons und Nashörnern auftauchten. Deren Knochen tragen Bissspuren von Bären, Löwen, Füchsen und Luchsen. Auch ein Schädelfragment aus der Epoche des Homo heidelbergensis wurde gefunden.27

Die Fundstelle der Gran Dolina, wo sich bis zu den Entdeckungen von Sima del Elefante die ältesten menschlichen Überreste fanden, befindet sich im Inneren des Eisenbahngrabens und ist die bekannteste, da in ihr die ersten Fossilien entdeckt wurden, die später als „Homo antecessor“ ausgewiesen wurden. 18 m tiefe Sedimente umfassen eine Zeitspanne von vor einer Million Jahren (Schicht TD1) bis vor 200.000 Jahren (Schicht TD11).

In den unteren Schichten wurden Reste von Großkatzen gefunden, wie auch andernorts Homotherium latidens28 oder Megantereon,29 entdeckt wurden. Auch fanden sich in Gran Dolina Tüpfelhyänen, wobei die Funde in den Fällen der Säbelzahnkatze und der Hyäne von Gran Dolina die ältesten Nachweise dieser Arten in Europa darstellen. Außerdem fand man eine neue Bärenart, die nach ihrer Fundstelle Ursus dolinensis getauft wurde. Genau wie am Grund der Sima del Elefante wurden in der Schicht TD4 Steingeräte des Mode 1 mit einem Alter von einer Million Jahren gefunden. Zu dieser Epoche gehört aber auch das Megantereion withei, eine ebenfalls mit langen Eckzähnen ausgestattete Katzenart.

In der Schicht TD6 fand man 1994 Überreste dessen, was später von ihren Entdeckern als eine neue menschliche Spezies beschrieben wurde, des „Homo antecessor“. Untersuchungen der Knochen zeigen Schnittspuren, die von menschlichem Werkzeug herrühren. Daraus wurde geschlossen, dass die Bewohner Kannibalismus praktizierten,30 oder rituelle Formen, die entsprechende Spuren hinterlassen. In der folgenden Schicht, TD7, lässt sich die Änderung des Erdmagnetfelds vor 780.000 Jahren erkennen, die die Grenze zwischen Alt- und Mittelpleistozän definiert (Brunhes-Matuyama-Magnetumkehr). In der Schicht TD10 fanden sich Reste von Steingeräten des Mode 3 ebenso wie weitere Überreste des „Homo antecessor.“

Die Fundstelle der Sima de los Huesos ist eine kleine Kammer am Grund eines 13 m tiefen Lochs an der tiefsten Stelle der Höhle Cueva Mayor, in der man etwa 1.300 Knochen und Zähne von Menschen fand, die 25 Individuen zugeordnet werden konnten.31 Die Sedimente aus dem Mittelpleistozän sind hervorragend erhalten, jüngere Datierungen gingen von einem Alter von 600.000 Jahren aus.32

Aus diesen Funden stechen zahlreiche Schädel hervor, unter denen sich auch der Schädel Nr. 5 befindet, der besterhaltene Schädel eines Homo heidelbergensis, der im Volksmund zu Ehren Miguel Indurains Miguelón genannt wurde.33 Es wurden zahlreiche Knochen aller Arten gefunden, von einem auf den Namen Elvis getauften Beckenknochen34 (Pelvis) bis hin zu Gehörknöchelchen. Elvis ist der vollständigste Beckenknochen des Fossilienbestands. Er gehörte zu einem 1,75 m großen und 95 kg schweren männlichen Individuum. Daraus wurde der Schluss gezogen, dass der Homo heidelbergensis so groß war wie heutige Menschen, jedoch von robusterem Körperbau. Die Beckenhöhle war größer, was den Frauen die Geburt erleichterte. Die Größe von 11 Erwachsenen und 3 Kindern konnte anhand von 25 Sprungbeinen bestimmt werden. Sie lag im Schnitt bei 174,4 cm für Männer und 161,9 cm bei Frauen.35 Dieselbe Untersuchung kam zu dem Schluss, dass die anatomischen Merkmale auf eine Verwandtschaft zum Neandertaler hinweist. Bei durchschnittlich 10,6 °C und optimaler Feuchtigkeit überdauerten kleine DNA-Schnipsel die 400.000 Jahre so gut, dass sich das Genom im Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig weitgehend entschlüsseln ließ, genauer gesagt von mitochondrialer DNA (mtDNA). In der mtDNA, die nur über die weibliche Linie weitergegeben wird, findet keine Vermischung mit dem Genom von männlicher Seite statt, die Verwandtschaft ist also gut nachzuvollziehen. Dabei stellte sich heraus, dass, entgegen bisheriger Vermutungen, eine größere Nähe zum zentralasiatischen Denisova-Menschen besteht, als zum Neandertaler. Bisher ist aber noch unklar, wie die Ergebnisse einzuordnen sind, denn es bestehen mehrere Möglichkeiten der Erklärung.35d

Man nimmt an, dass der Ort eine Totenkult- und Begräbnisstätte war. Nur ein einziges Steingerät wurde unter den Knochen gefunden, ein 1998 entdeckter, unbenutzter Faustkeil aus Quarzit mit Ocker (im ganzen Komplex von Atapuerca wurde kein weiteres Werkzeug aus diesem Material gefunden). Es wird vermutet, dass Excalibur eine Grabbeigabe für einen der dort Bestatteten ist, was auf emotionales Empfinden, symbolisches und reflexives Denken sowie eine Auseinandersetzung mit den Problemen von Leben und Tod hindeuten könnte. Während dieser Zeit lassen sich dagegen in Italien noch keine Belege für eine Art rituellen Umgangs mit den Toten feststellen.

Faustkeile sind seit etwa 900.000 Jahren von der Fundstelle Cueva Negra del Estrecho del Río Quípar36 im Südosten Spaniens bekannt, allerdings bestehen sie aus Kalkstein und sind daher umstritten, gelten jedoch vielfach als die ältesten Nachweise Europas. Auf etwa 760.000 Jahre werden Faustkeile aus Feuerstein aus La Solana del Zamborino, das ebenfalls in Südostspanien liegt, datiert.37

Trotz einiger Hinweise ist der Gebrauch von Feuer nicht gesichert.38 Untersuchungen an den Zähnen aus der Sima de los Huesos erwiesen, dass sie als Werkzeuge eingesetzt wurden, weshalb man auch von der dritten Hand spricht.38d

Mittelpaläolithikum

In einer Höhle im Felsen von Gibraltar wurde 1848 ein Schädel gefunden, der später als der eines Neandertalers bestimmt und auf ein Alter von rund 60.000 Jahren datiert wurde. Der Schädel eines etwa vierjährigen Neandertaler-Mädchens wurde dort 1926 entdeckt. Inzwischen ist die Zahl der Neandertalerfunde erheblich angestiegen. Der südlichste Fund Spaniens stammt aus Zafarraya, also einer Region, in der sich die Neandertaler besonders lange belegen lassen. Immer wieder kommt es zu Neufunden, wie 2010 in der Sima de las Palomas del Cabezo Gordo, wo sich acht Bruchstücke von Unterkiefern fanden,39 oder in der Cova Negra (Xàtiva), wo sich Überreste von sieben Individuen, davon vier Kindern fanden. Dort ist einer der Schädel mit Schnittwerkzeugen bearbeitet worden, was auf Rituale zurückzuführen sein könnte. Mit der voreiligen Deutung als Kannibalismus ist man heute wesentlich zurückhaltender.39c Eine weitere wichtige Fundstätte ist der Abric del Pastor bei Alicante.40 Dabei wurden bei der Bestimmung der zeitlichen Grenzen zwischen dem Erscheinen des Cro-Mangon-Menschen und dem Verschwinden des Neandertalers erhebliche Fortschritte gemacht.40f

Nucléus Levallois La-Parrilla
Levallois-Kern mit typischer Schildkrötenform; er dient der Herstellung nur eines Abschlages, La Parrilla (Valladolid)

Da der ganz überwiegende Teil der menschlichen Spuren aus steinernen Artefakten besteht, dienen Veränderungen in der Steinwerkzeugtechnik als Indikator für eine neue Phase der Geschichte. Vor etwa 300.000 bis 200.000 Jahren wird daher der Beginn des Mittelpaläolithikums mit dem Einsetzen der Levallois-Technik angesetzt. Darin verbanden die menschlichen Handwerker zwei bisher getrennte, alternative Techniken der Steinbearbeitung, nämlich façonnage und débitage. Doch dauerte es sehr lange, bis sich diese neue Technik stärker durchsetzte, weshalb die Grenze zwischen Alt-- und Mittelpaläolithikum vielfach erst vor 200.000 Jahren angesetzt wird.

Doch die Zahl der Fundstätten aus dieser Übergangsphase ist gering, daher ist der Prozess noch wenig verstanden; dies gilt umso mehr für den kantabrischen Raum, wo nur zwei Höhlen, die Lezetxiki- und die Arlanpe-Höhle Artefakte dieser Übergangsphase bargen. Zudem war dieser Übergang offenbar ein langgestreckter Prozess, denn es bestanden neben den jüngeren Techniken des mode 3 auch solche des im Altpaläolithikum dominierenden mode 2 bis vor etwa 115.000 Jahren fort. Zu dieser Zeit herrschte, wie Untersuchungen an der im Baskenland gelgenenen Arlanpe-Höhle erwiesen, ein wärmeres und feuchteres Klima im Rahmen der Eem-Warmzeit. Die Steinwerkzeuge bestanden sowohl aus lokal verfügbarem Materials als auch aus nicht-lokalem Feuerstein, der aus Stätten in 30 bis 70 km Entfernung stammte. Dabei liegt das Mengenverhältnis zwischen lokal und nicht-lokal bei 2:1, zudem waren die Werkzeuge aus lokalem Material erheblich größer und mittels der älteren Technik bearbeitet. Die Höhlen, die sich der Zeit zwischen 80.000 und 40.000 BP zuweisen ließen, weisen auf komplexeres Technologiemanagement und Subsistenzstrategien hin, aber auch auf extensivere Erschließung der Landschaft mit ihren Ressourcen hin. Außerdem ist der Gebrauch des Feuers erst in dieser Zeit sicher nachgewiesen.

Diese Phase wurde vor etwa 40.000 Jahren von einer neuerlichen Veränderung beendet, dem Aurignacien, das als erste Phase des Jungpaläolithikums gilt. Zu dieser Zeit wanderten die Cro-Magnon-Menschen ein. Im Mittelpaläolithikum lebten Neandertaler in Europa und Westasien. Hier sind Abschläge und Spitzen sowie Schaber charakteristisch. Neben steinernen Werkzeugen brachten sie Holzwerkzeuge und -waffen hervor, wie etwa Lanzen; hinzu kamen Werkzeuge aus Knochen, Elfenbein und Geweih, die vielfach miteinander verbunden wurden. Das Ende des Mittelpaläolithikums ist durch Übergangsindustrien gekennzeichnet.

Bifaz micoquiense
Spitze Faustkeile des spanischen Micoquien mit der für den Daumenballen ausgesparten Ecke

Im Gegensatz zu den früheren Neandertalern lässt sich für die späten Vertreter dieser Spezies eine großräumige europäische Kulturdifferenzierung nachweisen, wie etwa in Mittel- und Nordwesteuropa, in Italien, in Mittel- und Südwestfrankreich einschließlich der iberischen Pyrenäenregion, dann auf der übrigen iberischen Halbinsel. In Mittel- und Nordwesteuropa traten die flächenretuschierten Blattspitzen als technologisch höchstentwickelte Objekte auf, an einigen Fundstellen traten neben mittelpaläolithische Elemente, wie Blattspitzen und Schaber, bereits jungpaläolithische, wie Kratzer. Während genetische Befunde auf die Trennung von Neandertalern und Cro-Magnon-Menschen verweisen, kam es anscheinend in der jüngsten Phase der Neandertaler zu sogenannten Übergangsindustrien.

Dies gilt etwa für das französische Châtelperronien, das dem Neandertaler zugewiesen werden kann, jedoch nicht für das italienische Uluzzien, das wohl bereits dem Cro-Magnon-Menschen zugewiesen werden muss, und damit unseren Vorfahren. Am längsten könnten sich Neandertaler in Südspanien gehalten haben, wo Funde mindestens auf 34.000 v. Chr. datiert wurden, so dass lange ein Überleben dieser Spezies bis vor 30.000 Jahren möglich schien. Allerdings ist hier Vorsicht geboten, denn manche Funde, wie etwa in Jarama VI (Provinz Guadalajara), einem Felsüberhang nicht weit von Madrid, und Zafarraya41, einer Höhle bei Málaga, mussten aufgrund neuer Datierungen, statt wie bisher auf ein Alter von 35.000 Jahren, nunmehr aufgrund verfeinerter Methoden eher auf ein Alter von 45.000 Jahre datiert werden.42 Dies hängt damit zusammen, dass hier einerseits Verunreinigungen durch ein Ultrafiltrationsverfahren entfernt wurden, andererseits stößt die Radiokohlenstoffmethode hier zeitlich an ihre Grenzen und liefert jenseits von 50.000 Jahren nur noch wenig brauchbare Ergebnisse. Der zentralspanische Fundplatz Jarama VI, der als Refugium später Neandertaler identifiziert worden war, gehört vielleicht sogar eher in die Zeit zwischen 50 und 60.000 Jahre vor heute.43

Damit reduziert sich die Zeit, in der sich Neandertaler und anatomisch moderne Menschen in Europa begegnen konnten, erheblich, mitunter wird bezweifelt, ob sie sich überhaupt begegnet sind.

Isotopenuntersuchungen erwiesen, dass die Neandertaler sich überwiegend von Fleisch ernährten, was zur kühleren Umgebung und einer entsprechenden Flora passt. Insgesamt hat sich in den letzten Jahrzehnten das Bild vom Kleintiere jagenden Neandertaler zum Großwildjäger gewandelt, der allerdings am Ende nicht in der Lage war, sich hinreichend an die sich verändernde Fauna anzupassen und deren neue Ressourcen ausreichend zu nutzen (broad spectrum revolution). Die These, sie hätten sich überwiegend als Aassammler betätigt, gilt als widerlegt.44 Neben Überresten von Großwild verzehrte man auch Schildkröten.44c Darüber hinaus fanden sich Murmeltiere, die wegen ihres Pelzes gejagt wurden.45 Auch wird die Jagd auf Huftiere in einer Umgebung, die wenig vegetarische Kost bot, inzwischen höher eingeschätzt,46 während die Jagd auf Bären die Ausnahme war – von der veralteten Annahme eines Bärenkultes ganz abgesehen.

Homo neanderthalensis reconstruction1 (University of Zurich)
Versuch einer Rekonstruktion des Mädchengesichts aus dem Jahr 200848

Dorothy Garrod
Die Archäologin Dorothy Garrod entdeckte Gibraltar 2 im Jahr 1926.49

Das Verschwinden des Neandertalers ist eine seit langer Zeit intensiv beforschte Frage. Wiederholt wurden in Fundplätzen des Châtelperronien, das Elemente aufweist, die dem modernen Menschen zugeschrieben werden, Interstratifikationen von Neandertaler und Cro-Magnon-Mensch diskutiert, z. B. im nordspanischen El Pendo oder in der Cueva Morin beim nordostspanischen Santander, wo sich zwischen neun Moustérien- und sechs Aurignacien-Schichten eine Châtelperronien-Schicht fand. In der ältesten Aurignacien-Schicht fanden sich Spuren von Gräbern und möglicherweise Hütten.50

Charakteristisch für die Werkzeugindustrie des Châtelperroniens ist die Neuentwicklung der Châtelperron-Spitzen (oder -Messer) mit gebogenem, abgestumpftem Rücken. Das Châtelperronien zeichnet sich einerseits durch das Vorkommen jungpaläolithischer Elemente wie Knochen-, Geweih- und Elfenbein-Werkzeuge, Klingen und Schmuck aus. Die Verwendung von Knochenmaterial zur Herstellung von Waffen und Werkzeugen, aber auch als Brennmaterial,51 hat einige Vorläufer in den Neandertaler-Kulturen des Mittelpaläolithikums, wie die Knochenspitzen aus Salzgitter-Lebenstedt oder der Großen Grotte bei Blaubeuren. Elfenbein wurde weit häufiger als Werkstoff verwendet als Geweih.52 Andererseits weisen Inventare des Châtelperronien noch einen deutlichen Anteil mittelpaläolithischer Technologien auf, wie das Vorkommen der Levalloistechnik.

Die Frage, wer die Träger des Châtelperroniens waren und inwieweit solche Interstratifikationen belegbar sind, also Anzeichen für das gleichzeitige Bewohnen durch Neandertaler und Cro-Magnon-Menschen, spielt eine wichtige Rolle in der Diskussion zur Genese der jungpaläolithischen Kleinkunst.53 Dabei ließ sich durchaus eine Form des Abstraktionsvermögens auch bei Neandertalern nachweisen. Als sicherster Fundplatz, an dem sich ein Beleg für Schmuckobjekte des Neandertalers fand, galt bisher die zwischen 1949 und 1963 von André Leroi-Gourhan ausgegrabene Grotte du Renne (Rentierhöhle) von Arcy-sur-Cure im französischen Département Yonne. Mit dem Beweis, dass es sich bei den isolierten Zähnen um Reste von Neandertalern handelt, schien zugleich gesichert, dass die in den Châtelperronien-Fundschichten gefundenen Schmuckgegenstände (Ohrgehänge, durchbohrte und mit Rillen versehene Zähne als Schmuckanhänger, Fossilien und anderes) mit dem Neandertaler in Verbindung stehen müssten. Die Fachzeitschrift Nature titelte 1996 anlässlich dieses Beitrags: „Neanderthal Fashion“.54 Offen schien dabei lediglich die Frage, ob dies durch Akkulturation des anatomisch modernen Menschen (Cro-Magnon-Mensch) in Europa geschehen sei, oder ob Neandertaler diese Entwicklung unabhängig vom modernen Menschen hervorgebracht hätten.55 Neue 14C-Daten (31 AMS-Daten mit Ultrafiltration) konnten jedoch zeigen, dass die Châtelperronien-Schichten von Arcy eine Datenstreuung zwischen etwa 21.000-49.000 BP aufweisen, was im Sinne der Autoren für eine erhebliche Durchmischung des Fundhorizontes spricht.56 Einige modifizierte Knochen wurden direkt datiert und sind mit weniger als 30.000 BP erheblich jünger als die letzten bekannten Neandertaler Südwesteuropas. Dabei sei die Vermischung mit Artefakten und Schmuckgegenständen wahrscheinlich, die der anatomisch moderne Mensch hergestellt hat. Dem widerspricht eine Serie von neuen 14C-Daten, die nach wie vor den Neandertaler mit dem Châtelperronien der Grotte du Renne assoziieren lässt.57

Schließlich wurde in letzter Zeit deutlich, dass die späte Kultur der Neandertaler eher kleinräumig vorzustellen ist, zumal sich die Regionen Spaniens in klimatischer und geologischer Hinsicht stark voneinander unterschieden. So hing der Zugang zu natürlichen Ressourcen von der Ausstattung der Nahumgebung ab. Darüber hinaus wurde die Grenze, die der Ebro bei der Verbreitung regionaler Kulturen bildete, intensiv diskutiert. Um 39.600 Jahre BP lebten nördlich des Ebro kälteresistente Arten, doch fehlten auch mediterrane Arten nicht. Nördlich des Ebro befand sich also eher eine Kältesteppe, die allerdings bei weitem nicht so raue Lebensbedingungen bot, wie in Nordeuropa. Südlich des Ebro bestanden hingegen Wälder, die typisch für die gemäßigte und die warm-gemäßigte Klimazone sind. Diese Grenze muss der Ausbreitung des modernen Menschen erheblichen Widerstand entgegengesetzt haben, zumal sie auch während der Interstadiale, wenn auch mit einer räumlichen Verschiebung, weiterhin fortbestand. Dies könnte die verhältnismäßig späte Ankunft des Homo sapiens im Süden der iberischen Halbinsel erklären.58

Die nordostspanische Fundstätte Las Fuentes de San Cristóbal im Osten der Provinz Huesca, die zwischen 36.050 ± 550 und 20.220 ± 380 BP datiert wurde, und deren Funde maximal 55.000 Jahre alt sein können, weist, wie einige andere Fundorte auch, eine Phase ausbleibender Nutzung, einen Hiatus auf, in dem weder Neandertaler noch Vorfahren des modernen Menschen die Höhle nutzten. Dies würde der These Nahrung geben, dass sich Homo sapiens und Neandertaler in Westeuropa nie begegnet seien. Die 1998 entdeckte Höhle liegt im Pyrenäenvorland in 820 m Höhe. Die Bewohner der Höhle beschafften sich im Umkreis Rohmaterial, wie Quarzit oder Kalkstein. Zur Beschaffung von Feuerstein mussten bereits größere Entfernungen zurückgelegt werden. Am häufigsten wurde dazu eine 9 km entfernte Stätte aufgesucht. Insgesamt umfasste der Raum, in dem man sich Steine besorgte, einen Radius von 24 km. Dabei folgten die Jäger zwei lokalen Bachläufen und achteten möglicherweise darauf, die beschwerlichen Wege gleich zur Erledigung mehrere Aufgaben, wie Jagd und Steinbeschaffung zurückzulegen.59

Einen ähnlichen Hiatus, eine zeitliche Lücke zwischen der Nutzung einer Fundstätte durch Neandertaler und anatomisch moderne Menschen, weist die Cova Gran de Santa Linya auf.60 Mehrere tausend der dortigen Steingeräte und Abschläge lassen sich dem Aurignacien zuweisen. In tieferen Bodenschichten wurden jedoch zahlreiche Steinwerkzeuge und Abschläge aus dem Moustérien mit typischen Merkmalen der Levalloistechnik entdeckt.61 Eine Radiokohlenstoffdatierung der Schichten ergab, dass die frühesten Spuren moderner Menschen 40.000 bis 37.500 Jahre (cal BP) und die letzten Spuren der Neandertaler 43.000 Jahre (cal BP) alt sind. Zwischen diesen Fundschichten liegt eine „sterile“ Schicht ohne menschliche Spuren.62

Verschiedene Gründe für das Verschwinden des Neandertalers wurden im Laufe der Zeit genannt. Seitdem klar ist, dass er ein Großwildjäger war, wird auch in Betracht gezogen, dass er sich nicht auf die Jagd auf kleinere Tiere umstellen konnte. Auf der iberischen Halbinsel war, im Gegensatz zu Italien, das Kaninchen von größter Bedeutung für die Ernährung des anatomisch modernen Menschen.63 Andererseits erwiesen Untersuchungen an 50.000 Jahre altem Kot, an sogenannte Koprolithen also, von der Fundstelle El Salt bei Alicante, dass die Neandertaler hauptsächlich Fleisch aßen, aber auch pflanzliche Kost wie beispielsweise Knollen und Nüsse verzehrt haben müssen.63a

Die letzten Spuren von Neandertalern fanden sich auf Gibraltar, wo sich allein acht Neandertaler-Fundstätten befinden, in Gorham's Cave. Die Höhle lag damals etwa 100 m höher über dem Meeresspiegel als heute. Außerdem war das Meeresufer etwa 5 km entfernt, die Landschaft bestand eher aus Büschen und Sanddünen, ähnlich wie im heutigen Doñana-Nationalpark, und barg dementsprechend eine enorme Artenvielfalt.64 Bei Klimauntersuchungen stellte sich heraus, dass die Temperatur zu dieser Zeit etwa 1,6 bis 1,8 °C niedriger lag als heute. Dabei waren nur die Winter kälter, die Sommer hingegen glichen denen der Gegenwart. Die Regenmenge jedoch nahm ab, so dass die Neandertaler, deren Lebensweise an den Wald angepasst war, möglicherweise auch klimatisch unter Druck gerieten.65 Dort, wo die Neandertaler früher verschwanden, existierten auch weniger Wälder, wie Grabungen in Nordspanien zeigten. Damit bestätigten sie die Hypothese, der Lebensstil der Neandertaler sei stärker auf Wald angewiesen gewesen.66 Das Nahrungsspektrum des iberischen Neandertalers im zentralen und südöstlichen Mittelmeergebiet differierte regional geringfügig. Er blieb auf Großwild angewiesen, wenn auch pflanzliche Nahrung ergänzt wurde, wenn sie verfügbar war.67 Über die Ernährung jenseits des Fleischkonsums, also über pflanzliche Nahrung, lässt sich kaum eine Aussage treffen, obwohl die Flora für einen gewichtigen Anteil spricht. Verschmäht haben die Neandertaler aus Gorhams Höhle, wie man inzwischen weiß, auch Tauben und Alpendohlen (Pyrrhocorax) nicht, ein Usus, der sich mindestens 67.000 Jahre zurückverfolgen lässt.67a

In jedem Falle ließen sich in einer vor etwa 55.000 Jahren von Neandertalern bewohnten Höhlung, genauer in Schicht N des Abric Romani, Zonen unterschiedlicher Nutzung belegen. So deuten Holzüberreste in einer Travertinform darauf hin, dass es hier, 45 km nordwestlich von Barcelona, eine Art Schutzverhau oder -hütte gab, ebenso, dass die im Abstand von einem Meter voneinander befindlichen Feuerstellen eine Schlafzone markierten.67b

Vor mindestens 230.000 Jahren entstanden die ersten in Europa greifbaren Wohnstätten, wie Funde bei Nizza erwiesen (Terra Amata)68, wenngleich ihrer Datierung auf 380.000 Jahre widersprochen wurde.69 Der alltägliche Gebrauch von Feuer hat sich hingegen spätestens zu dieser Zeit endgültig durchgesetzt.70 Mit Hilfe der Uran-Thorium-Datierung wurden 2018 Wandmalereien in der Cueva de La Pasiega in Kantabrien auf ein Alter von mindestens 64.800 Jahren datiert.70p Auch für Wandmalereien aus den Höhlen von Maltravieso (Extremadura) und Doña Trinidad (oder Ardales; in Andalusien) kann eine Zuweisung an den anatomisch modernen Menschen, der erst vor 45 bis 40.000 Jahren auf der Iberischen Halbinsel erschien, ausgeschlossen werden. Damit reicht die Fähigkeit der Neandertaler zu abstraktem Denken und dem dazugehörigen Ausdruck erheblich weiter zurück, als bis dahin angenommen. Noch weiter reichen die Funde aus der Cueva de los Aviones im Südosten Spaniens zurück, wo sich Muscheln und Ocker fanden. Diese Äußerungen, ebenfalls als Ausdruck symbolischen Denkens gedeutet, wurden 2018 auf etwa 115.000 Jahre datiert. 70q

Jungpaläolithikum

Pferdedarstellung, Cueva de El Pendo, Carmargo, Cantabria

Hirschdarstellung auf einem durchbohrten Geweihstück, Magdalénien, Cueva del Castillo

Kennzeichen des Jungpaläolithikums ist eine neue Steinbearbeitungstechnik. Feuerstein wurde in einem neuartigen Klingenkonzept unter Anlage eines „Leitgrates“ verarbeitet. Das heißt, auf dem Kern wurde ein senkrechter Dorsalgrat angelegt, der das Abtrennen langschmaler Abschläge ermöglichte. Diese werden als Klingen bezeichnet.71 Dieses Konzept unterscheidet sich grundlegend von der auf der besagten Levalloistechnik basierenden, zuvor vorherrschenden Technik der Klingenherstellung, die als kennzeichnend für das Mittelpaläolithikum gilt. Mitunter wurde das neue Konzept bereits in Übergangsindustrien eingesetzt.72

Beim Châtelperronien ist die Zuordnung zu den beiden Menschenarten nicht gesichert, wenn auch 2009 eine Studie mit dem Ergebnis hervortrat, es sei dem Neandertaler zuzuweisen.73 Sicher dem modernen Menschen, dem Cro-Magnon-Menschen zuzuordnen ist das Aurignacien, das bei Kalibrierung der Daten nach derzeitigem Wissensstand einem Kalenderalter von mindestens 40.000 (möglicherweise 45.00074 bis etwa 31.000 Jahren vor heute75 entspricht. Jüngere Untersuchungen siedeln das frühe Aurignacien eher um 42.000 cal BP an.75a

Naturgemäß weist das Aurignacien zwei gravierende Probleme auf. Zum einen ist dies die Ungenauigkeit der C-14-Datierung, zum anderen die umstrittene Zuordnung zu Neandertalern bzw. Cro-Magnon-Menschen, also dem eiszeitlichen, anatomisch modernen Menschen.

Radiokohlenstoffdaten aus Aurignacien-Fundplätzen sind in ihrem Aussagewert umstritten.76 Zum ersten schwankte der atmosphärische 14C-Gehalt zwischen etwa 32.500 und 35.000 BP beträchtlich (verursacht durch Schwankungen des Erdmagnetfeldes).77 Dies führt zu Plateaus und Inversionen der 14C-Daten, was in den Aurignacien-Horizonten II bis IV des Geißenklösterle anhand von Daten mittels Thermolumineszenz und Elektronenspinresonanz veranschaulicht werden konnte.78 Zum zweiten ist die Methode empfindlich gegenüber Verunreinigungen: Eine 40.000 BP datierte Probe, die nur zu einem Prozent mit heutigem Kohlenstoff verunreinigt ist, wird über 6.000 Jahre jünger. Die Verschiedenheit des Probenmaterials (vor allem Holzkohle vs. Knochen oder Knochenkohle) hat bis in die 90er Jahre zum Teil für sehr heterogene 14C-Daten in ein und demselben Fundhorizont gesorgt.

Stark voneinander abweichende Altersangaben zum Aurignacien sind vor allem darin begründet, dass die 14C-Daten zum Teil als kalibrierte Altersangaben (cal BP) geliefert, zum Teil aber noch lange als unkalibrierte Rohdaten (BP) geliefert wurden. Die von der IntCal Working Group (IWG) 2004 autorisierte Kalibrierung von 14C-Daten (INTCAL04) reichte nur bis 26.000 BP zurück79 und schloss den Zeithorizont des Aurignacien damit aus. Seit 2009 liegt jedoch eine von der IWG autorisierte Kalibrationskurve bis 50.000 BP vor, die sich auf unabhängige marine Archive stützt.8081 Dabei wurden die Uran-Thorium-datierten Speläotheme oder Höhlenminerale (Hulu-Höhle, China82; der Bahamas83), datierte Korallenriffe sowie die Sauerstoff-Isotopenuntersuchung von benthischen Foraminiferen, also bodennahen Einzellern in Gewässern zugrundegelegt. Das Kölner Labor CALPAL84 sowie das Quaternary Isotope Lab der University of Washington85 bieten eine Kalibrierungssoftware für den Zeitbereich des Aurignacien an. Die Kalibrierung archäologischer Einzeldaten >26.000 BP ist jedoch nach wie vor umstritten, da Kalibrationskurven nur einen gemittelten Wert der Abweichung von Sonnenjahren geben, der in Einzelfällen weit höher ausfallen kann.

Die Kulturstufe des Aurignacien war in Mitteleuropa sowie in West- und Südeuropa verbreitet. In einer 2005 publizierten Untersuchung konnten seine Merkmale dem Homo sapiens zugeordnet werden, was zugleich ein Argument für die Trägerschaft des anatomisch modernen Menschen auch für das ältere Aurignacien ist. Ein Argument für die Zuordnung von Homo sapiens zum Aurignacien und Neandertaler zum späten Mittelpaläolithikum (hier vor allem Châtelperronien) bietet eine Studie, in der 95 Neandertalerzähne und 63 Homo-sapiens-Zähne aus gesichertem Befundkontext (das heißt mit archäologischen Hinterlassenschaften) untersucht wurden. Von 34 Individuen, die mit Aurignacien oder anderen frühjungpaläolithischen Industrien („Nicht-Châtelperronien“) assoziiert waren, sind 29 anatomisch moderne Menschen (Homo sapiens).86

Homalopoma sanguineum 01
Homalopoma sanguineum, eine Meeresschneckenart

Neben der Zuweisung gelangten in den letzten Jahren Fragen der Lebensweise verstärkt in den Mittelpunkt der Forschung. So ließ sich der Nachweis erbringen, dass wohl erstmals marine Ressourcen systematisch genutzt wurden.87

Nur zwei Funde aus Spanien konnten bisher dem Aurignacien zugewiesen werden. Der ältere stammt aus der Abric Romani,87d der jüngere aus der Foradada-Höhle, 50 km südlich von Barcelona. Derlei Spuren ließen sich in der Foradada-Höhle auf die Zeit nach 34.000 cal BP datieren. Dabei handelt es sich um die für die Epoche typischen, der Länge nach aufgesplitteten Geweihstücke, neben denen sich Steinwerkzeuge fanden, die gleichfalls typisch für die Kultur des frühen Aurignacien sind, wie etwa Dufour-Spitzen oder typische Endschaber. Eine perforierte Muschel der Art Homalopoma sanguineum, die weniger als 6,5 mm groß ist, lässt eine Datierung der nächsthöheren Schicht auf die Zeit vor 30-31.000 cal BP zu.87e

Die nachfolgende archäologische Kultur ist das Gravettien, dessen Zuordnung als gesichert gelten kann und für das die Ockerbestreuung typisch ist. Dessen Ausbreitung in den Südwesten der iberischen Halbinsel um 32.000 BP wurde lange als gleichförmiger Prozess betrachtet. Auch hier zeigte sich zum einen eine regionsspezifisch unterschiedliche Entwicklung, zum anderen bestätigte sich auch hier ein starker klimageschichtlicher Impuls für die kulturellen Veränderungen.88 In die Betische Kordillere des Südens gelangte das Gravettien und damit erstmals Homo sapiens zwischen 34.000 und 25.000 cal BP.89

Harpunen aus dem Museum von Altamira

Höhlenmalereien des Homo sapiens finden sich in der 1879 entdeckten Höhle von Altamira bei Santillana del Mar in Kantabrien, wo mehr als 150 Wandbilder aus der Zeit von 16.000 bis 14.000 Jahren v. Chr. zu sehen sind. Weitere, teils bis zu 20.000 Jahre alte Höhlenmalereien (s. zum Norden: Paläolithische Höhlenmalerei im Norden Spaniens) wurden in der Höhle La Pileta nahe Ronda und in einer Höhle nahe Nerja (beide in der heutigen Provinz Málaga in Andalusien) entdeckt. In den Höhlen von Ekain und Altxerri B, beide in der Nähe von San Sebastián im Nordosten der iberischen Halbinsel, fanden Archäologen eine Reihe von Gravierungen und Wandmalereien und bisher mehr als 300 Artefakte, vor allem Werkzeuge aus Stein oder Knochen, deren älteste zwischen 16.500 und 15.500 Jahre alt und der frühen Magdalénien-Epoche zugeordnet sind.90 In der Cueva del Mirón südöstlich von Santander wurde 2010 das mit rotem Ocker und Blüten bestreute Skelett einer 35- bis 40jährigen Frau geborgen, bekannt als Die Rote Dame von El Mirón. Sie wurde auf 16.700 v. Chr. datiert.

Strandschnecken aus der Höhle von Altamira

Mit 40.800 Jahren die ältesten Wandmalereien birgt die El-Castillo-Höhle, sie wurden dem frühesten Jungpaläolithikum zugeordnet und als wohl älteste Kunstwerke Europas anerkannt, älter als die der Chauvet-Höhle.91

Dem Magdalénien sind auch die Malereien aus der Cova Fosca zuzuordnen (etwa 15.000 v. Chr.). Sie wurde, wie die Cova de l’Or und die Höhlen des Barranco de los Grajos während des Neolithikums genutzt und während der Kupferzeit als Grabhöhle verwendet.92 Einige Gruppen verlagerten ihr Nahrungsspektrum auf Meeresbewohner, wie etwa Muscheln. Nachuntersuchungen an den Funden der 1970 bis 1986 ausgegrabenen Tito-Bustillo-Höhle zeigten, dass die dortige Gruppe sich besonders von der Gemeinen Napfschnecke (Patella vulgata) und der Großen Strandschnecke (Littorina littorea) ernährte.93 Letztere fand man auch in Altamira.

Die älteste Solutréen-Industrie in Kantabrien reicht von 21.700 bis 19.000 BP. Ihre frühe Phase ist durch blattförmige Klingen gekennzeichnet, in der späten sind diese mit einer Schulter ausgestattet. Nun dominierten einem Lorbeerblatt ähnliche Klingen und teils gezähnte Pfeilspitzen. Zu den Fundstätten gehören Parpalló in Valencia und La Riera in Kantabrien.

Mesolithikum oder Epipaläolithikum

Cantos de la Borrica - Sejos
Am Ende der letzten Kaltzeit beim kantabrischen Puerto de Sejos liegengeblieben.

Das Mesolithikum, im Mittelmeerraum vielfach Epipaläolithikum genannt, bezeichnet die nacheiszeitliche Periode bis zum Aufkommen der Landwirtschaft, bis zum Neolithikum. Sie beginnt um 9600 v. Chr. und endet zwischen dem Beginn des 7. und der Mitte des 6. Jahrtausends v. Chr., in einigen Gebieten auch später. Bis in die späten 1960er Jahre galt diese Phase als Zusammenbruch aller vorhergehenden Kunst, des Endes der großen Pflanzenfresserherden, zuweilen sogar als Ende der Bevölkerung. Dabei stellte sich heraus, dass schon vor der Landwirtschaft Keramik hergestellt wurde, und die Domestizierung von Tieren begonnen hatte; zudem erwiesen sich die Gesellschaften als komplexer, als lange angenommen.

Die Kulturen der nacheiszeitlichen Jäger und Sammler (und Fischer) standen in Spanien lange im Abseits der Forschung, da man sie für eine bloße Zwischenperiode zwischen den beeindruckenden jungpaläolithischen Kulturen und der Durchsetzung einer bodenbearbeitenden, einer produzierenden Lebensweise hielt. Zudem erforderte demzufolge die ökologische Katastrophe der Klimaerwärmung einen Rückgriff auf wenig beeindruckende Ressourcen, so dass vor allem das Asturien als eine Epoche der Krise und des Niedergangs begriffen wurde. Dies änderte sich erst in den 1980er Jahren durch neue Strömungen in den angelsächsischen Wissenschaften, wie die Neue Archäologie oder die Kulturökologie (bzw. Cultural Ecology).94 Einer der Auslöser war der Kongress Man the Hunter, der 1966 in Chicago stattfand, und der vor allem das Konzept der „Primitivität“ kritisierte sowie die Vorstellung, die Kulturen seien Ausdruck einer ständigen Notlage gewesen. Die Realität der vergangenen wie die der gegenwärtigen Jäger-und-Sammler-Kulturen ist demnach im Gegenteil von hochgradiger kultureller Komplexität gekennzeichnet.

Entrada pileta
Eingang zur Cueva La Pileta bei Ronda

Zudem wurde die Kontinuität der Kulturen unterschätzt. Die jüngsten, in der seit 1912 ergrabenen Cueva La Pileta bei Ronda in der Provinz Malaga gefundenen Wandmalereien wurden etwa im 6. Jahrtausend v. Chr. angefertigt.95 Ebenfalls aus dieser Zeit stammen Malereien in der Höhle Cueva de los Letreros bei Vélez Blanco (Provinz Almería) und Grabbeigaben – Goldschmuck und gewebte Stoffe – aus der Höhle Cueva de los Murciélagos (Provinz Granada, Andalusien).

Wie bei den vorhergehenden vom Ausgangsstoff Stein definierten Phasen, so veränderten sich auch im Mesolithikum die Werkzeuge und Waffen. Mikrolithen dominierten, dabei variierten die Werkzeugformen regional sehr stark. Die Nahrungsbasis veränderte sich im Zuge der Erwärmung, die nicht nur die Gletscher schmelzen, sondern auch die Kältesteppen verschwinden ließ, in relativ kurzer Zeit. Die großen Herden, vor allem Auerochsen und Pferde, verschwanden zunehmend. Von diesen im Norden des Kontinents sehr ausgeprägten Vorgängen war die iberische Halbinsel weniger drastisch betroffen. Daher konnten menschliche Populationen dort auch die Zeit der maximalen Ausdehnung der Vereisung überleben.

Das Azilien (ca. 12.300 bis 9.600 v. Chr.) gilt als erste Phase des Mesolithikums oder als letzte der vorausgehenden Epoche. Der Begriff wurde 1889 nach Grabungen in der Höhle von Mas d'Azil im französischen Département Département Ariège geprägt. Im deutschen Sprachraum wird das Azilien meist mit dem Synonym Federmesser-Gruppen bezeichnet. Leitformen sind das Federmesser (auch Rückenspitze, oder -messer genannt), sowie kurze Kratzer, Stichel und Harpunen aus Hirschgeweih. Die Bewaldung der Kältesteppengebiete setzte ein, wobei zunächst Birken und Tannen vorherrschten, doch kehrten auch bald Hasel und Eiche zurück. In diesen Wäldern konnten sich nun eher Schweine und Rehe bewegen, so dass Bisons verschwanden und Pferde selten wurden. Doch auch für Menschen waren dicht bewaldete Gebiete nicht leicht zu bewohnen. Dies wiederum verstärkte die Fischerei und förderte den Zug an die Küste, während die Gebirgszonen jenseits einer Höhe von 1000 m kaum Siedlungsspuren aufweisen. Gebirgssiedlungen fanden sich bei Anton Kóba in Guipúzcoa, Urrátxa (Vizcaya) oder La Calavera. Selbst auf der Südseite des kantabrischen Gebirgszuges fanden sich Siedlungsspuren. Naturgemäß bevorzugten die Jäger, Fischer und Sammler die Flussläufe. Das Spektrum der Nahrungsmittel erweiterte sich noch stärker als im Magdalenien. Dabei spielten offenbar auch Mollusken ein ezunehmende Rolle, allerdings stellte sich heraus, dass sie nicht im Sommer konsumiert wurden. Hingegen stellte sich anhand junger Säugetiere, die erlegt worden waren, heraus, dass sie überwiegend im Frühjahr bis späten Sommer gejagt worden waren. Im Herbst konzentrierten sich die Menschen eher auf das Sammeln von Haselnüssen, Eicheln und anderer Samen und Nüsse. Insgesamt könnte dies ein Beleg für eine Saisonalität sein, also für Zyklen, in denen man sich die verschiedenen Ressourcen aneignete.

Die älteste Grabstätte fand sich in der Höhle Los Azules in Kantabrien. Sie wurde auf die Periode zwischen den beiden Messergebnissen 9250–8610 und 9180–8350 v. Chr. datiert.96 Neben einem in Rückenlage in einer Grube beigesetzten Mann fand man Ocker, einige bemalte Geröllwerkzeuge (cobbles), den Schädel eines Dachses (Meles meles) und Schalen der essbaren Bartmuschel (Modiolus barbatus), die zur Gattung der Pferdemuscheln gehört, die wiederum zur Familie der Miesmuscheln (Mytilidae) zählt. Hinzu kamen Harpunen, Schaber und Stichel.

Aus dem Asturien (8000-5000 v. Chr.) stammt das Grab vom Felsüberhang von Molino de Gasparín. Der dort ebenfalls in Rückenlage abgelegte Tote befand sich in einer Grube in einem Muschelhügel. Als Grabbeigabe kann das Schienbein eines Rothirschs gelten, vor allem aber drei asturische Picken, von denen eine geschärft war. Im Gegensatz zu diesen beiden Toten lag der Mann von Tito Bustillo (7590–7470 v. Chr.) auf der linken Seite mit angewinkeltem linkem Bein und ohne Beigaben auf dem flachen Höhlenboden. Allerdings deuten Farbreste auf eine rituelle Umgebung hin. In der Grabungsstätte J3 im Baskenland in der Sierra de Jaizkibel, ebenfalls einem Abri, fanden sich Überreste eines etwa 30- bis 40jährigen Mannes, der in Embryohaltung auf der rechten Seite lag (7150–6800 v. Chr.).98 In Los Canes fanden sich drei Tote in einer ovalen Grube (120 × 83 × 54 cm), die aus dem 6. Jahrtausend stammten. Zuunterst lag ein Erwachsener rücklings mit leicht angezogenen Beinen. Auf seinen Knien lag ein kleines Kind, das mit Knochen einer Gemse, eines Hirsches und eines Wildschweins assoziiert war. Ob das Kind später beigesetzt wurde, ist unklar, doch wenn es so war, muss das Grab gekennzeichnet oder erkennbar gewesen sein. Im zweiten Grab fand man einen auf der linken Seite mit angewinkelten Beinen liegenden Leichnam mit einem zweiten Leichnam, der gegenläufig beigesetzt worden war, so dass die Füße in Kopfhöhe lagen. Sie wurden möglicherweise zu verschiedenen Zeiten beigesetzt; an Grabbeigaben fand man ein perforiertes Hirschgeweih, einen sehr langen Knochen, einen möglicherweise kopfförmig bearbeiteten Stein, über dem Oberschenkelknochen Stirnknochen eines weiblichen Steinbocks, schließlich beim rechten Unterarm einen langen cobble mit Spuren von Ocker. Außerdem fanden sich meist um Kopf und Rumpf des Toten 61 Schalen von Porzellanschnecken, von drei Strandschnecken (Littorina fabalis) sowie eine von einer Mondschnecke. Sie waren wahrscheinlich Bestandteil eines Umhangs. Schließlich fanden sich im dritten Grab, das einer älteren Frau aus dem späten 6. Jahrtausend v. Chr. als letzte Ruhestatt diente und von der nur die Füße erhalten blieben, das Schulterblatt eines Hirsches (neben dem linken Fuß), dazu drei perforierte Eckzähne eines Rothirschs neben der Außenseite desselben Fußes. Sie waren wohl Bestandteil ihres persönlichen Schmucks gewesen. An der Fundstätte El Truchiro fanden sich als Grabbeigaben 30 Flintkerne in Kopfnähe, auf Brusthöhe lagen Muscheln (Cerastoderma edule), die wohl gleichfalls persönlichen Schmuck einer Frau (?) darstellten.

Die meisten kantabrischen Begräbnisse fanden in Muschelhügeln statt. In Gegensatz dazu steht die paläolithische Grabstätte von Tito Bustillo. Erkennbar ist zudem, dass das Gebiet der Beisetzungen gemieden wurde, jedenfalls fanden sich dort keinerlei Spuren alltäglicher Aktivität. Außerdem wurden solche Stätten zuweilen mehrere Jahrhunderte immer wieder gebraucht. Grundsätzlich lagen die Toten ausgestreckt in Rückenlage oder flektiert in Seitenlage. Wie die Grabstätte Cingle del Mas Nou belegt, fanden gelegentlich auch Manipulationen nach dem Tod statt. Die Grabbeigaben tendierten zunehmend zu persönlichen Gegenständen, dazu kamen Überreste wohl von Totenmahlen. Hingegen wurde roter Ocker im Mesolithikum seltener. Möglicherweise zeigt sich im Langzeitgebrauch der Begräbnisstätten eine Tendenz zu zunehmender Sesshaftigkeit oder saisonaler Mobilität sowie zur Bildung von Territorien.99

In einer Höhle des Kantabrischen Gebirges sorgte die gleichmäßige, niedrige Temperatur in einer Höhe von 1500 m über dem Meeresspiegel dafür, dass sich die 7000 Jahre alten Knochen und Zähne der La Braña 1 und 2 genannten Skelette von der Fundstätte La Braña-Arintero so gut erhielten, dass sich von einem Zahn das Genom entschlüsseln ließ. Es ist das erste vollständige Genom eines Europäers aus der Zeit vor dem Neolithikum. Zwar vertrug der Mann noch keinen Milchzucker, wie spätere Viehhalter, doch war sein Immunsystem offenbar schon an die Gegenwart von Tieren gewöhnt. Außerdem war er mit einer Menschengruppe verwandt, die zu seiner Zeit in ganz Europa und bis zum Baikalsee lebte. Deuten die Genetiker ihren Fund richtig, hatte der Mann eine recht dunkle Haut und blaue Augen. Anscheinend gab es eine konvergente Entwicklung der Hautfarbe in weiten Gebieten der Nordhalbkugel, die jedoch möglicherweise erst später einsetzte.99d

Megalithic Culture
Megalithkulturen in Europa zwischen 4800 und 1200 v. Chr.

Über 10.000 Feuersteinartefakte aus der Zeit um 8.200 cal BP fanden sich ab 2009 in der Höhle von Benàmer (Muro, Alicante).100 Dort fand sich ein Siedlungsplatz von weniger als 200 m² Fläche, der ein Lager darstellte.

Am längsten widerstanden mesolithische Lebensformen im atlantischen Iberien. Dies wird darauf zurückgeführt, dass die hochentwickelten Kulturen ein hohes Maß an Attraktivität und Versorgungssicherheit boten, so dass kaum Anlass bestand, Bodenbearbeitung oder Viehhaltung zu übernehmen.100f Erst um 3700 bis 3500 v. Chr. verschwanden die letzten mesolithischen Gruppen, wohingegen südlich der Gebirgsketten des iberischen Nordens bereits um 4300 v. Chr. neolithische Kulturen einzogen. Dabei muss man sich eine lange Übergangsphase vorstellen, wie Megalithbauten um 5810 +- 290 Jahre BP belegen, die erstmals in Larrate in Guipúzcoa auftraten. Solche für das Neolithikum typischen Bauten erschienen in Galizien um 5400 bis 5000 BP. Um 5500 BP tauchten sie in Kantabrien, um 5200 bis 5000 BP in Asturien auf. In der Höhle von El Mirón ließen sich domestizierte Tiere und Weizen um 5600 BP datieren, ebenso wie Keramik. Ein in der Nähe befindlicher Dolmen wurde auf 5500 BP datiert. All diese Anzeichen einer stark verspäteten Durchsetzung der Landwirtschaft werden dadurch bestätigt, dass auch die Milchwirtschaft und damit die Fähigkeit, tierische Milch zu verdauen, erst spät auftraten, wie genetische Untersuchungen an Begräbnisstätten im Baskenland aus der Zeit um 3000 bis 2500 v. Chr. erwiesen.100k

Neolithikum: zwei unabhängige Formen an der Küste und im Hinterland

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Dolmen von Antequera, Málaga

Antequera-p1010850
Dolmen von Antequera

Iglesia de la Santa Cruz de Cangas de Onís (5046778044)
Dolmen unter dem Fußboden einer Kirche, deren Bau 737 begann: Iglesia de la Santa Cruz de Cangas de Onís in Cangas de Onís, das bis 774 Hauptstadt des Königreichs Asturien war. Sie wurde während des Bürgerkrieges zerstört, heute befindet sich dort eine Rekonstruktion aus dem Jahr 1951.

Die ersten neolithischen Bauern und Hirten kamen um 5700 v. Chr. aus dem östlichen Mittelmeerraum nach Nordostspanien, um 5600 v. Chr. nach Andalusien,101 wobei das Gebiet um Valencia am besten erforscht ist. Auch in Andorra, in Balma Margineda, lassen sich diese frühesten iberischen Bauern nachweisen.102 Einkorn und Emmer erreichten Spanien spätestens in der Zeit um 5500 v. Chr., wie sich in der Coveta de l'Or und in der benachbarten Cova de Cendres erwies, aber auch an Fundstätten der nördlichen Meseta. Allerdings leistete Getreide noch keinen größeren Beitrag zur Ernährung und es erscheint auch später noch nur sporadisch.103 Auch ließen sich Bohnen und Erbsen belegen, Linsen aber erst ab der Kupferzeit, genauer während der El-Argar-Kultur.104 Viehhaltung, vor allem Ovocapride, ließ sich für das östliche Pyrenäenvorland in der Cova Gran de Santa Linya belegen, und damit Transhumanz.105 Wie sich das Verhältnis zwischen den Zuwanderern und den mesolithischen Jägern, Sammlern und Fischern gestaltete, ist seit langem umstritten. Sicher ist, dass der Lebensstil der vorneolithischen Gruppen noch lange überlebte, und die beiden Großgruppen etwa zwei Jahrtausende interagierten. Im Gegensatz zu Mitteleuropa fand auf der Iberischen Halbinsel kein einfacher Verdrängungsprozess zu Lasten der Jäger und Sammler statt. Am längsten hielten sich diese Gruppen in Zentraliberien. Offenbar überschritten aber auch einzelne bäuerliche Gruppen die Pyrenäen, wie genetische Analysen nahelegen (Els Trocs), und sie weisen auf Kontakte bis nach Mitteleuropa hin. Eine stärkere Homogenisierung der Bevölkerung fand erst im Chalcolithikum statt, was auf intensivierte Kontakte zwischen den Regionen hindeutet.

Bis vor wenigen Jahren schien klar zu sein, dass die Neolithisierung der iberischen Halbinsel vom östlichen Mittelmeerraum ausging, zumal sich genetische Belege für eine Zuwanderung dortiger Gruppen fanden. Die Cardial- oder Impressokultur breitete sich tatsächlich ab dem 7. Jahrtausend v. Chr. rund um das westliche Mittelmeer aus, mit Ausnahme der Balearen. Der Begriff, der eine Reihe verwandter Kulturen zusammenfasst, geht auf Gravuren zurück, die mit Herzmuscheln ausgeführt wurden.106

Diese Annahme, dass die Anfänge des frühesten Neolithikums des Binnenlandes mit Siedlern aus dem ostmediterranen Raum zusammenhingen, die sich an der Nordostküste niederließen und die entlang der Küsten des Mittelmeeres verbreitete Cardialkeramik mitbrachten, dass also in einem Akkulturationsprozess die früher dort ansässigen Bewohner die neolithische Lebensweise übernahmen und dabei aus der Cardialkeramik das Epicardial entwickelten, schien schlüssig. Im Hinterland waren jedoch beide Keramikstile lange Zeit unbekannt, und man nahm an, dass sesshafte Lebensweise und produzierendes Wirtschaften dort erst mit dem Einzug der Megalithkultur begannen. Unabhängig davon entstand jedoch im Hinterland das Meseta-Neolithikum. Ausgrabungen an Fundstellen im kastilischen Hochland im Raum Ambrona konnten für die zweite Hälfte des 6. Jahrtausends v. Chr. ein voll ausgebildetes Frühneolithikum mit Tierhaltung und Pflanzenanbau nachweisen.107

Die Felsmalereien in der spanischen Levante konnten aufgrund stilistischer Parallelen mit verzierten Tongefäßen in die Cardial- oder Impressokultur in der ersten Hälfte des 6. Jahrtausends v. Chr. datiert werden. Das Ende liegt (bis auf Ausnahmen) im Endneolithikum, im Zeithorizont der spanischen Glockenbecherkultur. Im Rahmen der Cardialkeramik, die das 6. Jahrtausend beherrschte, trat die Makroschematische Felskunst oder der Makroschematische Stil auf, auch Macro Schematic tradition genannt, wenn auch nur in einer recht kurzen Spätphase zwischen 5460 und 5230 v. Chr. Obwohl bereits seit 1908 bekannt, wurde erst nach einem Jahrhundert vorgeschlagen, diese Felskunst nicht mehr nur als Illustration der historischen Prozesse oder zur Erforschung ideologischer Hintergründe zu nutzen, sondern als Möglichkeit, regionale und zeitliche Differenzen sowie soziale und technische Interaktionen zu erfassen.108 Dazu wurden 31 Hauptfundstätten ausgemacht.109 So bilden Jagdszenen mit Reflexbogen den ersten Beleg für die Existenz dieses Bogentyps im Frühneolithikum.110

Fragmento de cerámica impresa de pinta. Cova de l´Or
Keramikfragment mit Darstellung eines Capriden aus der Cova de l'Or (Beniarrés, Alicante), Durchmesser, 10,1 cm, 5./4. Jahrtausend v. Chr., Museo de Prehistoria de Valencia

Das früheste iberische Neolithikum um Valencia bestand offenbar anfangs in einer Art Hortikultur in einem feuchteren, von Eichenwäldern geprägten Klima. Dabei wurde auf kleinen Beeten mit Hilfe von Hacken eine große Zahl verschiedener Getreide- und Gemüsesorten angebaut; die Dörfer konzentrierten sich in Flusstälern, die Standorte wechselten häufig. Neben Weizen und Gerste wurden Einkorn, Emmer und Gersten-Grütze verarbeitet. Von Anfang an waren auch Gemüsearten, wie Erbse, Saatplatterbse (Lathyrus sp.), Ackerbohne, Futterwicke, Linsenwicke (Vicia ervilia) und Linse präsent. In den ersten 500 Jahren lässt sich keine Degradation der Wälder feststellen, was wohl mit der Gartenbauweise zusammenhängt. Vorratsbehälter von bescheidenen Maßen erreichten 50, gelegentlich auch 100 l Volumen. Nur in der Cova de les Cendres fanden sich Silos mit etwa 500 l Fassungsvermögen.111

Erst in einer zweiten Phase im 5. Jahrtausend ging man zu größeren Feldern und dem Anbau von Weizen (Triticum aestivum / durum) und Gerste (Hordeum vulgare var. nudum) über. Die Wälder gingen ab etwa 5000 v. Chr. zurück. Zudem ist die zweite Hälfte des 5. Jahrtausends durch rückläufige Niederschläge, zugleich aber durch starke Regenfälle und entsprechende Erosion gekennzeichnet, was mit Bond-Ereignis 4 in Zusammenhang gebracht wird. In einem komplexen Prozess beeinflussten sich dabei natürliche und anthropogene Faktoren. Möglicherweise verschwand in dieser Zeit der Dinkel, jedenfalls lässt er sich kaum mehr nachweisen. Um 4500 v. Chr. verschwanden Einkorn und Emmer, wie insgesamt die Diversität zurückging und nur Weizen und Gerste blieben. Als Ursachen kommen neben der Klimaveränderung eine Bevölkerungsverdichtung und Auslaugung des Bodens in Frage. Die Fundstätte Benàmer erwies, dass die Bevorratung ab der 2. Hälfte des 5. Jahrtausends erheblich größere Ausmaße annahm. Mindestens 200 Gruben aus Phase IV erreichten bis zu 6000 l Fassungsvermögen. Dies überstieg deutlich den Bedarf der bis dahin vorherrschenden kleinen Gruppen, so dass sich wohl eine Hierarchisierung darin niederschlug. Insgesamt wurden die Siedlungen größer und bargen mehr Einwohner. Um die Haustiere von den Feldern fernzuhalten, aber auch um sie zu schützen und neue Weidegebiete zu sichern, wurden die Tiere nunmehr verstärkt in Höhlen gehalten, an denen sich nun keine rituellen Handlungen mehr belegen lassen. Diese Art der Haltung war im späten Frühjahr und im Sommer im ganzen Mittelmeerraum verbreitet.

Im 4. und 3. Jahrtausend - einer sehr warmen und trockenen Phase - waren die Vorräte nicht mehr auf diese Art gelagert, sondern fanden sich rund um die Häuser. Die Vorratshaltung wurde also nicht mehr von der Gemeinde geregelt, sondern von den Hauseinheiten selbst. Deren Jahresbedarf entsprach die Größe der Vorratsgefäße von etwa 1500 l, wenn es auch selten bis zu 4500 l große Behälter gab. Dabei waren einige der Vorratsstrukturen, wie in Missena (Valencia) oder Jovades (Alicante), mehrere Jahrtausende in Gebrauch.

Venus de Gavà
Die Venus von Gavá, einem Gebiet prähistorischer Minen in der Provinz Barcelona, in dem erstmals auf der iberischen Halbinsel Türkis in großem Maßstab abgebaut wurde. Die unvollständige Figurine wurde auf die Zeit zwischen 4000 und 3750 v. Chr. datiert.

In der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausends, in der der Regenfall wieder deutlich zunahm, ging man wiederum zu einer diversifizierten Hortikultur über. Einkorn kam wieder in Gebrauch, aber auch neue Pflanzen, wie Flachs. Die umfangreichen Vorratsstrukturen verschwanden, ebenso wie die großen Siedlungen, die verstreuten, häufig höher gelegenen, kleineren Orten wichen, in denen sich kaum Anzeichen einer sozialen Differenzierung fanden. Im 3. Jahrtausend zeigt bisher nur die Stätte La Vital, dass es einzelnen Gruppen oder Familien gelang, Überschüsse an sich zu ziehen und den Zugang zu den Vorräten zu begrenzen. Dies mag bereits mit der Verarbeitung von Kupfer ab 2800 v. Chr. zusammenhängen.112

Im späten Neolithikum, so wurde vermutet, kam es zu Zuwanderungen aus Nordafrika. Diese könnten mit der Ausdehnung der Sahara zusammenhängen, wo die Niederschläge deutlich abnahmen und die Hirten und Bauern damit gezwungen waren, in die weniger trockenen Gebiete rund um die Wüste abzuwandern. Dies zumindest könnte erklären, warum die Badari-Kultur Ägyptens am Ostrand der Wüste und die Almería-Kultur Südspaniens nördlich der sich immer wieder ausdehnenden Sahara so große Ähnlichkeiten aufweisen. Es wurde sogar angenommen, dass die Neolithisierung der Almería-Region (Spätes Atlantisches Neolithikum) von Nordafrika aus erfolgte. Allerdings lassen sich auch mögliche Einflüsse der südfranzösischen Chassey-Kultur belegen.112a

Die frühesten Spuren menschlicher Besiedlung auf den Balearen stammen aus dem 5. Jahrtausend v. Chr. Diese späte Besiedlung hängt möglicherweise mit der inzwischen ausgestorbenen Ziegenart Myotragus balearicus (Höhlenziege) zusammen, die vor 8 bis 6 Millionen Jahren auf die Inseln kam und nach 1800 v. Chr. verschwand. Das kleine Tier (Schulterhöhe 45-50 cm, bei der Geburt nur 18 cm, im Holozän sogar nur 15112c) hatte dort keine natürlichen Feinde, so dass Wald wohl nur noch in für die Tiere nicht erreichbaren Regionen bestehen blieb. Zudem breiteten sich dornige und giftige Pflanzenarten aus, wie das endemische Teucrium subspinosum aus der Gattung der Gamander.

Dolmen de s’Aigua Dolça 07
Der Dolmen de s’Aigua Dolça zwischen Colònia de Sant Pere und Betlem an der Nordküste von Mallorca

Die ältesten Fundstätten sind Son Muleta und Son Matge auf Mallorca; die Kultur ist akeramisch und es fanden sich keinerlei Spuren domestizierter Tiere, so dass es sich möglicherweise um mesolithische Siedler handelte. Sie hielten die besagte Ziegenart in Höhlen, wie Son Matge, wo sich Kot der Tiere bis zu einer Höhe von 125 cm ansammelte. Die scharfen Kanten dieses Hügels deuten auf Gatter hin, die Tiere wurden demnach auf diese Art zusammengehalten und bei Bedarf geschlachtet.112f

Auf eine bäuerliche Besiedlung Mallorcas und seiner Nachbarinseln deuten erst wenige Dolmenfunde hin, wie der des Dolmen von S’Aigua Dolça (zwischen 1750 und 1650 v. Chr.), wo sich Skelettteile von 20 Personen fanden, oder des Dolmen von Son Bauló de Dalt (um 1700 v. Chr.), wo fünf Individuen beigesetzt worden sind. Auf Formentera gilt Ca na Costa als ältester Beleg. Die Megalithanlage wurde auf 2000 bis 1600 v. Chr. datiert

Auf dem Festland ist inzwischen eine Reihe von frühneolithischen Begräbnisstätten bekannt. Die ältesten unter ihnen waren Individualgräber, gelegentlich in Friedhöfen gruppiert. Doch auch Höhlenbegräbnisse waren verbreitet, und sie wurden zunehmend für Kollektivgräber genutzt. Ende des 5. Jahrtausends erschienen Grabmonumente, Megalithgräber waren nun weit verbreitet. Dies weist auf Fernkontakte in ganz Europa hin, wo sich diese Art der Beisetzung gleichfalls durchsetzte. Einige Gegenden in Nordostiberien behielten allerdings die Individualgräber bei, wobei sie Gruben bevorzugten. Von 3300 bis 3100 v. Chr. begannen wiederum Einhegungen von mehr als 100 ha Größe in Süd- und Zentraliberien vorzuherrschen.112h

Äneolithikum oder Kupferzeit (3300-2100 v. Chr.)

Steinernes Idol in anthropomorpher Form. Die Vorderseite bildet ein Gesicht mit Augenbrauen, Nase und möglicher Gesichtstätowierung. Die Rückseite zeigt Zickzack-Einschnitte, möglicherweise stehen sie für eine Frisur; Dolmen Guadancil (Garrovillas, Caceres, Extremadura), Kupferzeit

Seit Juan Vilanova y Piera 1884 und Estácio de Veiga 1887 fügt man auf der iberischen Halbinsel zwischen Neolithikum und Bronzezeit, im Gegensatz zu Mitteleuropa, eine Kupferzeit ein.113 Zeitlich entspricht sie den mitteleuropäischen Kulturen der Schnurkeramiker und der Glockenbecher. In seiner entwickelten Phase führt die Kupferzeit auch Glockenbecher, doch weisen die Angehörigen dieser Kultur, im Gegensatz zu Mitteleuropa, genetisch keinen osteuropäischen „Steppeneinfluss“ auf. Kennzeichnend ist auf der Halbinsel ein hoher Arsengehalt.

Auf der Iberischen Halbinsel ist die erste Kupferverhüttung in der Siedlung Cerro Virtud (Almería) für die erste Hälfte des 5. Jahrtausends belegt; dort fanden sich Überreste von elf Individuen, die sich in diese Zeit datieren ließen. Auch wurden verziegelte Reste der Ofenwandung eines Schmelzofens gefunden, was auf ein Reduktionsverfahren hindeutet.114 Möglicherweise handelt es sich jedoch nur um ein vereinzeltes Phänomen, so dass die regelmäßige Kupferverarbeitung erst sehr viel später eingesetzt haben könnte.115

Der Übergang zu ersten komplexen Gesellschaften wurde mit Blick auf die Kupferzeit von Anfang an diskutiert, bis hin zu Mutmaßungen über frühe staatliche Entwicklungen. Die Gesellschaft dürfte jedoch eher in Klans organisiert gewesen sein, weist aber bereits deutliche Anzeichen einer zunehmenden Hierarchisierung auf. Zugleich wuchs die Bevölkerung verhältnismäßig schnell, Vorratshaltung lässt sich belegen. Vor allem im Westen, nicht im Südwesten, ist die Kupferzeit durch vielfach gegliederte Befestigungsanlagen mit zweifach geschalten Mauern gekennzeichnet.116 Zu diesen zählen Los Millares (Almeria), Marroquíes Bajos (Jaén) und Valencina de la Concepción (Sevilla). Megalithanlagen wurden wohl fortgeführt, vor allem im Süden entstanden Tholosgräber und Hypogäen. Auch wurden Rund-Idole hergestellt. Zinnbronze lässt sich in Spanien erst nach 1500 v. Chr. fassen, dennoch setzt man die Früh-Bronzezeit um 2200/2100 v. Chr. an.

Typischer Grabbau der Kupferzeit in Los Millares

Los Millares ist der Ort mit der größten bisher bekannten Kuppelgrabnekropole - sie birgt über 100 Anlagen - und damit der einzige Fundort, von dem Siedlung und Bestattungsplatz gleichermaßen bekannt sind. Die Kultur des 3. und frühen 2. Jahrtausends v. Chr. baute Wein und Oliven an und produzierte eine mit Symbolen verzierte Keramik, die sich vor allem in Megalithanlagen und Kuppelgräbern fand. Die Siedlung bedeckt eine Fläche von etwa fünf Hektar und wird von einer etwa zwei Meter dicken Steinmauer umschlossen, die in unregelmäßigen Abständen halbrunde Bastionen aufweist. Sie birgt die Fundamente von Rundhütten, die sich meist an die Mauer anlehnten, und im übrigen Bereich rechteckige Hausfundamente. Vier runde Steinbauten stehen auf einem Hügelkamm, in einer Entfernung von etwa 800 m. Der größte misst etwa 30 m im Durchmesser und besteht aus doppelten miteinander verbundenen konzentrischen Steinmauern. Sie hat an der Außenseite ebenfalls Bastionen. Nachfolger dieser Kultur war die bronzezeitliche El-Argar-Kultur.

Insgesamt lässt sich vom Spätneolithikum bis zur beginnenden Bronzezeit ein Prozess zunehmender Hierarchisierung feststellen.116c Während im Neolithikum kollektive Begräbnisse vorherrschten, entstanden Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. zunehmend Einzelgräber - wohl ein Hinweis auf gesellschaftliche Veränderungen, die bereits in den Jahrhunderten davor begonnen hatten. Dies belegt der Zugriff auf exotischere Materialien oder auf Nahrungsmittel. Megalithbauwerke und Höhlen blieben dabei weiterhin in Gebrauch. Die gesellschaftlichen Unterschiede schlugen sich nicht nur in abweichenden Begräbnisriten, Grabformen und Grabbeigaben, sondern auch in der Ernährung und der Gesundheit nieder. Beim Wettbewerb um prestigeträchtige Positionen in der Gesellschaft spielten Handelsgüter und der rituelle Austausch von Gütern eine wichtige Rolle. Fundstätten wie Valencina Castilleja, das über ein Jahrtausend lang bewohnt war, oder La Pijotilla belegen die Anwesenheit von Ortsfremden und exotischen Gütern, was vielleicht auf eine gewisse Rolle als frühe Handelsplätze hindeutet. Zugleich erwies sich, dass der Südwesten eine eigenständige Entwicklung gegenüber der El-Argar-Kultur nahm. Während im Südwesten keine Steinmauern bestanden und die Siedlungen im Tiefland lagen, befanden sich die Siedlungen der El-Argar-Kultur auf Höhen und waren von steinernen Mauern geschützt. Im Südwesten waren Metallgegenstände zudem sehr viel seltener. Dort wurden Halbwüchsige mit ähnlichem Aufwand bestattet, wie die Erwachsenen, so dass der gesellschaftliche Status anscheinend bereits erblich war. Der Übergang zu einer stark hierarchisierten Gesellschaft erfolgte jedoch später als in den Stätten der El-Argar-Kultur.

Nur wenige Individuen wurden älter als 45 Jahre. Die Durchschnittsgröße der Frauen lag bei 1,52 m, die der Männer bei 1,64 m. Bei den Zahnkrankheiten dominierte der sogenannte Turner-Zahn, der meist durch einen vereiterten Milchzahn, der durch Karies geschädigt wurde, oder durch ein Trauma entsteht. Vielfach findet sich zudem Zahnstein. Diese, wie andere Krankheiten auch, lassen sich mit den Begräbnistypen korrelieren, wobei die gehobenen Schichten andere Krankheiten aufweisen, vor allem aber aufgrund besserer und kontinuierlicherer Ernährung Stressphasen besser überstanden. Die Ernährung basierte auf dem Konsum von Pflanzenfressern, wobei die küstennahen Bewohner auch Anteile mariner Ernährung aufwiesen. Menschen, die in Megalthgräbern beigesetzt worden waren, wiesen einen deutlich höheren Anteil an eiweißhaltiger Ernährung auf, was die gesellschaftliche Aufspaltung bestätigt. Die Höhergestellten hatten auch Zugriff auf exotische Güter wie Straußeneierschalen und Elfenbein. Dies weist außerdem auf Handelskontakte mit Nordafrika aber auch Westasien hin, darüber hinaus auch nach Sizilien, woher Bernstein kam, der letztlich von der Ostsee dorthin gelangt sein muss. Dabei tauchten solche Güter nur in den drei wohl als Handelsorte anzusprechenden größeren Siedlungen La Pijotilla, Valencina-Castilleja und Perdigôes auf.

Bronzezeit

Mit der El-Argar-Kultur setzt um 2300 v. Chr. die Bronzezeit ein. Sie wird in vier Phasen eingeteilt, die als frühe, mittlere, späte und Endbronzezeit bezeichnet werden. Die zeitlichen Zäsuren sieht man um 1900/1800, 1600/1500 und 1100/1000 v. Chr. Die El-Argar-Kultur bestand im Wesentlichen im Süden in den Provinzen Almeria, Granada, Murcia, Alicante und Jaén. Nördlich, um Valencia, schloss sich das Bronce Levantino an. Ebenso wie die portugiesische Bronzezeitgruppe wird letztere heute als eigenständige Kultur gegenüber El Argar aufgefasst. Hinzu kommen die Guadalquivir-Kultur, die Motilla-Kultur und die Tejo-Kultur im Westen der Halbinsel.

Vaso trípode argárico (M.A.N. 1983-57-339) 01
Dreifuß der El-Argar-Kultur

El Argar zeichnet sich durch befestigte Siedlungen auf Hochplateaus, wie etwa El Argar (Antas, Almeria), oder auf steilen Kuppen, wie das nicht weit entfernte Fuente Álamo, aus. Zweischalige Grundmauern aus Bruchsteinen belegen rechteckige, möglicherweise zweigeschossige Häuser. Auf der Meseta wurden die kupferzeitlichen Haustypen fortgesetzt. In ihnen finden sich zahlreiche Gruben, gelegentlich mit Überresten von Bestattungen. Datierungen der zugehörigen Loma-Kultur (Loma II) ergaben Werte zwischen 2250 und 1630 v. Chr.117 Zeitlich ergibt sich damit eine Überlagerung mit den Glockenbecherleuten. Cogotas I wurde zwischen 1700 und 1000 v. Chr. datiert, also bereits in die Spät- und Endbronzezeit. Wie im Südwesten sind Kniefibeln charakteristisch für die Grabausstattung.

Im Nordosten sind Töpfe mit gekreuzten Leistenbändern, Füßchenschalen und Schalen mit Knopfhenkeln charakteristisch. Sie lassen sich möglicherweise an die norditalienische Polada-Kultur anschließen. Diese Kultur begegnet auf Freilandplätzen, in Höhlen und in Megalithgräbern. Ob sie spät-mittelbronzezeitlich oder eher der späten Bronzezeit zuzuweisen ist, ist unklar.118 Im Gegensatz zur Meseta, der zentralspanischen Hochebene, sind durch Hortfunde Metallobjekte und -bearbeitungstechniken besser bekannt. Die Region ist sehr viel stärker atlantisch geprägt. Insgesamt ist die Forschungslage vor allem bei der mittleren Bronzezeit noch recht unklar.

Bei Antequera (Málaga) liegen die beiden neolithischen Dolmen de Menga und de Viera aus der Zeit um 3500 bis 3000 v. Chr., die zu mehreren Tausend solcher Anlagen auf der Iberischen Halbinsel und zu den größten derartigen Bauwerken in Europa gehören. Etwas außerhalb der Stadt befindet sich der erheblich jüngere Dolmen el Romeral (ca. 2500 v. Chr.). Bereits um 2000 v. Chr. lässt sich eine starke Belastung mit Blei und eine ausgeprägte Entwaldung in Südspanien belegen.119

Son Fornes Ceramic
Talayotische Keramik

Auf den Balearen, die aus 151 Inseln mit einer Gesamtfläche von 5061,3 km² bestehen, wovon 99 % durch die vier Inseln Mallorca, Menorca, Ibiza und Formentera eingenommen werden, steht am Ende der Bronzezeit und zu Beginn der Eisenzeit die Talayot-Kultur. Dabei handelt es sich um eine Megalithkultur des, folgt man jüngeren Datierungen, 11./9. bis 6. Jahrhunderts v. Chr. Die Bezeichnung ist vom katalanischen Wort talaia für „Beobachtungs- und Wachturm“ abgeleitet. Ähnliche Bauwerke entstanden während des Talayotikums auch auf Korsika, Sardinien und Pantelleria. Einige Forscher nehmen deshalb eine Verbindung zwischen den Kulturen des westlichen Mittelmeeres an.119t

Das frühe Talayotikum ist durch das Aufkommen von Wasserspeichern (Sitjots), unterirdischen Grabstätten und einzelstehenden Türmen in Megalith-Bauweise, der so genannten Zyklopen-Technik gekennzeichnet. Aus der frühen Phase der Kultur, also bis etwa 800 v. Chr., sind Fundstücke aus gewöhnlicher Keramik, Begräbniskeramik, Bronzewaffen und -werkzeuge und bearbeitete Knochen bekannt.

Dama de Ibiza (M.A.N. Madrid) 02
Die 47 cm hohe Dame von Ibiza aus der punischen Nekropole Puig des Molins; möglicherweise die Göttin Tanit darstellend

Spätestens in der Zeit zwischen 800 und 500 v. Chr. kam es zu Kontakten mit Seefahrern von außerhalb der Balearen, so mit Griechen und Phöniziern, danach Karthagern. In den Bodenschichten, die den Jahren nach 800 v. Chr. zugerechnet werden, fand man zusätzlich zu Keramiken und Figuren aus Bronze auch Gegenstände aus Blei und Eisen. Verschiedene Fundstücke lassen auf einen einsetzenden Handel mit Karthagern schließen, die um 654 v. Chr. Ebusim (Ibis, griechisch: Ebusos) auf Ibiza gründeten. Die Siedlungen erhielten in dieser Zeit Anbauten mit rechteckigem Grundriss sowie Hypostylos-Säle (Säulensäle) und durch Ausgrabungen kann auf einen Stierkult mit Feuerbestattung geschlossen werden. Ab etwa 500 v. Chr. ging man zur Bestattungsform in Fötusstellung über. Es entstanden Heiligtümer (Sanktuarien) und bei den Keramiken kamen Nachbildungen karthagisch/phönizischer, später römischer Formen auf. Die Bewaffnung sowie die Vielfalt der Werkzeuge nahm an Bedeutung zu.

Im ersten Jahrtausend v. Chr. kamen rundovale Einfriedungen aus Steinquadern auf, die manche Komplexe umschlossen. Diese wurden um Talayots angelegt, wie in Capocorb Vell im Gebiet von Llucmajor, S’Illot bei Sant Llorenç des Cardassar, Ses Païsses bei Artà und Es Rossels bei Felanitx. Daneben wurden auf Menorca Säulen und Pilaster zu regelrechten Hypostyloi zusammengefügt, die dort häufig im Umfeld der Talayots eine eigene in die Erde gebaute Gattung darstellen und vielleicht als Vorgänger der menorquinischen Taulen (Torralba d’en Salord) anzusehen sind. Auf der Insel entstanden zudem einige Steinkisten wie bei Alcaidús, Binidalinet, Montplè, Ses Roques Llises, Son Ferragut Nou oder Son Ermità.

Santuari al poblat talaiòtic de So Na Caçana (Menorca)
Relikte eines möglicherweise religiösen Komplexes von So na Caçana auf Menorca

Orientacion taulas
Verbreitungsgebiet der tischartigen Taulas auf Menorca. Dargestellt ist zudem die Ausrichtung der Bauwerke.

Taulas oder Taulen existieren nur auf Menorca, sieht man von Almallutx auf Mallorca ab. Sie bestehen meist aus einem senkrechten Pfeiler, einem Monolithen oder auch aus mehreren übereinander gestapelten Blöcken, auf denen ein waagerechter, weit überkragender Stein aufliegt. Eine U-förmige Mauer schließt oft die Strukturen ein, innerhalb derer die Taulen liegen. Sie ragen bis zu 5 m auf. Auf der Insel sind 30 Standorte bekannt, davon ist knapp die Hälfte in relativ gutem Zustand.

Die Insel wurde erst zwischen 2300 und 2000 v. Chr. besiedelt, nach anderen Angaben zwischen 3500 und 2500 v. Chr. Eine denkbare vorhergehende neolithische Besiedlung ist möglicherweise gescheitert. Indiz für eine menschliche Besiedlung könnte das Verschwinden endemischer Tierarten sein, darunter die balearische Höhlenziege (Myotragus balearicus) und die Balearenspitzmaus (Nesiotites hidalgo) aus der Gattung der Nesiotites, deren letztes Vorkommen um 3030 v. Chr. datiert wurde. Pollen belegen ein vermehrtes Aufkommen der Steineiche (Quercus Ilex) und von Olivenbäumen, was auf Landbewirtung hinweisen könnte. Als älteste Belege menschlicher Besiedlung, die möglicherweise aus dem Languedoc und Nordostspanien erfolgte, vielleicht aber auch durch Angehörige der bronzezeitlichen Valencia-Kulturen und der El-Argar-Kultur, gelten einfache Kollektivgräber wie Calas Coves an der Südküste Menorcas. Die Schifffahrt bediente sich möglicherweise eines Bootstyps, wie sie durch eine bronzezeitliche Steinritzung aus dem Hypogäum von Torre del Ram bekannt ist.

Um 1600 v. Chr. geht das Epicampaniforme, auch Dolmenzeit genannt, nach rund 400 Jahren in das Naviforme über, das bis 1100/1000 v. Chr. datiert. Runde Hüttensiedlungen und Wanderviehhaltung blieben in Gebrauch, doch entstanden nun Dolmen, und Bronzewerkzeuge kamen in Gebrauch. Die Eingänge der Dolmen waren nach Südwesten und Westen ausgerichtet, was auf kulturelle Verbindungen mit Südfrankreich und Nordkatalonien hinweist. Die Belegungszeiten umfassen auf Menorca etwa 1500 Jahre, während die Dolmen auf Mallorca nur etwa 690 Jahre, die auf Formentera sogar nur 430 Jahre umfassen. Das Naviforme, bezeichnet nach den schiffsförmigen Bauwerken, war eine Zeit starker Umbrüche, wie sich an den Begräbnissitten ablesen lässt. So wurden vor den Höhlen nunmehr verschiedene Pflanzenreste entdeckt, wie etwa von Süßgras, Olivenbaum, Kiefer, Rosmarin oder Mastix. Hinzu kamen Reste von Schafen, ZIegen, Rindern und Schweinen sowie großer Keramikgefäße. Auch die Siedlungen veränderten sich, so dass vielfach die Ankunft neuer Siedler vermutet wird, die zyklopische Bauten errichteten. Es handelte sich demnach um eine egalitäre Gesellschaft von Ackerbauern und Viehzüchtern. Erst gegen Ende dieser Epoche entstanden sogenannte Turriformes, die als Vorläufer der Talayots gelten. Bronzegeräte und Luxusgüter mit Zinnlegierungen deuten auf einen intensivierten Handel mit den Nachbarinseln und dem Festland hin. Danach deuten wiederum Begräbnissitten veränderter Natur auf einen abermaligen Ideologiewechsel hin, zudem entstanden mit der Talayot-Kultur starke Verteidigungsanlagen und es kamen Eisenwaren auf. Nun wurden die Toten nach einer kurzen Verwesungsphase enthauptet und die Köpfe entlang der Höhlenwand aufgereiht, wie in der Cova des Cárritx.119x Die Haare der Verstorbenen wurden rot eingefärbt und anschließend in Gefäße aus Holz und Horn gelegt. Fayenceperlen weisen darauf hin, dass bereits um 1100 v. Chr. ein Handel mit diesen Gütern mit Sardinien bestand. Auch phönizische Handelswaren erschienen erstmals auf der Insel.

Möglicherweise bereits zu Anfang der Talayot-Kultur (nach Rafael Micó um 850 bis 550/500 v. Chr.) baute man große rampenartige Gebäude wie Binicodrell, Sa Torreta oder Binixiquer. Sie wurden vielleicht als hochgelegene Orte der Altäre benutzt, wie es für Toraixa angenommen wird. Diese Monumente zeigen eine dem Talayot ähnliche Bauweise aus Zyklopensteinen und werden mit Ritualen aus dem Nahen Osten verbunden. Die Apsiden-Heiligtümer und die Taulen folgen einer anderen konstruktiven Technik und Tradition. Sie liegen meist innerhalb oder in der Nähe von Siedlungen. In den Fällen wo sie abseits liegen, haben sich vielleicht die Bewohner benachbarter Siedlungen versammelt. Die Grabung in Na Cacana deutet die gemeinschaftliche Nutzung der Heiligtümer zumindest für das östliche Menorca an. Der 2003 und 2004 untersuchte Fundort Ses Arenes de Baix belegt wohl, dass die Navetas, die nur auf Menorca vorkommen, aus den Dolmen hervorgegangen sind. Die dortigen Knochen wurden auf 1690 bis 1310 v. Chr. datiert. Allerdings weisen die auf Mallorca errichteten Navetiformes Ähnlichkeiten mit den Navetas auf.119y

Bis in die römische Zeit (ab 123 v. Chr.) reicht das Post-Talayotikum, in dem die etwa 30 Taulas entstanden. Ob es sich um eine Art Altäre oder um ehemals mit Holz gedeckte Zeremoniensäle handelte, ist unklar. Die megalithischen Hausstrukturen schlossen sich zu einzelnen Hausbezirken zusammen. Auch entstanden nun hipóstilas, steinerne Säulenhallen, die als Zeremonien- und Versammlungsorte gelten.

Geschichte der urgeschichtlichen Archäologie in Spanien

Die Geschichte der Archäologie Spaniens...120

Eisenzeit: Kelten, Iberer, Phönizier, Griechen

Iberisches Grabmal von Azaila, Aragón

Keltensiedlung Castro de Coana in Asturien

Überreste der phönizischen Siedlung Sa Caleta auf Ibiza

Anfang des 1. Jahrtausends v. Chr. erreichten Händler aus dem östlichen Mittelmeer die Küste Spaniens. Interaktionen zwischen den von ihnen gegründeten Siedlungen und den vorgefundenen Kulturen ähnelten beide Kulturen in vielfacher Hinsicht an, während der Westen und die Mitte der Halbinsel von diesen Einflüssen nur begrenzt erreicht wurden. Die Bezeichnungen Iberer und Keltiberer werden heute nicht mehr als Stämme oder Stammesgruppen aufgefasst, sondern als Sammelnamen für äußerst heterogene Gruppen. Strabon (3,1,2ff.), Plinius d. Ältere (Nat. Hist. III, I, 8) und Ptolemaios ermöglichen eine räumliche Zuordnung der von ihnen genannten, als Stämme aufgefassten Gruppen. Der römische Geschichtsschreiber Marcus Terentius Varro (Plinius der Ältere Nat. Hist. III, I, 8) berichtet, Spanien sei nacheinander von den Iberern, Persern, Phöniziern, Kelten und Karthagern besiedelt worden. Seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. wurde die Bezeichnung „Hispania“ für die gesamte iberische Halbinsel gebraucht, sie geht möglicherweise auf punische Wurzeln zurück.

Phönizier, fast ausschließlich aus Tyros, erreichten den Süden wohl schon im 10. Jahrhundert v. Chr., ohne dass Siedlungen angelegt wurden. Sie entstanden als erstes in der Bucht von Cádiz und bei Málaga, wie etwa Toscanos (Vélez Málaga). Die meisten Siedlungen entstanden an den Mündungen heute ausgetrockneter Flüsse, über die man in das Hinterland gelangen konnte. Diese Entwicklung setzte um 800 v. Chr. ein, jedoch wurden phönizische Handelskontakte um 900 v. Chr. für Huelva nachgewiesen.120x Auf dem Siedlungshügel Morro de Mezquitilla (Chorreras, Algárrobo, Málaga), der von etwa 650 bis 450 v. Chr. bewohnt war,121 ließ sich Eisenverarbeitung bereits für die frühe phönizische Zeit nachweisen. An anderen Orten ließ sich der Import und die Herstellung von Produkten nachweisen, die leicht als phönizisch auszumachen sind, wie bemalte Straußeneier, Alabastergefäße oder der „Priester“ aus Torre Tavira (Cádiz). Allerdings weist die Entfernung von Minen möglicherweise darauf hin, dass nicht die Suche nach Kupfer und Eisen das Hauptmotiv darstellte, wie meist unterstellt, sondern Migrationsdruck. Unter den bis in das 7. Jahrhundert reichenden Gräbern ragen einige Nekropolen hervor, wie etwa die von Jardin bei Toscanos, vor allem aber die Prunkkammern von Trayamar (ab Mitte 7. Jahrhundert), das Gräberfeld der benachbarten Siedlung Morro de Mezquitilla. Weitere Nekropolen an der Küste sind Cortijo de las Sombras, Jardín, Las Cumbres, La Joya, Laurita oder Tortuga.

Zwei Hammerköpfe. Die Schäftungsrille für die vermutlich zusätzlich durch Binden stabilisierte Klemmschäftung ist in der Mitte erkennbar, frühe Eisenzeit, Cabezo de la Cruz, 750–500 v. Chr., Museum von Saragossa

Die 1897 in La Alcudia, rund 20 km südwestlich von Alicante entdeckte Dame von Elx steht heute im Museu Arqueológic Nacional de Madrid

Grabungsstätte Castro de Noega, Gijón

Im Südwesten Spaniens entstand die stark von mediterranen Einflüssen geprägte Kultur von Tartessos, einer Hafenstadt an der Mündung des Guadalquivir in den Atlantik. Inwiefern dessen Urbanisierung von phönizischen Einflüssen ausgelöst wurde, oder ob sie nur den Anstoß auf heimischer Basis gaben, ist ungeklärt. Die Stadt war in der Antike für ihren enormen Metallreichtum bekannt, weniger als berühmte Metropole. Die Kultur weist jedenfalls weitläufige Kontakte bis nach Mitteleuropa auf, wie die Karpfenzungenschwerter aus Zinnbronze und Kniefibeln (Leitfossile der mitteleuropäischen Spätbronzezeit) belegen. Der sagenhafte König Arganthonios soll seinen Verbündeten, den von den Persern bedrohten Phokaiern, neue Mauern für ihre Heimatstadt geschenkt haben, berichtet Herodot (I 163). Die großen Mengen an importierten kunsthandwerklichen Gütern deuten darauf hin, dass das heutige Huelva ein bedeutendes tartessisches Zentrum war. In Alcácer do Sal im oberen Alentejo Südportugals fand man einen Skarabäus mit dem Namen des ägyptischen Pharaos Psammetich I. aus dem 7. Jahrhundert. Bei Medellín, am Guadiana, wurde eine bedeutende Nekropole entdeckt. Während im 8./7. Jahrhundert der Anteil phönizischer, in kleineren Mengen auch griechischer Keramik noch gering war, nahm er im 7./6. Jahrhundert stark zu, die phönizische Keramik wurde mancherorts sogar vorherrschend. Hingegen wurden die einheimischen Bestattungsbräuche von Las Cumbres bei Cádiz von der Nachfolgesiedlung, die sich weder als tartessisch noch phönizisch sicher einordnen lässt, übernommen, wie Grabhügel I von Las Cumbres mit seinen 63 Urnengräbern nahelegt. In der Estremadura treten auch Brandgrubengräber auf. Auch ließen sich in La Joya (Huelva) oder Cruz del Negro (Carmona, Sevilla) Scheiterhaufengräber ausmachen.

Als Castrokultur wurde die eisenzeitliche Kultur der nordwestlichen Iberischen Halbinsel vom Ende der Bronzezeit im 1. Jahrtausend v. Chr. bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. bezeichnet. Die namensgebenden befestigten Siedlungen fanden sich in einem Gebiet, das sich im Osten bis zum Río Cares und im Süden bis zum Duero erstreckte. Die im Zentrum dieser Kultur gelegene nordportugiesische Region Ave weist größere Castros, die Citânias oder Cividades (von lat. civitas) auf (vgl. Citânia de Sanfins, Cividade de Terroso).

Im 7. Jahrhundert v. Chr. finden sich überaus reich ausgestattete Wagengräber, wie Grab 17 aus La Joya und El Palmerón (beide Huelva). Solche Gräber tauchen im Südosten erst im 6. Jahrhundert auf. Die exponierte Lage auf länger belegten Hügelnekropolen deutet auf Familien- oder Klientelzusammenhänge hin, dennoch dürfte ihre Bezeichnung als „Fürstengräber“ in die Irre führen. Im 5. Jahrhundert erschienen Plastiken von Kriegern, Reitern und herrschaftlichen Tieren, wie in Porcúna (Jaén). An der Peripherie des tartessischen Einflussgebiets erschienen Kriegerdarstellungen, die vereinzelt Inschriften trugen.

Die Urnenfelder (Campos de Urnas), etwa das von Agullana (Gerona), galten vielfach als Argument für eine Einwanderung aus Nordosten, doch ist dies strittig.

Importierte Rotfigurige Keramik aus Emporion, etwa 35 km südlich der französischen Grenze

Der Südosten war vom 6. bis zum 2. Jahrhundert v. Chr. stark griechisch geprägt. Phokäer aus der Kolonie Massilia gründeten Emporion, Rosas, später Sagunt und Málaga.121q Von ihrer Wanderung von Kleinasien westwärts durch den gesamten Mittelmeerraum berichtet Herodot in seinem 1. Buch in den Kapiteln 163 bis 167. Sie flohen demnach vor den Persern und siedelten sich in Alallia auf Korsika an, was sie jedoch in Konflikte mit Etruskern und Karthagern brachte. In der bis dahin größten überlieferten Seeschlacht des Mittelmeers mit 180 beteiligten Schiffenn siegten die Phokäer zwar, doch unterlagen sie im Kriegsverlauf ihren Gegnern um 540 v. Chr. Dabei waren die verbündeten Phokäer aus Massalia beteiligt. Möglicherweise handelte es sich bei der Seeschlacht aber auch um mehrrere Gefechte, bei denen Alalia gegen das etruskische Caere und Massalia gegen Karthago stand. In jedem Falle hielt dieses Auseinandersetzung die griechische Kolonisierung und den dazugehörenden Handel nicht auf. Dabei stand der Nordosten der iberischen Halbinsel im Mittelpunkt, wobei Flüchtlinge aus Alalia eine Rolle gespielt haben dürften. Im Gegensatz zu Süditalien kam es jedoch zu keiner ausgeprägten Siedlungstätigkeit. Andererseits wuchs die Zahl der Griechen und vor allem wurde die Handelsintensität erhöht. Noch 630 v. Chr. glich eine solche Fahrt einem Abenteuer, wie die Fahrt des Samiers Kolaios nach Tartessos um 630 v. Chr. belegt. Solche Fahrten von Händler-Abenteurern dürften bereits im 8. Jahrhundert eingesetzt haben. Der Einfluss der griechischen Kolonie Emporion wird im nahe gelegenen Oppidum von Ullastret erkennbar, ein Anzeichen dafür, dass den Griechen, die auf der kleinen Insel vor der Küste gelebt hatten, der Sprung aufs Festland gelungen war. Neben importierter griechischer Keramik findet sich dort eine hellenistische Stadtmauer, ein Heiligtum am höchsten Punkt des Hügels ähnlich einer Akropolis sowie ein agoraartiger Platz. Strabon (3.4.8) berichtet, dass sich in der Nähe der Siedlung Iberer vom Stamm der Indigeten niederließen. Zum Schutz hätten Iberer und Griechen eine gemeinsame Mauer errichtet. Auf diese Weise sei eine Doppelstadt mit gemeinsamer Verfassung entstanden. Die Stadt prägte Münzen im punischen Münzfuß.122

Diese Phase ist mit den „Iberern“ verbunden, die man zunächst weniger archäologisch als ethnisch auffasste - vor allem brachte man sie mit den Katalanen in Verbindung. Aus den vorwiegend südspanischen Kerngebieten breitete sich ihre Kultur bis in das heutige Südfrankreich aus (oppida von Ullastret und Ensérune). Die iberischen Fundstellen in Katalonien, wie der Puig de Castellet bei Lloret de Mar, sind in der Ruta dels Ibers (Straße der Iberer) zusammengeschlossen, die vom Museu d’Arqueologia de Catalunya organisiert wird.123

Iberische Keramik wurde in Frankreich, Italien und Nordafrika gefunden. Iberer haben möglicherweise einige künstlerische Fähigkeiten der Griechen übernommen. Man glaubt, dass Statuen, wie die Dama de Elche, die Dama de Guardamar oder die Dama de Baza, durch Iberer mit entsprechend hoher Ausbildung geschaffen wurden.

Bleitafel aus La Bastida de les Alcuses (Moixent) mit südöstlicher Schrift

... und aus la Serreta (Alcoi, Alicante) mit greco-iberischer Schrift

Die wichtigsten Inschriften der iberischen Halbinsel in keltischer Sprache und iberischer Schrift stammten aus Botorrita bei Saragossa. Die iberischen Inschriften, etwa 70 in keltischer Sprache mit insgesamt 1000 Wörtern, umfassen den Zeitraum vom 3. bis zum 1. Jahrhundert v. Chr. Botorrita III gilt als das längste keltiberische Dokument, wenn es auch nur Namen enthält. Die iberische Sprache starb im Laufe des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. aus.

Nach dem Ersten Punischen Krieg (264–241 v. Chr.) eroberten die Karthager ab 237 v. Chr. den Süden und Osten der Iberischen Halbinsel. Ihre Stadt Neukarthago, das heutige Cartagena, war ihr wichtigster Stützpunkt und eine bedeutende Ansiedlung. 218 v. Chr. landeten die Römer in Emporion. Nach der Niederlage im Zweiten Punischen Krieg mussten die Karthager die Iberische Halbinsel 206/205 v. Chr. räumen und beim Friedensschluss 201 an Rom endgültig abtreten. Nachfolger des siegreichen römischen Feldherrn Publius Cornelius Scipio Africanus, der 205 v. Chr. zum Konsul aufstieg, wurden Lucius Cornelius Lentulus und Lucius Manlius Acidinus.

Widerstand gegen die römische Besetzung (197-133 v. Chr.)

Punta de lanza íbera (M.A.N.) 01
Eiserne iberische Speerspitze mit Tüllenschäftung aus der Nekropole von Almedinilla, frühes 4. bis spätes 3. Jahrhundert

Noch im selben Jahr, in dem die Provinzen eingerichtet worden waren, kam es zu einem Aufstand, der mit enormer Härte niedergeschlagen wurde. Der Widerstand gegen die Besetzung der iberischen Halbinsel dauerte zunächst von 197 bis 179 v. Chr. 195 v. Chr. schlug Cato der Ältere die Keltiberer, 191 bis 189 v. Chr. besiegte sie Lucius Aemilius Paullus im Süden. Doch 181 v. Chr. erhoben sich mehrere keltiberische Stämme, nämlich die Lusoner, Beller und Tittier. Nach dem Sieg des Tiberius Gracchus d. Ä. brach der Aufstand zusammen, 179 kam es zu einem Vertrag mit den Lusonern.

Noch gravierendere Folgen hatte der zweite große Aufstand der Iberer, der sich von 154 bis 133 v. Chr. erstreckte. Er begann mit einem Aufstand der Beller und Avaker unter Führung des Punicus. Im selben Jahr erhoben sich auch die Lusitanen, ein weiterer keltiberischer Stamm. Am 23. August 153 wurde der römische Konsul Quintus Fulvius Nobilior bei Numantia attackiert und Rom verlor eine ganze Legion. 150 bot eine Gesandtschaft der Lusitaner dem Praetor Servius Sulpicius Galba (nicht zu verwechseln mit dem späteren römischen Kaiser) einen Waffenstillstand an. Dieser ging zum Schein darauf ein und bot ihnen sogar Land an, um sich dort anzusiedeln. Dazu sollten sie sich in drei Gruppen aufteilen und die Waffen niederlegen. Galba jedoch ließ die drei nun wehrlosen Gruppen eine nach der anderen einkesseln und zu Tausenden töten, der Rest wurde in die Sklaverei verkauft. Für diesen Verrat entging Galba nur knapp einer Anklage in Rom, doch der Krieg war damit vorerst beendet.

Viriathus, einer der wenigen Lusitanen, die dem Gemetzel entkommen waren, schwang sich ab 147 v. Chr. zum Führer der Lusitanen auf und wurde zu einem der gefährlichsten Gegner der Römer. Diese machten Quintus Fabius Maximus, den Bruder von Scipio Africanus d. J., zum Konsul für die römische Provinz Hispania citerior. Ihm gelang es zunächst, Viriathus zu schlagen, doch 143 konnte dieser den Römern eine Niederlage beibringen (zweite Schlacht bei Baecula). Die Römer mussten sich nach Córdoba zurückziehen. 140 v. Chr. schlug Viriathus auch den neuen römischen Konsul Fabius Maximus Servillianus, eine Schlacht, in der mehr als 3.000 Römer starben. Diese mussten in einen demütigenden Friedensvertrag einwilligen, der allerdings vom Senat nicht ratifiziert wurde. Daraus resultierte die erste Konfrontation des Tiberius Gracchus mit dem Senat, dessen Ansehen unter der Beteiligung an dieser Niederlage litt. 139 brachen die Römer den mit Viriathus geschlossenen Frieden und bestachen seine Gesandten, die den Lusitaner daraufhin bei Viseu ermordeten.

Der 138 v. Chr. ernannte Statthalter der Provinz Hispania Ulterior, Decius Junius Brutus, begann sogleich mit militärischen Aktionen im iberischen Westen. Er ließ im Tal des Tajo befestigte Militäranlagen errichten und begann von hier aus, die Regionen Alentejo und Algarve zu unterwerfen. Im Norden unterwarfen seine Truppen Teile der von den Galiciern bewohnten Gebiete. Eine der letzten Schlachten wurde möglicherweise nahe dem im Tejotal liegenden Santarém, von dem vermutet wird, dass sie mit der römischen Stadt Scallabis identisch ist, geschlagen, womit Decius Junius Brutus den Zugang zur iberischen Westkünste als gesichert sah.124 Die Keltiberer erhielten von den Römern Land zur Ansiedlung.

Numantia ergab sich allerdings nicht. 134 v. Chr. übernahm Scipio Africanus der Jüngere den Oberbefehl über die Truppen und eroberte Numantia im Sommer des folgenden Jahres. Er verkaufte die Bevölkerung in die Sklaverei und ließ die Stadt schleifen.

Teil des Römischen Reiches

Provinzen, Aufstände, Reich des Sertorius

Voies romaines Espagne
Römerstraßen auf der iberischen Halbinsel

Obwohl Rom die iberische Halbinsel weitgehend unterworfen hatte, endeten die Auseinandersetzungen damit keineswegs. So musste der Statthalter von Hispania Ulterior Publius Licinius Crassus zwischen 96 und 94 v. Chr. Truppen zur Niederschlagung eines Aufstandes in den nordwestlichen Teil der Iberischen Halbinsel entsenden, der in den Teilbereichen zwischen den Flüssen Duero und Miño bereits im Rahmen der Feldzüge von Decius Junius Brutus besetzt worden war. Ab 81 v. Chr. flammten in den beiden iberischen Provinzen Hispania Citerior und Ulterior erneut Aufstände auf, diesmal als Folge der Schwächung durch den in Italien geführten Bürgerkrieg.125

Quintus Sertorius, der sich 97 v. Chr. als Militärtribun in Hispanien ausgezeichnet hatte, ebenso wie 91 v. Chr. im Bundesgenossenkrieg hatte sich als Volkstribun beworben, was Sulla vereitelte.126 Infolgedessen wurde Sertorius Anhänger des Gaius Marius in dessen Kampf gegen Sulla. Während der Herrschaft der Popularen in Rom wurde er 83 v. Chr. als Prätor Statthalter einer spanischen Provinz, so wie Marius bereits Statthalter der südspanischen Provinz Hispania ulterior gewesen war. Zeitweilig wurde er durch Gaius Annius Luscus, den Sulla gegen ihn entsandt hatte, nach Mauretanien vertrieben, wo er in Thronstreitigkeiten eingriff, bis ihn die Lusitanier zu ihrem Anführer erhoben. Er kehrte nach Hispanien zurück und errichtete eine von Rom unabhängige Herrschaft, die er gegen Quintus Caecilius Metellus Pius verteidigte, den Sulla 79 ins jenseitige Spanien geschickt hatte. Sein Quästor Lucius Hirtuleius kämpfte im diesseitigen Spanien. 77 v. Chr. stieß Marcus Perperna zu Sertorius, der nun einen Gegensenat aus 300 Römern einrichtete und sich neben Römern auf die einheimische Bevölkerung stützte, die angeblich eine weiße Hirschkuh als Zeichen dafür sah, dass Sertorius mit den Göttern in Verbindung stand. Auch verbündete er sich mit den keltischen Beronen und Autrigonen, die nach Strabon (Geographie. III, 4, 12) im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. eingewandert waren und am Oberlauf des Ebro lebten. In heftigen Kämpfen wehrte er sich gegen Pompeius, der 76 v. Chr. mit 30.000 Mann nach Spanien gekommen war. Sertorius schloss 74 v. Chr. sogar ein Bündnis mit Mithridates von Pontus am Schwarzen Meer, doch wurde er 72 v. Chr. durch eine Verschwörung, an deren Spitze Perperna stand, bei einem Gastmahl erstochen. Perperna wurde seinerseits kurz darauf von Pompeius vernichtend geschlagen und hingerichtet. Die beiden keltischen Stämme tauchen in den Quellen nicht wieder auf.

Estela 2
Die aus Sandstein hergestellte Kantabrische (Rund-) Stele von Barros stammt womöglich aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. Sie trägt konzentrische Kreise in Basreliefform und wird mit einem Sonnenkult in Zusammenhang gebracht. Ihr Durchmesser beträgt 166 cm. Sie befindet sich im 2001 gegründeten Parque de las Estelas de Barros an der Carretera Nacional 611. Ob diese Stelen womöglich sehr viel später entstanden sind, ist eine Frage, die vom aktuellen politischen Gebrauch überwuchert wird.

Erst Caesar, der 61 v. Chr. zum Konsul der Provinz Hispania Ulterior ernannt wurde, gelang es vom Tajo- und Duerotal aus, den Widerstand der lusitanischen Stämme weitgehend zu brechen, ohne indessen den Nordwesten der Halbinsel zu beherrschen. Um auch diese Region zu befrieden, wurden unter Augustus dort die Städte Bracara Augusta (Braga), Lucus Augusti (Lugo) und Asturica Augusta (Astorga) gegründet. Aber weder hierdurch noch durch die wiederholte Ansiedlung von Veteranen konnte der Widerstand gebrochen werden. Die Kantabrer um den Ort Amaia wurden erst im zehnjährigen kantabrischen Krieg (29-19 v. Chr.) von Augustus geschlagen und von Agrippa besiegt.

Augustus machte aus den bisherigen beiden Provinzen Hispania Citerior und Hispania Ulterior drei, indem die Hispania Ulterior in die Provinzen Lusitania und die Baetica aufgeteilt wurde.

Verstädterung, Romanisierung, römische Religion

Das Land erhielt zur militärischen Sicherung zahlreiche Straßen und Kastelle. Später förderte das dichte Wegenetz die ökonomische Entwicklung in hohem Maße. Die Bevölkerung wurde romanisiert, und die Halbinsel wurde ein Hauptzentrum römischer Kultur. Kaiser Vespasian verlieh Hispanien das latinische Bürgerrecht, während die meisten Provinzen des Reiches das römische Bürgerrecht erst mit der Constitutio Antoniniana 212 erhielten. Durch eine Verwaltungsreform Kaiser Diokletians wurden von der Hispania citerior, die man nach ihrer Hauptstadt Tarraco (Tarragona) auch Tarraconensis nannte, zwei neue Provinzen abgetrennt, nämlich die Provinzen Gallaecia und Carthaginiensis.

Aus Hispanien stammten Kaiser Trajan sowie die Familien von Marc Aurel und Hadrian (in der Spätantike noch Theodosius I.) sowie angesehene Schriftsteller wie Seneca, Lukan und Martial.

Zu offenen Kämpfen kam es erst wieder im 2. Jahrhundert, als die Mauri im Jahr 171 in die römische Provinz Baetica einfielen.

Die römische Religion kam vor allem in Form der Trias Jupiter, Juno und Minerva nach Hispanien. Auch Mars spielte als Kriegsgott in bestimmten Milieus eine wichtige Rolle, hinzu kam seit Augustus der Kaiserkult. Dabei verewigten sich auf der mittleren Terrasse der arx von Tarraco ab der Regierungszeit Vespasians die Oberpriester des Kaiserkults, die flamines provinciae Hispaniae citerioris, nach dem Ablauf ihrer Amtszeit mit einer Statue und einer Ehreninschrift. Es war diese religiöse Kaiserverehrung, die zu einer Sakralisierung und Monumentalisierung des städtischen Raumes beitrug und somit das Aussehen der Städte veränderte. Neben der offiziellen Religion bestanden alte Götter fort, die nur die neuen Namen erhielten. Die römischen Götter ihrerseits wurden in der neuen Umgebung abgewandelt. Saturn und Baal, Caelestis und Tanit konnten so im Bereich des ehemals karthagischen Iberien ineinander übergehen.

Christianisierung, Santiago, Arianismus, Priscillianismus

Grabinschrift aus der frühchristlichen Basilika von Son Peretó, Museu d'Història de Manacor

Das Christentum breitete sich auf der Halbinsel trotz kurzer aber heftiger Verfolgungen seit dem 3. Jahrhundert aus, bis es unter Kaiser Konstantin I. zur vorherrschenden, unter Theodosius I. im Jahr 380 zur Staatsreligion wurde und ab 391 Verbote gegen andere Kulte folgten. Wie im gesamten Reich kam es zu heftigen Auseinandersetzungen um die Lehre, ab dem Frühmittelalter wurden die Heiligen für den Kampf gegen den Islam, aber auch für die Auseinandersetzungen zwischen den religiösen und politischen Zentren instrumentalisiert.

Eine zentrale Rolle spielte, wenn auch erst ab dem Frühmittelalter, der Nationalheilige Spaniens, der hl. Jakobus bzw. Santiago. Der Legende nach wurde Hispanien vom Apostel Jakobus dem Älteren missioniert, sein Leichnam soll nach 44 im galizischen Santiago de Compostela beigesetzt worden sein. Sein Grab wurde nach 818 „wiederentdeckt“ und König Alfonso III. von Asturien (866-910) führte seine Siege auf das Eingreifen des Heiligen zurück.127 Die älteste Quelle, die einen Aufenthalt des Jakobus in Spanien erwähnt, ist das um 600 entstandene Breviarium apostolorum. Diese Idee wurde etwa von Isidor von Sevilla, Aldhelm von Sherborne oder Beatus von Liébana aufgegriffen, ohne sie jedoch hervorzuheben.128 Erst im Hymnus „O dei verbum patris ore proditum“ aus dem späten 8. Jahrhundert wird Jakobus als Patron und Beschützer Spaniens bezeichnet.129 Die Behauptung, die Gebeine des Jakobus seien nach Spanien gebracht wurden, lässt sich erst in Urkunden des 9. Jahrhunderts fassen, wo auf die Entdeckung des Apostelgrabs unter König Alfonso II. (791-842) Bezug genommen wird.130 Die Kirche von Santiago beanspruchte mit diesem Argument eine besondere Autorität, was wiederum in Toledo abgelehnt wurde.131

Außerdem sollen sieben apostolische Boten, sieben Bischöfe, die noch von Petrus und Paulus gesalbt wurden, vor allem im Süden missioniert haben. Beide Legenden reichen mindestens bis in die Epoche zwischen dem 5. und dem 7. Jahrhundert zurück. Zudem soll sich der Apostel Paulus zwischen 63 und 67 in Hispanien aufgehalten haben.

Wahrscheinlicher ist, dass im 2. und frühen 3. Jahrhundert Soldaten und Kaufleute die Religion aus dem Osten nach Hispanien brachten. In den Akten des Konzils von Elvira, das zwischen 295 und 314 stattfand, finden sich jedenfalls entsprechende Unterschriften. An dieser Synode nahmen 19 Bischöfe und 24 Presbyter aus 37 Gemeinden teil. Neben einem Bilderverbot wurde festgesetzt, dass christliche Herren heidnische Kulthandlungen ihrer Sklaven unterbinden sollten, Christen sollten keine Ehen mit Juden oder Heiden schließen (can. 16/78), Landbesitzern wurde untersagt, ihre Feldfrüchte von Juden segnen zu lassen (can. 49) und Gläubige sollten keine Tischgemeinschaft mit ihnen pflegen (can. 50).132 Als ältestes Selbstzeugnis jüdischen Lebens auf der iberischen Halbinsel gilt eine Marmorplatte in hebräischer Schrift, auf der der Name Yehiel zu lesen ist. Sie entstand um 390 im südportugiesischen Silves.132b

Die Missionierung begann wohl in den Städten, wie die Überlieferung von Märtyrern aus Tarragona, Santander, León, Sevilla, Mérida oder Córdoba belegt. Tertullian behauptete bereits 202, Hispanien sei christlich. Während der Verfolgung unter Kaiser Valerian wurde Fructuosus, der Bischof von Tarraco, Anfang 259 hingerichtet. Unter Diokletian folgten 304 weitere Märtyrer in Girona (Feliu, Narcis) und Barcino (Eulalia, Cugat). Die Reliquien der hl. Eulalia wurden im 9. Jahrhundert nach Barcelona überführt, am Wirkungsort Cugats entstand ein bedeutendes Kloster. Die entstehenden Bischofssitze brachten ähnlich langlebige regionale Strukturen hervor, wie die Klöster mit ihrem ausgedehnten Landbesitz. Insbesondere wurden sie aber zu einem Symbol übergreifender Gruppenidentität und zum Mittel politisch-religiöser Rangstreitigkeiten.

Auch griffen die Bischöfe erheblich in die kaiserliche Politik ein, wie etwa der Berater Konstantins I., Bischof Hosius von Córdoba. Er war Bischof von etwa 296 bis 357, zugleich von 312 bis 326 Hofbischof im Gefolge des Kaisers, und ein herausragender Gegner des Arianismus und des Donatismus. Als Kaiser Constantius II. die Verurteilung des Athanasius forderte, weigerte sich Hosius, der gegen die kaiserliche Einmischung in die Angelegenheiten der Kirche protestierte, ähnlich wie 346 Bischof Donatus von Karthago. 356 wurde Hosius nach Sirmium zitiert, dort ein Jahr lang gefangengehalten und gezwungen, das arianische Bekenntnis von Sirmium zu unterschreiben, das vom Kaiser sogleich als „Bekenntnis des Hosius“ veröffentlicht wurde. Die spanische Synode verurteilte ihn wegen seines Abfalls von der trinitarischen Lehre zur damnatio memoriae, sein Name wurde nicht in die Diptychen seiner Diözese aufgenommen.

Wie in Nordafrika und in anderen Regionen des Reiches, so entstanden asketische Gruppen, wie die des Priscillian von Ávila († 385). Er war der erste Häretiker, der wegen Ketzerei hingerichtet wurde. Sklaverei, so lehrte er, sei von Jesus abgeschafft, die Gleichstellung von Männern und Frauen geboten worden. Einige seiner Anhänger wurden 380 vor die Synode der hispanischen und aquitanischen Bischöfe in Saragossa geladen und dort auf Betreiben des Ithacius von Ossonoba exkommuniziert, da sie nicht erschienen waren. Nachdem Priscillian 380/381 dennoch zum Bischof von Ávila gewählt worden war, erhob Ithacius auch gegen ihn Anklage. Infolgedessen wurden die priscillianischen Bischöfe von römischen Provinzialbeamten auf Grundlage des Manichäerediktes Kaiser Gratians aus ihren Ämtern vertrieben, schließlich wurde Priscillian 385 hingerichtet. Die Synode von Toledo (400) zeigte die Spaltung der hispanischen Kirche. Noch 563 sah sich die zweite Synode von Braga veranlasst, die Lehre als Häresie zu verurteilen.133

Die römische Gesellschaft und der Staat der Spätantike

Die administrative Gliederung des Imperium Romanum um 400

Nach heutigen Maßstäben war der römische Staat überaus „schlank“, geradezu minimalistisch. Er delegierte, sieht man von der Armee und der obersten Rechtsprechung ab, alle staatlichen Aufgaben an die etwa 2500 über das ganze Reich verstreuten Städte. Polizeiaufgaben, Straßenunterhalt, Befestigungsanlagen, vor allem aber das Einziehen der Steuern lag bei den Stadtversammlungen. Daneben traten nur noch Handelsvereinigungen auf, die collegia und corpora. So entschieden in jeder Stadt vielleicht 30 bis 100 Männer, curiales, darüber, wie die Lasten auf mindestens je einige Tausend Bürger verteilt wurden, und welchen Anteil sie selbst von den Rechten und Geldmitteln erhielten. Nicht Geld war die Grundlage von Macht und Einfluss, sondern der städtische Einfluss mit seinen Rechten und Privilegien war die Grundlage, um vermögend zu werden. Die Gesamtzahl der Kurialen im westlichen Reich mag bei 65.000 gelegen haben; im Osten, der viel stärker urbanisiert war, dürfte ihre Zahl noch höher gewesen sein.134 Diese kuriale Klasse ballte sich dementsprechend im Westreich dort, wo die meisten Städte bestanden, also um Rom und in Mittelitalien, auf Sizilien, um Karthago, in Südspanien. Schon etwas weniger dicht war das städtische Netz an der Mittelmeerküste Galliens, der Norden und der Süden Italiens, Dalmatien, Numidiens Norden, sowie weite Gebiete Iberiens. In diesen Gebieten lebte nicht nur der überwiegende Teil der Bevölkerung, sondern auch der frühen Christen. Fast alle Autoren, die in den Auseinandersetzungen zwischen Paganen und Christen eine Rolle spielten, entstammten kurialen Familien.

Während in den gefährdeten Gebieten einschließlich Roms im 3. Jahrhundert der Bau von Theatern, Bädern und Arenen zugunsten von Stadtmauern und sonstigen Wehranlagen zurücktreten musste, war dies in Iberien sehr viel weniger ausgeprägt und trat sehr viel später auf. Im 3. Jahrhundert wurde die Steuerlast auf alle Provinzen ausgedehnt und mit zunehmender Konsequenz und Härte wurden die Abgaben eingetrieben.

Die Krise des 4. und 5. Jahrhunderts, die Westrom nicht überstand, hatte eine andere Natur. 80 % der Bevölkerung arbeiteten in der Landwirtschaft und trugen vielleicht 60 % zum Gesamtprodukt des Reiches bei, so sehr diese Angaben auch Näherungswerte sein mögen. Dabei reichte die Erntezeit vom Frühjahr im Süden bis zum Spätsommer im Norden. Im Mittelmeerraum kamen ab dem Spätherbst Olivenöl und Wein hinzu. Außer in Ägypten schwankten dabei die Erntemengen so stark, dass man geradezu von schockartigen Sprüngen sprechen kann. Dementsprechend waren einem Kaiser die Götter geneigt, wenn die Ernte gut ausfiel. So glaubte Maximinus Daia, die Götter stimmten seiner Verfolgung der Christen in Tyros zu, denn das alles entscheidende Wetter war überaus günstig.135 Im Süden Spaniens forderten Christen, die mittels Ritualen ihren Gott günstig stimmen wollten, dass man die Juden nicht auf die Felder lasse, denn sie verdürben die Wirkung der Rituale.

Dabei bot zugleich der Wirtschaftsraum des Reiches, das das Mittelmeer umspannte, den Vermögenden ganz andere Möglichkeiten. Sie konnten sich umfangreich bevorraten und damit günstigere Verkaufszeiten abwarten, also höhere Preise, wie sie jedes Jahr vor der neuen Ernte auftraten, und sie konnten vor allem größere Distanzen überwinden, um Städte und Armeen zu versorgen. Die Bauern waren hingegen auf die lokalen Märkte mit ihren extremen Preisschwankungen angewiesen. So profitierten die Vermögenden alljährlich von regionalen und zeitlichen Preisschwankungen. Dabei waren die größten Kornhändler die Kaiser selbst. Mit dem Goldsolidus wurde die Grenzlinie zwischen der Ökonomie der Vermögenden und des Restes der Gesellschaft, der auf Bronze- und Silbermünzen angewiesen war, ständig sichtbar. Die Abschottung der gesellschaftlichen Schichten wurde auch hierin selbst für römische Verhältnisse überaus scharf spürbar und damit konfliktreich. Zudem musste dieser Reichtum zur Schau gestellt werden, um die Zugehörigkeit zur privilegierten Gruppe glaubhaft zu machen. Die reichsten römischen Senatoren verfügten über mehr Einnahmen als ganze Provinzen. Um 405 verfügte die junge Erbin Melania die Jüngere über Einnahmen von 120.000 Goldsolidi im Jahr, was 1.660 Pfund Gold entsprach.

Unterhalb dieser kleinen Gruppe, die über geradezu spektakulär großes Landeigentum und Vermögen verfügte, bestand in den Provinzen eine Gruppe lokaler Grundbesitzer, die über Villae verfügten. Ihnen ebneten die Kaiser seit Konstantin den Weg in den römischen Senat. Damit kam ihnen mehr Macht und damit, nach dem römischen Prinzip, auch sehr viel größeres Vermögen zu. Sie bildeten eine Art vermittelnder Schicht, deren Angehörigen der Titel vir clarissimus bzw. femina clarissima zustand, und die vielfach aus etablierten Provinzialenfamilien kamen. Mit diesem Senatorenrang kehrten vielleicht 2000 Männer in ihre Provinzen zurück. Doch einige Familien hatten diesen „nachkonstantinischen Goldrausch“ verpasst und fürchteten ihren Abstieg. Die Grenzlinie innerhalb der Führungsgruppe bildete der Staatsdienst mit seinen Privilegien, allen, die nicht in kaiserlichen Diensten standen, und die damit lokal gebunden waren, drohte der Abstieg. Wollte man diesen vermeiden, bedurfte es des Ehrgeizes. Dazu stand vor allem das System der Patronage zur Verfügung, des Aufstiegs durch Vermittlung einflussreicher Menschen.

Municipium und Kolonat

Die klassisch-römische Gesellschaft war bereits im 2. Jahrhundert, mehr jedoch noch während der Reichskrise starken Veränderungen unterworfen. 212 erhielten alle Städte des Reiches mindestens den Rang eines municipiums, was allerdings erhebliche finanzielle Lasten mit sich brachte. Jeder männliche Bewohner zwischen 14 und 60 hatte eine jährliche Abgabe zu entrichten. Die kleine Gruppe der römischen Bürger war hiervon allerdings befreit, die oberen Klassen (metropolites) zahlten eine verminderte Abgabe.

Kaiserliche Gesetze schufen, vermutlich auf Initiative der großen Landbesitzer, die Voraussetzungen, um beinahe unbeschränkte Verfügungs- und Polizeigewalt an lokale Herren abzutreten, deren wachsende Wirtschaftseinheiten sich dadurch gegenüber staatlichem Einfluss zunehmend abriegelten. Die Landbevölkerung wurde zunächst gezwungen, das Land zu bebauen und Abgaben (tributum) zu entrichten. War bis ins 5. Jahrhundert vielfach die bodenbearbeitende Bevölkerung an ihr Land gebunden, während ihr Besitz ihrem Herrn gehörte, so konnten andere nach drei Jahrzehnten in diesem Rechtszustand ihren mobilen Besitz, bzw. ihr Vermögen in eigenen Besitz nehmen. Unter Kaiser Justinian I. wurde nicht mehr zwischen freien und unfreien Kolonen unterschieden. Kolone und Unfreier wurden nun identisch gebraucht, um Ackerbauer zu beschreiben, die an die Scholle gebunden waren und kein freies Eigentum mehr besaßen.

Seit Konstantin durften die Herren flüchtige Kolonen, die vor weniger als dreißig Jahren verschwunden waren, in Ketten legen.136 Seit 365 war es den Kolonen verboten, über ihren eigentlichen Besitz zu verfügen, wohl in erster Linie Arbeitsgeräte.137 Seit 371 durften die Herren die Abgaben der Kolonen selbst eintreiben. Schließlich verloren die Ackerbauer 396 das Recht, ihren Herrn zu verklagen.138

Christliche Kirche in der Spätantike

Ruinen der Basilika von Empúries in Katalonien

Im Gegensatz zur Kirche der Jahre zwischen 370 und 430, die durch herausragende Männer wie Ambrosius von Mailand gekennzeichnet ist, war die Situation zwischen 312 und 370 eine andere. Zwar bildete der Klerus eine eigene Klasse, die, wie alle Priester der diversen Religionen von öffentlichen Diensten und persönlicher Besteuerung befreit war, doch die Kaiser verweigerten den Kirchenmännern den Zugang zu den oberen Klassen der Gesellschaft. Zudem erzeugte dies bei den Kurialen, die nicht von Abgaben befreit waren, Widerstand, denn je mehr Mitglieder einer Gemeinde von Abgaben befreit wurden, desto höher wurde die Belastung der übrigen, weil die Abgaben der Stadt auf alle Kurialen umgelegt wurden. Daher suchte man ständig nach vermögenden Angehörigen der plebs, die man per Aufstieg zu Aufgaben und Abgaben heranziehen konnte.

Die Gemeinde dieser Kleriker des 4. Jahrhunderts setzte sich zudem keineswegs, wie lange geglaubt, aus den Armen und Marginalisierten der Gesellschaft zusammen. Jüngere Forschungen, wie die von Jean-Michel Carrié zeigen, dass die Angehörigen der Gemeinden Handwerker und Beamte, Künstler und Händler waren. Sie selbst bezeichneten sich gelegentlich als „mediocres“, die weder reich noch arm waren.

Daher war operatio, den Armen Almosen geben, nicht nur eine wichtige Aufgabe sondern die Lebenskraft (vigor) der Kirche, wie Bischof Cyprian von Karthago schrieb, ebenso wie die Finanzierung von Kirchenbauten. Ersteres war vor allem in Zeiten der Verfolgung wichtig, für die Gefangenen und die Flüchtlinge. Dies galt jedoch nur für Christen, so dass sich in der Gemeinde erhebliche Geldbeträge sammelten. Daher konnte Cyprian zur Befreiung einiger Gemeindemitglieder, die in berberische Hände gefallen waren, 100.000 Sesterzen aufbieten.139 Es waren dies und die Versorgung von Armen, die der Kirche staatliche Privilegien einbrachten. In einem Privileg von 329 wird explizit erläutert, dass der Klerus für die Armen da sein sollte, während die Vermögenden, zu denen der Klerus nicht gehörte, ihren Aufgaben nachgehen sollten. Ammianus Marcellinus erwartete vom Klerus verecundas, das Wissen um den richtigen Platz in der Gesellschaft. Doch führende Mitglieder der Gesellschaft, die zu Christen wurden, konnten, unter Verdrängung langjähriger Mitstreiter der Gemeinde, bald in einem Zug aufsteigen, statt über lange Ausbildungs- und Erfahrungszeiten. Ambrosius von Mailand konnte so unmittelbar zum Bischof werden.

Völkerwanderung

Karte völkerwanderung
Europa mit den wesentlichen Völkerwanderungsbewegungen

Der Untergang Westroms wurde wohl vor allem durch den Einbruch der Hunnen in Gang gesetzt.140 Das Oströmische Reich, das eigentlich das erste Ziel der hunnischen und gotischen Angriffe war, konnte die Völkerwanderungszeit im Gegensatz zum Westreich unter anderem deshalb intakt überstehen, weil es den Angreifern nicht gelang, von Europa aus zu den reichen kleinasiatischen und orientalischen Provinzen überzusetzen – dies war vor allem den für sie uneinnehmbaren Mauern von Konstantinopel zu verdanken. Die römische Politik, in den Kämpfen im 5. Jahrhundert oftmals Germanen gegen Germanen zu benutzen (wie die Westgoten in Hispanien gegen die Vandalen oder später die Ostgoten in Italien gegen Odoaker), hatte nur zeitweilig Erfolg, denn der jeweilige Sieger befand sich anschließend wieder in einer besseren Position gegenüber Rom. Eine entscheidende Rolle bei der Auflösung Westroms spielten dabei weniger die Barbaren im römischen Heer als vielmehr die germanischen foederati: Mit dem Verlust wichtiger Provinzen, vor allem Nordafrikas durch die Vandalen, verlor Westrom die materielle Basis, um eigene Truppen zu unterhalten, was zu weiteren Niederlagen und zur vermehrten Anwerbung von foederati führte. Diese Krieger ließen sich von der schwächer werdenden Reichsregierung immer schlechter kontrollieren, ersetzten schließlich weitgehend die regulären weströmischen Truppen und errichteten nach dem Kollaps des Kaisertums faktisch unabhängige Reiche. Sie akzeptierten allerdings mindestens bis in das 6. Jahrhundert formal die Oberhoheit des (ost-)römischen Kaisers, um so ihrer Herrschaft zusätzliche Legitimation zu verschaffen oder um in internen Auseinandersetzungen Prestige zu gewinnen.

Die Goten, die der Legende nach aus Skandinavien stammten, setzten sich bereits vor der eigentlichen Völkerwanderung in Bewegung. Sie verursachten damit die erste größere Wanderbewegung und verdrängten die Vandalen und Markomannen nach Süden und die Burgunden nach Westen. Diese Bevölkerungsverschiebungen waren einer der Auslöser für die Markomannenkriege, in denen Kaiser Marc Aurel der Germanen nur mit Mühe Herr werden konnte.141 In den 50er und 60er Jahren des 3. Jahrhunderts, als Rom mit den Symptomen der Reichskrise zu kämpfen hatte, stießen gotische Gruppen immer wieder ins Imperium vor.

Etwa um 290 teilten sich die Goten in Terwingen/Visigoten und Greutungen/Ostrogoten.142 Die Greutungen („Ostgoten“) siedelten sich im Schwarzmeerraum der Ukraine an. Die Terwingen („Westgoten“) ließen sich vorerst im Raum Siebenbürgen nieder. Die Terwingen gerieten dabei in Kontakt mit Rom, es kam sogar zu militärischen Auseinandersetzungen. 332 erhielten die Donaugoten den Status von foederati, leisteten Rom vertraglich garantierte Waffenhilfe. Der Hunneneinbruch um 375 vertrieb sie nicht nur aus ihrer neuen Heimat, sondern setzte durch das darauffolgende Übersetzen der Goten ins Imperium einen Prozess in Gang, der dem Weströmischen Reich ein Ende setzte.

376 wurden Goten, genauer Terwingen, die westlichen Goten, so sehr von den Hunnen bedrängt, dass sie an der unteren Donau ins Römische Reich aufgenommen wurden.143 Die Goten, die in Konflikte mit Rom gerieten, rückten 379, nachdem sie im Vorjahr Kaiser Valens in der Schlacht von Adrianopel besiegt hatten, bis zu den Grenzen Italiens vor.

Im November 401 standen die Westgoten Alarichs, die die Römer zu den Skythen zählten, ähnlich wie Alanen und Hunnen144, erstmals in Italien. Sie scheiterten jedoch vor Aquileia, dann im März 402 vor der Hauptstadt Mailand. Kaiser Honorius residierte fortan im sichereren Ravenna. Am 6. April 402 erlitten die Goten beinahe eine Niederlage, Heermeister Stilicho erreichte ihren Abzug aus Italien, er schlug sie bei Verona und gewann sie später als Verbündete gegen Ostrom. Alarich bot 408 die Räumung Norikums und den Rückzug nach Pannonien an. Als jedoch alle Angebote abgelehnt wurden, fielen die Goten in Italien ein.145 Als die Rheingrenze zusammengebrochen war, weil Vandalen, Alanen und Sueben 406 den Fluss überschritten hatten, drohte Alarich erneut, nach Italien zu ziehen, was er nach dem Sturz Stilichos und dessen Hinrichtung am 22. August auch tat. 410 wurde Rom geplündert, doch zogen die Goten 412 nach Gallien ab.

Vandalen, Alanen und Sueben hatten inzwischen 409 die Pyrenäen überschritten. Als die Vandalen 429/39 Africa eroberten, wurde selbst die römische Seeherrschaft in Frage gestellt. 433 wurde Pannonien abgetreten und zum Zentrum der Hunnen, die das Römerreich von Norden attackierten. Lösegeld für Kriegsgefangene war eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen. Ab 445 errang Attila die Alleinherrschaft. Mit dessen Zug nach Italien im Jahr 452 wurde Aquileia zerstört, doch zogen sich die Hunnen wieder zurück. Nach Attilas Tod im Jahr 453 kam es 454 oder 455 in der Schlacht am Nedao zur Niederlage der Hunnen gegen eine von Gepiden geführte Koalition. Im selben Jahr 455 plünderten die Vandalen Rom.

Währenddessen scheiterten ab 460 Versuche, das Vandalenreich zu erobern. Der oströmische Kaiser Leo (457 bis 474) gab Julius Nepos eine seiner Nichten zur Frau, stattete ihn mit einer Armee aus und beauftragte ihn, nach Italien zu ziehen. Er nahm am 24. Juni in Rom den Titel Augustus an. Er war der letzte Westkaiser, den Ostrom anerkannte. Nepos wurde bereits im Oktober 475 vom westlichen Heermeister Orestes gestürzt, der seinen Sohn Romulus Augustulus zum Kaiser erhob, der seinerseits im August 476 von Odoaker gestürzt wurde.146

Es war der oströmische Kaiser Markianos, der noch vor seinem Tod 457 die vertragliche Niederlassung der Ostgoten veranlasst hatte. 489 überschritten ostgotische Truppen unter König Theoderich den Isonzo und fügten Odoaker eine Niederlage zu. 493 wurde Odoaker mit seinen Gefolgsleuten ermordet. Erst 510 schlossen die Ostgoten Frieden mit Ostrom.

Währenddessen hatten sich die Westgoten in Gallien unabhängig gemacht, Vandalen und Alanen in Nordafrika ein Reich gegründet. Die Sueben hingegen waren in Hispanien geblieben, während Rom 472 mit Tarraco seine letzte Bastion verlor.

Suebenreich im Nordwesten (409-585)

Frühmittelalterliche Streitäxte, Nat. Archäologiemuseum Madrid

Das Kerngebiet der Sueben lag zwischen Duero und der Ría de Vigo. Sie selbst nannten sich wohl eher Suaben, wie aus einer Inschrift hervorgeht, in der von „Ermengon suaba“ die Rede ist.147 Wichtige Quelle zur Geschichte der Sueben ist das Werk des Martin von Braga († um 580). Er war ein Verehrer des hl. Martin von Tours, nach dessen Vorbild er sein Kloster organisierte und seine Basilika sollte seine Reliquien aufnehmen. Er stand aber vor allem mit Bischof Gregor von Tours, mit Venantius Fortunatus, aber auch mit Radegundis († 587), der Gründerin des Klosters Heiligkreuz in Poitiers in Kontakt. Mit der Gründung des Klosters Dumio wurde das Mönchtum stark gefördert, das später einen enormen Aufschwung nahm. Dabei wurde weniger das Regelwerk der Benediktiner als vielmehr das Werk des Fructuosus von Braga († 665) zentral, aber auch Isidor von Sevilla. Sicherlich gehen die typischen Klosterbischöfe auf irischen Einfluss zurück.

Am 31. Dezember 406 überquerten Suebi, Vandalen und Alanen den Rhein bei Mogontiacum (Mainz) und zogen 409 über die Pyrenäen nach Hispanien. Sie konnten dies im Windschatten von schweren Kämpfen zwischen den Ravenna ergebenen Kräften und den Rebellen Gerontius und Maximus relativ unbehelligt tun. Gerontius war selbst General des Gegenkaisers Konstantins III., doch rebellierte er gegen diesen Gegenkaiser und erhob (wahrscheinlich) seinen Sohn Maximus zum Kaiser. Dieser residierte in Tarraco. Als Gerontius in Arles 411 unterlag, floh Maximus zu den germanischen Söldnertruppen, die in Hispanien geblieben waren. Wahrscheinlich ist er identisch mit Maximus Tyrannus, der in Hispanien Ende 418 oder in der zweiten Jahreshälfte 419 mit Unterstützung des Vandalenkönigs Gunderich erneut rebellierte. Diesmal wurde er 420 oder 421 vom Comes Hispaniarum Asterius gefangengenommen und am 23. Januar 422 in Ravenna hingerichtet.

Von den drei Verbänden, die 409 die Pyrenäen überschritten hatten, waren die Sueben zu dieser Zeit wohl der schwächste und instabilste. In Hispanien wurde ihnen durch das Los die Provinz Gallaecia im Nordwesten zugeteilt, doch kam es 418 durch die Vandalen beinahe zur Vernichtung der Sueben in der Schlacht in den Nervasosbergen, in der auch provinzialrömische Truppen auf der Seite der Sueben kämpften.

rechiar
Silbermünze König Rechiars (448-456)

429 verließen Vandalen und Alanen die Halbinsel und setzten nach Nordafrika über. Sie zogen ostwärts, wo sie 439 Karthago eroberten. Die Sueben unter ihrem ersten König Hermericus († 441) blieben als einzige im Lande. Hermericus trat 438 wegen Krankheit zurück, seinem Sohn Rechila (438-448) gelang die Eroberung der Baetica mit Sevilla und Mérida. 440 empfing der König einen kaiserlichen Gesandten in Mértola.148 In den folgenden Jahren bekämpften römische Truppen mit Unterstützung der Westgoten Bagaudenaufstände im Ebrotal, möglicherweise nutzten die Goten später den Aufstand, um letzte Reste römischer Herrschaft zu beseitigen. Rechilas katholischer Sohn und Nachfolger Rechiar (448-456) heiratete 449 eine Tochter des Westgotenkönigs, stieß bis in baskische Gebiete vor und bedrohte Saragossa. 451 kämpften die Westgoten in Gallien gemeinsam mit den Römern gegen die Hunnen. Mit dem Tod des Aetius und im Jahr 455 Kaiser Valentinians verlor Westrom endgültig die Kontrolle über Hispanien. Vertragswidrig stießen die Sueben in die Tarraconensis vor, Kaiser Avitus forderte die Westgoten auf, nach Hispanien zu marschieren. Infolgedessen unterlagen die Sueben gegen den westgotischen König Theoderich II. am Fluss Órbigo in der Nähe des heutigen Astorga in der Schlacht auf dem Campus Paramus. Braga wurde am 28. Oktober 456 erobert und ausgeplündert, es folgte Mérida, das allerdings nicht geplündert wurde. König Rechiar wurde auf der Flucht gefangen und im Dezember hingerichtet. Damit gingen die meisten Eroberungen außerhalb der Gallaecia verloren, zeitweise wurden westgotische Garnisonen auf ehemals suebischem Reichsgebiet installiert, das Suebenreich schien verschwunden zu sein. Auch in Konstantinopel dürfte man damit zufrieden gewesen sein, denn die Sueben verhinderten als potentielle Verbündete der Vandalen die Bekämpfung der letzteren mit Hilfe der südspanischen Stützpunkte, zumal die Vandalen 455 Rom geplündert hatten. Die Verhältnisse im Nordwesten sind dementsprechend unsicher. Zwar werden in den Quellen „latrones“ genannt, doch ist unklar, ob es sich um Bagauden, versprengte Sueben oder einfach Räuberbanden handelte. Die Westgoten hingegen schlossen mit Kaiser Majorian einen neuen Vertrag. Tatsächlich kam dieser Kaiser mit einer schlagkräftigen Flotte nach Cartagena (Carthago Nova), doch gelang es den Vandalen, einen Teil der Schiffe zu erbeuten. Der Kaiser wurde gestürzt.149 Damit löste sich Hispanien endgültig aus dem weströmischen Reich.

Suebic Rulers
Zeitleiste mit den suebischen Herrschern

Die nordwestlichen Sueben hatten 456 einen sonst kaum fassbaren Malchras (456–460) zu ihrem König ernannt, während in der Hauptstadt Braga nacheinander Aiulf (456 bis Juni 457), der vielleicht einen Aufstand wagte, und Framta (457–458) in Abhängigkeit von den Westgoten herrschten. Nach Framtanes Tod schlossen sich die Nordwestsueben Maldras' Sohn Remismund an. Maldras griff Städte weit im Süden an, wie Lissabon (457) oder Porto (458). Remismund wurde vom Westgotenkönig Eurich zur Anerkennung seiner Oberhoheit gezwungen und trat zum arianischen Christentum über. Da 470 Hydatius, der Verfasser der nach ihm benannten Chronik, starb, sind wir über das zweite Königreich der Sueben überaus schlecht unterrichtet, denn alle anderen Quellen berichten nur summarisch über die weiteren Vorgänge.

Im Gegensatz zu den Westgoten traten die Sueben bereits kurz nach 550 vom Arianismus zum Katholizismus unter König Chararich (550-559) über. Doch bekämpfte Martin von Braga mit De correctione rusticorum deren religiöse Vorstellungen, die eher einen Synkretismus aus paganen und christlichen Ideen bildeten. Die erste Synode von Braga erklärte 561 den Priszillianismus, die Lehren Priscillians († 385) zur Häresie. Er hatte strenge Askese für Priester und Laien gefordert und die Kirche durch Unterordnung unter die Leitung des Heiligen Geistes erneuern wollen.

573 unterstützten die Sueben unter König Miro (572-582) den aufständischen Hermenegild gegen seinen Vater (möglicherweise aber auch den Vater gegen seinen Sohn), der Sevilla belagerte.150 Immerhin könnte diese Unterstützung des ältesten Sohnes (er wurde um 585 ermordet) der Grund sein, warum die Sueben 585 von den Westgoten unterworfen wurden. Damit endeten die anhaltenden, zuweilen mörderischen Kämpfe zwischen den benachbarten Königreichen, die die Zeitgenossen dazu veranlassten von „lacrimabile tempus“ oder „indisciplinata perturbation“ zu schreiben. Dennoch gelang es den Sueben, wie ein überaus seltenes Dokument, das Parochiale von 572 belegt, nicht nur eine Klosterlandschaft zu errichten, sondern auch eine Pfarrstruktur durchzusetzen. Doch sind nur wenige Beispiele ihrer Architektur überliefert, wie in Egitania (Kathedrale), das seit den Flaviern ein municipium war (Civitas Igaeditanorum), oder in Torre de Palma (Kirche).

Westgotenreich (bis 711)

Tolosanisches Reich

409 drangen germanische Vandalen und Sueben, die wenige Jahre zuvor den Rhein überschritten hatten, in Spanien ein. Die Vandalen zogen 429 nach Nordafrika weiter und eroberten 439 Karthago - ihr Reich bestand bis 533; die Sueben hingegen wurden sesshaft, ihr Königreich in Galicien hatte bis 585 Bestand. Der Landschaftsname Andalusien (Vandalusien) weist vermutlich auf die Vandalenbesetzung hin.151

416 schlossen die Goten152 auf der Iberischen Halbinsel mit den Römern ein Bündnis, das sie verpflichtete, als Föderaten die in Hispanien eingedrungenen Gegner Roms zu bekämpfen. Der Feldzug dauerte bis zum Sommer 418, dann kehrten die Goten auf römische Anweisung nach Gallien zurück und erhielten dort ein Siedlungsgebiet in Aquitanien zugewiesen. Sie zogen 422 mit den Römern gegen die Vandalen in den Krieg, machten sich jedoch bald unabhängig. Doch der römische Heermeister Flavius Aëtius konnte zwei ihrer Angriffe auf Arles zurückschlagen. Ein Angriff der Westgoten auf Narbonne 436 führte zu einem mehrjährigen, wechselhaft verlaufenden Krieg mit den Römern, die hunnische Söldner einsetzten. Die Kämpfe wurden schließlich mit einem neuen Vertrag beendet, der das Föderatenverhältnis auflöste und die Abtretung von Reichsgebiet vorsah.

In der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern kämpften die Westgoten 451 auf römischer Seite gegen die Hunnen und andere Völker unter Attila. Offenbar hatte ihr König Theoderich I. befürchtet, dass ein weiteres Vordringen der Hunnen auch seine Herrschaft gefährden würde. Die Westgoten waren maßgeblich am Sieg auf den Katalaunischen Feldern beteiligt, doch starb Theoderich I. 453 gelangte Theoderich II. auf den Thron. Er stellte das Föderatenverhältnis zu den Römern wieder her, da er innerhalb des Weströmischen Reichs als dessen Schutzherr eine größere Machtstellung zu erringen hoffte. Diesem Ziel diente die Erhebung des gallorömischen Senators Avitus zum Kaiser, die auf Theoderichs Drängen 455 in Arles erfolgte. Avitus zog mit westgotischen Truppen nach Italien, konnte sich aber nicht lange in Rom behaupten. Theoderich II. scheiterte schließlich an dem Heermeister Aegidius, der die Westgoten 458 im Auftrag des neuen Kaisers Majorian vor Arles besiegte. Das Föderatenverhältnis wurde ein letztes Mal erneuert. Als aber Aegidius nach dem Sturz Maiorians gegen die neuen Machthaber Roms rebellierte und sie von seinem nordgallischen Machtbereich aus bekämpfte, verbündete sich Theoderich II. mit Kaiser Libius Severus gegen ihn und besetzte Narbonne. Doch 463 erlitten die Westgoten bei Orléans eine schwere Niederlage.

Entwicklung des Westgotenreiches; rotorange: Ansiedlung der Westgoten in Aquitanien ab 418; orange und hellorange: Ausbreitung des Westgotenreiches bis 507; orange: Westgotenreich (mit Septimanien) zwischen 507 und 552; grün: Suebenreich, das ab 585 zum Westgotenreich gehörte

466 wurde Theoderich II. von seinem jüngeren Bruder Eurich beseitigt. Er löste das Föderatenverhältnis endgültig auf und dehnte das Reich bis zur Loire, in die Auvergne und im Süden bis weit nach Hispanien hinein aus. 475 schloss er Frieden mit Kaiser Julius Nepos, der den Westgoten die von ihnen eroberten Gebiete überließ und die Unabhängigkeit des Westgotenreichs anerkannte. 477 besetzten Eurichs Truppen auch das bis zuletzt römisch gebliebene Gebiet um Arles. Die Westgoten besetzten in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts auch Teile der Iberischen Halbinsel. Sie beschränkten sich zunächst auf wichtige Stützpunkte wie Mérida; 483 suchte der dortige Bischof Zeno die Zusammenarbeit mit einem gotischen Machthaber namens Salla bei der Befestigung der Stadt und der Reparatur einer Brücke über den Guadiana.153. Erst in den neunziger Jahren des 5. Jahrhunderts kam es zu mehreren Ansiedlungswellen. Das Reich umfasste rund 750.000 km², die Einwohnerzahl wird auf vielleicht 10 Millionen geschätzt.154

Syagrius, der letzte römische Statthalter musste 486/87 zu den Westgoten fliehen, die ihn auf fränkischen Druck an Chlodwig auslieferten. 507 besiegte Chlodwig in der Schlacht von Vouillé bei Poitiers die Westgoten unter Alarich II., dem Sohn Eurichs. Die Franken eroberten die westgotische Hauptstadt Tolosa, wo sie einen Teil des Königsschatzes erbeuteten. Nur Septimanien, ein Küstenstreifen um Narbonne, konnte verteidigt werden, da der Ostgotenkönig Theoderich der Große eingriff, der ab 511 die Regierung des Westgotenreichs übernahm.

Die Quellenlage für das Westgotenreich nach dem Ende des weströmischen Kaiserreichs (476/480) ist vergleichsweise günstig. Isidor von Sevilla († 636) verfasste eine Historia Gothorum, der Lusitanier Johannes von Biclaro († um 620) setzte mit seiner Chronik das Werk des Afrikaners Victor von Tunnuna († um 570) für die Jahre 567 bis 590 fort. Er war 590 bis 610 Bischof von Girona. Erzbischof Julianus von Toledo († 690) verfasste eine Historia Wambae regis, dazu Fortsetzungen des Werks Isidors. Allerdings existieren keine Quellenwerke aus den letzten Jahrzehnten des Reiches. Erst 754 schuf ein Geistlicher aus Toledo die Cronicón mozárabe als Fortsetzung Isidors. Hagiographische Schriften existieren nur in geringem Umfang, Konzilsakten geben punktuell Einblicke, gegenüber späteren Chroniken des 9. Jahrhunderts ist hingegen Vorsicht geboten. Hinzu kommen einige Briefe, insbesondere von Braulio von Saragossa (590–651), sowie Rechtstexte.

Der wohl um 475 eingeführte Codex Euricianus, ein nach König Eurich benanntes Gesetzbuch, war die erste Rechtskodifikation eines germanischen Reiches.155 Er wurde zur Basis für die spätere Gesetzgebung westgotischer Herrscher. Der Codex Euricianus enthielt das an die ethnische Zugehörigkeit und nicht an den Wohnsitz gebundene Recht der Westgoten, während das Recht der romanischen Bevölkerung in der Lex Romana Visigothorum kodifiziert wurde. Diese wurde 506 von Alarich II. in Kraft gesetzt; daher wird sie auch Breviarium Alaricianum genannt. Es handelt sich um eine Überarbeitung des Codex Theodosianus, einer einflussreichen römischen Gesetzessammlung.

Die Ansiedlung der Westgoten muss auf der Grundlage einer erzwungenen Landabtretung durch römische Grundbesitzer erfolgt sein, wie die ältere Forschung meinte. Nach ihr erhielten die Goten zwei Drittel, die Römer den Rest des bebauten Landes, dafür aber zwei Drittel der Arbeitskräfte. Diese Vorstellung ist inzwischen in Frage gestellt worden, doch ist die Quellenlage zu ungünstig, um hier zu einer Klärung zu kommen. Offenbar gab es im Tolosanischen Reich weiterhin vermögende Großgrundbesitzer, die sich von Bewaffneten schützen ließen und ihre Landsitze befestigten. Viele Bestimmungen des Codex Euricianus befassen sich mit Unfreien, deren Zahl offenbar beträchtlich war. Die Gefolgschaften bestanden teils aus Freien, teils aus Unfreien. Freie Gefolgsleute durften den Gefolgsherrn wechseln. Einfache Freie gerieten offenbar oft in schwere Notlagen; davon zeugen Bestimmungen des Codex Euricianus, die vom Selbstverkauf Freier und vom Verkauf Freier als Sklaven gegen ihren Willen handeln.

Dabei kämpften 507 Romanen senatorischer Herkunft mit den Westgoten gegen die Franken Chlodwigs I. Auch in der Verwaltung waren den Romanen höchste Ämter zugänglich. Zwar mussten sie im Unterschied zu den Goten Steuern zahlen, doch war ihre Steuerlast wesentlich geringer als im spätantiken Römerreich. Militär- und Zivilverwaltung waren nicht getrennt. Beide wurden von duces geleitet. Die Provinzialverwaltung bestand fort. Eine wichtige Verwaltungseinheit bildete die Stadt (civitas), an deren Spitze ein comes civitatis stand, dem auch die örtliche Rechtsprechung oblag.

Die Schätzungen der Anzahl der im Tolosanischen Reich lebenden Westgoten schwanken zwischen rund 70.000 und 200.000, was einem Anteil von etwa ein bis zwei Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht.156 Die Ortsnamenforschung zeigt, dass die westgotische Siedlung sich auf den Umkreis von Toulouse konzentrierte; im größten Teil des Reichs fehlen gotische Ortsnamen. Die Könige verfügten spätestens seit Theoderich II., dessen Lehrer der spätere Kaiser Avitus war, über Lateinkenntnisse; am Hof Eurichs bestand Interesse an lateinischer Dichtung.157 Mischehen zwischen Goten und Romanen blieben bis Ende des 6. Jahrhunderts verboten.

Dies hing mit den religiösen Gegensätzen zusammen. Während die Romanen Katholiken waren, waren die Goten Arianer. Während Theoderich I. ein gutes Verhältnis zu den Katholiken pflegte, und daher Bischöfe für ihn als Gesandte tätig sein konnten, und Theoderich II. an religiösen Fragen uninteressiert war, untersagte Eurich den Katholiken die Neubesetzung vakanter Bistümer. Er sah in den Katholiken und vor allem ihren Bischöfen potentielle Verbündete des weströmischen Kaisers. Alarich II. schlug wiederum einen katholikenfreundlichen Kurs ein. Er übernahm in seine Lex Romana Visigothorum Bestimmungen des römischen Rechts, die die juristische Stellung der katholischen Kirche regelten, nicht jedoch ein Gesetz Kaiser Valentinians III., das die gallische Kirche dem Papst unterstellte. 506 erlaubte er das Zusammentreten der Synode von Agde, einer Reichssynode, die der Metropolit Caesarius von Arles leitete.

Nach der Niederlage von Vouillé 507 verlagerte sich nach dem Verlust des größten Teils der gallischen Gebiete der Schwerpunkt des Reiches nach Hispanien. Siedlungsschwerpunkte entstanden in Septimanien, aber auch um Segovia, Madrid, Palencia, Burgos, wo ihnen die dortigen Reihengräber zugeordnet werden. In Andalusien erscheinen gotische Namen in Inschriften, vor allem um Córdoba und Mérida. Die Ostgoten vertrieben Gesalech, den unehelichen Sohn und Nachfolger des 507 zu Tode gekommenen Königs Alarich II., und ihr König Theoderich übernahm die Herrschaft im Westgotenreich, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 526 regierte. Er ließ den Rest des westgotischen Reichsschatzes nach Ravenna, seine Hauptstadt, transferieren. Theoderich war der Schwiegervater Alarichs II. und Großvater von dessen Sohn Amalarich, regierte aber nicht als Vormund des anfangs unmündigen Amalarich, sondern in eigenem Namen. Die westgotischen Könige regierten danach vor allem in Narbonne oder Barcelona, wo nach wie vor der Herrschaftsschwerpunkt lag.

Nach 526 machten sich die Westgoten unter Amalarich wieder selbstständig, versuchten eine Annäherung an die Franken, doch erlitten seine Truppen 531 bei Narbonne eine Niederlage gegen deren König Theuderich I., was zu neuen Gebietsverlusten führte. Bald darauf wurde Amalarich ermordet. Nach einigen Monaten ohne Herrscher erhoben die Westgoten Theudis, einen Ostgoten, zu ihrem neuen König. Neben fränkischen Attacken drohte nach der Vernichtung des Vandalenreichs durch eine Armee des Kaisers Justinian ein oströmischer Angriff auf Hispanien. Bei ersten Kämpfen der Westgoten mit den Oströmern um die Stadt Ceuta an der Straße von Gibraltar siegten die kaiserlichen Truppen. 548 wurde Theudis ebenfalls ermordet. Attentate, Rebellionen und Staatsstreiche waren auch in der Folgezeit so häufig, dass der fränkische Chronist Pseudo-Fredegar dafür den Begriff „morbus Gothicus“ prägte. Einer der Aufstände bot den Oströmern den Vorwand zum Eingreifen; 552 landeten sie als Verbündete eines westgotischen Rebellen an der Südküste und besetzten dort unter dem greisen patricius Liberius ein Küstengebiet, das mindestens von Cartagena bis Málaga reichte und zudem die wichtigen Städte Córdoba und Medina Sidonia umfasste.

Die Iberische Halbinsel im Jahr 586

Unter König Leovigild (568/9–586) expandierte das Reich gegen die Sueben im Nordwesten, gegen die Kantabrer, die Sappi im Raum Salamanca, Aragonesen und Basken sowie gegen kleinere Machtzentren, die sich in der Hand von einheimischen Kleinkönigen oder dem örtlichen Adel befanden. Er konnte die Oströmer zurückdrängen, die Sueben 585 unterwerfen. Ein fränkischer Angriff auf Septimanien wurde zurückgeschlagen, die Rebellion von Leovigilds Sohn Hermenegild niedergeworfen, der 582 ins oströmische Córdoba floh, nachdem er Kontakte nach Konstantinopel angeknüpft und sich vom Arianismus losgesagt hatte - Papst Gregor I. nannte ihn gar einen Märtyrer. Auf religiösem Gebiet scheiterte Leovigilds Versuch, die Spannungen zwischen Arianern und Katholiken aufzulösen, selbst innerhalb seiner Familie. Ein wichtiges Anliegen Leovigilds war die „Imperialisierung“ des Königtums durch Imitation des oströmischen Kaisertums. Dies äußerte sich in Kleidung, Hofhaltung und Münzprägung: Leovigild war der erste Westgotenkönig, der sich offen als souveräner Herrscher präsentierte. Das Abbild des Kaisers erschien nun nicht mehr auf den Goldmünzen, der König trug Krone und Purpur, und nach der Art der römischen Kaiser gründete er eine neue Stadt, die er nach seinem Sohn Reccared Recopolis nannte. Darüber hinaus verlagerte sich ab etwa 569 der Reichsschwerpunkt nach Toledo. In diesem Reich sollen neben 100.000 Goten etwa 9 Millionen Romanen gelebt haben.158

Bis zum Ende des Westgotenreichs unternahmen die Könige immer wieder Feldzüge gegen die Basken, die nur vorübergehende Erfolge erzielten. Leovigilds Sohn und Nachfolger Rekkared I. (586–601) konnte den Krieg gegen die Franken beenden. Er trat 587, genauso wie sein Bruder Hermenegild, der 585 ermordet worden war, vom Arianismus zum Katholizismus über. Das 3. Konzil von Toledo beendete unter Teilnahme von 5 Metropoliten, fast 50 katholischen und 8 ehemals arianischen Bischöfen die religiösen Konflikte. Es gestattete den arianischen Bischöfen, ihre kirchlichen Ämter zu behalten. Theologisch ist dieses Konzil langfristig von erheblicher Bedeutung, weil hier erstmals das Filioque erwähnt wird, das in der Folge Bestandteil des katholischen, jedoch nicht des orthodoxen Glaubensbekenntnisses bleibt. Der Zusatz wurde eingeführt, um sich gegen den Arianismus abzugrenzen, der die Ansicht vertrat, dass Jesus weniger ist als Gott der Vater - der Zusatz sollte deutlich machen, dass Jesus mit seinem Vater gleichberechtigt ist. Zu den Konzilsbeschlüssen gehörten auch Maßnahmen gegen die Juden; ihnen wurde verboten, christliche Frauen zu heiraten oder christliche Konkubinen zu haben. 694 wurden auf dem 17. Konzil von Toledo drastische Beschlüsse gefasst, die durch das Gerücht gefördert wurden, Juden hätten Kontakte zu den Muslimen Syriens aufgenommen oder gar eine Verschwörung geplant. Der König forderte die Vertreibung aus seinem Reich. Kinder aus den bereits bestehenden Verbindungen mussten getauft werden; ab dem 7. Lebensjahr sollten Kinder aus jüdischen Familien in christliche gegeben werden. Sklaven der Juden sollten freigelassen werden. Formal leitete der König das Konzil, doch die Inhalte steuerten wohl Bischof Leander von Sevilla und Abt Eutropius von Servitanum bei. Manche Arianer gingen nach Afrika, in Mérida kam es zu einer Rebellion. 633 verabschiedete das 4. Konzil von Toledo die altspanische Liturgie, die bis ins 11. Jahrhundert großen Einfluss ausübte.

Rekkareds Sohn Liuva II. wurde nach nur anderthalbjähriger Regierung schon 603 entmachtet; eine Verschwörung von Adligen brachte seinen Nachfolger Witterich an die Macht. Damit endete die von Leovigild begründete Dynastie. Damit setzte sich das Prinzip der Wahlmonarchie wieder durch. Einzelne Könige (Sisebut, Suinthila, Chintila) versuchten vergeblich, durch Erhebung eines Sohnes zum Mitregenten eine Dynastie zu gründen. Trotz der instabilen Verhältnisse gelang es König Suinthila um 625 die letzten oströmischen Stützpunkte in Hispanien zu besetzen. Doch König Tulga fiel 642 einer Verschwörung zum Opfer.

Krone des Rekkeswinth (653–672)

Zu einer Reaktion des Königtums auf die Übermacht des Adels kam es unter Chindaswinth (642–653). Er war selbst durch einen Staatsstreich auf den Thron gekommen. Seinem Schreckensregime fielen zahlreiche Adlige zum Opfer. Er wollte die Ersetzung des bisherigen Adels durch zuverlässige Gefolgsleute durchsetzen. Es gelang ihm sogar, seinem Sohn Rekkeswinth, den er 649 zum Mitregenten erhob, 653 die Nachfolge zu sichern - eine Rebellion dagegen wurde niedergeschlagen. Doch nach Rekkeswinths Tod kam es 672 wieder zu einer Königswahl; der wohl etwa 90-jährige Adlige Wamba wurde zum König erhoben. Er ist der erste Herrscher, für den eine Salbung nach alttestamentlichem Vorbild bezeugt ist. Einen Aufstand in Septimanien konnte er 673 unterdrücken, doch wurde der fast Hundertjährige 680 zur Abdankung gezwungen - folgt man späteren Quellen, indem man den Bewusstlosen tonsurierte und damit zum Mönch machte, dem die Königsherrschaft verwehrt war. Schon bei dem Aufstand Septimaniens hatte sich die Unzuverlässigkeit des Heeres gezeigt. Sein Feldherr Paulus hatte kurzerhand gegen Wamba rebelliert und ihn in einem Brief verspottet. Seine eigenen Männer plünderten und vergewaltigten, woraufhin der König die Täter beschneiden ließ, um sie symbolisch aus der christlichen Gemeinschaft auszustoßen. Vor dem Hintergrund der scharfen antijüdischen Gesetzgebung der Epoche entsprach dies einer besonderen Demütigung und Ausgrenzung, denn die Täter wurden damit den zunehmend entrechteten Juden gleichgestellt.159 In den Jahren 693/694 sowie erneut 701 brachen schwere Epidemien aus. Sie führten zu einem erheblichen Bevölkerungsrückgang, zumal es zu Hungerkatastrophen kam. Machtkämpfe zwischen Königtum und rebellischen Adelsgruppen dauerten an. Schließlich reduzierte sich die Zahl der königsfähigen Familien auf zwei, wobei sich beide auf Chindasvinth zurückführten.

Für die Juden auf der Halbinsel wurde dadurch die Lage günstiger, denn seit der Konversion des Königshauses zum Katholizismus versuchte man sie zur Konversion zu zwingen. Scharfe Konzilsbeschlüsse und Gesetze dienten dem Zweck, die Juden ihrer Einnahmequellen durch Handelstätigkeit zu berauben.

Fragment einer katalanischen Fassung des westgotischen Liber Iudiciorum, Biblioteca de l'Abadia de Montserrat, Ms. 1109, Ende 12. Jahrhundert

König Rekkeswinth erließ 654 ein einheitliches Gesetzbuch für Goten und Romanen (Liber iudiciorum oder Liber iudicum). Damit setzte sich im Rechtswesen das Territorialprinzip gegenüber dem früheren Grundsatz des personalen Rechts durch. Die Idee eines solchen einheitlichen Reichsrechts stellte eine Pionierleistung der Westgoten dar, denn in den anderen Germanenreichen herrschte noch das ethnische Prinzip. Damit zeigte sich im Westgotenreich eine Entwicklung vom Personenverbandsstaat zum territorialen Flächenstaat. Solchem Denken und dem damit zusammenhängenden Aufkommen einer transpersonalen Staatsidee entsprach auch der Umstand, dass eine Reichsteilung unter den Söhnen eines verstorbenen Herrschers, wie sie bei den Franken und Burgundern noch lange üblich war, für die Westgoten nicht in Betracht kam. Mitregenten erhielten zwar eigene Herrschaftsbereiche, doch war dabei nie eine Aufteilung in eigenständige Reiche beabsichtigt. Prominente Metropoliten wie Isidor von Sevilla und Julian von Toledo – der eine romanischer, der andere jüdischer Herkunft – identifizierten sich als Geschichtsschreiber mit der Westgotenherrschaft und wurden zu Propagandisten der Reichsidee. In den Rechtsquellen tauchte oft der Begriff des „Vaterlandes“ (patria) auf, dem man Loyalität schuldete.

Die Konzile von Toledo zeigten die gegenseitige Durchdringung von weltlicher und geistlicher Macht im Westgotenreich; die Könige mischten sich dominant in kirchliche Angelegenheiten ein, aber auch die Bischöfe in die Politik. So fassten Bischöfe als Konzilsteilnehmer Beschlüsse über das Vorgehen bei der Königswahl. Sie übernahmen auch von Amts wegen Aufgaben im Justizwesen und bei der Steuererhebung; die Kirche wurde wie ein Zweig der Reichsverwaltung behandelt.

In der Spätphase kam es zu einer bedingten Feudalisierung. Der Hofadel trat in den Vordergrund, an der Königswahl durften ab 653 nur noch maiores palatii und Bischöfe teilnehmen, während dieses Recht bis dahin allen Vornehmen zugestanden hatte. Nach der Wahl schworen der neue König und seine Wähler einander Eide, die spätestens ab 672 schriftlich fixiert und abgezeichnet wurden. Es wurden aber nicht nur die maiores palatii - König Rekkeswinth bezeichnete sie 653 als seine „Gefährten in der Regierung“ (in regimine socios) -, sondern alle freien Reichsbewohner auf den König vereidigt. Die Gefolgsleute des Königs, die fideles regis, waren ihm durch einen eigenen Eid verbunden. Der König verlieh ihnen Ländereien, behielt sich aber vor, diese Leiheverhältnisse jederzeit zu widerrufen. Inwieweit man für die Spätphase also von einem „Protofeudalismus“ (ein von dem Historiker Claudio Sánchez-Albornoz geprägter Ausdruck) sprechen kann, ist unklar, moderne Diskussionen machen diesen Streit obsolet. Das 13. Konzil von Toledo verfügte 683, dass kein Hofadliger ohne ein Gerichtsverfahren verurteilt werden durfte; zuständig war für solche Verfahren ein Standesgericht aus Bischöfen und Hofadligen.

Westgotische Bügelfibel des 6. Jahrhunderts aus Castiltierra (Provinz Segovia)

Der größte Teil des Heeres bestand aus Unfreien, deren Zahl im 7. Jahrhundert jedoch zurückging. Die Vornehmen rüsteten nur einen kleinen Teil ihrer Unfreien aus und führten ihn in den Kampf. König Wamba drohte bei Nichterfüllung der Pflichten den Säumigen drastische Vermögens- und Freiheitsstrafen an.

Die Schicht der einfachen Freien war im Schwinden, obwohl die Könige sie mit ihrer Gesetzgebung zu stärken versuchten. Unter den Freien standen im sozialen Rang die freigelassenen Sklaven. Sie verblieben in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihren bisherigen Herren.

Einer sehr reichen Oberschicht, deren Vermögen hauptsächlich aus Landbesitz bestand, stand eine große Zahl von Unfreien und Freigelassenen gegenüber. Bischofskirchen, Klöster und Pfarrkirchen besaßen zahlreiche Sklaven. Dass Bischöfe ihre Kirchensklaven zur Strafe verstümmeln ließen kam so oft vor, dass Konzilien sich veranlasst sahen, dies durch entsprechende Bestimmungen zu untersagen.160 Häufig entflohen Sklaven ihren Herren, wodurch ein Mangel an Arbeitskräften entstand. Ein Verbot der Kindestötung durch ein Gesetz König Chindaswinths verdeutlicht die Notlage vieler Familien.

Darstellung einer Artischocke in der Rylands Haggada (Erzählung und Handlungsanweisung für den Seder am Erev Pessach, dem Vorabend des Fests der Befreiung der Israeliten aus der ägyptischer Gefangenschaft). Das Manuskript erhielt seinen Namen nach der John Rylands Library in Manchester.

Wie im gesamten Frühmittelalter dominierte wirtschaftlich die Bodenbearbeitung, vor allem der Anbau von Getreide und Wein. Angeblich sollen die Westgoten die Artischocke eingeführt haben.161 Während die Klöster ihre Güterverwaltung auf den Abt bezogen, wurden die weltlichen Güter von villici oder procuratores verwaltet.

In Asturien gründeten einige Jahre nach der Niederlage gegen die Araber Christen das Königreich Asturien. Dessen Herrscher betrachteten sich als Nachfolger der Westgotenkönige und legitimierten damit ihre Herrschaft. Das Herrengut wurde vielfach von servi bearbeitet, während weitere Parzellen an Bauern verschiedenen Freiheitsgrades vergeben wurden. Ein Ansatz zu grundherrschaftlicher Produktionsweise ist im Westgotenreich damit zu erkennen. Im Süden knüpfte man an antike Traditionen der Bewässerungstechnik an, die später die Araber und die Berber fortführten und bereicherten.

Andererseits setzte sich der Prozess der De-Urbanisierung und der Ruralisierung fort, wenn auch in weit geringerem Maße, als lange angenommen wurde. In der Tat setzten die römischen Städte diesem Prozess einen langandauernden Widerstand entgegen. Zwar gingen Handwerk und auch Metallgewinnung zurück, doch die Bearbeitung von Metall f wurde ortgesetzt. Griechische, jüdische und Händler aus dem weiter östlich gelegenen Mittelmeerraum betrieben einen Außenhandel, dessen Umfang nicht mehr zu ermessen ist. Immerhin entsprach es in Mérida der Sitte, dass sich griechische Händler zunächst beim Bischof einfanden, so dass hier von einer gewissen Kontinuität und Regelmäßigkeit ausgegangen werden kann. Geld, das vor allem im Norden geprägt wurde, diente vorrangig der Besoldung des Heeres, weniger den Handelsbedürfnissen. Zeitweise wurden sogar Goldmünzen aufgelegt, den Löwenanteil stellten allerdings Tremisis (triens), die den dritten Teil eines Schillings darstellten. Insgesamt prägten weniger Niedergang als vielmehr Transformation die hispanische Urbanistik. Nicht Wandel, sondern Kontinuität kennzeichneten die Funktionen, die ihre sozialen Eliten wahrnahmen. Den Eroberern schwebte nicht Zerstörung sondern langfristige Integration vor. Dabei behielten sie traditionelle Formen bei und passten diese in den sich verändernden Handlungszusammenhang ein.

Nach dem Tod König Witizas (702-710) kam es innerhalb des Adels erneut zu Streitigkeiten. Zwei rivalisierende Fraktionen aus den Familien Chindasvinths und Wambas stritten um die Nachfolge. Schließlich wurde Roderich gegen den Widerstand der Witiza-Anhänger, die Agila II. (711-714) einsetzten, inthronisiert. Roderich kämpfte 711 gegen die Basken.

Im Zuge der islamischen Expansion setzte im Frühjahr 711 eine relativ kleine, aus Arabern und – überwiegend – Berbern bestehende Streitmacht über die Straße von Gibraltar. König Roderich, der erst seit dem Vorjahr regierte und gerade mit Kämpfen gegen Basken beschäftigt war, erlitt im Juli 711 in der Schlacht am Rio Guadalete, in der er ums Leben kam, eine vernichtende Niederlage.162 In der nordöstlichen Region Tarraconensis leisteten westgotische Truppen noch bis 719, im südgallischen Septimanien noch bis 725 Widerstand, doch fiel praktisch die gesamte Halbinsel in einem zähen Kampf an die Eroberer. Wie sich zeigen ließ, sahen sich die Eroberer mit einem intakten römischen Städtewesen konfrontiert, die arabisch-berberische Blüte der Stadtkultur ist ohne dieses von den Westgoten stabilsierte Städtewesen nicht vorstellbar.

Basken

Vorfahren der Basken, die eines der am längsten ortsfesten Völker der Welt darstellen, lebten seit dem Mesolithikum im Norden Spaniens und im Südwesten Frankreichs. In römischen Quellen erscheinen die Stämme der Vascones und Avsci, letztere lebten allerdings in Aquitanien außerhalb des heutigen baskischen Sprachgebiets. Einige vorrömische Ortsnamen bestehen aus baskischen Wörtern, wie etwa Eliumberrum („Neustadt“) für Auch.163 Beim Tal von Arán handelt es sich um einen Pleonasmus, da der Name auf das baskische Wort ‚aran‘ zurückgeht, das nichts anderes als ‚Tal‘ heißt. Noch 1349 war in Huesca der Gebrauch des Arabischen, Hebräischen und Baskischen auf dem Markt untersagt.164 Zu dieser Zeit wurde auch noch in Rioja Baskisch gesprochen, im Norden war die Sprache im 1. Jahrhundert noch bis in den Raum Bordeaux in Gebrauch. In seinem De Bello Gallico unterschied Caesar gleich im ersten Satz dieses Aquitanien vom eigentlichen Gallien und dem Land der Belgen im Norden; dabei war die Grenze die Garonne. Im Zuge der Romanisierung entstanden lateinische Provinzialdialekte, die von baskischen Aussprachegewohnheiten geprägt waren. So entstand die französische Regionalsprache Gascon.

Antike Schriftsteller nennen verschiedene Stämme in diesem Gebiet, wie die Tarbelli an den nördlichen Pyrenäenausläufern, während auf der Südseite Varduli, Caristi, Vascones und Autrigones lebten. Diese als wild geltenden Stämme wurden durch Handelskontakte, Straßenbau und Verstädterung nach und nach romanisiert. Am südlichen Ende des wichtigsten Pyrenäenpasses, dem Tal von Roncevalles, entstand Pompaelo, das heutige Pamplona; von Bedeutung war auch Veleia (Provinz Álava).165 Entsprechend war die Durchdringung der hochgelegenen Zonen der Pyrenäen und Kantabriens eher schwach. So entstand eine Zweiteilung zwischen stark romanisierten Tälern, die zudem eine verhältnismäßig intensive administrative Durchdringung erfuhren, dazu eine Verschriftlichung des Alltags und eine ausgeprägte Urbanisierung, und Landesteilen, die eher durch Viehhaltung und Transhumanz sowie Fortbestehen mündliche Traditionen geprägt waren. Dort hielt sich auch die baskische Sprache.

Fundstück aus Veleia, 2.-1. Jahrhundert v. Chr.

Schon in der Krise des 3. Jahrhunderts weisen starke Befestigungen, wie etwa in Veleia, darauf hin, dass der romanisierte Raum zu einer Art Grenzregion wurde. Ähnliches gilt für Lapurdum, das heutige Bayonne. Möglicherweise ging die Isolierung der Bergregionen so weit, dass sich die Stämme der Antike auf genetischer Ebene ebenso hielten, wie die Dialekte. Dabei wurde über eine Ausbreitung der Vascones westwärts zu Lasten der anderen Stämme spekuliert, die in den Quellen nicht mehr auftauchen. Auch wurden Überlegungen angestellt, ob nicht erst die Franken die auf der Nordseite der Pyrenäen lebenden Vaskonen nach Süden verdrängt hätten. Der Widerstand gegen diese Annahme einer späteren Zuwanderung ging so weit, dass Fälschungen und Fehldeutungen, die zur Untermauerung einer seit der Antike bestehenden Ortsfestigkeit dienen sollten, und die als Textstücke auf Tonscherben aus Veleia fabriziert worden waren, 2008 entlarvt wurden.166

Das Baskenland und die Nordküste wurden weder von Sueben noch von Westgoten erobert, doch erfahren wir von Plünderzügen, die vor allem die noch einigermaßen vermögenden romanisierten Gebiete betrafen. Auch mit den Westgoten kam es zu anhaltenden Kämpfen, so dass von einer dauerhaften Herrschaft der Germanen im Baskenland keine Rede sein kann. Allerdings besiegte sie König Leovigild, der 581 eine Festung namens Victoriacum in ihrem Land errichten ließ, deren Lage unbekannt ist. Im südlichen Navarra entstand rund 40 km südlich von Pamplona zudem Olite.

Die muslimischen Heere, die ab 711 die Halbinsel eroberten, unterwarfen zunächst auch die Basken.

Zum Schutz des Frankenreichs vor diesen als Mauren bezeichneten Eroberern gründete Karl der Große 801 die Spanische Mark. Wahrscheinlich waren es Basken, die den karolingischen Markgrafen Roland im Hochtal von Roncesvalles besiegten. Mit Unterstützung der einheimischen Bevölkerung gelang es den Franken 785 Girona und 801 Barcelona zu erobern. Die Herrschaft übten zunächst örtliche oder westgotische Grafen aus. Diese strebten jedoch eine stärkere Unabhängigkeit an und die Karolinger sahen sich gezwungen, sie durch Grafen fränkischer Herkunft zu ersetzen. Dennoch nahm die Abhängigkeit der Grafschaften vom Frankenreich ab, die die Erblichkeit ihrer Titel durchsetzten. Dieses Streben nach Unabhängigkeit mündete in eine Art Oberherrschaft des Grafen von Barcelona Wilfried des Haarigen. Nach seinem Tod zerbrach zwar die Einheit, der Kern jedoch aus den Grafschaften Barcelona, Girona und Vic blieb ungeteilt. Daraus bildete sich das spätere Katalonien.

Im Norden der Iberischen Halbinsel entstand das Königreich Navarra, das große Teile des baskischen Gebiets umfasste. Um 816 gelang der einheimischen Adelsfamilie Arista mit Unterstützung des baskischen oder westgotischen, zum Islam konvertierten Adelsgeschlechts der Banu Qasi die Vertreibung des fränkischen Statthalters. Diese Muladi-Dynastie, die im 8. und 10. Jahrhundert Tudela (Navarra) und seine Umgebung, darunter Olite und Arnedo beherrschte, verlor ihr Gebiet im 11. Jahrhundert an das Taifa-Königreich von Saragossa. Stammvater der Dynastie war ein provinzialrömischer oder westgotischer Graf namens Cassius (um 714).

Das Emirat der Banu Qasi und das verbündete Königreich Pamplona im 10. Jahrhundert

Die zum Islam konvertierten Banu Qasi waren Ende des 8. Jahrhunderts Gouverneure von Pamplona und bereits mit einer christlichen Familie des Gebiets verschwägert, denn Musa ibn Musa, der in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts Familienoberhaupt war, und Íñigo Arista, von 822 bis 852 (nunmehr christlicher) König von Pamplona, waren durch ihre Mutter Halbbrüder. Diese und weitere religionsübergreifende Verbindungen führten dazu, dass das autonome Emirat der Banu Qasi ein wichtiger Verbündeter des Königreichs Pamplona, des Vorläufers Navarras, wurde und blieb. Beide Staaten pufferten sich wechselseitig gegen Angriffe der christlichen und muslimischen Staaten der Region ab. Sie besiegten 824 gemeinsam die Franken in der dritten Schlacht von Roncesvalles.

Nach dem Tod des letzten Königs aus dem Haus Arista (Fortún Garcés, † 905) kam mit dem Ehemann von dessen Enkelin, Sancho I., das Haus Jiménez an die Macht. Sein Nachfolger García I. erwarb 925 durch Heirat die Grafschaft Aragón. Sein bedeutendster König war jedoch Sancho III. (1000–1035), genannt der Große. Er war König von Aragón und Navarra, sowie als Sancho I. Graf von Kastilien. Er wurde „König aller Basken“ genannt.

Islamische Reiche (711-1492)

Die islamische Expansion:
  • Eroberungen unter dem Religionsstifter Mohammed, 622–632
  • unter den vier „rechtgeleiteten Kalifen“, 632–661
  • unter den Umayyaden, 661–750

Das Bild von al-Andalus, dem muslimisch beherrschten Teil der Iberischen Halbinsel, ist seit langem von zwei Vorstellungen geprägt, die den Blick für die Komplexität der Entwicklung verstellen. Die eine ist die, es habe dort Toleranz geherrscht und die islamische Zeit sei ein Goldenes Zeitalter der Wissenschaften und der Künste gewesen.

Dies verkennt, dass die innerislamischen Konflikte von erheblich größerer Bedeutung waren, als die Konflikte mit nichtislamischen Gruppen, denen gegenüber seit mehr als 80 Jahren ein eingespielter Mechanismus durchgesetzt worden war. Dieser bestand darin, dass die Eroberer die politische und militärische Macht monopolisierten und die übrige Bevölkerung vergleichsweise unbehelligt ihrer ökonomischen Tätigkeit nachging, um die Abgaben aufzubringen, zu denen sie verpflichtet war. Die Eroberer garantierten dafür ihrerseits den Schutz der Bevölkerung, zumal die Anhänger der anderen Buchreligionen, hier der Christen und Juden, durchaus Anerkennung genossen. Die Zentralgewalt konnte jedoch nur zeitweilig und mit großer Härte die zentrifugalen Tendenzen unterdrücken, die sich schließlich durchsetzten und den Untergang des Kalifats herbeiführten. Dies hing damit zusammen, dass sich die Berber Nordwestafrikas von einer Richtung des Islams angezogen fühlten, die die grundsätzliche Gleichheit aller Muslime verlangte, unabhängig von der Frage der ethnischen Herkunft. Sie wehrten sich damit gegen die Dünkelhaftigkeit der Araber, die eine dauerhafte Überlegenheit beanspruchten, erst recht, wenn sie sich auf Mohammed und seinen Clan zurückführen konnten. Die Dynastie, die ab 756 den Großteil der iberischen Halbinsel beherrschte, basierte zum einen ganz überwiegend auf Berbern, zum anderen fürchtete sie, von ihren Gegnern, den Abbasiden attackiert zu werden. Daher förderten sie fortgesetzt die Unabhängigkeitsbewegungen der nordafrikanischen Berber. Vor diesem Hintergrund war kulturelle Überlegenheit, die sich in Kunst und Architektur niederschlug, ein Mittel um Prestige zu gewinnen und mit dem Zentrum der gegnerischen Abbasiden, mit Damaskus, mithalten zu können, zumal das iberische Reich ab 929 den Status eines Kalifats beanspruchte und damit die islamische Welt noch sehr viel deutlicher spaltete.

Nach der Zersplitterung in zahlreiche Kleinherrschaften um 1031 griffen mit erheblicher Gewalt streng-religiöse, mit dem Schwert missionierende Gruppen in die innerislamischen Konflikte und die mit den christlichen Nachbarstaaten ein. Auf der anderen Seite war der muslimische Teil stark in die Kämpfe zwischen den drei großen Berbergruppen, darüber hinaus in die innerislamischen Kämpfe zwischen verschiedenen Richtungen des Islams verwickelt, die auf der Grundlage des Konflikts zwischen Berbern und Arabern eine enorme Sprengkraft und Gewalt entwickelten. Die Berber wurden in der Armee schlechter bezahlt, und ihre Frauen wurden mitunter versklavt wie bei unterworfenen Völkern. Nur Umar II. (717–720) untersagte diese Praxis und entsandte muslimische Gelehrte, um die Berber, die sich selbst Imazighen nannten, zu bekehren.

Aber auch die anfangs schwachen christlichen Mächte, die ihrerseits versuchten, die innerislamischen und zwischenstaatlichen Konflikte zu nutzen, waren keineswegs homogen, denn es war dem Westgotenreich nie gelungen, die Halbinsel zu integrieren. Dies wurde umso brutaler am Ende dieser Periode versucht, als auf der Insel ein christliches Großreich entstand, das religiöse Minderheiten nicht duldete.

Eroberung durch das islamische Weltreich (ab 711)

Graf Julian von Ceuta, der westgotische Kommandeur in der nordafrikanischen Stadt, der gegen König Roderich war, nahm anscheinend Kontakt mit den Arabern auf.167 Musa ibn Nusayr, Statthalter des Kalifen al-Walid I. in Afrika (Ifriqiya), schickte 710 etwa 500 Mann (darunter 100 Berittene) unter Tarif ibn Malik zu einem Raubzug aus. Im Frühjahr 711 landete ein vorwiegend aus Berbern bestehendes, etwa 7.000 Mann starkes Heer unter Tariq ibn Ziyad bei Gibraltar, um zu plündern. Tariq schlug die Westgoten am 19. Juli 711 vernichtend in der Schlacht am Río Guadalete; in ihr fiel auch der Gotenkönig Roderich. Da Tariq zudem die schnelle Besetzung der Hauptstadt Toledo gelang, kam es nur noch regional zu Widerstand der Westgoten gegen die Eroberer. Im Juni 712 landete Musa mit einem aus Arabern und Berbern bestehenden Eroberungsheer von 18.000 Arabern, oder jedenfalls Muslimen, aus dem Osten des Reiches, und setzte gemeinsam mit Tariq die systematische Besetzung der Halbinsel fort, bis beide 714 vom Kalifen zurückbeordert wurden. Mérida setzte besonders energischen Widerstand entgegen und konnte erst Ende Juni 713 erobert werden, Saragossa fiel 714. Die Eroberer brachten den Islam, der im Maghreb bereits durchgesetzt worden war, dem die Berber aber auch eine eigene Konzeption entgegensetzten, nach Hispanien.

Abd al-Aziz, der Sohn Musas, wurde 714 als Statthalter von al-Andalus mit der Hauptstadt Sevilla eingesetzt, wie die neue Provinz bald hieß.168 Er hatte bereits 713 mit Graf Theodemir ausgehandelt, dass er im Südosten auf Lebzeiten weiterherrschen könne, wenn in sieben Städten Garnisonen eingesetzt würden.

Abd al-Aziz nahm Egilo, die Witwe Roderichs, zur Frau. Sein Versuch, eine eigenständige Herrschaft zu errichten, führte im März 716 zu seiner Ermordung, was die Eroberung des Restes der Halbinsel kurzzeitig aufhielt. Sein Nachfolger Ayyub machte Córdoba zur Hauptstadt. Die Unterwerfung der Tarraconensis, wo westgotische Adlige Widerstand leisteten, beendeten seine Truppen um 719. Der Statthalter Samh (718–721) besetzte 720 Barcelona und überschritt erstmals die Pyrenäen, um auch die Provinz Septimanien zu erobern. Die Berbertruppen nahmen 719/720 Narbonne ein, 725 auch Carcassonne und Nîmes, die letzten Reste des Westgotenreichs, wo mit Agila II. (bis 713) und Ardo die letzten Westgotenkönige geherrscht hatten.

Angeblich begann 718 in Asturien der Aufstand des westgotischen Adligen Pelayo (Pelagius), der sich zum König wählen ließ. Dies führte, folgt man der seit 1980 als Fälschung entlarvten Chronik, zur Gründung des Königreichs Asturien, die durch Pelayos Schwiegersohn Alfonso I. von Kantabrien (739-757) stabilisiert wurde. Gleichzeitig scheiterte die unter Anspannung erheblicher Kräfte durchgeführte Belagerung von Konstantinopel (717–718) durch die Araber, womit die scheinbar unaufhaltsame Expansionskraft des islamischen Reiches und die uneingeschränkte Dominanz über das Mittelmeer letztlich gebrochen wurde und bald heftige regionale Konflikte aufbrachen, wie etwa ab 739/40 in Nordafrika. Die aufständischen Berber besiegten dort unter Maysara ein aus Andalusien übergesetztes Heer, 740 ein aus dem Osten kommendes, und Maysara nahm sogar den Kalifentitel an. Die Berber der iberischen Halbinsel trieben die dortigen Araber nach Süden. Zwar wurden die Aufständischen letztlich von den Umayyaden geschlagen, doch dieser Sieg war nur von kurzer Dauer, denn 749/50 wurden sie von den Abbasiden gestürzt, die meisten von ihnen ermordet. Der westliche Maghreb machte sich nach und nach unabhängig, wobei die neuen Machtzentren von den Umayyaden, die sich ihrerseits 756 auf der iberischen Halbinsel durchgesetzt hatten, unterstützt wurden.

Im Norden war die Entwicklung stärker von nicht-muslimischen Gruppen dominiert, weniger von häretischen innerislamischen, wie im Maghreb. Nachdem ein muslimisches Heer 718 oder 722 den asturischen Widerstand in der Schlacht von Covadonga nicht hatte brechen können, gingen die muslimischen Raubzüge zwar nun bis nach Aquitanien, in die Provence und 725 nach Burgund weiter und 732 überquerte der Heerführer Abd ar-Rahman die Pyrenäen und eroberte Arles und Bordeaux. Doch als er weiter nordwärts zog, kam es im Oktober 732 zur Schlacht von Tours und Poitiers gegen die fränkischen Truppen unter Karl Martell. Abd ar-Rahman kam in der Schlacht ums Leben und sein Heer zog sich zurück. Damit erlahmte zunächst die Expansionskraft auch an dieser Stelle, wenn es auch 734 noch zu einem Raubzug kam, doch erst die Aufstände der Berber und das Auseinanderbrechen des islamischen Weltreichs brachten sie hier weitgehend zum Stehen. Den Abbasiden gelang die Rückeroberung der verlorenen Gebiete in Nordafrika nur in Tripolitanien, Tunesien und im Osten Algeriens. Dementsprechend ging 751 Narbonne verloren.

Zu dieser Zeit war erst ein kleiner Teil der Bevölkerung des ehemaligen Westgotenreichs zum Islam übergetreten, der Anteil der Muslime überaus gering. Die christliche Bevölkerung dominierte dementsprechend zunächst den Handel, während die Eroberer einen Teil der Erträge abschöpften. Auch die Außenkontakte wurden, schon aufgrund ihrer Sprachkompetenzen, weitgehend von Christen abgewickelt. 741 zog eine ganze arabische Armee unter Balğ ibn Bišr, der mit seinen arabischen Truppen die Berber besiegt hatte, und der sich 742 zum Statthalter erhob, auf die iberische Halbinsel - bis 756 gab es 18 von ihnen. Wie in anderen Provinzen war dies Ausdruck einer Unruhe, die vor allem auf Auseinandersetzungen zwischen Nord- und Südarabern zurückging, aber auch zwischen den seit 716 in Córdoba residierenden Statthaltern und ihrem Oberbefehlshaber in Kairuan. Den arabischen Truppen wurden bestimmte Provinzen zugewiesen, wobei ein Gegensatz zwischen den zuerst angekommenen Arabern in den Städten und den syrischen Nachzöglingen auf dem Lande erhalten blieb.

Unabhängigkeit vom islamischen Weltreich, Emirat von Córdoba (750-929)

Sturz der Umayyaden im Osten, Unabhängigkeit von al-Andalus

Im zweiten Viertel des 8. Jahrhunderts lösten die Statthalter von al-Andalus einander in rascher Folge ab. Es kam zu Konflikten sowohl zwischen Arabern und Berbern als auch zwischen Angehörigen verschiedener arabischer Stämme. Außerdem fühlten sich die Berber, die an der Eroberung des Westgotenreichs teilgenommen hatten, benachteiligt, da ihnen die Ansiedlung im fruchtbaren Süden verwehrt wurde und sie zur Grenzverteidigung in den Norden abgeschoben wurden. Erschwert wurde diese Konstellation noch dadurch, dass Andalusien dem Statthalter von Ifriqiya unterstand.

Wie im westlichen Maghreb (unter Maysara) führte auch in Andalusien diese Benachteiligung der Berber zu einem umfassenden Aufstand (741–746). Er konnte nur durch die Entsendung eines arabischen Heeres aus Syrien unterdrückt werden. Die Spannungen zwischen Arabern und Berbern sollten die Politik in Andalusien ebenso über Jahrhunderte beeinflussen, wie in Nordwestafrika. Große Bedeutung kommt dem Aufstand deshalb zu, weil durch den Abzug der Berbertruppen nach Süden die Etablierung des christlichen Königreichs Asturien in Nordspanien begünstigt wurde.

Der Statthalter von Narbonne, Yusuf ibn Abd ar-Rahman al-Fihri, der 747 bis 756 für al-Andalus zuständig war, machte sich unter dem Eindruck der Kämpfe zwischen Umayyaden und Abbasiden, die in einem Massaker an der Umayyadenfamilie endeten, praktisch unabhängig. Ihm gelang eine weitgehende Befriedung des Landes indem er sich bei der Verwaltung vor allem auf Familienangehörige stützte, wie es gängige Praxis war. Allerdings konnte der Verlust von Septimanien an die Franken unter Pippin I. nicht verhindert werden, wodurch die Pyrenäen die Nordgrenze der muslimischen Herrschaft wurden. Yusuf al-Fihri führte zudem 755 eine Strafexpedition gegen die Basken in Pamplona, die jedoch scheiterte, wie schon die der Westgoten von 625, 673 und 711.169

Machtübernahme durch Abd ar-Rahman (756), Konflikte mit Franken und Asturien

Die Bildung einer Dynastie durch Yusuf al-Fihri wurde durch die Landung des letzten Umayyaden Abd ar-Rahman I. in Andalusien verhindert, der dem Massaker an seiner Familie entronnen war. Er war in den Maghreb geflohen, wo er bei dem Berberstamm Unterstützung fand, dem seine Mutter entstammte. Mit ihnen landete er im August 755 zwischen Málaga und Almería in Andalusien und besiegte im Mai 756 den Statthalter al-Fihri in der Schlacht von Musarah am Ufer des Guadalquivir nahe bei Córdoba.

Abd ar-Rahman gründete das Emirat von Córdoba, eine abbasidische Invasionsstreitmacht konnte besiegt werden, 760 war er unumstrittener Herr von al-Andalus, doch mehrere Berberaufstände (766–776) offenbarten die Zerrissenheit des Reiches. Im Gegensatz zu den Arabern waren die Berber mehrheitlich zur Ibadiyya, einer charidschitischen Ausprägung des Islams, übergetreten. Die Abbasiden eroberten 758 Ifriqiya, wobei der Perser Ibn RustamʿAbd ar-Rahmān ibn Rustam als Statthalter in Kairuan eingesetzt wurde (758–761). Nach dem Sieg der Abbasiden floh er zu den Zanata nach Westalgerien. Nachdem 772 ein erneuter Aufstand der Charidschiten unter Abu Quna und Ibn Rustam vor Kairuan gescheitert war, zog sich letzterer ins zentrale Algerien zurück und begründete das Emirat der Rustamiden in Tahert. Insbesondere durch das Bündnis mit den Miknasa von Sidschilmasa und vor allem den iberischen Umayyaden des Emirats von Córdoba konnte sich das Reich gegen die Idrisiden im Westen und die Aghlabiden im Osten behaupten.

Abd ar-Rahman I. teilte das eigentliche Andalusien in Provinzen ein, in Zentralspanien entstanden die Markgrafschaften Mérida, Toledo und Saragossa unter eigenen Militärbefehlshabern. Diese hatten die Grenze im Norden zu verteidigen. In den Markgrafschaften herrschten Familien, die teilweise recht unabhängig von Córdoba regierten. So wurde Saragossa und das Ebrobecken bis 907 von den Banu Qasi weitgehend autonom beherrscht.

777 erschienen muslimische Rebellen des Fihri-Clans auf dem Reichstag von Paderborn und baten Karl den Großen um Unterstützung gegen Abd ar-Rahman. Im Gegenzug boten sie die Unterstellung unter Karl an. Bereits in den 750er Jahren scheint ein arabischer Statthalter namens Suleiman Karls Vater Pippin seine Unterwerfung angeboten zu haben, wie die Metzer Annalen berichten. Er war demnach der „dux saracenorum“ von Barcelona und Gerona.169f 778 zog Karl über die Pyrenäen und nahm Pamplona ein, konnte aber Saragossa nicht erobern. Als Begründung für seinen Feldzug dienten ihm arabische Überfälle, so zumindest formulierte er es in einem Brief an den Papst; außerdem konnte er als Beschützer der iberischen Christen auftreten. Der christliche König von Asturien betrachtete den Feldzug mit Misstrauen, vielleicht verständigte er sich sogar mit Córdoba. Als Karl die Nachricht von einem erneuten Aufstand in Sachsen erhielt, brach er den Feldzug ab und trat den Rückzug an Auf dem Rückweg erlitt er eine legendenumwobene Niederlage in der Schlacht von Roncesvalles. 785 eroberten die Franken Girona, ohne auf großen Widerstand zu stoßen. In der folgenden Zeit wurden von beiden Seiten immer wieder kurze Eroberungs- und Beutezüge unternommen. 792/93 kam es zu arabischen Einfällen ins Frankenreich, woraufhin die Franken Feldzüge nach Nordspanien unternahmen. Mehrere Städte konnten eingenommen werden, darunter Barcelona (803) und Pamplona (811). Im eroberten Gebiet wurden Christen angesiedelt. Die Franken hatten damit eine wichtige Pufferzone errichtet, die aber erst nach Karls Tod als reguläre Grenzgrafschaft, die Spanische Mark, eingerichtet wurde.

Moschee von Córdoba, 784 begonnen und bis 987 mehrfach erweitert

Unter Abd ar-Rahman begann die verstärkte Einwanderung von Arabern aus Syrien, die die kulturelle Arabisierung erheblich beschleunigte. Um die herrscherliche Macht, aber auch die ethnisch-religiöse Ausrichtung symbolisch zu untermauern begann Abd ar-Rahman mit einer umfangreichen Bautätigkeit. Neben der Befestigung von Córdoba errichtete er den Palast ar-Ruzafa und begann mit dem Bau der Großen Moschee in seiner Residenzstadt. Die Entwicklung der Landwirtschaft wurde durch neue Bewässerungs- und Kanalbautechniken gefördert. Dies führte zum Aufschwung des bäuerlichen Mittel- und Kleinbesitzes und wurde Grundlage für die ökonomische Expansion.

Innerdynastische Konflikte, Sunniten, Aufstände und Vertreibungen

Neben den berberisch-arabischen Gegensatz traten innerfamiliäre Konflikte. Nach dem Tod Abd ar-Rahmans trat 788 sein zweiter Sohn Hischam I. (788–796) die Nachfolge an. Darauf erhob sich Hischams übergangener älterer Bruder Sulayman. Er unterlag jedoch und floh nach Nordafrika. Auch gegen seinen jüngeren Bruder Abdallah musste er sich erst durchsetzen. 791 zog Hischam I. nach Altkastilien, um die Region zu unterwerfen. Einer seiner Heerführer besiegte weiter westlich König Bermudo I. von Asturien und vertrieb anschließend die Franken 793 aus Girona und Narbonne. Zwar unterlag sein Heer bei Burgos (791) und Lugo (793), doch war seine Herrschaft so gefestigt, dass er 793 über die Pyrenäen nach Septimanien ziehen konnte, wo er ein Heer der Franken bei Narbonne besiegte. Diese Situation kehrte sich bald durch innerfamiliäre Konflikte und lokale Aufstände um. Selbst die Balearen waren ab 798 zwischen Muslimen und Franken umkämpft.

Codex Vigilanus Primeros Numeros Arabigos
Das von den Muslimen der iberischen Halbinsel übernommene indische Zahlensystem erschien spätestens 976 in einem christlichen Dokument, das mit zahlreichen anderen Dokumenten 881/83 zusammengestellt und 976 abgeschrieben und im Codex Vigilanus (auch Crónica Albeldense) zusammengebunden wurde. Der Autor verherrlicht Alfonso III., dessen Krieg er als „heiligen Sieg“ bezeichnet, womit er die Deutung des Kampfes gegen die Muslime als Heiliger Krieg vorwegnahm: „Christus selbst führt den König zum Sieg“.169m

Unter Hischam begann die Verbreitung der Rechtsschule der Malikiten und damit einer der vier Rechtsschulen des sunnitischen Islams, die sich letztlich in weiten Teilen Afrikas in einem langwierigen Prozess durchsetzte. Die mālikitische Rechtsschule verbreitete sich von der arabischen Halbinsel aus zunächst in Ägypten, in Kairuan und im Maghreb, von dort aus im islamischen Spanien, wo sie bis 1492 im Ritus Gültigkeit beanspruchte.

796 folgte al-Ḥakam I. (bis 822) seinem Vater Hischam. Zwei Onkel des neuen Emirs, Sulayman und Abdallah, machten ihm jedoch die Macht streitig und bewegten Karl den Großen zu einem neuen Feldzug. König Alfonso II. von Asturien sagte Karl Unterstützung zu. Beteiligt war Karls Sohn Ludwig, der spätere Ludwig der Fromme, der mit seiner Armee im Jahr 800 die Städte Lleida und Huesca plünderte und Barcelona belagerte. 803 ergab sich Barcelona schließlich, und der dortige Graf nahm den Titel Markgraf von Gothien an. Anschließend schlossen al-Ḥakam und Karl einen Waffenstillstand, den Onkeln war bei einem Vergleich der östliche Teil des Emirats zwischen Huesca und Murcia überlassen worden. Unter al-Hakams Regierung setzte sich die Rechtsschule der Malikiten weitgehend durch. Außerdem wurden in dieser Zeit die Verwendung von indischen Dezimalzahlen durch Abbas ibn Firnas eingeführt.

In der Folgezeit unterdrückte al-Hakam Autonomiebestrebungen in den Provinzen, vor allem in den Markgrafschaften. So sollen zum Beispiel 797 in Toledo 5000 Edle bei einem Festmahl im Alcázar in seinem Auftrag ermordet worden sein, um die Unabhängigkeitsbestrebungen der Stadt zu brechen. Er baute ein Söldnerheer aus Berbern, Franken und slawischen Sklaven auf. Mit ihrer Hilfe wurde 805 eine Verschwörung in Córdoba und 818 ein Aufstand in den Vororten von Córdoba gegen Steuererhöhungen niedergeschlagen. Die Vorstadt auf der anderen Seite des Guadalquivir wurde zerstört, zahlreiche Notabeln hingerichtet und die gesamte Bevölkerung vertrieben. Viele seiner Gegner flohen daraufhin zu den Idrisiden Marokkos, die die Andalusier in Fès ansiedelten, die übrigen angeblich 15.000 der insgesamt 20.000 vertriebenen Familien übernahmen zeitweise im ägyptischen Alexandria die Macht (bis 825), bevor sie 827 das byzantinische Kreta eroberten und ein Emirat gründeten, das bis 961 bestand. Der misstrauische Emir umgab sich mit einer landesfremden Leibwache („die Schweigsamen“), die dem Vorsteher der christlichen Gemeinde unterstand.

Künstlerische Blüte, Wikingerzug (844), Dominanz Asturiens, Aufstände der Mozaraber (etwa 866 bis 928)

Hakams Nachfolger wurde 822 Abd ar-Rahman II., dessen Regierungszeit von literarischer und künstlerischer Tätigkeit geprägt war. Das Arabische setzte sich in al-Andalus verstärkt gegenüber dem Lateinischen bzw. Romanischen durch. Der Sänger Ali ibn Nafi Ziryab kam an den Hof Abd ar-Rahmans und gründete in Córdoba ein Konservatorium. Seine Bildung und Weltläufigkeit wirkten sich in den Folgejahren auf das gesellschaftliche Leben aus, ebenso wie die Wissenschaftsförderung durch den Emir. Er galt auf Grund der blühenden Wirtschaft als der reichste muslimische Herrscher und Córdoba wuchs rapide, wobei auch die Große Mezquita de Córdoba in die Bauarbeiten mit einbezogen wurde (833–848). Dazu trug bei, dass die Zuwanderung aus dem Osten, insbesondere aus Syrien, massiv gefördert wurde.

Zwar kam es zu Kämpfen in den nördlichen Grenzgebieten, vor allem mit Bernhard von Septimanien, doch gelang es im Allgemeinen die Konflikte ohne offenen Krieg zu führen. So pflegte Córdoba Beziehungen zu den Rustamiden, um die politischen Verhältnisse im mittleren Maghreb zu seinen Gunsten beeinflussen zu können. Doch 842 erklärte sich die wichtige Markgrafschaft Saragossa für unabhängig und 844 erschienen die Wikinger an der Mündung des Tajo und erreichten auch Cádiz im Südwesten der Halbinsel. Von dort aus fuhren sie flussaufwärts auf dem Guadalquivir bis Sevilla und plünderten die Stadt eine Woche lang, wurden dann jedoch von den Truppen Abd ar-Rahmans besiegt. Als dieser im Jahr 852 starb, wurde sein Sohn Muhammad I. Emir. 859 plünderten die Wikinger erneut in Hispanien.

Beati in Apocalipsin libri duodecim (Beato de Zamora), f. 107r. Die westgotische Handschrift besteht aus 144 ff aus Pergament zu zwei Spalten à 33 bis 35 Zeilen; mosarabische Miniaturen, Biblioteca de Serafín Estébanez Calderón y de San Millán de la Cogolla, 1. Hälfte 10. Jahrhundert

Große Teile der Mozaraber hatten sich mit dem Islam arrangiert, insbesondere die Verfechter des Adoptianismus, unter denen Bischof Elipanus von Toledo eine führende Rolle spielte, der immer noch Primas Hispaniens war. Eine Gruppe von Christen Córdobas hingegen schmähte 851 und 859 öffentlich Mohammed und den Islam, wofür die Gerichte 45 Todesurteile verhängten (Märtyrer von Córdoba). Der Chronist dieser Bewegung, der Priester Eulogius (Memoriale Sanctorum), wurde 859 gleichfalls hingerichtet.

Zunächst gelang es Muhammad 862 die Markgrafschaft Saragossa zu unterwerfen, doch 866 fiel sie erneut ab. Da die Markgrafschaften Toledo 852 und Mérida 868 ihre Unabhängigkeit erklärten, gelang es Muhammad nicht, Alfonso III. von Asturien daran zu hindern, sein Reich nach Süden auszudehnen. Im Gegenteil sah er sich 883 gezwungen, nachdem Alfonso sich mit Ibn Marwan von Mérida (875–930) verbündet hatte, mit Asturien Frieden zu schließen. Neben Mérida waren Badajoz, Faro und Beja unabhängig. Das Emirat drohte völlig zu zerfallen, als 884 in Bobastro bei Málaga der Aufstand des Umar ibn Hafsun begann, der zeitweise die Provinzen Málaga und Granada beherrschte und der Verbindungen zu den Aufständischen in Jaén aufnahm. Er stützte sich vor allem auf Berber und Mozaraber. 888 kam der Sohn und Nachfolger des Emirs, al-Mundhir, vor Bobastro ums Leben. Sein Bruder Abdallah führte den Kampf fort, doch gingen 889 Murcia und Valencia verloren und in Ronda und Sevilla machten sich andere Mitglieder des Umayyaden-Clans unabhängig. Umar ibn Hafsun musste als Statthalter in Granada anerkannt werden, 895 revoltierte der Sohn des Emirs, Muhammad, so dass Abdallah zeitweise nur noch das Umland von Córdoba beherrschte. Der Tiefpunkt der Umayyadenherrschaft war erreicht, als Abdallah um 900 die Oberhoheit Asturiens über ganz Iberien anerkennen musste. Dies führte jedoch zum Widerstand der muslimischen Geistlichkeit, die dem Emir vorwarf, Vasall eines christlichen Königs zu sein. Allerdings unternahm Alfonso III. einen Feldzug gegen Umar ibn Hafsun und brachte ihm schwere Niederlagen bei.

Umar ibn Hafsun baute schließlich Kontakte zu den Aghlabiden und später den schiitischen Fatimiden in Ifriqiya auf. Als er jedoch zum Christentum übertrat, verlor er viele Verbündete. Abdallah gelang es nun zunehmend, die Aufständischen in den Provinzen gegeneinander auszuspielen. Als er sich schließlich mit den Banu Khaldun verbünden konnte, war Umar ibn Hafsun im Süden weitgehend isoliert.

Dem Enkel des Emirs, Abd ar-Rahman III., gelang es 913, Sevilla zu gewinnen. Doch erst mit dem Tod Umar ibn Hafsuns und den sich anschließenden Machtkämpfen innerhalb des Hafsun-Clans erhielt der Emir die Oberhand. Zudem schwächte der Ausbruch eines Bürgerkriegs im Königreich León ab 925 die muslimischen Aufständischen in den Markgrafschaften, die von León unterstützt wurden. 927 mussten die Hafsuniden in Bobastro kapitulieren. Im selben Jahr wurden die Marwaniden von Merida unterworfen. Mit der Eroberung von Toledo endeten die seit einem Menschenleben andauernden innerislamischen Kämpfe um 930, in die sich sowohl Christen als auch Fatimiden eingemischt hatten, die aber vor allem von Mozarabern getragen worden waren.

Kalifat von Córdoba (929-1031)

Vormacht der Sunniten, Kampf gegen Schiiten und Christen

Emir Abd ar-Rahman III. (912–961) nahm am 16. Januar 929 den Titel eines Kalifen an, um ideologisch dem Anspruch der ebenfalls als Kalifen auftretenden, jedoch schiitischen Fatimiden des Maghreb entgegentreten zu können. Nachdem schon seit 914 die Flotte aufgerüstet worden war, besetzte sie 927 Melilla, 931 die Küstenstädte Ceuta und Tanger. Des Weiteren wurde durch Bündnisse mit den berberischen Banu Ifran oder Magrawa sowie mit den Salihiden eine weitere Expansion der Fatimiden in Marokko verhindert.

Ruine der Hauptmoschee der 936 gegründeten Residenz Madīnat az-zahrāʾ

'Abd ar-Rahman errang zudem 920 einen Sieg gegen León und Navarra. Allerdings erlitt er im August 939 in der Schlacht von Simancas eine schwere Niederlage gegen León, bei der er verwundet wurde und nur knapp der Gefangenschaft entkam. Der Verrat arabischer Mitstreiter veranlasste ihn dazu, sich fortan stärker auf Berber zu stützen. Zudem residierte er kaum noch in Córdoba sondern in der 8 km westlich gelegenen Residenz Madīnat az-zahrāʾ. Dennoch konnte er 951 die Oberhoheit der Umayyaden über León, Kastilien und Barcelona durchsetzen, was zu erheblichen Tributzahlungen führte. Byzanz schloss 946 mit den Umayyaden ein Bündnis gegen die Fatimiden ab und Otto der Große schickte eine Gesandtschaft nach Córdoba.

Kulturelle und ökonomische Blüte, Islamisierung

Dabei erreichten Kunst und Wissenschaft auf der Halbinsel ihre Blüte. Die Bevölkerung wuchs stark an. Allein im Gebiet des Guadalquivir soll es 12.000 bewohnte Orte gegeben haben. Córdoba hatte 113.000 Häuser, 600 Moscheen, darunter die Hauptmoschee, als Mezquita de Córdoba inzwischen Weltkulturerbe, und prächtige Paläste, darunter den Alcázar. Unter dem Kalifat wurde Córdoba mit einer Bevölkerung von vielleicht 500.000 Einwohnern schließlich die größte und wohlhabendste Stadt in Europa noch vor Konstantinopel.171 Ihre 21 Stadtteile erstreckten sich über 5000 ha. Weitere bedeutende Städte waren Granada, Sevilla und Toledo. Dabei trugen die Eroberer zugleich neue Vorstellungen der Stadtorganisation, wie das Sackgassensystem des Wegenetzes oder die Zentralitätsfunktionen der Moscheen mit ihren anhängenden Gebäuden ein (Bäder, Schulen, Armenküchen usw.), ebenso wie die Form der Stiftungen oder der Armenfürsorge.

Zugleich erfasste die Islamisierung der bis dahin christlichen Bevölkerungsteile zunächst die Führungsgruppen, die Vermögen und Karriere zuallererst dem Hof zu verdanken hatten. Dann folgten die Städte, die nun stärker von muslimischer Architektur und Wirtschaft geprägt wurden. Die ländlichen Gebiete hingegen wurden erst sehr spät, vielfach erst im 12. Jahrhundert, stärker davon erfasst. Viele afrikanische und nahöstliche Techniken und Produkte wurden nach Spanien übertragen, wo sich Feigen und Datteln einbürgerten, hingegen Hausschweine verschwanden und stattdessen mehr Ziegen und Schafe gehalten wurden. Dies veränderte wiederum die Landschaft.

Allen Rechtsverfahren war die Befragung des Rechtskonsiliums von Córdoba gemeinsam. Dieses Gremium setzte sich aus mālikitischen Juristen zusammen. Im islamischen Spanien wurden die Gerichtsurteile der islamischen Richter - dabei handelte es sich eher um Zuständigkeitsbereiche bestimmter Hofpositionen oder bloß Angehörigen des Hofes, die Gerechtigkeit üben sollten, weniger um feste Ämter - gemäß den Rechtsauskünften der ihnen beigestellten beratenden Rechtsgelehrten (arabisch: faqīh mušāwar; jurisconsulte) gefällt. Diese Institution existierte spätestens seit Abd ar-Rahman III. Die beratenden Juristen wurden vom „Richter“ als Muftis angerufen. Neben dieser Institutionalisierung einer nunmehr verbindlichen Konsultation gab es in Córdoba auch „freie“ Rechtsgutachter; sie waren aber nur für die Händler, für das Volk auf dem Markt zuständig. Diese Aufgabenteilung geht auf die Institutionen früh-umayyadischer Zeit zurück, die Marktaufsicht und die Garde des Kalifen oder seiner Stellvertreter, deren Leiter beide sowohl exekutive als auch rechtliche Zuständigkeiten besaßen. Die Marktaufsicht lässt sich bereits für das 8. Jahrhundert nachweisen. Meist handelte es sich um Männer, die dem Herrscher nahestanden, daher existierten Titel wie „Gefährte“. Unter Hakam I. entstand die „kleine Polizei“, die sich mit dem einfachen Volk befasste, daneben befassten sich die Inhaber der hohen Polizeigewalt mit Würdenträgern, Amtsinhabern und der Herrscherfamilie. Erst unter Abd ar-Rahman II. wurde jeder Funktion ein Dienstrang mit festem Gehalt zugewiesen. An der Spitze dieser Ränge stand der Emir, der alle Amtsinhaber ein- oder auch absetzte. Entsprechend der Zahlrolle (diwan) erfolgte die Honorierung. Für die Riesenstadt Córdobar wurde ein eigener Stadtvogt eingesetzt, der offenbar viele Rechte der Marktaufsicht übernahm, ohne dieser gegenüber weisungsberechtigt zu sein. Er war nur dem Herrscher rechenschaftspflichtig und für Ruhe und Ordnung in der Stadt verantwortlich. Ging er gegen hochgestellte Personen vor, musste er den Herrscher konsultieren. Vielfach stiegen Stadtvögte zum Wesir auf. Sie waren für die Eintreibung des Zehnts verantwortlich, für die Überwachung herrscherlicher Baumaßnahmen, hatten aber auch zeremonielle Pflichten. Gelegentlich traten sie auch als Heerführer auf, doch meist blieben sie während der üblichen Sommerfeldzüge der Herrscher in der Stadt, die als Machtbasis unter allen Umständen gesichert sein musste In Abwesenheit des Herrschers konnte er die Todesstrafe verhängen, wobei er während der Strafverfolgung eher Nützlichkeitserwägungen folgte als dem malikitischen Prozess- und Beweisrecht. Er folgte nicht dem Strafwesen im Sinne einer islamischen Rechtsordnung und war ein weltlicher Funktionär, den der Kalif zum Kadi ernannte, zum Richter. Insgesamt wurde das bis dahin personenbezogene Regiment stärker nach Funktionen ausgerichtet. Dieser Struktur entsprechend waren die Stadtvögte bei Aufständen das erste Ziel, wie etwa 1008 beim Mahdi-Aufstand. Nach 1009 verschwindet der Titel aus den Quellen, das später wieder auftauchende Amt hatte offenbar erheblich geringere Bedeutung. Neben dem Stadtvogt war der Marktvogt mit polizeillichen Aufgaben betraut. Im Laufe der Wiederausdehnung des Herrschaftsgebiets der Umayyaden in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts wurden die drei Polizeiabstufungen der niederen, mittleren und hohen Polizei vielfach in die Provinzen getragen und dort mit anderen Ämtern, wie dem des Gouverneurs verknüpft. Der Marktvogt stand zu Zeiten Hakams II. auf der gleichen protokollarischen Ebene, wie die Kommandeure der niederen Polizei und übte in seinem Bereich auch richterliche Funktionen aus, etwa bei Betrug oder bei der Manipulation von Maßen und Gewichten. Neben diesen beiden Richtern bestand eine Art Strafrichter ohne Bindung an das allgemeine Recht, der der Durchsetzung herrscherlicher Ansprüche diente und von dem jeweiligen Herrscher ernannt wurde, der Sahib al-mazalim (Pl. von mazlima, etwa: „ungerechte Handlung“). Anfangs entschieden die Umayyadenherrscher persönlich über Beschwerden gegen Willkürakte von Beamten und Machtinhabern, für die das neue Amt zuständig war. Nachdem diese Aufgabe vielfach an Höflinge delegiert worden war, entstand 937 ein mit eigenem Salär versehenes Amt, wenn dieses auch lange instabil war (Petitionsrichter). Die Funktion wurde mehrfach vom Wesir ausgeübt. Die Trennung vom sakralrechtlichen Kadi-Amt bieb dabei bestehen, doch entsprach es der malikitischen Rechtstradition, dass das Amt der Petitionsjustiz an das sakrale Gesetz, die Scharia angebunden war. Schließlich gab es eigene Revisionsrichter, die sich gleichfalls aus dem Kreis der Juristen rekrutierten, und die diejenigen Fäle untersuchten, die die Richter, wohl aufgrund scharia-rechtlicher Vorbehalte, zurückgewiesen hatten. Dieses Amt verschwand mit dem Kalifat. Neben diesen vier Positionen polizeilich-administrativer Richter bestand das Amt des Kadis, wobei aus dem frühen Amt des Heeresrichters vielleicht das des „Richters der Gemeinschaft“ hervorging, der nur für Córdoba zuständig war. Sein Amt war an religiöser Tradition ausgerichtet, weniger funktional-pragmatisch.171c

In gleichem Sinn wie Abd ar-Rahman III. regierte sein als Dichter und Gelehrter bekannter Sohn al-Hakam II. (961–976), wohingegen unter Hischam II. (976–1013) das Kalifenamt an Bedeutung verlor. Al-Hakam förderte die ökonomische Entwicklung durch den Ausbau von Bewässerungsanlagen, Straßen und die Einrichtung von Märkten. Große Bedeutung hatte für ihn die Förderung von Kunst und Kultur. So wurde in Córdoba eine Bibliothek mit 400.000 Bänden aufgebaut, die jedoch gegen Ende des Kalifats verlorenging. Außerdem wurde die Hauptmoschee von Córdoba erweitert (962–966), ebenso wie die Palaststadt Medina Azahara 976 fertiggestellt wurde, die Abd ar-Rahman III. 936 begonnen hatte.

Während die innere Verwaltung weitgehend dem Wesir al-Muschafi überlassen wurde, gewann General Ghalib als Führer des Heeres erheblichen Einfluss. Er war vorrangig mit der Abwehr der letzten Normannenangriffe in den Jahren 966 und 971, vor allem aber den Kämpfen mit den Fatimiden beziehungsweise Ziriden in Nordmarokko beschäftigt. Letztere konnten 974 von Ghalib im nördlichen Marokko besiegt werden. Gegenüber den christlichen Reichen Navarra, Kastilien und León konnte al-Hakam II. die Vormachtstellung des Kalifats behaupten. Hischam II. wurde 976, im Alter von zehn Jahren, Nachfolger seines Vaters al-Hakam. Für ihn übten seine Mutter Subh und Dschafar al-Mushafi, der erste Minister, die Regentschaft aus.

Dinar aus der Zeit Hischams II. (um 1006/7)

Beginnende Entmachtung der Dynastie, Einfluss der Berber

Militärisch erreichte das Kalifat seine größte Macht um die Jahrtausendwende dank Almansor (Abi Amir al-Mansur; † 1002), einem Minister und Feldherrn Hischams II. Dabei wurde 985 Barcelona eingenommen, während im selben Jahr die Fatimiden ihren Plan aufgaben, Marokko zu erobern; gleichzeitig hielt die Flucht der Zanata-Berber nach Iberien an, die besiegt worden waren, der Siegeszug der Sunniten begann. Gemeinsam mit General Ghalib verhinderte Almansor, dass die Eunuchen einen Bruder von al-Hakam II. auf den Thron setzten. Subh förderte Almansor und bestimmte ihn zum Kämmerer. Bis 978 hatte Almansor sich auch gegenüber General Ghalib durchgesetzt. Hischam II. wurde von der Regierung verdrängt, 997 musste er Almansor die alleinige Regierung übertragen. Nach dessen Tod kam sein Sohn Abd al-Malik (1002–1008) auf den Thron, der durch Kriege gegen Navarra und Barcelona seine Stellung im Reich festigte, aber durch Abd ar-Rahman Sanchuelo (1008–1009) ermordet wurde. Als dieser 1009 wiederum durch einen Volksaufstand unter Muhammad II. al-Mahdi gestürzt wurde, setzten die Aufständischen zugleich Hischam II. ab und kerkerten ihn ein.

Sulaiman wurde als Urenkel Abd ar-Rahmans III. 1009 von den Berbertruppen als Kalif von Córdoba eingesetzt. Er verfolgte den nach Toledo geflohenen Muhammad II., jedoch scheiterte er. Zwar konnten sich die Berbertruppen bei Córdoba gegen die Truppen von Muhammad II. und der mit ihm verbündeten Katalanen behaupten, doch gab Sulaiman die Schlacht vorzeitig verloren, so dass Córdoba erneut, diesmal von den Katalanen, geplündert wurde. Nachdem er sich nach Algeciras zurückgezogen hatte, gelangte Sulaiman 1013 nach der erneuten Eroberung Córdobas durch die Berber und nach der Absetzung Hischams bis 1016 wieder auf den Kalifenthron. Nun bildeten die Ziriden von Granada eine unabhängige Berberdynastie der Ṣanhāǧa (1012–1090). Sulaiman fiel schließlich 1016 in die Hand der Hammudiden von Málaga und Algeciras (1016–1058) und wurde hingerichtet. Damit ging der Kalifentitel von den Umayyaden auf die Hammudiden unter Ali ibn Hammud al-Nasir (1016–1018) über. Mit ihm gelangte 1014 erstmals ein Nicht-Umayyade und zugleich ein Idrisidenabkömmling auf den Thron, dem nach seiner Ermordung im Jahr 1016 sein Bruder folgte. Der Sturz der Umayyaden war durch den Verrat seiner berberischen Verbündeten gelungen, es entstand eine Reihe unabhängiger Staaten.

Kleinstaaten (Taifa-Königreiche) (ab 1031), Oberhoheit Kastiliens (bis 1086)

(Nicht unproblematische) Rekonstruktion der maurischen Festungsmauer (um 1065), dazu der Graben mit Eckbastion (ab 1593) sowie der eckige „Turm des Troubadours“ in der Aljafería, dem Stadtpalast von Saragossa. Er stellt eines der wenigen Gebäude der Taifa-Periode dar.

Gegen Ende des 10. Jahrhunderts hatte der Regionalismus gegenüber dem Zentralismus der Umayyaden starken Auftrieb erhalten. Zwischen 1009 und 1031 nahm der Widerstand der Regionen unter Führung lokal verankerter Familien, aber auch am Hof in Córdoba stark zu. Im Westen machten sich Huelva-Saltes und Badajoz 1013 selbstständig, 1014 folgte Silves, 1016/17 Shantmariyya al-Garb (Faro). Nach dem endgültigen Sturz des Kalifats im Jahr 1031 entstanden zahlreiche weitere Teilherrschaften, die Taifa-Königreiche. Nur wenige der Taifas prägten eigene Münzen, imitierten aber sowohl das Hofzeremoniell, als auch seine Kunstförderung.

Im Verlauf der Kämpfe zwischen den verschiedenen Ethnien, allen voran den in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts aus Nordafrika als Söldner zugewanderten Berbern und der alteingesessenen „arabischen“ Bevölkerung, bei der es sich primär um die Nachkommen der überwiegend berberischen Eroberer des 8. Jahrhunderts und die zum Islam konvertierten Hispano-Romanen (Muladíes) handelte, machten sich die einzelnen Reichsteile unter neuen Dynastien selbständig. Es entstanden zunächst bis zu 30 Taifas, die sich in wechselnden Allianzen bekämpften, sodass nur rund 20 von ihnen längere Zeit Bestand hatten.

Diese Taifas lassen sich in drei Gruppen unterteilen, die Taifas der Berber, die sich zunächst unter die geistige Führung der Hammudiden von Málaga und die militärische Führung der Ziriden von Granada stellten, die Taifas der Araber und muladíes sowie die Taifas der Amiriden, Nachkommen bzw. ṣaqāliba (Slawen und andere hellhäutige und rötliche Völker) Almansors. Letztere waren allerdings nicht in der Lage, eine Dynastie zu gründen, weil es sich bei den ehemaligen Generälen und Beamten häufig um Eunuchen handelte. Eine Ausnahme davon war Muğāhid von Dāniya, der mit seiner christlichen Frau eine Dynastie am Golf von Valencia und auf den Balearen gründete.

Die Berber, vor allem von den ursprünglich verfeindeten Großgruppen der Zanata und Sanhadja, unterstützen zunächst verschiedene umayyadische Thronprätendenten, bevor sie sich unter dem Kommando der Hammudiden versammelten, die für einige Zeit das Kalifat für sich beanspruchten. De facto bildeten sie etwa in Ronda, Medina Sidonia, Algeciras, Málaga und Granada eigenständige Herrschaften. Unter dem Druck der Abbadiden wurden die kleineren Taifas der Zanata immer mehr geschwächt, so dass Granada schnell zur wichtigsten Taifa der Berber wurde. Schließlich entledigten sich die Ziriden auch der Hammudiden-Kalifen von Málaga und Algeciras.

Von den arabischen Taifas waren die wichtigsten Sevilla, Saragossa, Badajoz, Córdoba und Toledo, die sich teilweise auch in legitimistischer Weise einem Schattenkalifat unterordneten. Lange konnten die Abbadiden von Sevilla behaupten, dass der Umayyade Hischam sich nach Sevilla geflüchtet habe und unter ihrem Schutz lebe. So lange nannten sich die Abbadiden auch nicht Könige, sondern Richter. In Córdoba etablierte sich eine Art scheinbarer „Republik“.

Die Taifas der Amiriden wurden von Funktionsträgern des Kalifats regiert, sogenannten Fata, freigelassenen militärischen Führern, wie in Dénia und Almería, oder etwa Verwaltungsbeamten, wie in Valencia. In dieser Stadt, die später für einige Jahre in die Hände des Cid fiel, regierten zwei Beamte der Wasserregulierung die Stadt.

Die bedeutendsten Dynastien dieser Zeit waren die Hūdiden von Saragossa, die 'Abbādiden von Sevilla, die Afṭasiden von Badajoz, die Dhun-Nuniden von Toledo, die Hammudiden von Málaga, die Dschahwariden von Córdoba und die Ziriden von Granada. Die Amiriden beherrschten die Ostküste zwischen Almería und Valencia.

Zwar stiegen die Abbadiden von Sevilla bald zum mächtigsten Reich auf, doch mussten auch sie 1064 die Oberhoheit von Kastilien anerkennen und Tribut zahlen. Als Alfonso VI. († 1109) von Kastilien 1085 Toledo eroberte, dann die Burg Aledo weit im Süden, zwischen Lorca und Murcia besetzte, wandten sich die Kleinkönige mit Hilfegesuchen an die Almoraviden in Marokko. Diese besiegten die Kastilier 1086 in der Schlacht bei Zallaqa in der Nähe von Badajoz.

Das Halsband der Taube, Manuskript in der Universitätsbibliothek Leiden

Trotz der Zersplitterung der Macht (oder wegen ihr) kam es zu einer erneuten kulturellen Blüte, vor allem im Bereich der Poesie, Kunst und Wissenschaft. So lebten in dieser Zeit die bedeutenden Historiker al-Udri (1002–1085) aus Granada und Ibn Hayya (987–1076), sowie der Geograph al-Bakri († 1094). Der Lexikograf Ibn Sida (1007–1066) aus Murcia verfasste zwei Wörterbücher und wurde dabei von Mudschahid von Dénia gefördert. Bei den Medizinern wurde Abu l-Qasim az-Zahrawi († 1010; latinisiert Abulcasis) mit seinem Lehrbuch der Chirurgie berühmt, dem Kitab al-Tasrif, das von Gerhard von Cremona (1114–87) ins Lateinische übersetzt wurde. Unter den Astronomen ist az-Zarqala († 1087) aus Toledo erwähnenswert, der unter dem Namen Azarquiel auch im christlichen Europa bekannt wurde. Weitere bedeutende Männer waren der Universalgelehrte Ibn Hazm (994–1064), der Dichter Ibn Zaidun (1003–1071), sowie der Dichter und Philosoph Ibn Gabirol (um 1021 - um 1058), der als Autor von Fons Vitae auch unter dem Namen Avicebron bekannt wurde. Bedeutendster Kopf war Abu Muhammad Ali ibn Ahmad ibn Sa'id ibn Hazm, genannt Ibn Hazm al-Andalusi (994-1064). Er wurde in Córdoba geboren, seine Familie war wohl westgotischer Abstammung und kam aus Huelva. Da sein Vater Wesir unter Almansor war, hatte er Zugang zu den höfischen Kreisen. Er stieg zu einem bedeutenden Universalgelehrten auf, der in Theologie, Philosophie und Dichtung umfassend bewandert war, doch als Anhänger der Rechtsschule der Zahiriten erhielt er in der Großen Moschee Lehrverbot; in Sevilla wurden seine Werke verbrannt. Ein weiterer Grund für seine mehrmalige Verbannung war seine angeblich pro-umayyadische Haltung; nachdem er Wesir unter dem umayyadischen Kalifen Abd ar-Rahman V. (1023–1024) gewesen war, hatte er sich aus der Politik zurückgezogen. Sein Werk Die Trennung zwischen den Religionsgemeinschaften erlangte große Bedeutung. Darin suchte er Judentum, Christentum und Zoroastrismus sowie die wichtigsten islamischen Sekten zu widerlegen. Auch ein von ihm verfasster Traktat über die Liebe Das Halsband der Taube fand weite Verbreitung in der islamischen Welt.

Almoraviden (ab 1085), zweite Taifa-Periode (ab 1144), Almohaden (bis 1212)

Nachdem König Alfonso VI. von Kastilien 1085 Toledo erobert hatte, riefen spanische Muslime die Almoraviden zu Hilfe, eine afrikanische Berberdynastie, die einer strengen Auslegung des Islams folgte. 1086 gelang den aus Westafrika kommenden Almoraviden ein entscheidender Sieg, der ihnen die iberische Halbinsel öffnete. 1090 begann die Eroberung, 1091 fiel Sevilla. Die Almoraviden übernahmen die Herrschaft in al-Andalus, das nun Teil eines Reiches wurde, das seinen Mittelpunkt in Nordwestafrika hatte.

Empört über den ihrer Ansicht nach „dekadenten“ Lebensstil und die „Aufweichung“ der Religion, die sie im 1086 eroberten al-Andalus vorfanden, begannen die Almoraviden, die einen radikalen Islam vertraten, im Anschluss an den Sieg über Kastilien und im Einverständnis mit islamischen Rechtsgelehrten, die das Versagen der Kleinkönige beim Schutz des Islams hervorhoben, mit der Unterwerfung der Taifa-Reiche. Diese endete 1110 mit dem Sturz der Hudiden von Saragossa. Die Kleinkönige wurden nach Marokko verbannt. Als schließlich 1153 Ramon Berenguer IV. (reg. 1131–1162) das Waliat (= Vizekönigreich) Siurana in Katalonien eroberte, war auch das letzte Taifa-Reich im Nordteil der Halbinsel verschwunden.

Episode blieb nur El Cid, ein in Ungnade gefallener Vasall namens Rodrigo Díaz de Vivar (um 1043-99), den seine muslimischen Gefolgsleute sid (Herr) nannten. Zunächst unterstützte er den König von Saragossa gegen den Markgrafen von Barcelona, eroberte aber vor allem in einem legendären Zug 1094 das Reich von Valencia, wo er sich bis zu seinem Tod im Jahr 1099 festsetzte.

Unter Ali ibn Yusuf (1106–1143) wurden zwar Valencia und Saragossa sowie die Balearen unterworfen, doch ging Saragossa bereits 1118 an Aragon verloren. Die Almoraviden brachten neue Familien in die Reihen der herrschenden Clans, doch regte sich bald Widerstand. Eine neue reformistische Macht, von Zanata-Almohaden angeführt, eroberte das Reich der Almoraviden in Marokko. Nach dem Tod Ali ibn Yusufs im Jahr 1143 und nach Aufständen der Muriden unter Ibn Qasi und Ibn al-Mundir mussten sich die Almoraviden aus Andalusien zurückziehen, was den Aufstieg von Ibn Mardanisch (1143–1172) von Valencia begünstigte. Mit der Erstürmung Marrakeschs durch die Almohaden im Jahr 1147 und dem Tod des letzten Almoraviden Ishaq ibn Ali endete die Dynastie.

Koran aus al-Andalus, 12. Jahrhundert

1144 begann die zweite Taifa-Periode, als ihr Reich zerfiel, denn 1143–1147 wurden die Almoraviden in Afrika von den Almohaden besiegt und abgelöst, einer ebenfalls strengen religiösen Reformbewegung, die auch al-Andalus eroberte, so 1172 Valencia. 1184 scheiterte ein Angriff auf Lissabon, was das Königreich Portugal zum Gegenschlag nutzte. 1189 eroberte es Silves, das jedoch 1191 wieder an die Almohaden kam. Nach ihrem Sieg bei Alarcos im Jahr 1195 fiel auch das Guadianatal wieder an sie, so dass Mértola beinahe die nördliche Grenze des Almohadenreichs markierte.

In der Schlacht bei Las Navas de Tolosa am 16. Juli 1212 besiegte das vereinigte Heer der Königreiche Portugal, Kastilien, Navarra und Aragón die Almohaden unter Muhammad an-Nasir. Erst im Zuge des Niederganges des Almohadenreiches nach dieser Schlacht, gelangten mit Ibn Hud († 1238) und den Nasriden wieder andalusische Muslime zur Herrschaft im mittlerweile stark geschrumpften al-Andalus. Sie konnten sich bis zur endgültigen Vertreibung von der Iberischen Halbinsel 1492 im Emirat von Granada behaupten.

Emirat von Granada (1232-1492)

Nun beschränkte sich al-Andalus auf das Emirat von Granada unter den Nasriden, das letzte muslimische Reich auf der Halbinsel. Eine kulturelle Blüte erreichte auch dieser relativ kleine Staat, auch wenn die von den Conquistadoren eroberten Städte oftmals mangels Absatzmärkten verödeten.

Grenade Albaicin Mirador san Nicolas
Ansicht der Alcazaba (Festung)

Die Dynastie der Nasriden hat ihren Ursprung in der Person des arabischstämmigen Muhammad Yusuf ben Nasri 'Alhamar' (‚Rotbart‘), der 1232 zum Sultan ausgerufen wurde. Er wurde als Sultan von den Oligarchien von Guadix, Baza, Jaén, Málaga und Almería anerkannt. 1234 erklärte er sich zum Vasallen Córdobas, doch eroberte Ferdinand III. die Stadt und Muhammad ibn Yusuf ibn Nasri bemächtigte sich daraufhin der Herrschaft in Granada. Dafür wurde Muhammad I. 1236 von Ferdinand belehnt. 1238 betrat er Granada durch die Puerta de Elvira, um den Palast des Windhahnes (die alte Alhambra) zu besetzen, die Mezquita vermachte er der Kirche. 1246 bemächtigte sich Ferdinand III., um seine Eroberungen im Tal des Guadalquivir zu festigen, Jaéns. Muhammad I. musste ihm huldigen und ihn als Herrn anerkennen.

Unter Muhammad II. al-Faqih (1272–1302) begannen die Meriniden von Marokko Truppen nach Andalusien zu schicken, so dass die Nasriden die Meriniden als Oberherren anerkennen mussten. 1305/06 hatte sich Granada der nordafrikanischen Hafenstadt Ceuta bemächtigt, um die Straße von Gibraltar unter seine Kontrolle zu bringen, und provozierte damit ein Bündnis der Meriniden mit den spanischen Königreichen. 1309 eroberte das Königreich Fès mit aragonesischer Hilfe Ceuta zurück. Abu l-Hasan besiegte im April 1340 eine christliche Flotte in der Seeschlacht von Gibraltar, setzte mit einer Streitmacht über und ließ seine Truppen in Algeciras und Gibraltar sammeln. Im August vereinte er seine Truppen mit denen Yusufs I. (1333-1354) und begann mit ihm gemeinsam, die Stadt Tarifa zu belagern. Alfons XI. von Kastilien gewann die Könige von Portugal, Aragón und Frankreich, die ein Heer zusammenstellten. Papst Benedikt XII. erließ dazu eine Kreuzzugssondersteuer, der König von Aragón ersuchte seine Cortes mit Erfolg um eine entsprechende Finanzierung. Am 30. Oktober 1340 wurde die Flotte der Meriniden - angeblich 250 Schiffe, davon allein 60 Galeeren - von der der Verbündeten in der Schlacht am Salado entscheidend geschlagen. Von nun an erhielten die muslimischen Herrscher der iberischen Halbinsel im Kampf gegen Kastilien keine Unterstützung mehr aus Nordafrika. Die Standarten, die den Siegern in die Hände fielen, befinden sich heute im Schatz der Kathedrale von Toledo. Wirtschaftlich geriet Granada in die Abhängigkeit von Aragón und Genua, die den Außenhandel des Emirats über Almeria und Málaga kontrollierten. 1344 eroberten die Kastilier Algeciras, womit sie ein wichtiges Einfallstor für eine befürchtete abermalige Invasion blockierten. 1384 entriss Granada Ceuta erneut dem Königreich Fès, das es jedoch 1387 zurückeroberte.

Unter Yusuf I. (1333-1354) und Muhammad V. (1354-1359) blühten Kultur und Wirtschaft erneut. In dieser Zeit konnten die Nasriden die Kontrolle über die Meerenge von Gibraltar zurückgewinnen und den Handel ausweiten. Granada wurde stark ausgebaut und es wurden mehrere Paläste in der Alhambra errichtet, darunter der Löwenhof.

Mudéjar-Stil: Turm der Kathedrale von Teruel

Erbstreitigkeiten machten Granada vom Wohlwollen Kastiliens und Aragóns abhängig. Auch wenn einige Angriffe Kastiliens abgewehrt werden konnten, ging Gibraltar 1462 verloren. Zwar konnte das Reich unter Abu l-Hasan Ali (1464–1482) zeitweise wieder konsolidiert werden, doch gewann Kastilien nach der Vereinigung mit Aragón 1479 ein erdrückendes Übergewicht. Der Krieg um Granada wurde von Ferdinand V. und Isabella I. 1482 begonnen. 1485 begann das vereinigte Spanien mit der systematischen Eroberung des Emirats, während die Muslime ihre Kräfte in einem Bürgerkrieg erschöpften. Granada musste 1492 kapitulieren. Letzter Emir war Muhammad XII. „Boabdil“.

Die Reconquista war keineswegs ein einheitlicher, von den Christen während Jahrhunderten zielbewusst vorangetriebener Prozess der Rückeroberung. Die christlichen Reiche im Norden Spaniens kämpften sowohl gegeneinander als auch gegen die Muslime. Der spanische Volksheld El Cid wurde von König Alfonso VI. verbannt und fand Zuflucht beim muslimischen König von Saragossa. Er kämpfte auf beiden Seiten. Während der Reconquista gab es im christlichen Spanien zumindest zeit- und gebietsweise eine gewisse Toleranz; die meisten Gebäude im Mudéjar-Stil wurden von islamischen Handwerkern für christliche Bauherren errichtet. Nach dem Abschluss der Reconquista wollten die „Katholischen KönigeIsabella I. von Kastilien und Ferdinand von Aragón keine Nichtkatholiken mehr in ihrem Machtbereich dulden.

Mit dem Ende der Reconquista wurden Muslime und Juden genötigt, sich taufen zu lassen. 1478 wurde die spanische Inquisition eingerichtet, um nur äußerlich konvertierte „Ungläubige“, die insgeheim ihren früheren Glauben praktizierten, aufzuspüren und zu bestrafen. Am 31. März 1492 erließen Isabella I. und Ferdinand II. das Alhambra-Edikt, wonach diejenigen der 300.000 Juden, die sich der Zwangstaufe widersetzten,172 die Iberische Halbinsel zu verlassen hatten (Sephardim). Viele wanderten nach Mitteleuropa aus, andere ins Osmanische Reich, das sie bereitwillig aufnahm und vor allem auf der Balkanhalbinsel ansiedelte, wo sie bis ins 20. Jahrhundert ihre spanische Mundart beibehielten (Hispaniolen). 1609 ließ Philipp III. sogar die Moriscos vertreiben, Nachfahren von zum Christentum übergetretenen Mauren.

Asturien-León, Kastilien

Unabhängigkeitskampf gegen Córdoba, Königreich Asturien-León

In dem politisch instabilen Gebiet zwischen dem Emirat von Córdoba und dem Frankenreich entstandenen neben dem Gebiet der Basken mehrere zunächst kleine und in den Quellen schwer fassbare Herrschaftsgebiete. Nach der muslimischen Eroberung ab 711 hielt sich der Westgote Pelayo (Pelagius) († 737) und wurde von seinen Gefolgsleuten 718 zum König (oder Fürsten) gewählt. In der legendären Schlacht von Covadonga erzielte er einen Abwehrerfolg, der rückblickend als Beginn der Reconquista interpretiert wurde. Doch war es ein privater Streit mit dem für Asturien zuständigen muslimischen Gouverneur Munuza, der in Gijón residierte, der für Pelayo den Anlass zur Rebellion gab.173

König Alfonso I. konnte eine Reihe von Städten der Mauren erobern. Er schuf durch Morde zwischen seinem Reich und dem muslimischen Gebiet einen strategischen Verwüstungsgürtel. Unter seinem Sohn und Nachfolger Fruela I. wurde Galicien nach dem Sieg in der Schlacht bei Pontuvio unterworfen. In der Nähe des Schlachtortes entstand 761 die spätere Hauptstadt Oviedo. Fruela begann mit der Repoblación, der Wiederbesiedlung der entvölkerten Grenzgebiete durch Christen.

Nach einer längeren Friedensperiode nahm Alfonso II. (791–842) die Eroberungen wieder auf. Hauptstadt war anfänglich Cangas de Onís, doch König Silo (774–783) verlegte den Regierungssitz nach Pravia und schließlich residierte Alfonso II. in Oviedo. Unter Alfonso III. (866−910) erreichte Asturien seine größte Ausdehnung und zeitweise die Oberherrschaft über den muslimischen Süden. Nach seiner Entmachtung teilten seine drei Söhne das Reich untereinander auf und die Teilreiche León (913), Galicien und Asturien entstanden. 924 wurden sie als Königreich León wieder vereinigt.

Map Iberian Peninsula 1030-es
Die iberische Halbinsel mit dem Königreich León im Nordwesten um 1030

Erster König Leóns war García I. Er heiratete Munia, eine Tochter des kastilischen Grafen Nuño Fernández, der 910 García und seine beiden Brüder Fruela und Ordoño bei einem Aufstand gegen ihren gemeinsamen Vater unterstützt hatte. García erhielt León, seine Brüder Ordoño II.|Ordoño Galicien und Fruela Asturien. Dem kinderlosen García folgte sein Bruder Ordoño II. auf dem Thron, der zur Erziehung zu den Banu Qasi nach Saragossa geschickt worden war. Er ließ die Städte Évora und Mérida plündern, im Osten unterstützte er Sancho Garcés von Navarra. Die Mauren wurden 917 in der Schlacht von San Esteban de Gormaz geschlagen, 918 fielen Arnedo und Calahorra, die den Banu Qasi unterstanden hatten. Córdoba eroberte seinerseits Osma und San Esteban de Gormaz zurück, schlug 920 die Christen in der Schlacht von Valdejunquera und nahm die Bischöfe von Tui und Salamanca gefangen. Ein Gegenangriff führte zur Besetzung La Riojas und der Eroberung der Gebiete um Nájera und Viguera in Navarra. Ordoño II., der die Grafen von Kastilien aufgeboten hatte, die jedoch nicht erschienen waren, berief sie nach Tejares und ließ sie kurzerhand ermorden.

Ordoño II. heiratete Sancha, die Tochter des Sancho Garcés, des Königs von Navarra. Ihm folgte sein Bruder Fruela II., was später zu einem Erbfolgestreit mit dessen Sohn Alfonso Froilaz dem Buckligen führen sollte, denn Ordoño hatte drei Söhne namens Sancho Ordoñez, Alfonso und Ramiro. Alle drei sollten später Könige werden. Alfonso IV. wurde 925 König, nachdem die drei Brüder den Erben verdrängt hatten, sein Bruder Sancho Ordóñez herrschte als König von 926 bis 929 über Galicien und sein anderer Bruder, Ramiro, regierte Portugal. Letzterer, auch Ramiro der Große genannt, schloss ein Bündnis mit den Königreichen Navarra und Aragón, das die Truppen des Kalifen in der Schlacht von Simancas 939 besiegte. Die Südgrenze des Reichs wurde vom Douro an den Tormes verschoben. 950 unternahm Ramiro einen Angriff ins Tal des Tajo und besiegte die Muslime bei Talavera de la Reina. Doch konnte er nicht verhindern, dass Kastilien unabhängig wurde.

Kastilien, das in den lateinischen Quellen Vardulia, in den arabischen al-Qilā hieß, war zunächst von León-Asturien abhängig.174 Graf Rodrigo gilt als erster Graf von Kastilien. Er eroberte 860 Amaya und das Gebiet von La Burega und Oca, bis er den ins Ebrotal führenden Pass Pancorbe kontrollierte. Dann folgte die Expansion ins Duero-Becken, der Fluss wurde 912 erreicht. Graf Diego-Rodréguez gründete 884 Burgos. Die Eroberung der Riója durch Sancho García I., den König von Navarra, sicherte um 920 die Ostgrenze.

931 wurden die Grafschaften, in die Kastilien bis dahin zerfiel, durch Graf Fernán González vereinigt, der die bisher unter der Oberhoheit des Königreichs León stehende Grafschaft 944 unabhängig machte. Mit der Unterstützung Leóns konnte er bis dahin Angriffe Córdobas abwehren, worauf ihm die Eroberung von Osma und Simanca gelang. Zudem konnte er 940 Sepúlveda südlich des Duero besiedeln. Er verbündete sich sogar mit dem Kalifen von Córdoba gegen León, doch wurde er 966 von Sancho dem Dicken aufgehalten. Er hinterließ die Grafschaft seinem Sohn García Fernández (970-995), der sich zwar letzten Angriffen Córdobas ausgesetzt sah, jedoch seine Herrschaft nordwärts Richtung Trasmiera und Asturias de Santillana ausdehnen konnte. Sein Sohn und Nachfolger Sancho García (995-1017) verbündete sich zeitweise mit Córdoba und intervenierte nach dem Tod al-Mansurs 1008 im Süden in die dortigen Auseinandersetzungen und konnte die Verhältnisse im Norden durch ein Heiratsbündnis mit Navarra zunächst stabilisieren.

Ordono III of León
Ordoño III. von León, Miniatur aus dem Libro de las Estampas (Libro de los Testamentos de los Reyes), einem Pergament-Kodex aus dem 10. Jahrhundert, der von 1969 bis 1976 gestohlen war. In Deutschland wurde das Werk für 3.606.072 € erworben und nach langwierigen Verhandlungen an die Kathedrale von León zurückgegeben. Der Kodex besteht aus 43 Blättern à`22 Zeilen und misst 168 x 252 mm, allerdings hatten die Diebe als Echtheitsbeweis eine Abbildung Ordoños II. herausgerissen.

SanchaLeo2
Die Enthauptung Sanchas von León im Libro de las Estampas.

955 sandte Ordoño III. von León eine Armee nach Lissabon, woraufhin es zu einem Abkommen mit dem Kalifen Abd ar-Rahman III. kam. Er heiratete Urraca Fernández, die Tochter des Grafen von Kastilien Fernán González, doch verstieß er sie später, da ihr Vater mit Sancho I. verbündet war, der ihm den Thron streitig machte. Tatsächlich folgte er ihm nach seinem Tod 956 auf dem Thron. Zwei Jahre nach seiner Krönung wurde er wiederum von Adligen unter Führung des Grafen von Kastilien Fernán González abgesetzt. Er floh nach Pamplona. Im Exil bei seiner Großmutter Toda von Navarra gewann er die Unterstützung Abd ar-Rahmans. Er eroberte 959 Zamora und errang seinen Thron zurück. Es kam jedoch zum Bruch mit dem Kalifen und daraufhin zu einem Bündnis mit Navarra, das mit einem militärischen Misserfolg endete. Sancho wurde schließlich 966 vergiftet und sein fünfjähriger Sohn Ramiro III. folgte ihm auf dem Thron. Seine Tante Elvira Ramírez, die den Königstitel für diese Zeit annahm, und seine Mutter, Teresa Ansúrez, die beim Tod ihres Mannes in ein Kloster eintreten musste, übernahmen die Staatsführung. Während seiner Regierungszeit wurde ein Friedensabkommen mit dem Kalifen Al-Hakam II. geschlossen. Die Wikinger fielen in Galicien ein.

Vermudo II., seit 982 König von Galicien und Sohn Ordoños III., stürzte den jungen König 984. In erster Ehe war er mit Velasquita, der Tochter von Ordoño IV., verheiratet; nach dem Tod seiner Frau heiratete er Elvira, Tochter des Grafen von Kastilien García Fernández. Unter dem Schutz Córdobas gelang es ihm Zamora zurückzuerobern, doch war er damit im Kampf gegen Kastilien von der dortigen Unterstützung abhängig. Córdoba erlangte eine Art Oberhoheit über León, die Truppen zogen erst 987 wieder ab. Almansor, der faktische Herrscher Córdobas, zerstörte daraufhin Coimbra. Vermudo verschanzte sich zunächst in Zamora, dann in Lugo, die beide zerstört wurden. Darüber hinaus eroberten maurische Truppen Gormaz und 994 Cluni (Coruña del Conde), 996 Astorga, und sie plünderten 997 die Feste Begidum (El Bierzo) und Santiago de Compostela. Der schwer gichtkranke König starb 999.

Ihm folgte sein fünfjähriger Sohn Alfonso V., der unter der Vormundschaft seiner Mutter Doña Elvira und des Grafen Menendo González stand. Das von Almansor zerstörte León wurde neubesiedelt. 1020 wurden dort die Fueros, wie die Gewohnheitsrechte der historischen Territorien bezeichnet werden, von León verabschiedet.175 Während der Zerfall des Kalifats von Córdoba die Südgrenze entlastete, spitzten sich die Konflikte zwischen den nördlichen Reichen zu. 1029 besuchte der kastilische Graf García Sanchez II. León, um Sancha, die Tochter des Königs zu heiraten. Dort angekommen wurde er jedoch von Angehörigen der Familie Vela aus Rache für eine Beleidigung durch den Vater des Grafen ermordet. Da er ohne Nachkommen starb, griff der König von Navarra, Sancho III., kastilisches Gebiet an, um dort seine durch Heirat mit Munia, der Schwester des Getöteten, erworbenen Rechte durchzusetzen. Er nahm den Titel eines Grafen von Kastilien an. Zur selben Zeit ließ Sancho die Vela hinrichten. Schließlich wurde der Sohn Sanchos, Ferdinand I., zum Grafen ernannt. Unter ihm sollte die Grafschaft Kastilien zum Königreich erhoben werden.

Wiederbesiedlung (repoblación)

Die Repoblación, die zum Teil spontan erfolgte, wurde schon durch die Grafen im Duerobecken gefördert. So existierten dort neben freien Siedlern Dorfgemeinschaften (comunidades de aldea), die vielfach auf Verwandtschaft beruhten. Die Entstehung großer Latifundien ist daher in Kastilien weit später erfolgt, als in León oder Galicien.

Dies galt allerdings weniger für die starken Macht- und Besitzballungen der kastilischen Grafen um Lara und Burgos. Auch Klöster wie Cardeña, Arlanza, San Salvador in Oña oder das Kloster Santo Domingo de Silos erwarben gewaltige Güter.

Dabei traten abhängige bäuerliche Gruppen weniger auf, als etwa die Kommendation an einen beliebigen Herrn (behetría, abgeleitet von lat. benefactoria). Leute die im Besitz von Waffen oder eines Pferdes waren, konnten noch leicht in den Adel als infanzónes aufsteigen (Fuero von Castrojeriz, 974). Diese caballería villana gilt als Anzeichen für die soziale Mobilität des frühen Kastilien.

Dabei waren die Grafen Kastiliens, deren Ämter längst erblich geworden waren, gegenüber dem König in einer starken Position. Zudem gab es kaum Immunitäten. Während in León die besonders im Liber iudiciorum festgelegten Rechtsnormen galten, herrschte in Kastilien eine gewohnheitsrechtlich-mündliche Überlieferung vor. Diese beruhte auf Weistümern der gräflichen Gerichtstage, concilia oder placita, oder aber fazañas legendärer Richter der Vorzeit.

Vereinigung Asturien-Leóns und Kastiliens unter Ferdinand I. (ab 1035/37), Sieg über Navarra (1054)

In León bestieg erneut ein Minderjähriger, der elfjährige Vermudo III. den Thron. Als der König von León 1032 die Volljährigkeit erreichte, versuchte er vergeblich, die an Navarra verlorenen Gebiete zurückzuerobern. Auch ein Versuch, das Ziel durch eine Heirat seiner Schwester Sancha mit Ferdinand I. zu erreichen misslang. Als er in der Schlacht beim Valle de Tamarón ums Leben kam, ging der Thronanspruch mitsamt den eroberten Gebieten auf seine Schwester Sancha über. Diese wiederum trat ihre Rechte an ihren Mann Ferdinand I. ab. Er war der zweite Sohn des Königs Sancho III. von Navarra und seit 1035 bzw. 1037 König von Kastilien und Navarra und nunmehr auch König von León.

Urkunde Ferdinands I. von León und der Sancha für die Basilika San Isidoro in León vom 22. Dezember 1063

Die so entstandene Regionalmacht wurde durch den Zerfall des Kalifats von Córdoba entlastet, zugleich intensivierte sie die Kontakte mit dem übrigen Westeuropa. So breitete sich der Benediktinerorden aus, der Pilgerweg nach Santiago de Compostela erhielt große Bedeutung, 1050 setzte der König auf einer Versammlung der Bischöfe auch eine Reihe kirchenrechtlicher Vereinheitlichungen durch und ab 1055 bestand eine Gebetsverbrüderung mit Cluny. Zudem ließ Ferdinand die Rechtsüberlieferungen sammeln.

Doch sein Bruder García IV., König von Navarra, fiel 1054 mit maurischen Verbündeten in Kastilien ein. Am 1. September starb García bei Atapuerca nahe Burgos in einer Schlacht, wodurch Ferdinand auch den rechts des Ebro liegenden Teil Navarras gewann. Ab 1058 wandte er sich gegen die angrenzenden Kleinkönigreiche, in die das Kalifat von Córdoba zerfallen war. Dabei gelang ihm die Eroberung der Städte Viseu und Coimbra (1064) sowie Lusitaniens bis an den Mondego. Sein Heer stieß fast bis an den Tajo vor. Mehrere muslimische Könige mussten für seine Schutzherrschaft ab 1055 hohe Tribute entrichten (Parias).

Vor seinem Tod teilte Ferdinand seine Staaten unter seine drei Söhne so auf, dass Sancho Kastilien, Alfonso León und Asturien, García Galicien und Portugal erhalten sollten. Dabei wurden auch die Parias aufgeteilt, so dass Sancho II. die Parias von Saragossa erhielt, Alfons VI. die Parias von Toledo, und García die von Badajoz und Sevilla.

Intensivierung der Reconquista, Westeuropäisierung, Rückschlag durch Almoraviden

Privilegium imperatoris
Ein Privilegium Imperatoris, wie die Urkunde sich selbst betitelt. Sie wurde unter Alfonso VII. von León und Kastilien ausgestellt und verleiht einem Abt (unten in der Mitte) für die Gründung eines Benediktinerklosters Land. Hinter Alfonso befindet sich rechts sein Majordomus Graf Ponç II. von Cabrera, der ein Schwert und einen Schild mit seinem Wappen hält. Unten links sieht man Alfonsos Söhne Sancho und Fernando.

Mit der Aufteilung der Parias war die Expansionsrichtung vorgegeben, doch die Streitigkeiten unter den Brüdern verzögerten die Eroberung der immer noch wohlhabenden muslimischen Städte. Alfonso wurde 1065 König von Léon und Asturien, doch sein Bruder Sancho II., der Kastilien geerbt hatte, vertrieb ihn nach dem Tod der gemeinsamen Mutter Sancha aus seinem Herrschaftsgebiet. Alfonso floh daraufhin in das muslimische Taifa-Königreich von Toledo. Als Sancho 1072 erbenlos ermordet wurde, kehrte Alfonso nach Léon zurück und wurde auch in Kastilien als König anerkannt.

Er förderte die Städte, indem er ihnen erhebliche Privilegien einräumte. Das nach-maurische Kirchensystem organisierte er aus politischen und religiösen Motiven nach den Grundsätzen der cluniazensisch-gregorianischen Reform in enger Bindung an Rom. Er ermutigte Pilger im Lande zu bleiben, die Städte entlang des Santiagoweges wurden besonders gefördert, die Kontakte nach Frankreich intensiviert.

Alfonso verstärkte ab 1076 den Druck auf die Taifareiche, eroberte 1085 Toledo von der Berberdynastie der Dhun-Nuniden. Damit erhielt er einen entscheidenden Vorrang vor den anderen Mächten der Reconquista. Er nannte sich Adephonsus Imperator Toletanus Magnificus Triumphator in Erinnerung an die Eroberung Toledos, aber auch Imperator Totius Hispaniae und Deo constitutus imperator super omnes Spanie nationes.176 Der Titel eines Imperator Totius Hispaniae blieb von 1086 bis 1157 gebräuchlich und drückte eine Gleichstellung mit dem römisch-deutschen und dem byzantinischen Kaiser aus.

Die muslimischen Kleinstaaten riefen unter diesem Druck die berberischen Almoraviden zu Hilfe, die Alfonsos Armee 1086 in der Schlacht bei Sagrajas schlugen. Damit endete die Expansion nach Süden schlagartig, zumal die Almoraviden alle Taifas unterwarfen und damit die Einnahmen an den Parias entfielen. Im Gegenteil gingen die Herren des riesigen Berberreiches in die Offensive und schlugen Alfonso 1097 bei Consuegra und 1108 bei Ucles. Alfonso starb 1109, nachdem sein Sohn Sancho 1108 bei Ucles umgekommen war. Er bestimmte den Sohn seiner Tochter Urraca, einen weiteren Alfonso, zum Nachfolger.

Abspaltung Portugals, Königin Urraca, Kampf gegen Almoraviden und Aragón

Carta de donación de las infantas Urraca y Elvira, hijas de Fernando I de León, a la basílica de San Isidoro de León. 11 de marzo de 1099
Urkunde der Infantinnen Urraca und Elvira vom 11. März 1099, Archiv der Basilika San Isidoro in León

Urracasign
„VRRAKA“ auf einer Urkunde von 1097

Urraca, die mütterlicherseits den französischen Kapetingern angehörte, avancierte, nachdem ihr Onkel García 1090 nach langjähriger Gefangenschaft gestorben war, in Ermangelung weiterer männlicher Erben zur möglichen Nachfolgerin ihres Vaters. Einige Jahre später wurde ihr Cousin Heinrich von Burgund mit ihrer jüngeren Halbschwester Theresia verheiratet. Raimund wurde dazu von Alfonso VI. zum Grafen von Galicien ernannt. Nach der Geburt des Infanten Sancho Alfónsez im Jahr 1093 schmälerten sich jedoch die Thronfolgeaussichten Urracas und Raimunds.

Um die Südwestgrenze gegen die Almoraviden zu sichern, wurde Raimund im Mai 1093 mit dem Territorium südlich von Galicien um die Städte Santarém, Cintra und Lissabon ausgestattet, dem Gebiet der Grafschaft Portugal; allerdings verlor er bereits 1094 Lissabon an die Almoraviden.177 1097 vergab Alfonso VI. die Grafschaft Portugal an Heinrich von Burgund, während Raimund zu einem Mitglied des königlichen Rats aufgestiegen war.

Lediglich die Regierung in der Grafschaft Galicien konnte Urraca in ihrem Namen weiterführen, als deren Herrin sie sich in ihrer ersten ausgestellten Urkunde vom 13. Dezember 1107 bezeichnete.178 Am 21. Januar 1108 bestätigte sie sich in ihrem Besitz als „Herrscherin von ganz Galicien“ (tocius Gallecie imperatrix).179 Der Tod ihres Halbbruders Sancho am 29. Mai 1108 in der Schlacht von Uclés stellte sie dann unerwartet wieder in das Zentrum der Überlegungen ihres Vaters in der Nachfolgefrage.180

Der Navarra Beatus, 12. Jahrhundert, Bibliothèque Nationale, Paris, Ms. Nouv. Acq. Lat.1366, ill. Ms., Pergament, 237 x 347 mm

Wohl im August 1108 wurde Urraca mit König Alfonso I. „dem Krieger“ von Aragón verlobt, doch Sancho III. von Navarra war ihr gemeinsamer Urgroßvater, was das Missfallen des Klerus unter der Führung des Erzbischofs von Toledo hervorrief. Zudem führte diese Ehe zu einer Vertiefung der innerfamiliären Kluft zwischen Urraca und ihrem Schwager Heinrich von Burgund, der Ambitionen auf die Regentschaft im Königreich für den noch unmündigen Infanten Alfonso Raimúndez hegte. Doch im Mai 1109 wurde Urraca von ihrem Vater zur Erbin proklamiert.181 Am 22. Juli 1109, einen Tag nach der Beisetzung ihres Vaters, urkundete Urraca mit „Ego Urraka dei nutu totius yspanie regina“.182 Zur Bekräftigung ihrer Alleinherrschaft erweiterte sie ab 1110 ihren Titel um den von den Königen Léons reklamierten imperialen Charakter in „Vrracha, Dei gratia regina et imperatrix Yspanie“.183

Doch weder erkannte man in Rom ihre Ehe an, noch akzeptierten die Großen des Landes eine landfremde Herrschaft. Am 26. Oktober 1111 musste Urraca in der Schlacht von Candespina eine erste schwere Niederlage hinnehmen, bei der ihr Liebhaber getötet wurde. Allerdings gelang es ihr darauf, die gegnerische Allianz zu zersprengen, indem sie Heinrich durch die Übertragung der Burgen von Zamora und Ceia auf ihre Seite zog. Anschließend ließ sie ihren Sohn am 19. September 1111 in Santiago de Compostela als Alfonso VII. zum König ausrufen, der damit als Gegenprätendent zu Alfonso I. von Aragón aufgebaut wurde. Allerdings musste danach ein weiteres ihrer Heere bei Viadangos eine erneute Niederlage gegen Alfonso I. hinnehmen, der bis zum Jahresende sowohl Toledo als auch León besetzte.

Im Frühjahr 1112 ging Urraca in die Offensive und konnte ihren Ehemann in Astorga einschließen. Sie erzwang eine Versöhnung, denn sie sah den Aragonesen immer noch als Gegengewicht zu ihrem Schwager Heinrich von Portugal, für dessen künftige Unterstützung sie nicht mit weiteren Gebietsabtretungen zahlen wollte oder konnte. Doch Abt Pontius von Cluny, der als päpstlicher Legat erschien, verkündete die Annullierung der Ehe.184 Damit brach das Bündnis endgültig auseinander. 1113 vertrieb Urraca die letzten aragonesischen Garnisonen aus Burgos. Alfonso I. hielt an seinem Herrschaftsanspruch über Kastilien fest, ihre Schwester Theresia opponierte im Verborgenen gegen Urraca und besonders südlich des Duero kam es zu Revolten lokaler Adliger. In Sobroso wurde sie von den vereinten Kräften ihrer Schwester und Pedro Froilaz belagert, worauf sie sich nach Santiago de Compostela zurückziehen musste.

Um die Grenzprovinz von Zamora gegen Angriffe der Almoraviden zu stabilisieren, siedelte Urraca am 3. Juni 1116 in León den noch jungen Ritterorden der Hospitaliter in dieser Region an.185 Anschließend entriss sie Aragón im August 1116 die Herrschaft über Sahagún,186 doch mit ihrem früheren Ehemann kam sie gegen Jahresende zu einem Ausgleich, wobei Alfonso auf alle Herrschaftsrechte in León und Kastilien verzichtete.187 Der hartnäckigste Widerstand gegen die Regierung Urracas ging nunmehr von ihrer Halbschwester Theresia aus, die sich seit November 1117 in ihren Urkunden „Königin von Portugal“ nannte.188

Etwa zur selben Zeit griffen die Almoraviden die Grafschaft Portugal an und belagerten Coimbra. Urraca nutzte dies, um Zamora und Toro zurückzugewinnen, die sie einst an Heinrich von Portugal hatte abtreten müssen. Als Resultat des Friedens mit Aragón konnte Urraca ihre Herrschaft im Gebiet südlich des Duero wiederherstellen und mit ihrem Sohn am 16. November 1117 in Toledo einziehen, der dort zum Imperator über ganz Spanien proklamiert wurde.

Ende 1117 starb Urracas langjähriger Vertrauter und väterlicher Freund Graf Pedro Ansúrez. In seine Position als erster Ratgeber wurde nun der kastilische Graf Pedro Gonzáles de Lara eingesetzt, der Geliebte Urracas. Ihre Verbindung zum Haus Lara, einer der fünf wichtigsten kastilischen Familien, vertiefte Urraca durch die Verheiratung ihrer Halbschwester Sancha mit dem Bruder ihres Geliebten. Aragón konnte am 22. Januar 1119 Saragossa erobern und damit einen entscheidenden Sieg gegen die Almoraviden erringen.

Gegen den wachsenden Einfluss der Kastilier am königlichen Hof erhob sich jedoch im Juni 1119 eine leónesische Adelsgruppe unter der Führung von Guter Fernández, dem ehemaligen Majordomus. Dieser nahm Pedro González de Lara gefangen und belagerte Urraca am 18. Juli in der Burg von León.189 Die Differenzen zwischen Urraca und ihren leónesischen Vasallen konnten bis zum September in einem Kompromiss beigelegt werden. Seither beteiligte sie zunehmend ihren Sohn an der Regierung, wobei dieser vorrangig in Toledo regieren sollte, während sich Urraca nun verstärkt auf León und Galicien konzentrierte. Gegenüber ihren Vasallen erhielt sie dabei Rückhalt von Papst Calixtus II., einem Bruder ihres ersten Ehemannes, der in einem Brief vom 4. März 1120 seine Verbitterung über die Zerbrechlichkeit der Vasallentreue gegenüber Urraca zum Ausdruck brachte.190

Im Frühjahr 1120 war Urracas Herrschaft soweit gefestigt, dass ihr Heer gegen Theresia vorgehen konnte. Es schlug bei Tui die gegnerische Streitmacht und belagerte Theresia anschließend in Lanhoso nördlich von Braga.191 Im Juli konnte Urraca in Braga einziehen und dort die Unterwerfung ihres Neffen Alfonso Enríquez und des portugiesischen Adels entgegennehmen.192 Die seit 1109 bestehende unabhängige Herrschaft ihrer Schwester konnte sie damit beenden.

Die iberische Halbinsel im 12. Jahrhundert

Erzbischof Diego Gelmírez und der mit ihm verbündete galicische Adel paktierten jedoch im Geheimen mit Theresia von Portugal. Urraca ließ ihn 1120 gefangennehmen, ein Handstreich, der einen Volksaufstand provozierte, vor dem sich die Königin in den Schutz der Kathedrale zurückziehen musste. Als Graf Pedro Froilaz ein Heer gegen sie rekrutierte, dem sich ihr Sohn anschloss, musste sie am 28. Juli den Erzbischof wieder freilassen, doch wurde er trotz päpstlicher Proteste nicht wieder Stadtherr. Gegen sie stellten Erzbischof Diego Gelmírez und Graf Pedro Froilaz ebenfalls ein Heer auf, dem einmal mehr auch ihr Sohn angehörte. Urraca musste den Erzbischof wieder in allen Herrschaftsrechten in Santiago de Compostela anerkennen. Im Einvernehmen mit dem päpstlichen Legaten Boso betrieb er seinerseits die Absetzung Urracas und die Inthronisierung ihres Sohnes. Dagegen aber erhielt Urraca die Unterstützung Papst Calixtus’ II., der die Macht Diego Gelmírez' beschnitt, indem er den Erzbischof von Braga zum Obermetropoliten über die Bistümer von Portugal und Galicien ernannte und Erzbischof Bernardo von Toledo zum Primas der Kirche von ganz Spanien einsetzte.193 Im Mai 1123 ließ Urraca ihren Rivalen in Galicien, Graf Pedro Froilaz, festnehmen und dessen Ländereien konfiszieren. Doch Theresia hatte sich seit 1121 im südlichen Galicien wieder ein unabhängiges Herrschaftsgebiet mit Tui als Zentrum erkämpft. Ab 1124 übergab Urraca schrittweise die Regentschaft an ihren Sohn, bevor sie am 8. März 1126 starb.

Kaiserkrönung Alfonsos VII. (1135), Vereinigung von Katalonien und Aragón (1134), Königreich Portugal (1139)

Nach einem langwierigen Krieg, den bereits seine Mutter Urraca 1114 begonnen hatte, behauptete sich Alfonso VII. gegen seinen Stiefvater und behielt bei der Teilung 1127 Kastilien, Leon, Asturien und Galicien; nur seinen Anteil an Navarra, Álava, Vizcaya und Guipúzcoa trat er im Frieden von Támara an Aragón ab. Als 1134 sein Stiefvater starb, setzte Alfonso sich durch. Am 26. Mai 1135 ließ er sich in Léon zum Kaiser von ganz Spanien krönen.

Nach dem Tod Alfons' I. von Aragón 1134 musste der Kaiser jedoch die Vereinigung von Katalonien und Aragón akzeptieren, ebenso wie die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Navarras. In Portugal nahm Alfons, der Sohn Teresas, 1139 den Königstitel an. Dieses Faktum musste Alfonso VII. 1143, wenn auch als integrierter Bestandteil des Kaiserreichs, anerkennen.

1146 gelang die Eroberung Córdobas. Kurz darauf verloren die selbst von den Almohaden bedrängten Almoraviden auch Calatrava und Almería, allerdings eroberten die Almohaden Córdoba bald zurück. Von den übrigen christlichen Fürsten unterstützt, erkämpfte Alfonso bei Jaén einen weiteren Sieg. Doch die von ihm verfügte Erbteilung Kastiliens und León-Galiciens unter seine Söhne Sancho III. und Ferdinand II. spaltete die Regionalmacht erneut.

Auch machte sich Portugal endgültig unabhängig. Heinrich von Burgund, der Stammvater des ersten portugiesischen Königshauses, des Hauses Burgund, hatte 1095 die Grafschaften Portucale und Coimbra erhalten. Nach dem Tod Alfonsos VI. von Kastilien und León hatte er sich aus der Lehensabhängigkeit gelöst, doch nach seinem Tod geriet Portugal wieder unter die Oberhoheit Leóns, bis Heinrichs Sohn Afonso I. 1143 endgültig die Unabhängigkeit durchsetzen konnte.

Zeit der fünf Reiche

Alfonso VIII. und Königin Eleonor übergeben die Stadt Uclés dem Meister des Santiagoordens

Mit dem Tod Alfonsos VII. 1157 verschwand die Idee einer vom König und Kaiser geführten Lehenspyramide. Nach seiner Reichsteilung regierte in Kastilien sein ältester Sohn Sancho III. (bis 1158), dem sein Enkel Alfonso VIII. (1158-1214) folgte. In León hingegen wurde Ferdinand II. (1157-1188) König, ihm folgte Alfonso IX. (bis 1229). Den fünf christlichen Reichen stand mit den Almohaden ein zusammenhängendes islamisches Reich gegenüber, das sich bis 1172 konsolidieren konnte. Dieses Machtgefälle konnten die fünf Reiche ausgleichen, indem sie Bürgerwehren der städtischen conséjos, Bruderschaften (cofradías) und Ritterorden mobilisierten. Zu letzteren zählte seit 1156 der Alcántaraorden in León, seit 1157 der Orden von Calatrava in Kastilien und seit 1170 der Jacobusorden in beiden Reichen.194

Am 31. August 1158 starb in León Sancho III. und Ferdinand übernahm die Vormundschaft für dessen minderjährigen Sohn Alfonso VIII. Er fiel in Kastilien ein und nannte sich fortan König von Spanien. 1162 eroberte er Toledo; im selben Jahr übernahm er nach dem Tod Raimund Berengars IV. von Barcelona die Vormundschaft über dessen Sohn Alfonso II. und damit die Macht in Aragón. Sein Einfluss auf Portugal wuchs 1165 durch die Ehe mit Urraca, einer Tochter Afonsos I. Infolge eines Streits um Badajoz kam es 1168 zum Krieg mit Portugal, aus dem Ferdinand, der sich 1169 mit den Almohaden verbündet hatte, siegreich hervorging. Ein zweiter Krieg mit den Portugiesen endete 1177 mit seinem Sieg bei Argannal. Auch gegen die Almohaden führte er mit Erfolg Krieg, doch in Kastilien verlor er zunehmend an Einfluss. Dort verlor er die Städte Cea und Psuerga. Bereits 1166 eroberte der kastilische Adel Toledo zurück. Ein 1178 begonnener Krieg gegen Kastilien zog sich bis 1183 hin.

Landesausbau, Cortes von León (1188), erste Universität (1219), Sieg über Almohaden (1212)

Alfonso IX. von León widmete sich nicht nur der Reconquista sondern auch dem inneren Ausbau des Landes. Dazu betrieb er eine extensive Wiederbesiedlungs- und Stadtgründungspolitik, zudem schwächte er den Adel, indem er die Städte gegen ihn unterstützte. Eine seiner zentralen Neuerungen war die Einberufung einer curia regis nach León, an der zum ersten Mal Vertreter der Städte teilnahmen. Von hier aus nahmen die Cortes, die Stände ihren Ausgang. Mit der Magna Charta wurden die Cortes von León von 1188 verglichen, die gegen Machtmissbrauch und Willkür schützen sollten. Anders als in Aragón gelang es den Cortes (ab 1217 in Valladolid) nie, die Königsgewalt in größerem Maße einzuschränken.

Die Außenpolitik ist mit den unausgesetzten Konflikten mit Alfonso VIII. von Kastilien verbunden. Alfonso IX. verband sich nach der Schlacht von Alarcos sogar mit den Almohaden gegen den Kastilier, was seine Exkommunikation zur Folge hatte. Mit der Ehe zwischen dem Leóner und Berenguela von Kastilien, der ältesten Tochter des Kastiliers, endeten die Kämpfe zunächst. Doch Papst Innozenz III. exkommunizierte das Paar wegen zu naher Verwandtschaft, was zur Wiederaufnahme des Krieges führte. Am Sieg bei Las Navas de Tolosa gegen die Almohaden (1212) war Alfonso IX. von León dementsprechend nicht beteiligt. Im Gegenteil griff er kastilisches Gebiet an, nutzte aber auch die Gelegenheit, muslimische Städte wie Valencia de Alcántara, Cáceres, Mérida und Badajoz zu besetzen. Dann folgte das gesamte Gebiet nördlich der Guadiana. Die Ritterorden eroberten weitere Städte, so dass der Weg nach Sevilla fast frei war. Schließlich entstand 1219 die Universität Salamanca, die älteste Universität Spaniens und eine der ältesten Universitäten Europas.195

Sieger der im Rückblick entscheidenden Schlacht bei Las Navas de Tolosa, die am 16. Juli 1212 stattfand, war König Alfonso VIII. von Kastilien, der eine Koalition mit Aragón, Portugal und Navarra gegen die Almohaden unter Kalif Muhammad an-Nasir führte. Noch in der Schlacht bei Alarcos 1195 hatte Kastilien gegen die Almohaden unter Yaqub al-Mansur eine schwere Niederlage hinnehmen müssen. 1211 überquerte Muhammad an-Nasir mit einem Heer die Straße von Gibraltar und eroberte die Ordensburg Salvatierra des Ordens von Calatrava. Für Papst Innozenz III. war dies der Anlass, zu einem Kreuzzug aufzurufen, und Erzbischof Rodrigo Jiménez de Rada von Toledo initiierte ein Bündnis der christlichen Königreiche Iberiens gegen die Almohaden. Das Heer sammelte sich an seinem Bischofssitz. Neben diesen, wobei León nur Vasallen schickte, während die übrigen Kontingente von den jeweiligen Königen geführt wurden, trat ein Kontingent „Francos“ bei, mit den Bischöfen von Narbonne, Bordeaux und Nantes. Diese waren es, die dem Eroberungszug ihre, sehr viel stärker von französischen Kreuzzugsvorstellungen geprägten Ideen von einem Kreuzzug aufzwangen. Daher verstanden sie auch nicht, dass die Kastilier die Bevölkerung der eroberten Stadt Calatrava la Vieja schonten.

Am 24. Juni 1212 verließ die christliche Armee, darunter die Stadtmilizen von Avila, Segovia und Medina del Campo, erneut Toledo, doch bestand das Heer nun hauptsächlich aus Iberern, da nun auch König Sancho VII. von Navarra zum Heer stieß, das den Gegenangriff der Almohaden abwehren sollte. In bald entstandenen Legenden wurde der Sieg der Hilfe der Mutter Gottes von Rocamadour zugeschrieben. Auch wenn die gewaltigen Zahlen der Schlachtteilnehmer, die die enorme Bedeutung des Kampfes untermauern sollten, inzwischen reduziert wurden - Joseph F. O'Callaghan schätzt die Anzahl der auf beiden Seiten beteiligten Kämpfer in jeder dieser Schlachten auf jeweils nicht mehr als 3.000 bis 5.000 Mann196 -, so war es dem Papst doch gelungen, erstmals eine echte Kreuzzugsmentalität auf der Halbinsel zu etablieren.197 Für ihn wiederum war es der bedeutendste Erfolg, nachdem der Vierte Kreuzzug gegen seinen Willen 1202 bzw. 1204 nach Konstantinopel umgelenkt worden war.

Vereinigung von León und Kastilien (1230), Eroberung Sevillas (1248)

Darstellung Ferdinands III.

Stadtmauer von Niebla, 20 km östlich von Huelva

Ferdinand III., der Sohn Alfonsos IX. von León und der Berenguela von Kastilien, wurde nach dem Tod seines Onkels Enriques I. 1217 - gegen den Widerstand einer Adels- und Städteopposition unter dem Reichsverweser Álvaro Núñez de Lara - König von Kastilien und nach dem Tod seines Vaters 1230 auch von León. Das Reich wurde nicht mehr geteilt und mit der Zusammenlegung der Córtes im 14. Jahrhundert unteilbar.

Es spielte diese geballte Macht gegen die zersplitterten muslimischen Reiche des Südens aus. Trujillo fiel 1232. Ferdinand gewann nach mehreren Siegen, besonders bei Jerez de la Guadiana 1233, die umkämpfte Stadt Córdoba am 29. Juni 1236. Zehn Jahre später folgte die Eroberung von Jaén, am 23. November 1248 das Reich von Sevilla, 1250 Cádiz. Nur das 1247 gegründete Emirat von Granada bestand noch bis 1492 fort, jedoch unter kastilischer Oberherrschaft. Das Taifareich von Niebla bestand bis 1262. León und Kastilien hatten ihre Fläche von rund 235.000 auf 355.000 km² ausgedehnt. Die inzwischen als Reichsaufgabe aufgefasste Wiederbesiedlung wurde verstärkt betrieben, wobei die Gefolgsleute des Königs und die Bischöfe mit umfangreichen Landgebieten ausgestattet wurden. Bereits jetzt setzte eine umfangreiche Auswanderung der Mauren aus den eroberten Ländern ein. Dies galt insbesondere für das Tal des Guadalquivir, das 1264 praktisch alle Muslime verließen. Bei der Wiederbesiedlung spielten die Ritterorden ein erhebliche Rolle. Hinzu kam die Tatsache, dass bei der Besiedlung nun Viehwirtschaft, insbesondere Schafzucht eine zunehmende Bedeutung erlangte (Privilegien der Mesta, 1270-1273). Die Übernahme urbaner Gesellschaftsformen, die stärkere Durchsetzung der Marktvermittlung und der Geldwirtschaft, aber auch die Intensivierung des Mittelmeerhandels übernahm Kastilien weitgehend von den muslimischen Städten. Auch suchte man nach gemeinsamen Lebensformen und geistigem Austausch. Doch der Primat der Religionspolitik unter Rückgriff auf imaginierte westgotische Traditionen erhielt immer mehr Vorrang. Die Zisterzienser gründeten zwischen 1141 und 1215 sechzehn Männerklöster in Kastilien und sechs in León, dazu einige Frauenkonvente. Ebenso wurden Franziskaner und Dominikaner, die auf einen Kastilier zurückgehen, gefördert. Hinzu kamen Trinitarier und Mercedarier, die sich auf den Freikauf von Gefangenen spezialisierten.

Ferdinand stiftete mehrere Bistümer, gründete den Dom von Toledo, erwarb sich um die Zivilgesetzgebung Verdienste durch den von seinem Sohn vollendeten Código de las Partidas und die Übersetzung des für die Mauren von Córdoba geltenden Gesetzbuches. Er wurde 1671 von Papst Klemens X. heiliggesprochen.

Außenpolitisch band er sich und seine Familie in die europäische Staatenwelt durch Ehen nach Norwegen, England, Frankreich und ins Reich ein, wobei Letzteres Ansprüche auf Sizilien bewirkte, besonders aber auf das deutsche Königtum sowie das römische Kaisertum - ein erstaunlicher Weg für ein Kind aus einer in den Augen Roms illegitimen Ehe unter Verwandten. 198

„Übersetzerschule“ und Nationalsprachen, Gesetzgebung, imperiale Politik Alfonsos X.

Cantiga bowed plucked lutes
Musiker am Hof Alfonsos X. in den Cantigas de Santa Maria, einem galizischen Manuskript mit 420 Kompositionen aus der Zeit Alfonsos X. (1221-1284), einer der größten Sammlungen monophonen Gesangs des Mittelalters

Die „Übersetzerschule von Toledo“ war eine im 12. Jahrhundert einsetzende Tradition der Übersetzungstätigkeit, keine Institution. Durch den Kontakt zwischen arabischkundigen Mozarabern und Juden mit lateinischen Autoren kam es zu einem intensivierten Kultur- und Wissenstransfer, der durch bischöfliche oder königliche Initiative gefördert wurde. Die erste etwa von 1130 bis 1187 andauernde Phase der Übersetzungen war durch Erzbischof Raimund von Toledo (1125/26-1152/51) geprägt. Übersetzt wurden wissenschaftliche und philosophische Schriften, die unter den Abbasiden aus dem Griechischen ins Arabische übertragen worden waren, aber auch genuin arabische Schriften, etwa zur Astronomie und Mathematik. 1142 kam der Abt von Cluny, Petrus Venerabilis, nach Spanien und gab eine Übersetzung des Korans in Auftrag, die 1143 durch den Engländer Robert von Ketton, den Kroaten Hermann von Carinthia, den Kastilier Petrus Alfonsi und den Sarazenen Mohammed fertiggestellt und vom Sekretär des Abtes, Peter von Poitiers, sprachlich überarbeitet wurde. Neue Übersetzungsinitiativen gingen von Alfonso X. und seinem Hof aus, wobei nun nicht mehr die Übersetzung ins Lateinische, sondern die ins Kastilische im Vordergrund stand und hierbei speziell der Dialekt des Toledaner Hofes eine sprachlich normierende Rolle spielte. Thematisch bildeten Astronomie, Physik, Alchemie und Mathematik den Schwerpunkt, aber auch Spiele und orientalische Literatur sowie Werke zur Kenntnis der islamischen Religion wurden übersetzt. Unter Alfonso X. blieben solche Aktivitäten nicht auf Toledo beschränkt, sondern dehnten sich, zum Teil abhängig vom Aufenthalt des Hofes, auch nach Sevilla aus.

Die Tabulae Alphonsinae, ein astronomisches Werk mit Tabellen zur Berechnung der Stellung von Sonne, Mond und der fünf Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn, in einer spätmittelalterlichen Handschrift

Alfonso X., 1252 bis 1282 König von León und Kastilien, war der erste Sohn von Ferdinand III. dem Heiligen und Elisabeth (genannt Beatrix von Spanien), einer Tochter des deutschen Königs Philipp von Schwaben. Er förderte die Astronomie und die Anerkennung der ptolemäischen Kosmologie und ließ zwischen 1252 und 1270 die Ptolemäischen Planetentafeln verbessern, die nach ihm Tabulae Alphonsinae genannt wurden.199

Alfonso, selbst Poet, gilt zudem als der Begründer der kastilischen Nationalliteratur. Er ließ ab etwa 1270 von seinen Historiographen eine Geschichte von Spanien (Estoria de España) sowie eine Weltgeschichte, die später zur General e grand estoria erweitert wurde, in kastilischer Sprache verfassen und Urkunden in der Landessprache aufsetzen. Zudem gab er viele Werke in Auftrag, zum Beispiel die Cantigas de Santa Maria, etwa 420 Lieder in Galizisch, der lyrischen Sprache der Zeit, und 1283 das Libro de los juegos („Buch der Spiele“, auch „Codex Alfonso“). Vor allem aber leitete er die Kompilation des von seinem Vater begonnenen Gesetzesbuchs, des später Las Siete Partidas oder einfach Partidas genannten Livro de las Legies. Mit dem in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts verfassten Libro del caballero Zifar setzte die Tradition fiktionaler Abenteuerliteratur ein; das Werk stammt wahrscheinlich von dem Toledaner Kleriker und Sekretär der Kanzlei Alfonsos X. Ferrand Martínez.

Alfonso war, ähnlich wie andere europäische Herrscher, Exponent einer imperialen Politik, die sich auf Verwandtschaftsverhältnisse und die daraus abgeleiteten Ansprüche auf Titel und Herrschaftsgebiete richtete. Seine Abkunft von den Staufern durch seine Mutter Elisabeth gab ihm die Möglichkeit, nach dem Tod des römisch-deutschen Königs Konrad IV. 1255 dessen Herzogtum Schwaben zu beanspruchen, sich von den Ghibellinen Pisas im März 1256 zum Kaiser erheben zu lassen und als König im römisch-deutschen Reich zu kandidieren. Dabei erhielt er 1257, wie sein Gegenkandidat Richard von Cornwall, drei der sieben Kurfürstenstimmen. Doch 1265 lenkte der Papst die Ambitionen Karls von Anjou, dessen Mutter Blanka von Kastilien die Tochter Alfonsos VIII. war, mit dessen Belehnung nach Süditalien, was die französisch-kastilischen Pläne durchkreuzte. Daraufhin versuchte Alfonso die nötigen Mittel aufzubringen, um einen Romzug zur Erlangung der Kaiserkrone durchzuführen. Diese über lange Zeit verfolgten, überaus kostspieligen Pläne wurden durch die einstimmige Wahl Rudolfs I. von Habsburg zum römisch-deutschen König 1273 ebenso durchkreuzt, wie entsprechende Pläne des Königs von Frankreich. 1275 verzichtete Alfonso auf die Krone.

Gegen die imperialen Pläne und die Zentralisierungsbestrebungen des Königs wehrte sich der kastilische Adel durch Bündnisse mit den Muslimen Südspaniens und mit Jakob von Aragón, obwohl dieser Alfonsos Schwiegervater war. Dennoch schlug er für Alfonso den Aufstand der Mudéjares in Murcia nieder, um zu verhindern, dass Alfonso im Gegenzug die muslimische Bevölkerung von Valencia unterstützte.

Mit dem nördlichen Nachbarn scheiterten die weitreichenden Heiratspläne Alfonsos zunächst. Berengaria von Kastilien (1253–nach 1284) wurde zwar schon als Kind mit Louis, dem Sohn von König Ludwig IX. von Frankreich verlobt, doch dieser starb 1260. Alfonsos ältester Sohn Ferdinand de la Cerda heiratete 1268 Blanche, eine Tochter des französischen Königs. Das Paar hatte zwei Söhne, deren Ansprüche auf den kastilischen Thron Alfonsos zweiter Sohn Sancho jedoch nicht anerkannte, als sein Bruder Ferdinand 1275 starb. Indem Alfonso nun Sancho als Thronfolger anstelle von Ferdinands Söhnen bestimmte, provozierte er 1275 einen Krieg mit Frankreich, da der französische König Philipp III. sich seiner Schwester Blanche, der Witwe Ferdinands, und ihrer Söhne annahm.

Stadttor von Tarifa

Nach dem Ende des Krieges gegen Frankreich initiierte Alfonso einen Kreuzzug und eroberte Jerez, Medina-Sidonia, San Lucar, Cádiz, einen Teil der Algarve und vereinigte Murcia mit Kastilien. Dabei versuchte er im Sinne einer westgotischen Erbschaft die seither muslimischen Gebiete zurückzugewinnen, die Straße von Gibraltar als Absicherung gegen neuerliche Invasionen zu sichern und Marokko zu annektieren. Letztlich blieb aber nur das 1292 besetzte Tarifa kastilisch. Bereits im Vertrag von Monteagudo vom Dezember 1291 wurde eine Art Interessensphären zwischen den beiden spanischen Mächten Aragón und Kastilien verabredet. Aragon, das seit etwa 1250 diplomatische und Handelsbeziehungen zu den Hafsiden in Tunesien und den Abdalwadiden in Algerien unterhielt, beanspruchte dort Vorrechte, während Kastilien das Gleiche in Marokkos Merinidenreich einforderte. Zudem hatten es die Meriniden 1276 abgelehnt, mit Aragón einen Friedens- und Handelsvertrag abzuschließen. Als die beiden iberischen Mächte im Krieg lagen, versuchte Aragón 1286 ein Bündnis mit den Meriniden gegen Kastilien zustandezubringen, aber auch dies wurde abgelehnt. Die Meriniden blieben neutral, ebenso wie die iberischen Nasriden, doch sahen sie wohl in der Eroberung des Abdalwadidenreichs eine Möglichkeit, sich des fortgesetzten Drucks der beiden christlichen Staaten zu erwehren. Granada nutzte die Gelegenheit des Widerstands der Großen gegen Alfonsos Zentralisierungspolitik und den Gegensatz zwischen Kastilien und Aragón, um die dortigen Sarazenen zu unterstützen und die Hilfe der Meriniden Marokkos anzunehmen, womit die Reconquista zum Erliegen kam. Die Macht der Meriniden auf der iberischen Halbinsel wurde erst 1344 gebrochen.

Als Alfonso zugunsten seiner Enkel eine Teilung des Reichs vornehmen wollte, indem er Jaén abtrennte, empörten sich 1281 sein Sohn Sancho und die kastilischen Großen, nur Sevilla und Murcia standen auf seiner Seite. Er starb am 4. April 1284 und hinterließ ein Testament, in dem er versuchte, Sancho vom Erbe auszuschließen und damit einen Bürgerkrieg zu vermeiden.

Aufstand der Mudéjares (1264), Meriniden und Granada, Adelsaufstand (1272), Durchsetzung der Königsmacht (1348)

Poema de Yusuf
Aljamiado-Manuskript des Poema de Yuçuf. Es stammt aus der Mudéjar-Epoche, ist in Aragonesisch verfasst und im arabischen Alphabet geschrieben. Dieser arabische Aljamiadotext erzählt die Geschichte Josefs in Ägypten aus koranischer Sicht (Sure 12). In dieser Schreibweise sind die ältesten vollständigen Texte iberoromanischer Sprachformen überliefert: die mozarabischen Hargas (span. jarchas), die frühesten Zeugnisse von Lyrik in romanischer Sprache (bisher etwa 70). Das Muwaššaḥ ist eine im 10. Jahrhundert in al-Ándalus entstandene Strophen-Gedichtart mit festem Reimschema, die in arabischer oder hebräischer Hochsprache gehalten ist. Es handelt sich um Lob- oder Liebeslieder. Die Ḫarǧa, die Schlussverse der letzten Strophe, ist jedoch entweder in arabisch-andalusischer Umgangssprache, in mozarabischer Mischsprache oder - was seltener ist – vollständig auf Altspanisch verfasst.

Etwa zwischen 1275 und 1325 erlebte Kastilien eine schwere soziale und ökonomische Krise. Die Agrarproduktion und die Bevölkerungszahlen sanken. Zugleich standen Partikulargewalten, wie Cortes, Adel, kirchliche Einrichtungen dem Königtum gegenüber, das versuchte, Regionalmächte zu brechen und einen zentralistischen Staat aufzubauen. Es kam bis 1325 zu zahlreichen Aufständen der Häuser Lara und Haro. Nachdem die Eroberungen zum Abschluss gekommen waren, suchten die Adligen neue Einnahmen, doch die königliche Verwaltung hatte diese in einer eigenen Finanzverwaltung konzentriert. Zwar erreichten die mächtigen Adelsfamilien die Beteiligung an den Einnahmen, doch im Gegensatz zu Aragón bildeten sie keine Einheit und so gelang es ihnen auch nicht, wie der aragonesischen Unión, dem König auch vertragliche Rechte abzuzwingen. 1295 bis 1302 und 1313 bis 1325 traten Hermandades, Städtebündnisse auf. In den Städten gelangten Geschlechter von Caballeros an die Macht, gegen die die Bürgergemeinde, die común unterlag.

Alfonso XI. besiegte viele der alten Adelsgeschlechter der nobleza vieja, die zum Teil ausstarben. Außerdem kam er, was in dieser Zeit der Wiederbelebung ritterlicher Ideale von großer Bedeutung war, zu Ruhm im Kampf gegen die Muslime von Granada und vor allem 1344 in Algeciras. Im Hundertjährigen Krieg blieb er neutral und verbündete sich innenpolitisch mit dem Caballero-Adel und den Hidalgos. Letztere übten in den 1330er und 40er Jahren die Macht in den Stadträten aus. Ab 1342 setzte er eine allgemeine Verbrauchssteuer durch, die alcabala, dann eine Neuregelung des Salzverkaufs und des montazog, einer Abgabe auf den Viehauftrieb. Vor allem aber setzte er 1348 gegen die regionale und rechtliche Zersplitterung den Vorrang des königlichen Rechts mittels des Ordenamiento de Alcalá durch.

Streit um Portugal, Münzpolitik, Aufstieg neuer Familien, Abendländisches Schisma

Pedro I. der Grausame (1350-69) suchte gegen Enrique von Trastámara - er hatte den legitimen Thronerben ermordet und sich selbst auf den Thron gesetzt - die Hilfe Englands, während Enrique sich ab 1366 auf Frankreich stützte. Nach seinem Sieg bekräftigte Enrique oder Heinrich II. (1369-79) das dauerhafte kastilisch-französische Bündnis und versuchte, den Frieden mit seinen Nachbarn wiederherzustellen, insbesondere mit Aragón.

Sein Nachfolger griff in die Thronfolgekämpfe in Portugal nach dem Tod Ferdinandos I. (1383) ein. Dieser hatte Enrique von Trastámara nicht als König von Kastilien anerkannt und stattdessen, da er in mütterlicher Linie selbst mit dem kastilischen Königshaus verwandt war, eigene Ansprüche auf den kastilischen Thron erhoben. Gemeinsam mit England und Aragón begann er 1369 einen Krieg mit Kastilien, unterlag jedoch. Im Frieden von Alcoutim musste der Portugiese allen Ansprüchen auf den kastilischen Thron entsagen. Außerdem verpflichtete er sich, Eleonore, eine Tochter Enriques von Trastámara zu heiraten. Stattdessen heiratete er jedoch Leonore Teles de Menezes, woraufhin Enrique Portugal angriff und 1373 Lissabon plünderte. Portugal verbündete sich daraufhin mit England, das ebenfalls Ansprüche auf den kastilischen Thron geltend machte. Damit wurde Portugal auch zu einem Nebenschauplatz des Hundertjährigen Krieges zwischen England und Frankreich. Da England jedoch nicht, wie versprochen, Truppen schickte, musste Ferdinando im Vertrag von Santarém (1373) mit Kastilien Frieden schließen. Ferdinand griff 1381 erneut Kastilien an, musste aber, nachdem Admiral Sanchez de Tobar am 17. Juli 1381 die portugiesische Flotte zerstört hatte, wieder um Frieden bitten. Ferdinando, der keine männlichen Erben hatte, musste in die Heirat seiner Tochter mit dem neuen kastilischen König Johann I. einwilligen, womit die Erbansprüche Kastiliens auf den portugiesischen Thron bekräftigt wurden. Ferdinandos Witwe übernahm die Regentschaft, wurde aber nach sechs Wochen Herrschaft gestürzt. Johann von Avis, ein illegitimer Halbbruder Ferdinandos, übernahm die Macht und ließ sich, nachdem er die kastilischen Ansprüche durch seinen Sieg in der Schlacht von Aljubarrota abgewehrt hatte, zum neuen König krönen.

In Kastilien wurde die Königsmacht weiter gestärkt. Der Consejo real erhielt seine endgültige Form, mit der Real Audiencia (mit Oidores als Richter, entstand ein oberster Gerichtshof, als oberste Behörde der Finanzverwaltung entstanden die Contadurías Mayores. Um die Staatsschulden zu tilgen, nahmen sie um 1369 und 1387 eine Geldentwertung vor. Erst unter Heinrich III. (1390–1406) konnte wieder eine gewisse Stabilität der Währung und die Sanierung der königlichen Finanzen erreicht werden.

In Krisenzeiten, also vor allem zwischen 1369 und 1393, traten die Cortes häufig zusammen, doch die Beruhigung der außenpolitischen Situation und die Konsolidierung neuer Hochadelsfamilien - vor allem ihnen kam die Machtübernahme der Trastamara zugute - verhinderten eine vertragsrechtliche Mitsprache der städtischen Cortesvertreter. Die als Fürsten agierenden Bischöfe, die über eigene Jurisdiktionsrechte und Einkünfte verfügten, intervenierten auf höchster Ebene. Als während des Abendländischen Schismas, das von 1378 bis 1418 anhielt, Kastilien zur Avignoneser Obödienz gehörte, beanspruchte das Königtum zunehmend Rechte bei der Provision vakanter Stellen. Dies führte zwischen 1486 und 1523 zur Errichtung eines königlichen Patronatsrechts (Patronato Regio).

Höhepunkt der Macht des Hochadels, Durchsetzung der Königsmacht, Vereinigung mit Aragón

Im Dezembeer 1406 starb Heinrich III. von Kastilien. Johann II. von Kastilien war beim Tod seines Vaters erst 22 Monate alt. Während seiner Minderjährigkeit führten seine Mutter Katharina von Lancaster und sein Onkel Ferdinand von Antequera die Regierungsgeschäfte. Diese Doppelregentschaft gestaltete sich sehr konfliktreich und spaltete das Land in zwei Lager. Nachdem Ferdinand 1416 und Katharina 1418 gestorben waren, setzte der Erzbischof von Toledo, Sancho de Rojas, durch, dass der König 1419 anlässlich seiner Hochzeit mit Marie von Aragón für volljährig erklärt wurde und die Macht übernahm.

Doch nun kam es zur Konfrontation mit dem kastilischen Adel sowie mit den Söhnen seines Onkels, darunter Johann von Aragon, der seit 1425 König von Navarra war. Erst um 1430 konnte er sich mit Hilfe von Álvaro de Luna gegen Ferdinands Söhne durchsetzen. Nach einem Sieg Johanns gegen das Emirat von Granada in der Schlacht von La Higueruela 1431 wurde ein kurzfristiger Frieden durch die Ehe von Johanns Sohn Heinrich mit Bianca von Navarra (auch Blanka von Aragon genannt), der Tochter seines Gegners, bestätigt. Diese Ehe mit Blanka von Aragón wurde jedoch nie vollzogen und wurde später aufgelöst. Erst 1445 gelang Álvaro de Luna, 1422 bis 1453 Günstling des Königs, ein Sieg, der jedoch die Thronstreitigkeiten und Aufstände der verschiedenen Adelsparteien keineswegs beendete. Der Adel zielte bei diesen Kämpfen darauf ab, die Könige auf von ihm ausgearbeitete Regierungsprogramme zu verpflichten, die obersten Ämter in der Verwaltung zu besetzen und die eigenen Einnahmen zu steigern. Gleichzeitig unterminierten sie den Einfluss insbesondere der städtischen Vertreter in den Cortes und versuchten den niederen städtischen Adel als Klientel zu gewinnen.

Isabella von Kastilien, um 1500

Muhammad XII. begegnet Isabella I. von Kastilien und Ferdinand II. von Aragón, Historienbild von Francisco Pradilla y Ortiz (1882)

Unter Heinrich IV. (1454-74) erreichte die Adelsmacht ihren Höhepunkt. Doch die Familien des Hochadels waren nicht in der Lage sich hinreichend zu koordinieren, stattdessen führten interne Konflikte ab 1465 zum Bürgerkrieg. Dieser mündete ab 1474 in einen Kampf um die Nachfolge des Königs, den Kastilischen Erbfolgekrieg, bis sich die Partei durchsetzte, die Isabella I. auf den Thron brachte. Während zur gleichen Zeit in den Jahren 1462 bis 1472 in Aragón ebenfalls ein Bürgerkrieg tobte, setzte sich in Kastilien 1480 das Königtum durch, doch behielt der Adel Privilegien und Einfluss. Die Königin dominierte nun die Cortes und die Städte. 1469 kam es mit der Ehe zwischen Isabella und Ferdinand von Aragón zur Vereinigung der mächtigsten Reiche der iberischen Halbinsel in einer Personalunion. Die Bevölkerung Kastiliens war auf etwa 4,3 Millionen Einwohner angewachsen, Handel und Städte wuchsen rapide. Doch die Spannungen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen entluden sich gegen die Minderheiten. 1478 wurde die Inquisition eingeführt, 1492 mussten alle Juden das Land verlassen.

Als Isabella 1504 starb, übernahm ihre Tochter Johanna gemeinsam mit ihrem Ehemann Philipp I., dem Sohn des römisch-deutschen Kaisers Maximilian I., die Macht in Kastilien. Ihr Vater Ferdinand blieb weiterhin König von Aragón. Mit Philipp gelangte nun das Haus Habsburg auf den kastilischen Thron. Philipp starb jedoch bereits 1506, und da man Johanna für wahnsinnig hielt, wurde Ferdinand zum Vormund ihres Sohnes Karl erklärt. Er übernahm damit auch die Herrschaft in Kastilien, womit erstmals beide Reiche unter einem König vereinigt waren. 1512 eroberte er den südlichen Teil des Königreiches Navarra vollständig.

Nach Ferdinands Tod 1516 übernahm Kardinal Jimenez die Regentschaft bis zur Ankunft des jungen Königs Karl., der 1517 die Regierung antrat und beide Reiche endgültig zum Königreich Spanien vereinte. Da Karl 1519 auch als Karl V. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs gewählt wurde, verließ er Spanien 1520.

Aragón (ca. 809-1469), Barcelona und Katalonien

Grafschaft Aragón (ab Anfang 9. Jahrhundert)

Die mit den Karolingern verbundene Grafschaft Aragón entstand unter ihrem ersten Grafen Aznar I. Galíndez (um 809−820). Unter seinem Nachfolger García Galíndez dem Bösen (um 820−844) befreite sich die Grafschaft unter dem Einfluss der Muslime des Ebrotals und des benachbarten Navarra von der fränkischen Oberherrschaft. Das Gebiet der Grafschaft Aragón umfasste zunächst die Täler von Hecho, Canfranc, Borau, Aísa und Araguás und bald auch die von Ansó und Acumuer.

Unter Galindo I. Aznárez (um 844−867) wurde der Grafschaft durch Pamplona die Oberlehnsherrschaft aufgezwungen. In diesem Rahmen heiratete Aznar II. Galíndez (um 867−893) wohl auch Onneca Garcés von Pamplona. Ein Sohn aus dieser Ehe, Graf Galindo II. Aznárez (893−922), versuchte, sich mit Hilfe der Muslime von Huesca, der Grafen der Gascogne und der Grafen von Ribagorza dem Einfluss des Königreichs Navarra zu entziehen, doch dies misslang und so ehelichte er Sancha Garcés aus dem Haus der königlichen Familie von Pamplona. Allerdings gelang es ihm, 922 ein eigenes Bistum für seine Grafschaft zu schaffen.

Durch die Ehe seiner Tochter und Erbin Andregoto Galíndez (922−970) mit dem König von Navarra García Sánchez I. wurden Aragón und Navarra vereinigt, obwohl die Grafschaft Aragón weiterhin von einem Grafen verwaltet wurde, der Aragón zu Lehen erhielt. Ihr gemeinsamer Sohn Sancho II. Garcés (970-994) besetzte, nachdem sein Vater zwischen 943 und 948 damit begonnen hatte, einen großen Teil von Sobrarbe im Norden der Provinz Huesca.201 Sancho III. Garcés erweiterte sein Herrschaftsgebiet zwischen 1018 und 1025 um Ribagorza im Nordosten der Provinz Huesca.

Grafschaft Barcelona

Nach dem Karolinger Ludwig II. nutzten zahlreiche Grafenfamilien die Königsferne, um die Erblichkeit ihrer Titel durchzusetzen. So ging 897 nach dem Tod Wilfrieds des Haarigen, der 870 als Graf von Urgell und Cerdanya eingesetzt worden war, die Herrschaft ohne kaiserliches Zutun an seine Söhne Wilfried II. Borrell (897-911) und Sunyer I. (911-947) über.

Zunächst grenzte die Grafschaft Barcelona im Norden an die Grafschaften Girona und Osona. Jenseits des Llobregat war das Penedès ein nahezu entvölkertes Niemandsland, jedoch konnte Wilfried das Hinterland bei Montserrat und einen Teil des Penedès zurückerobern. 878 erhielt er zusätzlich die Titel eines Grafen von Barcelona und Girona. Auch das Vallès blieb 897 nach einem maurischen Angriff, bei dem auch Wilfried der Haarige getötet wurde, weitgehend entvölkert. Er veranlasste die Wiederbesiedlung (Repoblación) des Hinterlandes, indem er die Grafschaft Osona und das Bistum Vic gründete.

Ab 897 regierten seine Söhne gemeinsam alle Grafschaften, schließlich teilten sie sich das Erbe: Wilfried II. Borrell erhielt die nunmehr dauerhaft verbundenen Grafschaften Barcelona, Girona und Osona, ihm folgte sein jüngerer Bruder Sunyer I.

Eglesia de Sant Julià de Boada - 001
Die 934 erstmals erwähnte Kirche von Sant Julià de Boada (Gerona)

Anfang des 10. Jahrhunderts begann mit der Wiederbesiedlung von Teilen des Vallès die Expansion über den Llobregat. Nach einem Feldzug bis an den Fluss Gaià gelang es Sunyer I. 936 und 937 Befestigungen im Penedès zu errichten. Nun dehnte sich die Grafschaft Barcelona südwestlich bis vor die Tore von Tarragona aus. Außerdem knüpfte Borrell II. (948-992) Kontakte zum Kalifat, was jedoch nicht verhinderte, dass Almansor 985 Barcelona plünderte. 1010 zog Graf Raimund Borrell (992-1017) seinerseits gegen Córdoba.

Ab 1017 regierte seine Witwe Ermessenda (1017–1057) mit ihrem Sohn Berengar Raimund I. (1017–1035) die Grafschaften Barcelona, Girona und Osona. Letzterer teilte 1035 die Grafschaft unter seine drei minderjährigen Söhne auf: Wilhelm wurde Graf von Osona, Raimund Berengar I. Graf von Barcelona und Girona, Sanç Graf des Penedès. Als Raimund Berengar I. ab 1041 versuchte, seine Ansprüche in der Grafschaft durchzusetzen, erhob sich der Landadel im Penedès dagegen. Seine Aufstände zogen sich bis 1060 hin. Allerdings ermöglichte der Verzicht von Sanç auf die Grafschaft Penedès und von Wilhelm auf die Grafschaft Osona (1049 bzw. 1054), dass Raimund Berengar I. das Gebiet Barcelona, Girona und Osona wieder vereinen konnte. Ab 1076, nach dem Tod von Raimund Berengar, wurden die Grafschaften von seinen beiden Söhnen gemeinsam regiert: Raimund Berengar II. (1076–1082) und Berengar Raimund II. (1076–1097). Unter ihrer Herrschaft erreichte die Expansion im Westen die heutige Comarque Pla d'Urgell.

Die Comarques Kataloniens

Diese Zeit der Expansion und des Landraubes brachte Barcelona eine erste wirtschaftliche Blüte ein, die allerdings mit den Eroberungen der aus Westafrika kommenden, fundamentalistischen Almoraviden ein abruptes Ende fand. Bis dahin hatten sich die Grafen von Barcelona darauf verlegt, bei Bedarf Raubzüge gegen die muslimischen Kleinstaaten zu führen, denen sie zudem Tribute auferlegten. Männer wie Ricart Guillem, Sohn eines Kastallans, investierten ihre Beute in Weinberge, Obstbäume und Land am Westrand von Barcelona, dort, wo sich heute die Ramblas befinden. Er handelte im muslimischen Saragossa mit Silber und Gold, und er legte sich mit dem sehr viel später gefeierten Nationalhelden El Cid 1090 an. Doch diese Blüte Barcelonas riss mit den Almoraviden ab, Gewinner der Situation im westlichen Mittelmeer waren die italienischen Seestädte Genua und Pisa. Barcelona geriet in eine langanhaltende Phase wirtschaftlichen Niedergangs. Noch 1148 war die Stadt auf genuesische Flottenhilfe angewiesen, als Barcelona Tortosa attackierte. Zudem genossen die Patrizier der Stadt nur wenig Freiheiten, da der Adel die Zügel noch fest in der Hand hielt. Es sollte bis ins 13. Jahrhundert dauern, bis er die Gewinnpotentiale der für diese Zeit typischen Mischung aus Handel und Seeräuberei erkannte und sich daran beteiligte.

Doch zunächst verwüsteten unter Raimund Berengar III. (1086–1131) die Almoraviden 1107 das Penedès und griffen 1115 sogar Barcelona selbst an. Erst 1126 wurden sie zurückgeschlagen. Nach dem Erlöschen der Dynastien in den Grafschaften Besalú und Cerdanya annektierte Raimund Berengar III. diese Grafschaften 1111 und 1118 - im selben Jahr übernahm er die Herrschaft über Tarragona, das er zum Bischofssitz erhob, dessen Abhängigkeit vom Erzbistum in Narbonne er löste.

Die besagte Eroberung von Tortosa und Lleida erfolgte unter Raimund Berengar IV. (1131–1162) in den Jahren 1148 und 1149. Als letztes muslimisches Gebiet in Katalonien eroberte er 1153 das Waliat Siurana. Die folgende Wiederbesiedlung war eine wesentliche Grundlage für die Entstehung Kataloniens. Die „Grafschaft Barcelona“ als Bezeichnung für diese Region verschwand.

Königreich Aragón (1035/63), Vereinigung mit Barcelona (1164)

Castillo de Loarre, erbaut im 11. Jahrhundert auf Befehl des Königs Sancho Ramírez

Sanchos III., der nie den Königstitel führte, beteiligte seine Söhne Ramiro und Gonzálo an der Regierung, wobei ersterer sich um Aragón, letzter um die jüngeren Gebiete kümmerte. Ramiro I. (1035-1063) dehnte sein Kernaragón um Loarre, Samitier, Ruesta, Petilla, Sos und Sangüesa aus, darüber hinaus erbte er 1045 das Gebiet seines verstorbenen Bruders. Beim Versuch Graus zu erobern, kam er jedoch gegen die Muslime ums Leben, die von Kastilien bei der Verteidigung der Stadt unterstützt wurden. Sein Sohn Sancho Ramírez (1063–1094) führte den Königstitel. Er und Peter I. (1094–1104) setzten den Krieg gegen die Mauren fort, besetzten die Städte Jaca, Huestra und Barbastro, und eroberten das Gebiet zwischen dem Pyrenäenvorland und dem Ebro. Nach der Ermordung des navarresischen Herrschers Sancho IV. Garcés fiel sein Gebiet gleichfalls an Aragón.

Portal des Klosters aus dem 12. Jahrhundert

In Beantwortung einer Legation des Kardinals Hugo Candidus, die erstmals Kontakte mit Rom anknüpfte, kommendierte sich Sancho Ramírez I. 1068 anlässlich eines Aufenthalts in der Ewigen Stadt dem Papst und gab sein Reich gegen Tributzahlung in päpstlichen Schutz. 1088/89 wurde dies Versprechen erneuert. Schon 1071 war statt des mozarabischen Ritus' die Übernahme des römischen Ritus' erfolgt, die 1092 abgeschlossen wurde. Ziel der Kurie war es, das alte Erzbistum Tarragona wiederherzustellen. Ab 1134 konnte die Kurie sogar eine Art Oberherrschaft erringen, durch die der König Lehnsmann Tarragonas wurde, die Bischöfe jedoch Lehnsmänner des Königs waren. 1204 erfolgte die Krönung des Königs durch den Papst in Rom, der nun Lehnsmann des Papstes wurde. 1213 stellte dieser einen Schutzbrief aus.

Schließlich kam in einer dritten Expansionsphase unter Alfonso I. (1104–1134) am 18. Dezember 1118 Saragossa hinzu, das nun die Hauptstadt wurde, sowie das ganze Ebrotal. Der König hatte die Krise des muslimischen Reiches nach dem Tod al-Mustains (1100) ausgenutzt und die Eroberung mit Hilfe navarresischer, bearnesischer und katalanischer Truppen erreicht. Es folgten Tudela, Tarazona und Festungen in der Sierra del Moncayo (1119). Diese Erfolgsserie endete 1134 mit der Niederlage vor Fraga am 17. Juli 1134. Im Gegensatz zu Kastilien, das aus seinen neu eroberten Gebieten alle Muslime vertrieb, hatten die Muslime der von Aragón besetzten Gebiete diese vertraglich abgetreten und dabei ihr Bleiberecht vereinbart; dennoch zogen auch katalanische und französische Siedler in die Region. Den neuen Orten wurden Privilegien ausgestellt, die die Entwicklung einer örtlichen caballería förderten. Daneben betrieben die Muslime im Ebrotal eine Landwirtschaft, die auf Bewässerungssystemen basierte.

„Karte“ der iberischen Halbinsel, katalanisches Kloster Santa Maria de Ripoll, 11. Jahrhundert, Vatikanische Apostolische Bibliothek

Sein Testament, in dem er das Land zu gleichen Teilen den geistlichen Ritterorden der Johanniter, Templer und den Rittern vom Hl. Grab vermachte, wurde von den Ständen nicht anerkannt. Navarra machte sich unabhängig, Kastilien nutzte die Gelegenheit, um ins Ebrotal einzufallen, die Muslime eroberten einige verlorene Positionen zurück. Adel, Klerus und Gemeinden bestimmten den Bruder des Königs, Ramiro II., der Mönch (1134-1137), der zu diesem Zeitpunkt Bischof von Roda-Barbastro war, 1134 zum König. Dieser heiratete 1135 Agnes (Inés) von Poitou, die am 11. August 1136 Petronila zur Welt brachte. Das Mädchen wurde 1137 mit dem Grafen Raimund Berengar IV. (Ramón Berenguer, 1137-1162) von Barcelona verlobt, wenig später wurde Petronila Königin. Damit war die gefürchtete Übernahme durch Kastilien verhindert. Zudem entstand nun ein neues Machtgebilde, die Krone Aragón. Mit dem Vertrag von Carrión zogen die kastilischen Truppen ab, 1151 steckte man bereits gemeinsame Kriegsziele gegen die Muslime im Vertrag von Tudellén ab. 1148 eroberten seine Truppen Tortosa, Lérida, Fraga und Mequinenza folgten 1149. Die Grenzen Kataloniens waren damit festgelegt.

Zeitweilige Expansion nach Südfrankreich

König Alfonso von Aragón nimmt die Hommages des verstorbenen Grafen von Roussillon entgegen, Liber Feudorum Ceritaniae f. 62r-(61-a-b), Ende 12. Jahrhundert

Alfonso II., der Sohn Petronellas und Ramón Berenguers, übernahm im Alter von fünf Jahren 1162 als Graf Alfonso I. die Herrschaft in Katalonien und nach der Abdankung seiner Mutter 1164 die Königsherrschaft in Aragón, die dauerhaft mit Katalonien vereint blieb. Innerhalb dieser Staatsgemeinschaft behielten die einzelnen Teilgebiete ihre innere Selbstständigkeit. Alfonsos Truppen griffen nach Südfrankreich aus, festigten die Herrschaft in der Provence, Millau, Gévaudan und Rouergue. Er verleibte Aragón 1172 das Roussillon ein. Caspe wurde besetzt und Teruel wiederbesiedelt. In einem Vertrag mit Kastilien verzichtete er allerdings 1179 im Vertrag von Cazórla auf Murcia, was auf Dauer den Kastiliern die Hauptrolle in der Reconquista zuspielte, während Aragón sich Richtung Mittelmeer und Frankreich orientierte. Peter II. (1196–1213) nahm seine Krone vom Papst zu Lehen. Er heiratete 1204 Maria von Montpellier, um ihr Gebiet mit Aragón zu verbinden. Doch mit seinem Tod im Jahr 1213 vor Muret endete die Expansionsphase in Südfrankreich.

Hegemoniestellung im westlichen Mittelmeer, Ausgreifen bis Griechenland, Adel und Cortes

Das noch weitgehend agrarische Land besaß einige Küstenorte, die sich im rasch expandierenden Mittelmeerhandel engagierten, insbesondere Barcelona. Dabei spielten Tuche eine herausragende Rolle. In dieser Zeit bildeten sich die Cortes aus, die Gemeinden erlangten eine gewisse Autonomie.

Ordinacinons fetes per lo senyor en pere terç rey darago sobre lo regiment de tots los officials de la sua cort
Ordinationes für die Hofbeamten Peters III. von Aragón

Die ersten militärischen Unternehmungen König Jakobs I. (1213–1276) galten den Mittelmeerinseln. So eroberte seine Flotte 1229 Mallorca und 1235 Ibiza. 1232 bis 1245 wurde das Gebiet von Valencia erobert, das nun einen dritten Gliedstaat der Krone darstellte. Während jedoch das Pais Valenciano mit Katalanen und Aragonesen besiedelt wurde, siedelten auf den Balearen nur Katalanen. Auf dieser Basis entstand eine erhebliche sprachliche und kulturelle Einheitlichkeit des Landes, die bis heute besteht. 1265/66 besetzte Jakob das gegen Kastiliens König Alfonso X. rebellierende Murcia. Er besiedelte es mit Katalanen, trat es aber entsprechend dem Vertrag von Cazorla wieder an Kastilien ab. Der König erließ eine Konstitution und beabsichtigte die Aufteilung des Landes unter seine Söhne. Diese kam jedoch nicht zustande, da der älteste Sohn Peter III. (1276–1285), der Aragón, Katalonien und Valencia erhalten hatte, seinem Bruder Jakob II., der die Balearen, Roussillon, Cerdanya und Montpellier bekommen hatte, die Lehnspflichtigkeit aufzwang. Peter schlug 1280 den Aufstand des katalanischen Adels nieder und nutzte die Gelegenheit eines Volksaufstandes gegen Karl von Anjou auf Sizilien, um sich die Insel anzueignen. Damit geriet er allerdings in Konflikt mit dem Papst und dem französischen König, ersterer erklärte ihn auf der Grundlage des Schutzbriefs von 1213 für abgesetzt.

Um im Inneren Unterstützung zu finden bestätigte er daher die Privilegien des Adels, stärkte in Katalonien die Macht der Cortes und der Gemeinden, was zum sogenannten Paktismus führte, einer echten Machtteilung zwischen Cortes und König. Es folgten, angetrieben durch diese innere Stärkung, die Besetzung von Malta, Gozo und Ischia, dann Djerba sowie der Kerkenna-Inseln vor der tunesischen Küste. 1285 konnte eine französische Invasion zurückgeschlagen werden. Jakob II. von Mallorca wurde allerdings wegen Unterstützung Frankreichs sein Königtum entzogen und der Krone Aragón eingegliedert.

Ankunft der Aragonesen vor Sizilien (Vatikanische Apostolische Bibliothek)

Nachfolger Peters in dem so vergrößerten Reich wurde sein Sohn Alfonso III. (1285-1291), in Sizilien sein anderer Sohn Jakob. Alfonso unterstützte seinen Bruder auf der Insel, was ihm die Feindschaft von Rom, Paris und der Anjou eintrug, die er allerdings mit diplomatischen Mitteln ausstach. Allerdings gelang auch dies nur um den Preis weiterer Privilegien an den Adel, der Privilegien der Union von 1287. Im selben Jahr gelang die Besetzung von Menorca und im Streit zwischen Sancho IV. von Kastilien gewährte ihm dessen Gegner Alfonso de la Cerda die Stadt Murcia, die er 1296 und 1300 tatsächlich eroberte.

Aragón wurde im Laufe des 13. Jahrhunderts zunehmend in die Auseinandersetzungen um den Süden Italiens involviert. Papst Innozenz III., der für Friedrich, den jungen Sohn Kaiser Heinrichs VI., eine Ehekandidatin suchte, vereinbarte mit König Alfons’ II. von Aragon eine Ehe mit dessen Tochter Konstanze. Diese wurde im Oktober 1208 durch einen Vertreter Friedrichs in Aragón geschlossen.201v Die Trauung fand im August des folgenden Jahres statt, als Konstanze verspätet in Sizilien eintraf.201w Friedrich war bei der Hochzeit 15 Jahre alt, Konstanze 25. 1211 wurde ihr gemeinsamer Sohn Heinrich geboren, doch starb Konstanze bereits 1222. Am 1. Juli 1216 versprach Friedrich in Straßburg in Verhandlungen über die künftige Kaiserkrönung, dass er nach seiner Kaiserkrönung das Königreich Sizilien seinem Sohn Heinrich übergeben und selbst auf die sizilische Königswürde verzichten werde. Doch stattdessen übertrug Friedrich das Herzogtum Schwaben und später auch das Rektorat über Burgund seinem Sohn, den er in den deutschen Reichsteil holte. Ende April 1220 wurde der neunjährige Heinrich auf einem Hoftag in Frankfurt zum römisch-deutschen König gewählt. Friedrich hatte zur Beruhigung des Papstes zunächst auf Sizilien verzichtet; tatsächlich wurde er 1220 zum Kaiser gekrönt und setzte in Siziien mit den Assisen von Messina Verbote gegen Gotteslästerung und Würfelspiel durch. Juden und Prostituierte hatten sich fortan durch Kleidung zu kennzeichnen. Bereits in den Assisen von Capua strebte Friedrich die Beseitigung vieler Feudalrechte an. 1234 rebellierte ihr Sohn gegen seinen Vater Friedrich II. und wurde ab 1235 bis zu seinem Tod im Jahr 1242 in verschiedenen Gefängnissen in Apulien eingekerkert. Auch seine Söhne Heinrich und Friedrich starben 1242/45 bzw. 1251, ohne bei der Thronfolge weitere Berücksichtigung gefunden zu haben.

1291 wurde der sizilianische Herrscher Jakob infolge des Todes seines Bruders König (1291-1321). Unter ihm erlangte Aragón eine Hegemoniestellung im gesamten westlichen Mittelmeerraum. Der Papst belehnte ihn 1295 - nachdem das Interdikt über Aragón aufgehoben worden war - mit Sardinien und Korsika, mit Frankreich kam es zu einem Friedensvertrag. Die zugesagte Abtretung Siziliens unterlief man, indem die Sizilianer diesen Teil des Vertrages ablehnten und 1296 einen Bruder Jakobs, Friedrich I. (III.) von Sizilien inthronisierten. Nach 1300 behielt Jakob die Städte Alicante, Orihuela und Villena ein. 1323 bis 1324 wurden auch die Ansprüche auf Sardinien militärisch durchgesetzt. Die sogenannte Katalanische Kompanie handelte hingegen fast vollständig auf eigene Rechnung und besetzte 1311 und 1318 die Herzogtümer Athen und Neopatras.

1118 erhielten die Bürger Saragossas alle Rechte geborener Hidalgos, und 1136 berieten Abgeordnete der Gemeinden auf der Ständeversammlung der Cortes mit geistlichen und weltlichen Lehnsherren über Steuern und Landesordnungen. Fortan waren die Städte Aragoniens und Kataloniens besonders auf Erhaltung der ständischen Privilegien und Freiheiten bedacht. Die Cortes, gleichzeitig besucht von den Vertretern des in eine höhere (ricos hombres) und niedere (infanzones, caballeros, hidalgos) Klasse gesonderten Adels und des Klerus, entschieden über Krieg und Frieden, Bündnisse und Verträge, Steuern, Münzen, Gesetze und Urteilssprüche der unteren Gerichtshöfe.

Darstellung einer Versammlung der katalanischen Cortes in einer Inkunabel des Jahres 1495

König Alfons III. musste die jährliche Berufung der Cortes nach Saragossa 1287 anerkennen und denselben das Recht des pflicht- und verfassungsmäßigen Widerstands gegen willkürliche Verletzung der Mitglieder einräumen. Er war sogar gezwungen anzuerkennen, dass, wenn der König sich der Gewaltherrschaft schuldig mache, alle Bewohner Spaniens vom 14. bis zum 60. Jahr gemeinsam zum Sturz des Königs die Waffen ergreifen sollten. Peter IV. erzwang 1348 die Aufhebung dieser Satzungen, bewilligte aber die Einsetzung einer Behörde, die die Rechte des letzteren gegen Übergriffe der ersteren schützen und in Streitigkeiten zwischen der Krone und den Ständen entscheiden sollte.

Die allgemeinen Reichsstände der Krone Aragonien, die anfangs jährlich, seit 1307 alle zwei Jahre von den Abgeordneten Aragóns, Kataloniens und Valencias gebildet wurden, bestanden aus den vier Abteilungen (brazos = Arme bzw. estamentes = Bänke) der Geistlichkeit, des hohen (brazo de nobles) und niederen Adels (brazo de caballeros e hidalgos) und der Stadtgemeinden (brazo de universidades). Diese Abteilungen gab es jedoch nur in Aragón, in den anderen Reichen waren niederer und hoher Adel zusammengefasst. Für die Gültigkeit eines Beschlusses der Cortes war Einstimmigkeit der Krone und aller Mitglieder Voraussetzung. Ein ständiger Ausschuss von acht Mitgliedern blieb zur Wahrung der Volksrechte stets zusammen.

Wirtschaftliche Krise, Pest, Krieg mit Kastilien

Karawane auf der Seidenstraße, Katalanischer Atlas, um 1380

Unter Alfonso IV. (1327-1336) traten allerdings die ersten Anzeichen einer ökonomischen Krise auf. Zudem erschöpfte er seine Kräfte in einem langen Seekrieg gegen die Rivalin Genua und so blieb auch der Kreuzzug gegen Granada aus. 1343 bis 1344 gliederte sein Nachfolger Mallorca wieder in das Reich ein, kämpfte gegen die mit Venedig verbündeten aufständischen Sarden, auch verband er 1379 die Herzogtümer Athen und Neopatras mit der Krone. 1348 kam es zudem zu inneren Kämpfen gegen den Adel von Valencia und Aragón.

Im Gegensatz zu Kastilien, mit dem es 1356 bis 1369 zum Krieg kam, gelang es dem König nicht, eine zentralistische, auf den Hof ausgerichtete Monarchie durchzusetzen, denn sein gewaltiges Imperium verlangte enorme geldliche Mittel, die nur die Cortes bereitstellen konnten. Nur unter Ausnutzung innerkastilischer Gegensätze gelang es Peter IV. den Krieg zu seinen Gunsten zu wenden, indem er Heinrich von Trastamara unterstützte, einen illegitimen Sohn Alfonsos XI. von Kastilien („Krieg der beiden Peter“).

Haus Trastamara (ab 1412), Streit mit den Cortes und Bürgerkrieg (1462-72), Zusammenschluss mit Kastilien

Genealogie der Könige von Aragón, 1401-1410

Johann I. (1387-1396) erbte Königreiche, die deutliche Erschöpfungserscheinungen zeigten. Äußerlich zeigte sich dies darin, dass er 1388 Athen aufgeben musste, 1390 Neopatras. 1391 kam es zu einem Aufstand auf Sardinien, der sich bis 1410 hinzog. Da hierbei der Thronerbe Martin d. J., Witwer der Maria von Sizilien ums Leben kam, setzten die Cortes einen neuen König ein. Ihr Kandidat, Ferdinand von Antequera wurde auch vom Papst unterstützt. Er war der erste König aus dem Hause Trastamara und regierte von 1412 bis 1416. Er schlug einen Aufstand seines katalanischen Rivalen Jakob von Urgel 1413 nieder. 1414 konnte er die Macht auf Sizilien und Sardinien festigen, doch geriet er mit den Cortes in Konflikt.

Nicht anders erging es seinem ältesten Sohn Alfonso V.; so übertrug er seiner Frau Maria die Statthalterschaft in Katalanien, 1462 Galceran de Requesens aus dem Haus Folch de Cardona, schließlich 1454 seinem Bruder Johann von Navarra (bis 1479). Letzterer regierte auch lange in Navarra und Aragón. Alfonso mischte sich vielfach in die kastilische Politik ein, wo seine Brüder das Regime des Günstlings Álvaro de Luna bekämpften.

1420 griff er Korsika an, zerstörte 1423 den Hafen von Marseille, erreichte im Krieg gegen fast alle italienischen Staaten die Angliederung Neapels im Jahr 1442 und führte ab 1454 einen Seekrieg gegen Genua. Mit seiner aggressiven Außenpolitik schadete er allerdings dem Handel im gesamten Mittelmeerraum. Gleichzeitig lavierte er um die Frage der Bauernaufstände, indem er die Forderungen der Remensas, der unfreien Bauern Katalaniens, gegen die Grundbesitzer unterstützte, zugleich aber auf Mallorca den Aufstand der Forans (Bauern) brutal niederschlagen ließ. Andererseits entschied er sich in Barcelona beim Streit zwischen den Parteien der Biga und Busca für die volksnähere Busca, womit er Teile des Adels verprellte.

Adel und Patriziat kamen zu dem Schluss, dass die Ursache für die Krise im Königshaus lag. Es respektierte ihrer Meinung nach nicht das Regierungssystem des Paktismus, umgab sich mit kastilischen Beratern, hatte den Herrschaftsschwerpunkt verlagert. Nachfolger Alfonsos war in Süditalien sein unehelicher Sohn Ferrante (1459-1494), in Aragón sein Bruder Johann II. (1458-1479), der bereits seit 1425 König von Navarra war. Letzterer hatte sich die Feindschaft des Adels zugezogen, da er den König in seiner Politik unterstützt hatte.

1462 begann eine Erhebung gegen ihn, aus der sich ein zehnjähriger Bürgerkrieg entwickelte. Die innere und die wirtschaftliche Krise verschärften sich, der Handelsschwerpunkt verlagerte sich von Barcelona nach Valencia. Mitten in diesem Kampf heiratete die Tochter des Königs, Isabella, 1469 den kastilischen Erben Ferdinand. Beide wurden, nachdem es 1472 zu einem Ende des Bürgerkrieges und zu einem Kompromiss gekommen war, 1475 zu Königen von Kastilien ausgerufen. Als 1479 Ferdinands Schwiegervater starb, wurden die beiden Kronen vereint. 1481 bestätigte er den Paktismus, regelte 1486 das Remensa-Problem, gliederte die Grafschaften Roussillon und Cerdaña, die zwischenzeitlich verlorengegangen waren, wieder an und eroberte 1504 Neapel.

Navarra (bis 1512/89)

Der 1076 an Aragón gegangene Reichsteil wurde als Königreich Navarra 1134 wieder unabhängig, als Alfons I. von Aragón kinderlos starb. Während ihm in Aragón sein Bruder Ramiro auf dem Thron folgte, wurde in Navarra García IV., ein Urenkel Garcías III., zum König proklamiert. Das Reich war jedoch von Kastilien-León und Aragón eingeschlossen, sodass sich ihm keine Möglichkeit der Ausdehnung nach Süden bot.

Unter französischem Einfluss (1234–1425)

Stammbaum der Herrscher von Pamplona/Navarra (824–1516)

Deshalb suchte es stärkere Bindungen nach Frankreich. 1234 starb König Sancho VII. ohne legitime Nachkommen zu hinterlassen. Ihm folgte mit seinem Neffen Theobald I., einem Sohn von Sanchos Schwester Blanka, und Theobald von Champagne, der erste König aus dem französischen Haus Blois-Champagne.

König Heinrich I. (1270–1274) wurde von seiner zwei Jahre alten Tochter Johanna I. beerbt, die 1284 mit einem Sohn des französischen Königs verheiratet wurde. Dieser wurde zwei Jahre später als Philipp IV. zum König von Frankreich. Fortan waren die französischen Monarchen aus dem Haus der Kapetinger bis 1328 gleichzeitig Könige von Navarra.

Mit dem Aussterben der Kapetinger konnte sich Navarra wieder von Frankreich lösen, denn König Karl IV. (in Navarra: Karl I.) verstarb kinderlos. Nach dem in Frankreich geltenden Recht waren Frauen von der Thronfolge ausgeschlossen. Für Navarra galt dies jedoch nicht, sodass dort Karls Nichte Johanna II. und ihr Ehemann Philipp III. aus dem Haus Évreux auf den Thron gelangten. In Frankreich jedoch wurden die Kapetinger durch das Haus Valois durch Philipp VI. von Valois abgelöst. Obwohl es von den mächtigen Nachbarn Kastilien-León, Aragón, Frankreich und England (das im Hundertjährigen Krieg Aquitanien besetzt hielt) umringt war, konnte das kleine Königreich seine Selbstständigkeit bewahren. Zentral war dabei die Möglichkeit der weiblichen Erbfolge.

Adelsparteiungen und Niedergang (1425–1516)

Mit dem Tod Karls III. (1387–1425) begann eine lange Zeit innerer Wirren, wobei sich die Adelsparteien der Agramonteses und der Beaumonteses gegenüberstanden: Karls Tochter Blanka I. hatte 1419 Johann, den Bruder des aragonesischen Königs, geheiratet. Als Karl III. starb, bestiegen beide den Thron. 1441 starb jedoch Blanka und hinterließ neben zwei Töchtern ihren Witwer und den gemeinsamen Sohn Karl von Viana. Zwischen dem Vater, unterstützt von den Agramonteses, und dem Sohn, von den Beaumonteses unterstützt, entwickelte sich ein offener Konflikt, als Johann 1444 wieder heiratete. 1458 wurde Johann nach dem Tod seines Bruders auch König von Aragón. 1461 starb Karl von Viana in Barcelona und es kamen Gerüchte auf, sein Vater hätte dabei die Hände im Spiel gehabt, was wieder zu Aufständen führt.

1479 erbte Eleonore, eine Tochter aus seiner ersten Ehe mit Blanka, die Krone von Navarra. Sie starb allerdings nur wenige Wochen später. Ihr folgte ihr Enkel Franz I., der aber nur von einer der Adelsparteien unterstützt wurde, und der erst zwölf Jahre alt war. Er starb vier Jahre später. Neue Königin wurde seine Schwester Katharina, die jedoch erst 13 Jahre alt war und deren Ansprüche ebenfalls nicht unbestritten blieben.

Aufteilung zwischen Spanien und Frankreich (1512/1589)

Der Streit zwischen Agramonteses und Beaumonteses mündete zwischen 1512 und 1515 in einen Bürgerkrieg. Im Verlaufe dieses Krieges eroberte Fadrique Álvarez de Toledo für König Ferdinand II. von Aragón und Kastilien-León den südlich der Pyrenäen gelegenen Teil des Königreichs. Katharina und ihr Ehemann Johann von Albret flohen in den Reichsteil nördlich der Pyrenäen. Der nunmehr mit dem Königreich Kastilien-León und den Ländern der Krone Aragón zum Königreich Spanien vereinigte südliche Teil Navarras wurde von 1512 bis 1702 von spanischen Vizekönigen verwaltet. Ähnlich wie die schon zuvor an Kastilien gekommenen westlich benachbarten baskischen Provinzen behielt Navarra zudem bis Mitte des 19. Jahrhunderts seine eigenen inneren Institutionen.

Der kleinere, nördlich der Pyrenäen gelegene Landesteil blieb bis 1589 souverän. Da die übrigen Besitzungen des regierenden Hauses Albret jedoch alle Lehen der französischen Krone waren, war Navarra de facto gleichfalls von dieser abhängig. Ab 1589, als Heinrich III. von Navarra als Heinrich IV. König von Frankreich wurde, war dieser Teil Navarras in Personalunion, ab 1620 in Realunion, mit Frankreich verbunden und die Herrscher trugen bis 1791 den Titel König von Frankreich und Navarra.

Spanien als mittelmeerische und Weltmacht

Bürgerkrieg (1475-79), Vereinheitlichung Kastiliens, föderalistisches Aragón, Matrimonialunion

Von den fünf Reichen, die im 15. Jahrhundert auf der iberischen Halbinsel bestanden, war Kastilien das bei Weitem größte. Mit seinen 6 Millionen Einwohnern zählte es über sechs mal so viele Menschen, wie Aragón. Auch stellte letzteres eine Art Konföderation sehr verschiedener, zudem mittelmeerisch orientierter Reichsteile dar, während Kastilien einen vergleichsweise einheitlichen Staat darstellte. Als 1474 Königin Isabella nach dem Tod ihres dominierenden Halbbruders die Krone Kastiliens übernahm, musste ihr überrumpelter Ehemann 1475 das Abkommen von Segovia unterzeichnen, das Isabella zur eigentlichen Königin Kastiliens machte. Dennoch setzte sich der Erbfolgekrieg in Kastilien fort (1475-79). König Alfons V. von Portugal unterstützte Johanna von Kastilien, die von Isabellas Halbbruder Heinrich IV. beiseitegeschobene Erbin, beabsichtigte, sie zu heiraten und ihre Rechte gegen Kastilien und Aragón durchzusetzen. 1479 endete der Kastilische Erbfolgekrieg, Portugal erklärte im Vertrag von Alcáçovas seinen Verzicht auf den kastilischen Thron, im Gegenzug wurde die portugiesische Oberhoheit über alle Gewässer und Ländereien südlich von Kap Bojador bekräftigt. Die umstrittenen Kanarischen Inseln wurden, da sie nördlich des Kaps Bojador lagen, Kastilien zugesprochen. 1479 wurde Ferdinand König von Aragón, womit praktisch eine Doppelmonarchie Iberien beherrschte (in den spanischen Geschichtswissenschaften vielfach als „Matrimonialunion“ bezeichnet).

Der Erbfolgekrieg hatte Wirtschaft und Verwaltung in desolatem Zustand hinterlassen. So wurden nach 1479 Verwaltung und Rechtspflege wieder aufgebaut, die Militärorden wurden dem Einfluss der Kirche entzogen und stattdessen der Krone unterstellt. Der Kastilienrat bildete die im Auftrag der Krone handelnde Zentralbehörde, der Staatsrat hatte beratende Funktion in der Außenpolitik, wobei die Führung der Staatsgeschäfte bei den letrados, den Rechtsgelehrten lag; zwei Audiencias oder Gerichtshöfe bildeten die oberste Justizverwaltung. Das Königspaar ließ eine eigene Rechtssammlung anlegen, in jedem Landesteil erhielt ein Corregidor höchste Kompetenzen, der das Königspaar in seinem Amtsbereich vertrat. 1496 erfolgte eine Systematisierung von Maßen und Gewichten.

Die Ständeversammlung, an deren Sitzungen Adel und Klerus nicht mehr teilnahmen, bestand nur noch aus den 17 privilegierten Städten Kastiliens. Sie wurde nur noch äußerst selten einberufen. Auch gegenüber der Kirche verfolgte das Königspaar einen absolutistischen Kurs. So erhielten die königlichen Justizbeamten Vorrang gegenüber den kirchlichen, vor allem aber räumte der Papst dem Königspaar das Recht auf die Bischofsinvestitur ein, was die Entwicklung zur Nationalkirche stärkte.

Wirtschaftspolitisch förderte das Paar vor allem die Schafwollausfuhr. Schon in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts dürfte es rund 3 Millionen Merinoschafe gegeben haben, die regelmäßig in die Berge getrieben wurden. Dies brachte Klöstern, Militärorden und adligen Grundherren enorme Einnahmen. Die Schafzüchter waren bereits seit 1273 in der Mesta organisiert, der Handel lief über die Städte Aragóns. Zentrum in Kastilien war allen voran Burgos, aber auch Medina del Campo konnte als Messeort aufsteigen.

Hingegen war Aragón ein durch Personalunion zusammengehaltener, föderaler Staat, in dem die Stände einen erheblichen Einfluss genossen. Ferdinand verbrachte nur wenige Jahre in seinen Kronländern und setzte einen Vizekönig, dann 1494 den Aragonienrat ein. Zugleich bemühte sich Ferdinand um den Schutz der aragonesischen Wirtschaft, was eine Art frühmerkantilistischer Förderung darstellte. Nach 1484 gelangten Waren, vor allem Tuche, wieder in den Mittelmeerraum.

Hingegen blieb Aragón vom Handel mit der 1492 entdeckten Neuen Welt ausgeschlossen. Die beiden spanischen Teilstaaten trennten weiterhin Zollgrenzen, der Handel über den Atlantik war ein Privileg der Kastilier. Dort musste Isabella zahlreiche Kompromisse machen, die den Adel dennoch nur partiell domestizierten. Dennoch gelang die Errichtung eines absolutistischen Regimes, vor allem durch Zugeständnisse auf Kosten der Kirche und der Cortes. 1505 band das Majoratsgesetz die Vererbung des Grundbesitzes an den Erstgeborenen. Außerdem schrieb es die Unveräußerlichkeit des Grundbesitzes vor. Als Fideikommiss landeten solche Ländereien vielfach in den unteilbaren und unveräußerlichen Besitz der Familien, d. h. es wurde in Majorate, also unveräußerliches Stammgut verwandelt. Zugleich lag die Hälfte des Landbesitzes in der Hand von Adel, Patriziat und Militärorden, die zusammen vielleicht 1,5 bis 1,7 % der Bevölkerung ausmachten.

Die „Heilige Hermandad“, die Santa Hermandad, der Schutzbund der wichtigsten kastilischen Städte, wurde 1476 als städtische Miliz und Landpolizei wiedergegründet. Sie unterstand einem königlichen Rat und wurde schließlich zu einem Ersatz für die entmachteten Cortes.

Eroberung Granadas, Vertreibung der Juden, Entdeckung Amerikas (1492)

Jorge Aguiar 1492 MR
Reproduktion einer Karte des erweiterten Mittelmeerraums von Jorge de Aguiar, Lissabon 1492, 103 * 77 cm, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, University of Yale, New Haven

All diese Voraussetzungen, Abmachungen und Klärungen gaben dem Jahr 1492 ein enormes Gewicht. Am 2. Januar zog das Königspaar in das eroberte Granada ein, womit die Reconquista auf dem iberischen Festland zu einem Abschluss kam. Kaum drei Monate später wurden die Juden aus Spanien vertrieben. Schließlich entdeckte Cristóbal Colón (Christoph Kolumbus) Amerika.

Für die Mauren schien sich zunächst nichts zu ändern, doch für die bereits im 15. Jahrhundert zur Konversion gezwungenen Juden sah dies anders aus. Von den vielleicht 200.000 Juden der iberischen Halbinsel war bereits zu Anfang des 15. Jahrhunderts die Hälfte zur Konversion zum Christentum gezwungen worden. Daher wurden sie conversos genannt. Beruflicher Erfolg der neu Integrierten führte dazu, dass man bald zwischen Alt- und Neuchristen unterschied. Um die Neuchristen von höheren Ämtern fernzuhalten, musste bald die Blutreinheit (limpieza de sangre), worunter man eine nichtjüdische Abstammung verstand, nachgewiesen werden. Schon 1460 hatte der Franziskaner Alonso de Espina vorgeschlagen, die Neuchristen der Inquisition zu unterwerfen. 1478 wurde in Kastilien die Inquisition „zur Ausrottung der Ketzerei“ eingerichtet, die Ferdinand bald für Aragón übernahm. Damit wurde die einzige Institution gegründet, die beide Reiche überspannte. Am 31. März 1492 unterzeichneten die „katholischen Majestäten“ den Ausweisungsbefehl für alle Juden, den Großinquisitor Tomás de Torquemada vorbereitet hatte. Auch wenn die Zahl von 100.000 bis 200.000 ausgewiesenen Juden möglicherweise revidiert und auf 40 bis 50.000 reduziert werden muss, so wanderte damit eine große Zahl von Sepharden in den gesamten Mittelmeerraum aus.

Unter dem Einfluss des Erzbischofs von Toledo Francisco Jiménez de Cisneros widerrief Isabella 1502 das Toleranzedikt gegenüber den Muslimen von 1492 und die mudéjares mussten konvertieren oder fliehen. Den Konvertierten drohten ähnliche Schikanen, Bespitzelungen und Verfolgungen, so dass es am Ende zu Aufständen der Moriscos kam.

Verbindung mit Habsburgern, Karl I. (V.)

Herrschaftsbereich Karls V.
Weinrot: Kastilien
Rot: Besitzungen Aragóns
Orange: Burgundische Besitzungen
Gelb: Österreichische Erblande
Blassgelb: Heiliges Römisches Reich

Mit der Ausweitung des spanischen Machtbereichs durch die Verbindung mit den Habsburgern drohte sich diese Vertreibungswelle auf erhebliche Teile Europas auszudehnen. Die Eskalation der Auseinandersetzungen drohte umso größere Ausmaße anzunehmen, als die Reformation das Abendland spaltete und Spanien sich als Wächter der konfessionellen Einheit sah.

Als Erbe Isabellas, die 1504 verstarb, war ihr Sohn Juan vorgesehen. Er heiratete 1496 Margarete von Burgund, die Tochter Kaiser Maximilians I. Doch starb er 1497 ohne Erben. Da auch dessen ältere Schwester Isabella starb, wurde die jüngere Schwester Johanna zur Kandidatin mit den höchsten Rechten. Diese heiratete 1497 Philipp den Schönen (1478-1506), der gleichfalls ein Sohn Maximilians war, zudem Herzog von Burgund. Mit dem Tod Königin Isabellas wurde sie zur Thronfolgerin. Nachdem sich jedoch bei ihr in den Augen der Zeitgenossen Anzeichen von „Wahnsinn“ gezeigt hatten, übernahm Ferdinand die Herrschaft. Johanna wurde bis zu ihrem Tod im Schloss Tordesillas interniert, also bis 1555.

Mit dem Tod Ferdinands im Jahr 1516 fiel dem ältesten Sohn aus der Ehe Johannas (der Wahnsinnigen) mit Philipp von Burgund, Karl, der seit 1515 Herzog von Burgund war, das spanische Erbe zu. Um das spanische Erbe zu sichern, schloss Karl 1516 den Vertrag von Noyon zur Verständigung mit Frankreich. Dieser Kurs entsprach der profranzösischen Haltung eines Teils der burgundischen Hocharistokratie, zu der auch wichtige Berater Karls zählten.203

Widerstand gegen den Habsburger in Spanien, Königswahl im Reich (1519/20)

Karl reiste erst 1517 nach Spanien, um von den Cortes von Kastilien und Aragón bestätigt zu werden. Die Huldigung der kastilischen Stände erfolgte 1518 und die der von Aragón 1519. Im selben Jahr fiel ihm, nachdem sein Großvater Maximilian gestorben war, auch das österreichisch-habsburgische Erbe zu, er wurde am 28. Juni 1519 zum römisch-deutschen König gewähltund nahm bei seiner Krönung 1520 den Titel „erwählter Kaiser“ an.. Die Wahl zum König wurde vor allem von dem seit 1518 amtierenden Großkanzler Mercurino Arborio di Gattinara vorangetrieben. Um Maximilians Nachfolge bewarben sich auch Franz I. von Frankreich und Heinrich VIII. von England, schließlich Friedrich von Sachsen, und auch Karls Bruder Ferdinand war zeitweise als Kandidat im Gespräch. Karl beherrschte zunächst weder Spanisch noch Deutsch, sowohl Kastilien als auch das Reich fürchteten, in eine Randlage des Riesenreichs zu geraten. Zudem setzte der französische König erhebliche Geldsummen ein. Den Ausschlag gab die finanzielle Unterstützung durch die Fugger. Diese erklärten sich bereit, im Fall einer Wahl den Großteil der Wahlforderungen der Kurfürsten zu begleichen. Im Gegenzug erhielten die Fugger weitgehende wirtschaftliche Privilegien im Reich. Die Gesamtkosten der Wahl lagen bei 851.918 Gulden, davon brachten die Fugger allein 543.585 auf.204 Der Leiter der spanischen Angelegenheiten Francisco de los Cobos y Molina baute eine wirkungsvolle Bürokratie auf, um die enormen Summen einzutreiben, die das Reich für seine Expansionspolitik in Amerika benötigte.205

Gerechtfertigt waren die Eroberungen nach Meinung des Kaisers durch die Bekehrung der Heiden zum Christentum. Sevilla wurde 1525 zum Monopolhafen für den Verkehr mit Amerika. Dort war mit dem Indienrat auch die zentrale Behörde der Kolonien angesiedelt. 1535 wurde das Vizekönigreich Neuspanien und 1542 das Vizekönigreich Peru gegründet. Nach der Erschließung der Silberminen von Potosí seit 1541 erreichten in den Jahren zwischen 1541 und 1560 480 Tonnen Silber und 67 Tonnen Gold Spanien. Trotz der hohen Einnahmen genügten die Einkünfte nicht, um die Ausgaben für Karls Machtpolitik zu decken. Zeitweise wurden die amerikanischen Besitzungen an die Gläubiger verpfändet. Insgesamt hat die Politik der Anleihen die Verschuldung Spaniens stark beschleunigt.206

Karl übte seine Herrschaft weniger durch Zentralisation als durch Koordination aus. Wichtig waren persönliche und Klientelbeziehungen, der Hof und das Königshaus. Die anfängliche Vorherrschaft der Burgunder löste bei den spanischen Eliten Unmut aus. Erst um 1530 kam es zu einer Zweiteilung der Führungspositionen. Das spanische Staatssekretariat unter Francisco de los Cobos war zuständig für die spanischen Gebiete unter Einschluss der überseeischen Besitzungen und Italiens.

In Spanien brach der Comuneros-Aufstand gegen die Herrschaft des als landesfremd empfundenen Karl aus, der zur Finanzierung seiner Kriege die Steuern erhöht hatte. Während Karls Abwesenheit war Adrian von Utrecht Regent in Spanien. Der Aufstand wurde vor allem vom Bürgertum der Städte Kastiliens, insbesondere von den Einwohnern von Toledo getragen. Unterstützung fand er bei Teilen der Geistlichkeit und des Adels. Sein Ziel war es, die königliche Macht zu Gunsten der Cortes zu beschränken. Im Königreich Valencia kam er zu einer sozialrevolutionären Bewegung, der Germanía. Eine Kooperation der Bewegungen erfolgte nicht. Verschreckt von der antifeudalistischen Haltung der Aufständischen in Valencia stellte sich ein Großteil des Adels auf die Seite Karls. Die Aufständischen unter Juan de Padilla wurden 1521 bei Villalar besiegt. Karl reiste erst im Winter 1521/22 nach Spanien. Es kam zu mehreren Todesurteilen, Vermögen wurden eingezogen. Unter den Hingerichteten war auch ein Bischof, doch bald traf die päpstliche Absolution ein. Der Aufstand wurde 1522 endgültig niedergeschlagen, wobei die Unterdrückung der unteren Schichten ihren Teil dazu beitrug, dass Spanien langfristig den Anschluss an seine Konkurrenten Frankreich und England verlor. Nach der Sicherung der Macht zugunsten der Krone wurde Spanien zu einer zentralen Machtbasis des Kaisers. Auch wegen finanzieller Vorteile entschloss er sich zur Ehe mit Isabella, der Tochter des portugiesischen Königs, die mit der Hochzeit am 10. März 1526 eine Million Dukaten einbrachte.

Kriege mit Frankreich und den Osmanen (1521-1556)

Auf europäischer Ebene waren die Kämpfe zwischen Frankreich und den Habsburgern von erheblich größerer Bedeutung. 1520 hatte Karl die Duldung Heinrichs VIII. von England für seinen Krieg gegen Frankreich erreicht, 1521 konnte er den Papst sogar für ein antifranzösisches Bündnis gewinnen. Zunächst marschierte der im französischen Exil lebende König von Navarra Henri d’Albret ins spanische Navarra ein, musste sich aber wieder zurückziehen. In der zweiten Hälfte des Jahres begann der Krieg zwischen Karl und Franz, im November trat auch Heinrich auf Seiten des Kaisers in den Krieg ein. Für den Kaiser wurde es gefährlich, als der Papst und Venedig immer stärker zur Seite Frankreichs tendierten, zumal sich in Italien eine antikaiserliche Stimmung entfaltete.

Eine englische Invasion in Frankreich scheiterte ebenso wie 1524 der Vormarsch der Kaiserlichen in die Provence. Im Gegenzug eroberten die Franzosen Mailand zurück und belagerten Pavia. Doch am 24. Februar 1525 nahmen Karls Truppen Franz I. in der Schlacht bei Pavia gefangen.207

Franz I. wurde nach Spanien gebracht und dort gefangen gehalten. Gattinara hätte ihn am liebsten töten lassen, auch eine faktische Zerschlagung Frankreichs war in seinem Sinn. Karl aber schloss sich den Vorschlägen zu einem maßvollen Frieden an.208 Dies führte 1526 zur Unterzeichnung des Vertrags von Madrid, in dem Frankreich auf seine Ansprüche in Norditalien verzichtete. Außerdem wurde das Herzogtum Burgund wiederhergestellt. Karl hoffte, Franz zum gemeinsamen Kampf gegen die Osmanen und gegen die Lutheraner bewegen zu können. Auf französischer Seite wurde der Friede jedoch als Unterwerfungsfriede angesehen.209 Nachdem Franz wieder frei war, widerrief er den Vertrag, da er ihm in Gefangenschaft aufgezwungen worden war. Ihm gelang es, mit der Heiligen Liga von Cognac aus dem Papst, Venedig, Florenz und schließlich sogar Mailand starke Verbündete zu gewinnen. Schon zuvor kam es zur Verständigung mit Heinrich VIII.

Die Osmanen nutzten die Auseinandersetzungen und bedrohten 1526 die österreichischen Erblande. 1521 hatten sie Belgrad erobert und 1526 in der Schlacht bei Mohacs über Ludwig II. von Ungarn gesiegt. Sie standen 1529 mit einer Armee von 120.000 Mann vor Wien. Doch die Osmanen standen auch in Algerien und führten von dort im westlichen Mittelmeer einen Kaperkrieg.

Carte des présides espagnols
Karte des westlichen Mittelmeers von Johannes van Keulen ((1654-1715) mit den spanischen Presidios, etwa 1726 bis 1734, Nederlands Scheepvaartmuseum Amsterdam

Neben diesen übergreifenden Konflikten stand Spanien in einem scharfen Konkurrenzverhältnis zu Portugal, das eine lange Kette von Stützpunkten an der marokkanischen Atlantikküste eroberte. Zwischen 1458 und 1755 beherrschten die Portugiesen trotz ihrer vernichtenden Niederlage in der Schlacht von Alcácer-Quibir 1578 eine Reihe von Stützpunkten entlang der Küste, die sie zusammenfassend als Rei do Algarve dalém mar em África (Königreich der Algarve über dem Meer in Afrika) bezeichneten. Doch auch Spanien, das eher Richtung Oran und Tunis blickte, besetzte in Marokko einige Küstenorte, wie Ifni auf der Höhe der Kanarischen Inseln, das sie von 1476 bis 1524 hielten (erneut 1868-1969), dann 1505 Cazaza bei Melilla (bis 1532). Dieser Konflikt löste sich für 60 Jahre auf, als 1580 Portugal an Spanien kam.

Die umfassenden Kriege überforderten zunehmend die kaiserlichen Finanzen. Die kaiserlichen Truppen plünderten 1527 beim sogenannten Sacco di Roma die Stadt. Zugute kam Karl, dass Andrea Doria mit der genuesischen Flotte auf die Seite des Kaisers wechselte, nachdem dieser die Unabhängigkeit der Republik Genua garantiert hatte. Damit brach der Nachschub der Franzosen und ihrer Verbündeten in Italien zusammen und die antikaiserlichen Kräfte erlitten militärische Niederlagen. Franz I. musste erneut Frieden schließen.210 1532 kam es zu einem neuen Feldzug gegen die Osmanen. Daran nahm Karl persönlich teil; er kehrte nach Spanien zurück, um von dort einen „Kreuzzug“ gegen die Osmanen zu beginnen.

Der 1529 unterzeichnete Damenfriede von Cambrai schrieb den Verzicht des französischen Königs auf italienische Gebiete fest; auch der Verzicht auf seine Lehnsansprüche in Flandern und Artois wurde bestätigt. Der Kaiser verzichtete seinerseits auf den Anspruch auf das Herzogtum Burgund. Im Frieden von Barcelona gewährte Karl dem Papst günstige Friedensbedingungen und schloss mit ihm eine Defensivallianz ab. Die Aussöhnung mit dem Papst führte dazu, dass Clemens VII. Karl am 24. Februar 1530 in Bologna zum Kaiser krönte. Zwei Tage zuvor hatte Karl aus den Händen des Papstes zudem die Eiserne Krone der Langobarden empfangen.211

Feierlicher Einzug von Karl V. und Franz I. im Jahr 1540 in Paris

Belagerung von Nizza von 1543

Paris und Konstantinopel waren ab 1534 verbündet. Einen wichtigen Sieg konnte Karl 1535 durch die Eroberung von Tunis im Tunisfeldzug erringen. Von dort aus besuchte er das Königreich Neapel und Rom. Sein Einzug dort glich einem Triumphzug. Auf Raten von Andrea Doria begann Karl eine Gegenoffensive in Richtung Marseille. Der Angriff scheiterte jedoch. Inzwischen förderte die Zusammenarbeit der Franzosen mit den Osmanen die Annäherung des Papstes an Karl. 1538 wurde eine gegen die Türken gerichtete Liga zwischen ihm, seinem Bruder Ferdinand, Venedig und dem Papst abgeschlossen. Im selben Jahr vermittelte Papst Paul III. den auf zehn Jahre angelegten Waffenstillstand von Nizza zwischen Karl V. und Franz I.

Die Situation verschärfte sich wieder, als die französischen Gesandten auf der Rückkehr von Konstantinopel von spanischen Soldaten ermordet wurden. Statt seinem Bruder in Ungarn zu helfen, entschloss sich Karl 1541 Algier mit einer riesigen Flotte anzugreifen. Doch der Angriff scheiterte, Piraten kaperten weiterhin im Namen Istanbuls. Die Osmanen ihrerseits scheiterten am Widerstand Marokkos gegen eine Besetzung. Franz erklärte 1543 Karl erneut den Krieg. Anstatt die Entscheidung im Mittelmeerraum zu suchen, verlagerte Karl den Schwerpunkt seiner Anstrengungen nach Mitteleuropa. Durch die Niederlage des mit Frankreich verbündeten Herzogs Wilhelm von Kleve verlor Franz I. seinen letzten Verbündeten im Reich. Die Gefahr eines Zuges auf Paris veranlasste ihn 1544 zum Frieden von Crépy.

Der neue französische König Heinrich II. arbeitete seit 1550 auf ein neues Offensivbündnis mit den Osmanen hin. Er beabsichtigte, den Sultan zum Bruch des 1547 mit Ferdinand geschlossenen Waffenstillstands zu bewegen. Heinrich II. schloss zudem ein Bündnis mit der protestantischen Opposition im Reich. Erst nach der Abdankung Karls 1556 wurde Friede geschlossen.212

Teilung des Habsburgerreiches, Philipp II. (1556–1598)

Gutiérrez, the Americas, 1562
Karte Amerikas, Diego Gutiérrez, gedruckt in Antwerpen 1562 mit Genehmigung König Philipps II.

Als Karl V. 1556 die Regierung niederlegte, verlor Spanien die österreichischen Besitzungen des Hauses Habsburg und die Kaiserkrone, behielt jedoch die Niederlande, die Franche-Comté, das Mailand, sowie die Königreiche Neapel, Sizilien und Sardinien.

Bereits 1554 war das Königreich Neapel anlässlich der Hochzeit Philipps mit Maria von England an seinen Sohn übergegangen. Staatsrechtlich war Karl erst nach dem Tod der Mutter am 13. April 1555 alleiniger König von Spanien geworden. Er verfügte die unbedingte Primogenitur, so dass nach seinem Sohn Philipp dessen Sohn Don Carlos die Nachfolge antreten würde. Am 25. Oktober übergab er in Brüssel die Herrschaft über die Niederlande an Philipp. Am 16. Januar 1556 gingen dann auch Kastilien, Aragón, Sizilien und die amerikanischen Kolonien an seinen Sohn Philipp über.213

Spanien wurde der Mittelpunkt einer mit enormen Machtmitteln ins Werk gesetzten Reaktionspolitik, die den Sieg des römischen Katholizismus über Türken und Ketzer gleichzeitig erstreiten wollte. Zu diesem Zweck unterdrückte Philipp II. den Rest der politischen Freiheiten und unterwarf alle Stände. Die permanenten Kriege zehrten jedoch nicht nur die reichen Einkünfte der Kolonien auf, sondern zwangen den König, sich immer neue Einnahmequellen zu erschließen. Sämtliches Eigentum (außer dem der Kirche) und jedes Gewerbe wurde mit erdrückenden Steuern belegt, Kredite aller Art aufgenommen, die Münze verschlechtert, Ehren und Ämter käuflich gemacht und schließlich den Einwohnern so genannte Donativen (Zwangsanleihen) abgefordert. Philipp II. war während seiner Regierungszeit dreimal gezwungen, den Staatsbankrott zu erklären, in den Jahren 1557, 1575 und 1596 konnten keine Zahlungen mehr geleistet werden.214 Der Versuch, England wieder der katholischen Kirche zu unterwerfen, scheiterte 1588 mit dem Untergang der Armada. Der englisch-spanische Krieg endete allerdings erst 1604.

Erneuter Krieg mit Frankreich (1557-1559)

Am 5. Februar 1556 wurde mit Frankreich der Waffenstillstand von Vaucelles geschlossen, in dem Heinrich II. die Bistümer Metz, Verdun und Toul sowie das Piemont zugesprochen wurden. Der neuaufflammende Krieg wurde durch die Schlacht bei Saint-Quentin am 10. August 1557 beendet. Die Spanier standen unter dem Kommando von Herzog Emanuel Philibert von Savoyen, der Graf von Egmond befehligte die spanisch-niederländische Reiterei. Nach diesem Sieg hinterließ bei Philipp der Anblick des Schlachtfeldes eine dauerhafte Abneigung gegen den Krieg. Der neuen antihabsburgischen Allianz zwischen Papst Paul IV. und Heinrich II. war wiederum kein Erfolg beschieden, stattdessen besetzte der Herzog von Alba den Kirchenstaat und der Papst musste am 12. September 1557 in den Frieden von Cave-Palestrina einwilligen. Der Frieden von Cateau-Cambrésis beendete am 3. April 1559 den Krieg. Heinrich II. verzichtete auf alle Ansprüche in Italien. Philipp II. erhielt seine Territorien in Italien sowie die burgundischen Besitzungen bestätigt.

Achtzigjähriger Krieg

Am 21. September 1558 starb derweil Karl V. im Kloster San Jerónimo de Yuste an der Malaria. Philipp II. setzte die bereits unter seinem Vater begonnene Verfolgung von Häretikern, die schon Unruhen in den Niederlanden hervorgerufen hatte, noch konsequenter fort. Als Statthalterin in den Niederlanden setzte er seine Halbschwester Margarethe von Parma ein und stellte ihr als ersten Minister den Bischof von Mechelen, Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle, zur Seite. Einige Mitglieder des niederländischen Staatsrates unter der Führung von Wilhelm I. von Oranien und der Grafen Egmond und Hoorn protestierten vehement gegen diese Änderungen und erzwangen 1564 Granvelles Rücktritt. Der Protest gegen die spanische Herrschaft erreichte im selben Jahr mit den Bilderstürmen der Calvinisten einen ersten Höhepunkt. Philipp hob daraufhin zwar die Inquisition auf, entsandte aber 1567 Fernando Álvarez de Toledo, Herzog von Alba, als neuen Statthalter zu einer Strafexpedition in die Niederlande.

Der achtzigjährige Krieg begann mit dem ersten militärischen Aufeinandertreffen in der Schlacht von Heiligerlee, in der Adolf von Nassau, der Bruder Wilhelms von Oranien, ums Leben kam. Am 21. Juli 1568 schlug Alba ein Heer unter Ludwig von Nassau in der Schlacht von Jemgum. Vor allem die „Wassergeusen“ genannten niederländischen Kaperschiffer machten von nun an den Spaniern durch ihre fortwährenden Angriffe auf Seetransporte und Stützpunkte zu schaffen. Alba besiegte die niederländischen Truppen unter Führung von Wilhelm I. von Oranien zwar erneut, machte sich aber durch sein hartes Regime untragbar. 1573 wurde Alba durch den bisherigen Statthalter von Mailand Luís de Zúñiga y Requesens abgelöst. Die Aufständischen fluteten das Land, segelten nach Leiden und befreiten die Stadt von den spanischen Belagerern. Philipp II. ermächtigte Requesens, Friedensverhandlungen mit den Generalstaaten zu führen, die am 3. März 1575 begannen. Spanien verlangte die Rückkehr der Niederlande zum katholischen Glauben. Katholiken wurde die Rückerstattung des während der Statthalterschaft Albas (1566–1573) konfiszierten Vermögens versprochen. Protestanten sollten in den nächsten sechs Monaten auswandern, des Weiteren sollte ihnen eine Frist von acht bis zehn Jahren zum Verkauf ihres Besitzes in den Niederlanden gewährt werden. Doch schon am 13. Juli 1575 wurden die Verhandlungen ergebnislos beendet. Requesens starb im März 1576, wegen des fehlenden Soldes kam es im Heer bereits es zu Meutereien, die am 4. November mit der Plünderung von Antwerpen eskalierten. Der neue spanische Statthalter Juan de Austria, der Halbbruder von Philipp II., akzeptierte die Forderungen formal, trotzdem gingen die Unruhen weiter. Die Genter Pazifikation sollte die letzte gemeinsame Handlung der 17 niederländischen Provinzen sein. Am 24. Juli 1581 bildeten die Provinzen der Utrechter Union die Republik der Vereinigten Niederlande und erklärten ihre Unabhängigkeit. Wilhelm I. von Oranien wurde zum Statthalter der neuen Republik ernannt. Die nicht der Union von Arras beigetretenen Teile der südlichen Provinzen wurden zwischen 1581 und 1585 unter dem neuen Statthalter Alexander Farnese unterworfen. Als Alexander Farnese 1585 Antwerpen eroberte, waren die Provinzen der Utrechter Union auf das Höchste gefährdet. Auch große Teile der nordöstlichen Niederlande wurden in diesen Jahren von den Spaniern erobert, aber diese Eroberungen wurden nach 1589 von den Niederländern rückgängig gemacht.

Am 23. April 1563 begann auf Philipps Befehl die Bauarbeiten für eine großangelegte Klosterresidenz, den El Escorial. Nach dem Tod des Baumeisters Juan Bautista de Toledo 1567 führte Juan de Herrera den Bau bis zum Abschluss im Jahr 1584 fort.

Moriskenaufstand (ab 1568), Krieg gegen Osmanen (ab 1571), Erwerb Portugals (1580)

Das Osmanenreich um 1600

Don Juan de Austria, zeitgenössisches Porträt

Don Juan de Austria wurde 1568 Befehlshaber der Mittelmeerflotte. Im April 1568 kam es im Gebirge von Alpuaxarras zum ersten Aufstand der Morisken. Der Herzog von Mondejar verhinderte den Verlust von Granada und ging 1569 zusammen mit dem Herzog von Sessa zum Angriff über. Im Januar 1570 übernahm schließlich Don Juan selbst den Oberbefehl und erstickte den Aufstand bis März dieses Jahres, worauf grausame Massaker folgten.

Die Eroberung der Insel Zypern durch die Osmanen am 1. August 1571 bot den christlichen Mächten Anlass, die Konfrontation mit der osmanischen Flotte zu suchen. Gleichzeitig wurden diese Ereignisse benutzt, um im November 1571 mit der zwangsweisen Aussiedlung der spanischen Moriskos nach Nordafrika zu beginnen. Venedig und Spanien entsandten eine gemeinsame Flotte in das östliche Mittelmeer, die in der Seeschlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571 siegte. Oberbefehlshaber auf der Seite der Heiligen Liga war Don Juan de Austria, auf osmanischer Seite der Kaptan-Derya Ali Pascha, der in der Schlacht starb.

Philipp II. wollte von einer weiteren Entscheidungsschlacht gegen die Türken nichts wissen. Don Juans Flotte brach jedoch 1573 von Neapel auf, um in Nordafrika den Kampf gegen die mit den Türken verbündeten Korsaren aufzunehmen. Ihm gelang die Eroberung von Tunis, das jedoch bald darauf wieder von den Osmanen zurückerobert wurde. Ein neuerlicher Angriff wurde Don Juan vom König untersagt. Auch die vom Papst ins Gespräch gebrachte Hochzeit mit der schottischen Königin Maria Stuart scheiterte am Widerspruch Philipps. Don Juan überlebte nur knapp einen Mordanschlag, der von englischer Seite aus auf ihn geplant war, da Elisabeth I. befürchtete, dass er Maria Stuart heiraten und sie gewaltsam mit einem Heer befreien könnte oder auch, dass er es schaffen könnte, die Niederlande erfolgreich zu unterwerfen.

1570 heiratete Philipp II. Anna von Österreich (1549–1580), die Mutter des Thronfolgers Philipp (III.) wurde. 1580 kam Portugal mitsamt seinem ausgedehnten Kolonialreich nach dem Tod des kinderlosen Königs Enrique an Spanien. Er setzte seinen Anspruch im Sommer 1580 militärisch gegen den Gegenkönig Antonio von Crato durch, am 14. August ließ er Lissabon durch die Truppen des Herzogs von Alba besetzen.

Krieg mit England (1585-1604)

Die Angriffe und der Schmuggel englischer Freibeuter wie Francis Drake und John Hawkins in der Karibik brachten den Silberfluss aus dem bolivianischen Potosí zum Stocken. Am 4. April 1581 erhob die englische Königin Drake an Bord seines Schiffes in den Ritterstand, statt ihn, wie von Philipp II. in einer Protestnote gefordert, auszuliefern. Sie stand auch hinter Heinrich von Navarra, dem „König ohne Krone, der ohne Geld Krieg führt“, und stützte ihn gegen die katholische Gegenpartei des Herzogs von Guise, der wiederum von Spanien unterstützt wurde. In den Niederlanden unterstützte sie die Aufständischen gegen die spanische Besatzung. Die Enthauptung der schottischen Königin Maria Stuart 1587 und die dauernden Überfälle englischer Kaperkapitäne auf spanische Handelsschiffe gaben Philipp die Rechtfertigung für eine Invasion.

Die Route der Spanischen Armada

Die Sammlung der Armada organisierte man in Lissabon. Sie lief am 19. Mai mit etwa 130 Einheiten aus der Tajomündung aus, ergänzte sich drei Wochen in La Coruna und erreichte Anfang August die niederländische Küste. Bei Gravelines sollte planmäßig die Einschiffung starker Landungstruppen unter Alexander Farnese, dem Herzog von Parma, erfolgen. Doch die Gegenangriffe der moderner bewaffneten, wendigeren englischen Flotte unter Charles Howard und Francis Drake und der Einsatz von Brandschiffen am 8. August bei Gravelines brachten die spanischen Geschwader schnell in Unordnung. Ohne Parmas Truppen war an die Fortführung der Invasion nicht mehr zu denken, in der Straße von Dover erlitt die Flotte Medina Sidonias durch die Verfolger weitere Verluste. Die Schäden waren bis dahin nicht so katastrophal, wie lange angenommen wurde. Aber das Selbstvertrauen war gebrochen, etwa 30 Galeonen wurden aufgebracht oder waren ganz verloren gegangen. Der Rückzug wurde zudem über die schottische Nordküste und Irland herum angetreten, Unwetter brachten der Armada erst jetzt die schwersten Verluste. Nur etwa 65 Einheiten retteten sich bis Ende September in den Hafen von Santander.

Der Krieg war damit keineswegs beendet, vielmehr trugen die Engländer die Auseinandersetzung nach Spanien und in die Kolonien, während die Spanier noch mehrmals versuchten in England und Spanien zu landen.

Krieg mit Frankreich (1590-1598)

Am 2. August 1589 wurde König Heinrich III. von Frankreich ermordet. Philipp II. erhob Thronansprüche für seine Tochter Isabella Clara Eugenia, da sie dessen Nichte war. Der rechtmäßige König nach dem französischen Erbgesetz war jedoch der protestantische König Heinrich von Navarra, der als Heinrich IV. den Thron bestieg. Zwischen 1590 und 1598 griff Philipp II. vom Papst unterstützt auf der Seite der französischen Katholiken im Religionskrieg gegen Heinrich ein. Spaniens Statthalter in den Niederlanden, Alexander Farnese, zog 1590 mit einem Heer nach Frankreich und entsetzte das von Heinrich belagerte Paris. Die Niederländer unter Moritz von Nassau nahmen derweil im niederländischen Hinterland mehrere Städte ein und bedrohten Brüssel. Farnese musste 1591 erneut in Frankreich einrücken. Er eroberte Caudebec und entsetzte beim Einmarsch in die Normandie auch das von Heinrich IV. belagerte Rouen. Erkrankt musste Farnese sich nach einem vergeblichen Versuch, St. Quentin zu erobern zurückziehen; er starb am 2. Dezember 1592. Im März 1594 verließ die letzte spanische Garnison Paris, das daraufhin die neue Hauptstadt Heinrichs IV. wurde. Im Januar 1595 schloss Frankreich mit England und den Generalstaaten eine Koalition gegen Spanien, wo es infolge der Kriegskosten zu einem neuen Staatsbankrott kam. Am 2. Mai 1598 vermittelte der neue Statthalter der spanischen Niederlande, Erzherzog Albrecht, mit Heinrich den Frieden von Vervins, der den Status quo von 1559 wiederherstellte.

Ende der politischen Vorherrschaft, Staatsbankrotte, Aufstände und Kriege, Ende der spanischen Habsburger (bis 1700)

Frieden mit England (1604), Vertreibung der Morisken (1609-14), Oñate-Vertrag (1617)

Die Hauptverbindungswege zwischen den habsburgischen Reichsteilen

Philipp III., der Sohn Philipps II. und Annas von Österreich, legte die Staatsführung in die Hände von Günstlingen, allen voran in die des Herzogs von Lerma. Er veranlasste den König 1609 dazu, die etwa 275.000 Morisken aus Spanien zu vertreiben, was katastrophale Auswirkungen auf die Wirtschaft des Reichs hatte. Allein das Königreich Valencia verlor ein Drittel seiner Bevölkerung. Die Muslime waren gezwungen, ihr Eigentum zu verkaufen, sie wurden auf Schiffe verfrachtet und vielfach in den Kolonien Nordafrikas abgesetzt, wo sie in Verhandlungen mit den lokalen Machthabern ihre Aufnahme erreichten. 1614 waren auch die letzten Muslime aus Kastilien vertrieben. Kardinal Richelieu nannte den Vorgang, wenn auch nicht ohne politisches Kalkül, die barbarischste Handlung in den Annalen der Menschheit.214q

1604 beendete Philipp III. durch den Vertrag von London den kostspieligen Krieg mit England. Mit dem österreichischen Zweig der Familie Habsburg schloss er 1617 den Oñate-Vertrag, der 1631 erneuert wurde. Philipp verzichtete auf seine Ansprüche auf die Nachfolge von Kaiser Matthias († 1619) und damit auf Ungarn und Böhmen. Dafür sollte er die Landvogteien Ortenburg und Hagenau im Elsass erhalten, um die Verbindung zwischen den Spanischen Niederlanden und den italienischen Besitzungen zu verbessern. In einem geheimen Zusatzvertrag bestätigte Ferdinand, der das ungarisch-böhmische Erbe übernahm, dass die männlichen Nachkommen der spanischen Linie vor den weiblichen Nachkommen des österreichischen Zweiges beim Erbe bevorrechtigt waren. Außerdem sagte er zu, den spanischen König, nach seiner Wahl zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches die Lehen Finale und Piombino in Italien zu übertragen.

Kolonialpolitik

Nach der ersten Phase der Conquista errichtete die Krone Verwaltungseinheiten. Dabei wurden die wirtschaftlichen und kulturellen Zentren oft beibehalten. So war nach der Zerstörung Tenochtitláns aus deren Resten Mexiko-Stadt gegründet worden, das die Hauptstadt Neuspaniens wurde. Da in den Ländern der Krone Aragón schon seit dem Mittelalter das System der Vizekönige eingeführt war, übertrug man dies auf die Neue Welt. 1535 wurde das Vizekönigreich Neuspanien und 1544 das Vizekönigreich Neu-Kastilien gegründet, das später in Peru umbenannt wurde.

Der Vizekönig hatte die Aufgabe, die Monarchie zu repräsentieren. In der frühen Phase der Vizekönigreiche handelte es sich bei dem Titel weniger um ein Amt, als um eine königliche Vollmacht. Der Vizekönig übte also in Vertretung des Monarchen die oberste Regierungsgewalt (Gobierno Superior) aus. Er hatte für die Überwachung der Rechtsprechung, dem Wohlergehen der Untertanen, für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung zu sorgen, den katholischen Glauben zu verbreiten, die Indianer zu schützen bzw. zu integrieren und verdiente Conquistadoren, sowie deren Nachkommen zu belohnen. Durch diese „monarchischen“ Aufgaben musste der Vizekönig auch einen eigenen Hof halten und ein Zeremoniell ähnlich dem des Königs veranlassen.

Des Weiteren konnte der Vizekönig den übrigen kolonialen Beamten Befehle erteilen, hatte aber nicht die Erlaubnis, in die Amtsbefugnisse einzugreifen oder gar Kompetenzen zu beschneiden. Da die Vizekönige sowohl Gouverneure als auch Präsidenten der Audiencias in den Hauptstädten waren und gleichzeitig auch noch das Amt eines Generalkapitäns innehatten, fielen ihnen auch Verwaltungs-, Justiz- und Militäraufgaben zu.215

Wurden Anfang des 16. Jahrhunderts noch Rechtsprechung und königliche Gerichtsbarkeit im kastilischen Mutterland (Audiencia von Valladolid/Granada) abgewickelt, entschloss man sich auf Grund der Entfernung und der fehlenden Rechtsinstitutionen in der Neuen Welt 1511 eine Real Audiencia, also einen königlichen Appellationsgerichtshof, in Santo Domingo auf Hispaniola einzurichten.

Columbus Nachfolger Francisco de Bobadilla, der ab 1499 als Gouverneur eingesetzt wurde, gelang es nicht, die Region zu befrieden und eine effiziente Verwaltung zu installieren. Erst Nicolás de Ovando konnte eine einigermaßen stabile Verwaltung durchsetzen.

Nachdem die Eroberung Mexikos weiter fortgeschritten war entschloss man sich 1527 eine weitere Audiencia in Mexiko-Stadt einzurichten. Madrid versuchte die Kompetenzen des Conquistadors Hernando Cortes als Generalkapitän und Gouverneur von Neuspanien einschränken, um eine gefährliche Machtkonzentration in den Händen einer Person zu verhindern. Infolgedessen gründete man weitere Audiencias, 1542 Guatemala, 1548 Guadalajara und schließlich wurde 1583 auch auf den Philippinen, die ebenfalls zum Vizekönigreich Neuspanien gehörten, eine eigene Audiencia in Manila eingerichtet. Noch vor der Entstehung des Vizekönigreichs Neu-Kastilien 1542, später Vizekönigreich Peru, gründete man 1535 die Audiencia in Panama,, 1542 kam Lima hinzu, 1548 Bogotá, 1559 Charcas, 1563 Quito und 1603 Chile. Unter Philipp II. wurden alle Audiencias in der Neuen Welt und auf den Philippinen der Status einer Chancillería übertragen. Damit waren sie berechtigt, auch das königliche Siegel zu tragen und Vollmachten sowie Verordnungen im Namen des Königs zu erlassen. Die Audiencias wurden zu den eigentlichen Kolonialbehörden und damit zu Zentren der Verwaltung, was ein Eingreifen der Krone mit der entfernungsbedingten Verzögerung möglich machte. In den Hauptstädten der beiden Vizekönigreiche, Mexiko-Stadt und Lima, übte der Vizekönig gleichzeitig das Amt des Präsidenten der Audiencia aus, wodurch ein weiterer Kontrollfaktor entstand, da die Vizekönige nur von der Krone selbst ernannt wurden.216

In der Literatur finden sich unterschiedliche Definitionen der Verwaltungseinheiten. Eine etablierte Gliederung ist folgende: Die Audiencias wurden als Presidencias (zur Unterscheidung der rein administrativen von rechtlich Befugnissen der Audiencias) in so genannte Gobiernos unterteilt, die wiederum in Corregimientos und Alcaldías Mayores gegliedert waren. Hinzu kamen noch die Generalkapitanate, sowie kirchliche Verwaltungseinheiten wie Bistümer und Ordensprovinzen.217

Sowohl Festungskommandanten als auch Vorsitzende von städtischen Gemeinden und Leiter ganzer Provinzen wurden als Gouverneur tituliert. Die Gouverneure besaßen Befugnisse im Justiz-, Militär- und Finanzsektor. Ursprünglich war der Gouverneur der Leiter einer Provinz, der sich ausschließlich auf die zivile Verwaltung konzentrierte und somit nur die Weisungen des Königs umsetzen sollte. Der Gouverneur hatte auch eine Kontrollfunktion im Finanzsektor, jedoch nicht das Recht, selbstständig Steuereinnahmen zu tätigen. Er sollte nur dem königlichen Finanzbeamten bei seinen Aufgaben beistehen. Später wurden auch die Kompetenzen im Bereich der Jurisdiktion fest mit dem Amt des Gouverneurs in seiner Eigenschaft als Justicias Mayores verbunden. Damit waren die Gouverneure im zivilen Verwaltungsbereich direkt dem König unterstellt, im Bereich der Justiz allerdings dem Präsidenten der Audiencia bzw. dem Vizekönig in den Hauptstädten.

Die militärischen Befugnisse des Gouverneurs bezogen sich auf die Befehlsgewalt der Truppen und Milizverbände sowie deren Versorgung, unterstellt waren sie allerdings dem zuständigen Generalkapitän, der in erster Linie der Vizekönig war. Auf Grund dieser verschiedenen Funktionen kam es vor, dass ein Gouverneur mehrere in der Regel räumlich voneinander getrennte Vorgesetzte aufsuchen musste. So war beispielsweise der Gouverneur von Santiago de Cuba militärisch dem Generalkapitän von Havanna unterstellt, in seiner Funktion als Justicia Mayor dagegen dem Präsidenten der Audiencia in Santo Domingo auf Hispaniola.

Mit der Gründung des Vizekönigreiches Neuspanien begann man schon 1535 in der Regional- und Lokalverwaltung nach dem Vorbild der kastilischen Munizipalverwaltung so genannte Corregimientos in den Indianergemeinden zu errichten, die die Herrschaft der Encomenderos über die Bevölkerung einschränken sollte, was auch teilweise gelang. Dabei unterschied man zwischen den Corregidores de Indios, die den Indianergemeinden vorstanden, und den Corregidores de Españoles, dem die spanischen Städte zugeteilt waren.

Der Corregidor war nun der oberste Kolonialbeamte in den einzelnen Gemeinden und Städten. Daneben existierte auch noch das Amt des Alcalde Mayor, das nur in Neuspanien eingeführt wurde und ähnliche Befugnisse und Kompetenzen aufwies. So wurden schließlich zwischen 1550 und 1570 vierzig Provincias Menores („untergeordnete Provinzen“) eingerichtet, denen jeweils ein Alcalde Mayor vorstand und die sich aus mehreren Corregimientos zusammensetzten. Neuspanien war es im Gegensatz zu Peru damit gelungen, eine Bezirksverwaltung aufzubauen, in der die Kompetenzen zwischen Lokal- und Regionalverwaltung getrennt waren. Der Alcalde Mayor agierte jedoch bald ebenso wie die Corregidores als eine Art Bezirksgouverneur der untersten Verwaltungsebene, der weitgehend dieselben Funktionen innehatte wie der vorher geschaffene Corregidores de Indios. Bereits im 17. Jahrhundert wurde dann kaum mehr zwischen den beiden Ämtern unterschieden und derselbe Bezirk mal als Corregimiento mal Alcaldía Mayor bezeichnet. Auch das Prinzip, nur Juristen mit diesen Aufgaben zu betreuen, wurde aufgegeben. Die Befugnis zur Ernennung der Beamten ging in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts an die Krone über.

Die Verwaltung der neu gegründeten Städte erfolgte nach kastilischem Vorbild. Es wurde ein Stadtrat, der so genannte Cabildo, in jeder Stadt eingerichtet, der sich aus den Ratsmännern, den Regidores, zusammensetzte. Die personelle Zusammensetzung dieses „Stadtgremiums“ wurde entweder durch Wahl, durch Losentscheid oder auf Vorschlag des Gouverneurs entschieden. Seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts oblag ausschließlich dem Cabildo die städtische Verwaltung. Die Zusammensetzung hing von der Größe und dem Status der Städte ab. Die kleineren Städte mit dem Stadtrecht einer Villa hatten nur sechs Regidores, während die größeren Städte mit dem Titel einer Ciudad die doppelte Anzahl aufwiesen.

Das Ehrenamt des Regidors wurde bereits unter Philipp II. ein käuflicher Titel, der an den Meistbietenden verkauft wurde und vom Käufer entweder weiterverkauft oder vererbt werden konnte. Die Regidores hatten neben den Ratsgeschäften auch andere fixe Ämter, wie das des Alférz Real, dem königlichen Bannerträger, der bei öffentlichen Feiern befugt war, die Flagge zu tragen. Als Alguacil Mayor war ein Regidor zuständig für die städtischen Gefängnisse und übte auch die Polizeigewalt aus.

Alle Fragen in Bezug auf die Stadt wurden durch Mehrheitsbeschluss entschieden, ebenso die Besetzung der Magistratsämter und die Gehälter der übrigen Stadtbeamten. Den Vorsitz über den Cabildo führte der Corregidor de Españoles bzw. der Alcalde Mayor oder in besonderen Fällen auch der Gouverneur, wenn die jeweilige Stadt dessen Amtssitz war. Er besaß ein Vorschlags- und Vetorecht.

Durch die Käuflichkeit der Ämter verfielen die Städte zu Beginn des 18. Jahrhunderts zunehmend, da die Stadtverwaltung eher an der Sammlung prestigeträchtiger Ämter interessiert war als am Wohlergehen der Stadt. Im Zuge des aufgeklärten Absolutismus versuchte die Krone, die städtische Verwaltung wieder effizienter zu gestalten. So wurden die Stadtfinanzen direkt der Krone unterstellt, indem man in den Hauptstädten der Vizekönigreiche eine eigene Finanzbehörde schuf, die allgemein die städtischen Finanzen überwachen sollte und für jede Stadt einen eigenen Finanzplan erstellte. Durch die Ernennung von so genannten Ehrenstadträten, den Regidores Honorarios, und einem besonderen Anwalt, der die Interessen der Bevölkerung vertreten sollte, wollte man das Vertrauen in die Stadtverwaltung wieder herstellen. Erst mit den Bourbonischen Reformen gelang eine erfolgreiche Reurbanisierung.218

Zur Sicherung der Herrschaft wurden auch Militärbezirke, die so genannten Capitanías Generales (Generalkapitanate) in den beiden Vizekönigreichen installiert. In der Regel war der Vizekönig auch Generalkapitän.219

Die Casa de Contratación in Sevilla war eine Art Handelskammer, die 1503 auf Betreiben des Erzbischofs von Burgos, Juan Rodríguez de Fonseca, gegründet worden war. Die Kammer genehmigte Reisen in die Neue Welt, war für die Organisation der Flotte sowie deren Bewegungen und Verwaltung verantwortlich und nahm die Einkünfte aus dem Handel mit den Vizekönigreichen in Empfang. Darüber hinaus übernahm sie die Funktion einer Einwanderungs- und Zollbehörde. Alle Schiffe und Menschen, die aus der Neuen Welt in Spanien ankamen, fielen unter ihrer Gerichtsbarkeit, ebenso die Strafsachen im Steuer- und Handelssektor. Die Auswanderung nach Amerika wurde über diese Institution geregelt, indem nur jene Personen auswandern durften, die die „Reinheit des Blutes“ aufwiesen, also keine Juden, Muslime oder Konverse („Conversos“) waren.

Gleichzeitig war sie ein Navigationszentrum, in dem Kenntnisse über neue Reiserouten gesammelt wurden. In dieser Funktion ernannte die Casa de Contratación einen „piloto mayor“, eine Art Obersten Marinebeauftragten, dessen Aufgabe in der Sammlung nautischer Informationen über Amerika bestand.

Parallel zur Casa de Contratación entwickelte sich im Consejo de Castilla, dem kastilischen Kronrat, eine Kommission unter dem Vorsitz des Erzbischofs von Burgos, die sich ausschließlich mit Amerikafragen befasste. Um 1516 erhielt sie den Namen Consejo de Indias, also Indienrat. 1523 wurde der Indienrat aus dem Kronrat ausgegliedert; diesem waren fortan sowohl die Casa de Contratación als auch sämtliche Kolonien in der Neuen Welt und Asien unterstellt. Ihm oblag auch die oberste Gerichtsbarkeit in allen Straf- und Verwaltungsangelegenheiten. Außerdem übernahm er legislative und exekutive Funktionen innerhalb der spanischen Monarchie. 1595 erweiterte man den Rat noch um die Junta de Hacienda de Indias, die sich mit allen ökonomischen Themen befasste. Schließlich entschied man sich, die militärische Verteidigung der Kolonien ebenfalls einem eigenen Ratskollegium anzuvertrauen, der 1597 gegründeten Junta de Guerra de Indias.

Zu den Ämtern zählte ein Großkanzler, ein Schatzmeister, zwei Sekretäre, ein Schreiber, ein Kosmograph, ein Chronist und ein Armenanwalt. Seine Mitglieder waren überwiegend Juristen, Theologen oder andere Gelehrte meist bürgerlicher Herkunft. Sie wurden ausnahmslos von der Krone berufen. Die durch gemeinsame Sitzungen gefundenen Beschlüsse wurden in einer consulta dem König unterbreitet. Sofern der König das Gutachten bestätigte, erarbeitete der Rat einen Gesetzestext, der dann als „real cédula“ (königlicher Erlass) bezeichnet wurde.

Durch eine unübersichtliche Flut von Gesetzen und Briefen wurde deren Ausführung immer problematischer, so dass man begann, aus den Einzeldokumenten Gesetzesbücher zu entwerfen. Diese hätten dann in den gesamten Kolonien Gültigkeit haben sollen, aber erst 1596 kam mit dem Cedulario Indiano eine Gesamtschrift mit 3500 Gesetzen heraus, die bis zu den bourbonischen Reformen als gesetzliches Standardwerk galt.

Indios, die an einem Fluss Gold waschen, Gonzalo Fernández de Oviedo: Historia General y Natural de las Indias, Islas y Tierra-firme del Mar Océano, Madrid 1535, Holzschnitt

Um die Frage der Behandlung der Indianer entspann sich ein Konflikt zwischen den Exponenten Bartolomé de Las Casas als „Generalverteidiger der Indios“ und Juan Ginés de Sepúlveda, dann den Missionsorden und dem Indienrat sowie den lokalen Feudalherren.220 Die Krone versuchte die Granden, die von Anfang an zur Verselbstständigung ihrer Herrschaftsgebiete neigten, durch ein Bündnis mit den Kleinadligen, den Hidalgos, und mit der Kirche unter Kontrolle zu halten. Die Verwaltung sollte von Sevilla aus erfolgen, niemand durfte ohne Genehmigung in die Kolonien. Zugleich sollten die Indios missioniert, seit 1503 in Encomiendas zusammengefasst und vor übermäßiger Gewalt geschützt werden (Gesetze von Burgos, 1512). Sie waren als Arbeitskräfte vorgesehen.

Diese Gesetze legten fest, dass die Indios den Feudalherren zwar überantwortet – daher der Begriff Encomienda –, aber nicht als Sklaven gelten sollten. Sie konnten allerdings zur Arbeit gegen Entlohnung gezwungen werden. Durch das Derecho Indiano versuchte Madrid gegen die brutale Drangsalierung und den rapiden Zusammenbruch der Bevölkerung durch das Encomiendasystem einen gewissen Schutz aufzubauen.

Besonders wichtig war für Madrid jedoch die Ausbeutung der Edelmetallvorkommen. Durch das System der Mita waren die Provinzen schon im Inkareich gezwungen, reihum für eine bestimmte Zeit Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. An dieses System knüpfte das Repartimiento ab 1549 an. Dieses „Zuteilungssystem“ diente der Bereitstellung von Kräften für die Feldarbeit und vor allem die lebensgefährliche Arbeit in Gold- und Silberminen wie Potosí. Es wurde erst nach der Unabhängigkeit von Spanien abgelöst, stellte aber dennoch im Vergleich zur Encomienda eine Milderung dar.

Ablösung der Fugger durch die Genuesen bei der Staatsfinanzierung, koloniale Edelmetallzufuhr, Staatsbankrotte

Im 17. Jahrhundert beliefen sich die Forderungen der Fugger an die Spanier einschließlich der bereits abgeschriebenen Summen auf 4 Millionen Gulden. Hinzu kamen Außenstände aus dem Reich und den Niederlanden. Obwohl sich die Gesamtsumme der Verluste auf 8 Millionen Gulden belief, gelang es den Fuggern den Bankrott zu vermeiden. Hingegen ruinierte die Zahlungseinstellung Frankreichs und Spaniens im Jahr 1614 das Bank- und Handelshaus der Welser.

Während jedoch die Fugger und Welser mittelalterliche Familienhandelsgesellschaften darstellten, und auf Dauer zu wenig Innovationskraft aufwiesen, gelang es der genuesischen Konkurrenz zur Vormacht auf dem europäischen Finanzmarkt aufzusteigen. Sie konzentrierte sich seit Mitte des 16. Jahrhunderts überwiegend auf das reine Geldgeschäft. Dabei stützte sie sich auf ein kompliziertes System von Wechseln, die in Antwerpen fällig wurden, um Bargeld zu beschaffen. Daher benötigten die Genuesen wenig Eigenkapital. Die Wechsel bezahlten sie mit neuen Wechseln, etwa in Genua, die aber auch wieder mit weiteren Wechseln bezahlt wurden, die in Frankfurt oder Lyon fällig wurden. Dieses bloße Hin- und Herwechseln im Ricorsa-Verfahren endete erst, wenn das Darlehensgeschäft durch Rückzahlung beendet wurde. Die genuesischen Bankiers machten dabei regelmäßig Arbitragegewinne, indem sie Wechselkursunterschiede nutzten. Damit gelang es ihnen, den spanischen Staatsbankrotten von 1575 und 1596 zu entgehen, doch 1607 nahmen sie die neuerliche Zahlungsunfähigkeit zum Anlass, die mit Spanien verdienten Gelder nach Italien zu transferieren. Investiert wurde dort in Repräsentation und Paläste, dazu mit bescheidenerer Verzinsung in Staatsanleihen.

Ursprünglich war der bereits im 12. Jahrhundert in Genua nachweisbare Wechsel ein Mittel zum Tausch zwischen verschiedenen Münzen an verschiedenen Orten. Doch entwickelte er sich zum wichtigsten Mittel der sicheren Übertragung von Geldwerten zwischen entfernten Orten - trotz des kirchlichen Zinsverbots. Dieses Zinsverbot richtete sich gegen eine Eigenheit des Wechsels, die sich gewissermaßen ungewollt entwickelte. Da zwischen den Tauschvorgängen zwangsläufig eine gewisse Zeit verstrich, wurde dieses Verfahren fast sofort zu einem Mittel des Kredits, wofür man mehr oder minder gut kaschierte Zinsen verlangte. Durch die stark expandierende Menge der umlaufenden Wechsel machte man sich insgesamt ein wenig unabhängiger von den Edelmetallen Gold und Silber, die bei mangelhafter Zufuhr das Handelsvolumen massiv begrenzen konnten. Aus diesem Wechsel entwickelte sich jedoch noch etwas Neues, denn die Wechselkurse zwischen den Herrschaftsgebieten schwankten, und so konnte man von diesen Differenzen profitieren. Das galt besonders, wenn der Wechsel zwischen zwei Orten, wie Genua und Antwerpen, zum Geldwechsel eingesetzt wurde, um es wenige Wochen oder Monate später wieder zurückzutauschen. Das wiederum zog auch Bankiers aus dem Reich an, die auf die entwickelten Strukturen Italiens und Kataloniens zurückgriffen. Dabei war die Einklagbarkeit von Wechseln ein zentraler Schritt, der kurz nach 1400 in Barcelona erstmals vollzogen wurde.

Die doppelte Buchführung, bei der bei jeder Buchung zwei Konten betroffen sind, so dass eines belastet und einem Beträge hinzugefügt werden, gestattete einen völlig neuen, immer aktuellen Zugriff auf alle Geschäftsvorgänge. Damit wurden Geschäftserfolge oder -misserfolge genau und zeitnah messbar, durch die ständige Aktualisierung der Daten aber auch rationaler steuerbar. Klare Darstellung und weitere Verbreitung fand dieses System, das als scrittura alla veneziana bekannt war, durch die Summa di Arithmetica des Luca Paciolo di San Sepolcro von 1494.

Trotz der genannten Erfolge im münzlosen Geldverkehr und im Kreditwesen blieb Europas Wirtschaft noch lange von der ausreichenden Zufuhr von Edelmetallen abhängig. Die Versorgung Europas mit Silber und Gold, und damit den wichtigsten Tauschmitteln, hing zunehmend von Amerika ab. Um 1660 kamen aus den dortigen spanischen Kolonien Gold und Silber im Wert von rund 365 Tonnen Silber, während Europa nur noch 20 bis 30 Tonnen produzierte. Doch Spanien investierte den überwiegenden Teil dieses Edelmetallstroms in den Krieg gegen die Niederlande, führte in seinem eigenen Staatsgebiet eine gewinnträchtige Kupferprägung ein, die erst nach 1660 wieder aufgegeben wurde. Ähnlich agierte Frankreich. Dabei standen kurzfristige fiskalische Interessen im Vordergrund, aber langfristig löste diese Politik inflationäre Schübe aus und schadete der Wirtschaft.

Jean-Baptiste Colbert, Berater König Ludwigs XIV. von Frankreich, ersetzte diese Politik durch Behinderung des Edelmetallabflusses und Förderung des Zuflusses. Dazu stärkte er die Exportindustrien, erhöhte den Gold- zuungunsten des Silberkurses und stabilisierte die Staatsschuld so beeindruckend, dass viele Ausländer ihre Edelmetalle in Frankreich anlegten. Gegen Ende des Jahrhunderts stabilisierten sich die Währungen. Doch Hauptgewinner dieser Entwicklung waren die Niederlande, genauer Amsterdam. Es ist wohl kein Zufall, dass dort der Dukaton nach dem Vorbild des Dukaten als Großsilbermünze von hohem Ansehen eingeführt wurde. 1683 stellte man fest, dass von den 15-18 Millionen Gulden, die als spanisches Silber hereinflossen, nur 2,5 bis 4 Millionen im Lande blieben.

Man gestattete den Kunden in Amsterdam Gold zu deponieren, wofür sie als Quittung Recepissen erhielten. So wurde Amsterdam zum bedeutendsten Edelmetallmarkt, an dem alle Münzen in ausreichender Menge vorhanden waren, aber nur noch die Recepissen als Bargeld für größere Beträge umliefen. Eine ähnliche Ausweitung des Geldverkehrs erreichte Frankreich durch die Ausgabe von verzinslichen Staatspapieren, die gleichfalls per Indossament veräußert werden konnten. Neben der Alltagstauglichkeit und dem hohen Vertrauen, das die Papiere genossen, weiteten sie die umlaufende Geldmenge aus und verbilligten langfristig Kredite - und stimulierten so Handel und Produktion.

Anders sah es bei den beiden Weltmächten aus, bei Spanien und dem Osmanenreich. Deren Wirtschaftsimpulse blieben zunehmend aus. Der Mittelmeerraum insgesamt begann zu stagnieren, wozu die überhandnehmende Piraterie der von Konstantinopel gedeckten Barbaresken ihren Teil beitrug, wenn auch nicht den entscheidenden. Dennoch zeigen neuere Forschungen, dass der Silberzustrom, den osmanische Exporte verursachten, dort gern gesehen und dementsprechend der Export noch lange Förderer fand - auch wenn die Ausfuhr von Versorgungsgütern für die Metropolen, besonders für Konstantinopel, und für die Armee häufig als schädlich betrachtet wurde. Auch waren um 1600 die Beweglichkeit und der Erfolg osmanischer Händler größer, als lange wahrgenommen. Das zeigt etwa der Fall des Isma'il Abu Taqiyya, eines Händlers im Ägypten der Jahrzehnte um 1600.

Die europäische Wirtschaft basierte im Großen und Ganzen weiterhin auf Tauschmitteln, die von den Erträgen der Gold- und Silberminen abhingen. Da die europäischen Minen immer weniger Erträge brachten, blieb die Abhängigkeit vor allem von der spanischen Zufuhr sehr hoch. Der erste Goldrausch der Geschichte, ab 1693/95 durch umfangreiche Funde in Brasilien ausgelöst, brachte fast während des gesamten 18. Jahrhunderts jährlich 10 bis 15 Tonnen Gold nach Europa. Bis gegen Mitte des Jahrhunderts verdoppelte sich zudem der Ertrag aus den spanischen Silberminen in Mexiko, die um 1800 über 700 Tonnen pro Jahr lieferten. Diese Edelmetallmengen förderten den Handel nach Asien ungemein, der schon immer große Edelmetallmengen verschlang. Wer hierin erfolgreich sein wollte, musste also zu den iberischen Mächten intensive Kontakte pflegen. Für die Kriegführung war die Ausnutzung dieser ineinandergreifenden Mechanismen zentral.

Dreißigjähriger Krieg (1618-1648), Krieg mit Frankreich (bis 1659), Unabhängigkeit Portugals (1640/68), Aufstand in Katalanien

Gaspar de Guzmán, Conde de Olivares war bis 1643 der maßgebliche Minister Philipp IV.(Gemälde von Diego Rodríguez de Silva y Velázquez, Conde Duque de Olivares zu Pferde, 1634, Öl auf Leinwand, Prado)

Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges sandte Philipp III. Kaiser Ferdinand II. Truppen. Philipp IV. (1621–1665), der einen prächtigen Hof hielt und die Künste förderte, setzte wieder stärker auf das Militär. Im Bund mit den Österreichern wollte der älteste Sohn Philipps III. die katholische Vorherrschaft, wenn nicht die Einheit der Kirche gegen die Protestanten wiederherstellen.

Die Herrschaft lag in der Hand des königlichen Günstlings (valido) und ersten Ministers Gaspar de Guzmán. Er versuchte aus den verschiedenen durch die Person des Monarchen verbundenen Gebieten einen Zentralstaat zu machen. Dies sah einheitliche Abgaben und die Schaffung eines gemeinsamen Heeres vor, was in Katalanien auf Ablehnung stieß. Spanien musste 1627 den Staatsbankrott erklären, wobei alte Schulden aus der Zeit Philipps II. sowie nachlassende Silberlieferungen aus Amerika eine Rolle spielten. Der Versuch von Olivares die Staatsfinanzen zu sanieren, hatten keinen dauerhaften Erfolg.

Der Krieg mit den freien Niederlanden begann von neuem. Im Dreißigjährigen Krieg kämpften spanische Truppen in den Niederlanden, wo 1625 die Einnahme von Breda gelang, das jedoch ebenso verloren ging, wie Maastricht und ’s-Hertogenbosch. Um 1637 waren die Kämpfe etwa entlang den heutigen Grenzen von Belgien und den Niederlanden festgefahren. Ambrosio Spinola eroberte 1620 die Kurpfalz, die Spanier waren 1620 an der siegreichen Schlacht am Weißen Berg gegen die aufständischen Böhmen beteiligt, besetzten im selben Jahr das Veltlin und nahmen 1634 an der für die Habsburger siegreichen Schlacht bei Nördlingen teil.

Der Erbfolgekrieg um Mantua seit 1627 verschärfte die Spannungen mit Frankreich, was gravierende Auswirkungen hatte. Paris unterstützte die Niederländer und Schweden mit Subsidien, zum offenen Krieg kam es ab 1635. Den Franzosen gelang es die spanischen Verbindungsstraßen, den camino español zwischen Mailand und den Niederlanden zu unterbrechen. Zudem standen sich Spanien und Frankreich ab 1640 auf dem katalanischen Kriegsschauplatz gegenüber.

1640 erhoben sich die Katalanen im Aufstand der Schnitter, dem bis 1659 anhaltenden Guerra dels Segadors, gegen die Herrschaft Madrids. Zwar gelang es der Armee einen Großteil Kataloniens rasch zurückzuerobern. Pau Claris, der Präsident der Generalversammlung Kataloniens, verstand es, die sozialen Unruhen auf ein politisches Ziel zu lenken und rief die Katalanische Republik aus. Die Katalanen errangen in der Schlacht von Montjuïc am 26. Januar 1641 einen Sieg, doch wenig später starb Pau Claris und die Generalversammlung wählte Ludwig XIII. von Frankreich zum Grafen von Barcelona und damit zum Herrscher von Katalonien. Die Wiedereroberung des Landes wurde zu einem Hauptziel der Madrider Politik. Zum Abschluss kam dies aber erst 1659.

Im portugiesischen Évora kam es 1638 zu einem Aufstand. Der Unmut gegen Olivares führte 1640 zu einem erfolgreichen Aufstand in Portugal. Die Herrschaft über dieses Königreich kam an das Haus Braganza. Im Restaurationskrieg von 1659 bis 1668 versuchte Philipp vergeblich, Portugal zurück zu erobern.

Der Unmut gegen den Einfluss von Olivares' war so stark geworden, dass Philipp ihn 1643 entlassen musste. Philipp strebte ab 1644 eine Beendigung der Kriege an. Er sandte 1645 Gaspar de Bracamonte y Guzmán zu den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden nach Münster. Im Friedensvertrag zwischen Spanien und den Niederlanden musste Philipp 1648 zwar die Unabhängigkeit der freien Niederlande anerkennen, konnte aber den Fortbestand der spanischen Niederlande gegen Frankreich sichern. Allerdings zerbrach im Zusammenhang mit dem Friedensvertrag das Bündnis mit den österreichischen Habsburgern.

Die geradezu verzweifelte Finanzlage zwang den König die Steuern zu erhöhen und weitere einzuführen. Er sah sich schließlich gezwungen die Silberlieferungen aus Südamerika zu verpfänden. 1652 kam es zu einem weiteren Staatsbankrott. Im Königreich Sizilien und in Neapel kam es 1647 zu Aufständen. Erst der jüngeren Forschung, die weniger von nationalistischen Haltungen geprägt ist, gelang es herauszuschälen, dass es sich genauso um einen Kampf einer aufstrebenden Funktionselite von Staatsdienern gegen das alte Patriziat handelte. Ähnliche Volksaufstände fanden 1647/48 unter Führung des Giuseppe d'Alesi in Palermo statt und unter Ippolito von Pastina in Salerno. 1701 erhob sich der Adel Neapels vergeblich in der Verschwörung von Macchia gegen die spanische Herrschaft. In Aragón und Navarra erhoben sich 1648 Teile des Adels.

Ludwig XIV. und Philipp IV. bei der Verabschiedung des Pyrenäenfriedens

Der Krieg mit Frankreich, das sich 1655 mit England verbündete, wurde auch nach dem Westfälischen Frieden fortgesetzt. Engländern gelang 1655 die Eroberung von Jamaika, 1657 versenkten oder eroberten die Engländer die spanische Silberflotte. Der Krieg gegen Frankreich konnte erst 1659 im Pyrenäenfrieden beendet werden. Dabei musste Spanien wichtige Grenzprovinzen wie Roussillon, Artois, Cerdagne und andere abtreten.

Als nach dem Tod Philipps IV. Karl II. (1665–1700) den Thron bestieg, erhob der französische König Ludwig XIV. als Gemahl von Philipps Tochter Maria Theresia Erbansprüche auf die Spanischen Niederlande, wurde aber im Devolutionskrieg daran gehindert, sich des Landes ganz zu bemächtigen.

Am Ende der Regierung Karls II. war die Bevölkerung auf 5,7 Millionen Menschen zurückgegangen, zahllose Ortschaften waren verlassen, und ganze Landstriche glichen Wüsten. Die Staatseinkünfte verminderten sich trotz des härtesten Steuerdrucks und fast räuberischer Finanzmaßregeln so, dass der König manchmal nicht einmal mehr seine Dienerschaft oder seine Tafel bezahlen konnte. Weder Beamte noch Soldaten wurden besoldet. Aus Geldmangel kehrten viele Provinzen zum Tauschhandel zurück. Mit dem Tod des kinderlosen Karl am 3. November 1700 endete die habsburgische Herrschaft.

Es folgte der Spanische Erbfolgekrieg, in dem die anderen europäischen Herrscherhäuser die Macht über die spanische Monarchie an sich zu reißen versuchten.

Erbfolgekriege, Reformen und Rückständigkeit unter den Bourbonen (ab 1701)

Erbfolgekriege, Gibraltar wird englisch

Ludwig XIV. erklärt seinen Enkel Philippe d’Anjou in Versailles zum neuen König von Spanien

Mit dem Ende des spanischen Zweigs der Habsburger am 1. November 1700 kam es ab 1701 zu Nachfolgekämpfen, in die die europäischen Großmächte verwickelt wurden, dem spanischen Erbfolgekrieg. Eine Allianz um die österreichischen Habsburger und England kämpfte dabei gegen eine von Frankreich geführte Koalition. Letztlich gelang es Frankreich, mit Herzog Philipp (V.) von Anjou (1700–1746) einen Enkel von Ludwig XIV. und damit die bis heute amtierende Dynastie der Bourbonen zu installieren. Der neue König zog am 18. Februar 1701 in Madrid ein. England wurde durch den Umstand in den Krieg gezogen, dass Ludwig XIV. nach dem Tod des englischen Königs Jakob II. dessen Sohn aus zweiter Ehe mit der katholischen Maria Beatrix von Modena als König Jakob III. von England anerkannte. Um dem Hegemonialstreben Ludwigs entgegenzuwirken, kam es am 7. September 1701 auf Betreiben Englands zur Haager Großen Allianz. Weitere Mächte intervenierten. Die englische und niederländische Flotte versuchten, Cádiz zu erobern, doch wurden sie zurückgeschlagen. Die englische Flotte siegte 1702 in der Schlacht in der Vigo-Bucht, konnte die Küstenforts einnehmen und einen Teil des Silbers erbeuten. Am 16. Mai 1703 stellte sich Pedro II. von Portugal auf die Seite der Habsburger und versprach 20.000 Soldaten zu schicken.

Am 9. März 1704 landete mit einem englisch-holländischen Korps Erzherzog Karl als habsburgischer Anwärter auf den spanischen Thron in Lissabon. Gleichzeitig kam eine französische Armee Philipp V. zu Hilfe. Der englischen Flotte unter Admiral George Rooke gelang am 4. August mit einer Landungstruppe unter Georg von Hessen-Darmstadt die Einnahme von Gibraltar. Die Halbinsel konnte gegen eine spanische Gegenoffensive verteidigt werden. Auch die herbeieilende französische Flotte unter dem Befehl des Sohns von Ludwig XIV. mit Madame de Montespan, Admiral de Toulouse wurde in der Schlacht von Vélez-Málaga am 24. August durch Admiral Rooke besiegt.

Bei diesen Operationen kam den Verbündeten entgegen, dass sich einige spanische Provinzen, insbesondere Katalonien, der bourbonischen Regierung widersetzten. Diese befürchteten eine Zentralisierung auf Kosten der regionalen Freiheitsrechte. Die Verbündeten belagerten Barcelona, das am 7. Oktober 1705 kapitulierte. Doch von Portugal aus gelang zwar die Eroberung von Valencia de Alcántara und Alburquerque, doch nach der Niederlage in der Schlacht bei Talavera musste die Belagerung von Badajoz aufgegeben werden. Spanische Versuche Katalonien zurückzuerobern scheiterten in der Schlacht bei Fuentes, worauf auch die Belagerung Barcelonas aufgegeben werden musste. Das englisch-portugiesische Heer zog bis Madrid, doch nachdem die Portugiesen abgezogen waren, mussten auch die Engländer den Rückzug antreten. Nach dem Sieg über das englisch-portugiesische Heer bei Almanza am 25. April 1707 fielen die südlichen Provinzen in die Hände Philipps, nachdem dieser schon zuvor Madrid zurückgewonnen hatte.

mini|Titelblatt der Nueva planta de la Real Audiencia del Principado de Cataluña, mit der die Bourbonen ab 1716 ihre absolutistischen Staatsvorstellungen in Katalonien durchsetzten Die wirtschaftliche Erschöpfung Frankreichs veranlasste Ludwig XIV. den Seemächten den Verzicht auf Spanien anzubieten. Doch die Seemächte waren sich mit dem Kaiser darüber einig, dass man nicht bloß auf dem Erwerb der gesamten spanischen Monarchie für das Haus Österreich bestehen, sondern auch die Lage nutzen müsse, um Frankreichs Vorherrschaft zu brechen. Zur See schlug die verbündete Flotte 1708 die Franzosen vor Menorca und eroberte die Hauptfestung Mahon. Ludwig war nun zu weitgehenden Konzessionen bereit. Erst die Forderung, seinen Enkel selbst durch französische Truppen aus Spanien vertreiben zu helfen, wies er zurück. Dennoch war er gezwungen, um Frankreich zu verteidigen, Truppen aus Spanien abzuziehen. Am 27. Juli 1710 unterlagen seine Truppen bei Almenara und noch einmal am 20. August bei Saragossa. So konnte Karl von Österreich am 28. September in Madrid einziehen. Gegen eine französische Armee mussten die Verbündeten Madrid am 11. November 1710 wieder räumen. Auf dem Rückzug nach Katalonien wurden sie hart bedrängt, am 10. Dezember kam es zur unentschiedenen Schlacht bei Villaviciosa. Die Franzosen versuchten vergebens, Katalonien zurückzugewinnen.

Am 17. April 1711 verstarb Kaiser Joseph I., ohne einen männlichen Erben zu hinterlassen. Da nun dessen Bruder, der Prätendent für Spanien, als Karl VI. Kaiser wurde, fürchteten die Seemächte erneut, das österreichische Haus Habsburg könne durch die Vereinigung mit Spanien übermächtig werden. Deshalb begann London mit Ludwig XIV. Geheimverhandlungen. Am 8. Oktober wurden die Präliminarien unterzeichnet, im November schloss Portugal einen Waffenstillstand mit Spanien und Frankreich. Trotz aller Gegenbemühungen des Kaisers wurden am 29. Januar 1712 die Verhandlungen eröffnet, die 1713 zum Frieden von Utrecht führten. Doch in Spanien dauerten die Kämpfe zur Durchsetzung der bourbonischen Zentralmacht an. So wurde Barcelona erst am 11. September 1714 eingenommen (Nationalfeiertag in Katalonien).

Spanien verlor alle italienischen Gebiete. Im Lande selbst setzte Philipp V. gegen den Widerstand der Provinzen das Modell eines zentralistischen Staates nach französischem Vorbild, insbesondere nach dem Ökonomen Jean Orry durch. Orry reformierte im Auftrag des Königs die Steuereintreibung und sorgte für eine rasche Bezahlung des Soldes und der Versorgung für die Truppen.Die Politik der Folgejahre war auf die Rückgewinnung der Gebiete in Italien ausgerichtet. Die sich daraus ergebenden Auseinandersetzungen, die im Krieg der Quadrupelallianz (1718–1720) kulminierten, blieben zunächst erfolglos. Erst im polnischen Thronfolgekrieg (1733–1738) konnte Spanien u.a. Neapel und Sizilien kurzfristig zurückgewinnen.

Philipp hatte aus Frankreich ein anderes Regierungssystem und neue Kräfte in das zerrüttete Staatswesen gebracht. Die Franzosen und Italiener wie Kardinal Giulio Alberoni, die Philipp an die Spitze der Behörden und des Heers stellte, führten gewaltsam die Grundsätze der französischen Staatsauffassung ein. Institutionen, die der zentralistischen Staatsgewalt entgegenstanden, wurden beseitigt. Handel, Gewerbe, Wissenschaft und Kunst wurden gefördert, die Privilegien der Provinzen aufgehoben und eine einheitliche Steuererhebung eingerichtet (Decreto de Nueva Planta 1715). Dieses Gesetz stellte den Status des Kastilischen als Amtssprache sicher. Als Philipp jedoch die Herrschaft der Kirche anfocht, stieß er auf energischen Widerstand. Schließlich gab er unter dem Einfluss seiner zweiten Gemahlin Elisabetta Farnese nach und ließ die Herrschaft der Kurie und der Inquisition unangetastet.

Kardinal Giulio Alberoni (1664–1752) hatte bereits 1714 die Heirat Philipps mit Elisabetta Farnese eingefädelt und stieg bald zum persönlichen Ratgeber der Königin auf. 1715 wurde er zum Staatsminister ernannt und ihm gelang es, die Wirtschaft und das Finanzwesen zu stabilisieren. Darüber hinaus schuf er eine neue Flotte und verbesserte das Militärwesen. Alberoni und Philipp V. unterstützten die Königin in ihren Bemühungen, italienische Herrschaftsgebiete für ihre Kinder zu gewinnen. Gegen diese Bestrebungen und den spanischen Anspruch auf die Thronfolge für den Fall des Todes des Kindes, das Ludwig XIV. 1715 auf den französischen Thron gefolgt war, schlossen sich am 4. Januar 1717 England, die Niederlande und Frankreich in der Tripel-Allianz zusammen.

Als die österreichischen Habsburger 1716 an der Seite der Republik Venedig in den zwei Jahre zuvor begonnenen Krieg gegen die Osmanen eintraten, hielt man in Madrid die Gelegenheit zum Handeln für günstig. So landeten im November 1717 ca. 8000 Mann auf Sardinien. Der Präsident des Wiener Hofkriegsrates, Prinz Eugen von Savoyen konnte lediglich für eine Verstärkung der Defensivkräfte im habsburgischen Neapel sorgen. Das änderte sich, als es am 21. Juli 1718 zum Abschluss des Friedens von Passarowitz mit Istanbul kam. Bereits am 2. August trat Österreich der Allianz bei, die so zu einer Quadrupelallianz wurde. Kaiser Karl VI. verzichtete darin auf seine Ansprüche auf den spanischen Thron, willigte in den Tausch Siziliens gegen Sardinien ein und erklärte sich bereit, eine spanisch-bourbonische Dynastie in Italien zuzulassen.

Doch bereits am 3. Juli war ein spanisches Heer auf Sizilien gelandet. Großbritannien entsandte daraufhin ein Geschwader unter Admiral George Byng in das Mittelmeer. Am 11. August 1718 besiegte es vor Capo Passero an der Südspitze Siziliens die spanische Flotte (Seeschlacht vor Kap Passaro). Der Kampf weitete sich nun auf die spanischen Kolonien aus.

Um den Jahreswechsel herum trat auch Frankreich in den Krieg ein, nachdem ein Komplott des spanischen Botschafters gegen den Regenten aufgedeckt worden war (Verschwörung von Cellamare). Nun marschierte ein französisches Heer im Frühjahr 1719 ins Baskenland ein, musste sich jedoch im November wieder zurückziehen. Auch ein Vorstoß nach Katalonien scheiterte, obwohl Fuenterrabia, La Seu d’Urgell und San Sebastián erobert wurden - dabei soll Elisabetta Farnese sich selbst an die Spitze einer Division gesetzt haben. In Amerika nahmen französische Truppen das spanische Pensacola (Florida) ein. 1719 gelang den Österreichern die Eroberung Siziliens.

Um Großbritannien zu schwächen, unterstützte Spanien die schottischen Jakobiten in ihrem Unabhängigkeitskampf und entsandte dazu am 6. März 1719 eine Flotte mit 5000 Mann, im April eine weitere, doch wurde die kleine Streitmacht im Juni in der Schlacht im Tal von Glen Shiel geschlagen. In einer Gegenaktion landeten die Briten im September und Oktober ihrerseits eine kleine Streitmacht von 4000 Mann in Galicien. Im August 1719 traten die Niederlande in den Krieg ein.

Auf Druck der Verbündeten wurde am 5. Dezember Alberoni entlassen, woraufhin am 20. Februar 1720 der Haager Vertrag geschlossen wurde. Spanien musste alle eroberten Gebiete räumen. Der Sohn Elisabetta Farneses, der spätere König Karl, erhielt jedoch die Herzogtümer Parma, Piacenza und Toskana zugesprochen, die nach dem Aussterben der männlichen Farnese-Linie an ihn fallen sollten. Auch Florida wurde an Spanien zurückgegeben. Die Habsburger verzichteten auf Sardinien und erhielten dafür Sizilien zugesprochen. Im Gegenzug hatte Karl VI. jedoch auf seine Ansprüche auf den spanischen Thron verzichten müssen. Spanien konnte sich bald aus der politischen Isolation befreien und im Polnischen Thronfolgekrieg (1733–1738) Neapel und Sizilien unter seine Herrschaft bringen.

Doch der spanische Außenhandel erreichte im 18. Jahrhundert längst nicht mehr die Gewinne früherer Zeiten. Auch der Absatz bestimmter Produkte wie z.B. Tuche stagnierte in Europa. Der außereuropäische Handel wurde zunehmend durch andere Länder dominiert, insbesondere Frankreich, Holland und England.

Wirtschaftliche Erholung und Reformen, bourbonischer Familienvertrag

In der friedlichen Regierungszeit des sparsamen Ferdinand VI. (1746–1759) nahm das Land einen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung. Einen Schritt in der Entwicklung zum modernen Staat stellte die Regierung Karls III. (1759–1788) dar, des Stiefbruders Ferdinands und Königs von Sizilien (seit 1735), der äußerst gläubig und vom Staatsbewusstsein seiner Zeit erfüllt war. Ziel seiner Politik war es, Spanien den anderen europäischen Staaten wieder ebenbürtig zu machen. Ihm standen bei seinen Reformen drei bedeutende Staatsmänner zur Seite, nämlich Pedro Pablo Abarca de Bolea, Graf von Aranda, José Moñino y Redondo, Graf von Floridablanca, und Pedro Rodríguez de Campomanes.

Allerdings war Spanien durch den bourbonischen Familienvertrag vom 15. August 1761 dazu verpflichtet, an Frankreichs Krieg gegen Großbritannien 1761 bis 1762 im Rahmen des Siebenjährigen Krieges teilzunehmen, was die Reformen verzögerte. Damit wurde zudem die Konkurrenz zu Großbritannien in den Kolonien intensiviert. Spanien musste Florida im Frieden von Paris vom 10. Februar 1763 an England abtreten. West-Louisiana, das als bis zu den Rocky Mountains reichend gedacht wurde, blieb bis zum Geheimvertrag von San Ildefonso vom Oktober 1800 unter spanischer Kontrolle und wurde im April 1803 von Thomas Jefferson von Frankreich für die Vereinigten Staaten erworben.

Die Reformen in Spanien wurden 1767 durch die Ausweisung der Jesuiten vorangetrieben. 1773 erfolgte die Aufhebung des Jesuitenordens durch Papst Clemens XIV. auf Druck der dominierenden Köpfe von Frankreich, Spanien und Portugal. Ein inzwischen chronisches Haushaltsdefizit brachte Spanien in eine zunehmend defensive Position. Der Rückstand in Ackerbau, Gewerbe und Bildungswesen gegenüber anderen Ländern Europas vergrößerte sich. Die Regierung investierte in Ansiedlungen, Bergwerke, Fabriken und Verkehrsinfrastruktur und gab den Handel mit Amerika frei. Die Bevölkerungszahl wuchs im Verhältnis zu den konkurrierenden Mächten nur langsam und lag 1788 bei 10.270.000.

Der zweite Krieg gegen Großbritannien (1780–83), zu dem Spanien erneut aufgrund des bourbonischen Familienvertrags verpflichtet war, wurde mittels verzinslichen Papiergelds finanziert. Dies führte 1782 zur Gründung des Banco de España.

Kolonialpolitik

Der Dynastiewechsel ab 1713 löste in den Kolonien keine Proteste aus, sondern wurde weitgehend hingenommen, da man zunächst annahm, die Bourbonen würden das Verwaltungssystem beibehalten. Zunächst schien es auch so, als ob Philipp V. die Kolonien in der Neuen Welt kaum beachtete und sich mehr auf das Mutterland konzentrierte. Doch Reformen veränderten den Behörden- und Beamtenapparat von Grund auf und ermöglichten damit eine straffe Verwaltung der Provinzen durch Madrid.

Dieses neue Konzept, später als Intendantensystem bezeichnet, wurde unter Karl III. allmählich auch auf die Kolonien in der Neuen Welt übertragen. Bis zu seinem Regierungsantritt beschränkte man sich allerdings auf die Erlassung neuer Gesetze und Rahmenbedingungen, die den Ämterkauf und die Korruption bekämpfen sollten, was allerdings nur ansatzweise gelang.221 Erst jetzt erfolgte das Verbot des Encomienda-Systems, das trotz Einführung des Repartimiento in einigen Gegenden immer noch angewendet wurde.

Indienminister José de Gálvez y Gallardo

Die eigentliche Reformwelle setze erst mit Karl III. ein, der zusammen mit seinem „Indienminister“ José de Gálvez y Gallardo die kolonialen Verwaltungsstrukturen grundlegend verändern wollte.

Auf Grund seiner Größe erwies sich das Vizekönigreich Peru zunehmend als ineffizient und es stagnierte wirtschaftlich. Auch in militärischer Hinsicht konnte es Engländern, Franzosen und Holländern kaum etwas entgegensetzen. Die Karibik hatte sich seit dem 16. Jahrhundert zu einer Drehscheibe des Welthandels und damit auch zu einem Herd der Piraterie entwickelt. Erstmals 1717 und endgültig 1739 schuf man eine neue administrativ-politische Einheit, das so genannte Vizekönigreich Neugranada mit Bogotá als Hauptstadt. Es sollte die Sicherung der karibischen Handelswege gewährleisten und den Kolonialbesitz verteidigen sowie den Isthmus von Panama überwachen.222 1776 entschloss man sich, das Vizekönigreich Peru weiter zu verkleinern, indem man im Süden ein viertes Vizekönigreich, das so Vizekönigreich Río de la Plata einrichtete. Die Silberausfuhr wurde ab sofort nicht mehr über Lima, sondern von Hochperu über Buenos Aires abgewickelt.

Im Süden Perus setzten sich mit den Portugiesen von Brasilien langwierige Konflikte fort. Hinzu kamen Befürchtungen gegenüber den im Grenzland angesiedelten Jesuitenreduktionen, sie könnten einen Staat im Staate bilden.223

Insgesamt ist eine Zentralisierung auf Madrid unverkennbar. Zunächst verfügte Karl die Neuaufteilung der Provinzen in den Vizekönigreichen, wobei man die Gobiernos an den Grenzgebieten aus militärischen Überlegungen beibehielt. 1782 machte Río de la Plata den Anfang, es folgten 1784 Peru und 1786 Neuspanien. Neugranada und die Real Audiencia de Quito wurden von der Reform ausgenommen.

Jeder dieser nun als Intendencias (Intendaturen) bezeichneten Provinzen stand ein direkt vom König ernannter, zeitlich befristeter Intendant vor. Ihm oblag nun zusätzlich die Finanzverwaltung. Er hatte jedes Jahr eine Visitation in seiner Provinz durchzuführen, um die Landesentwicklung voranzutreiben und mögliche Missbräuche abzustellen. Andererseits war der Intendant im Gegensatz zum Gouverneur nicht mehr befugt, Recht zu sprechen. Für diese Aufgabe ernannte die Krone einen Asesore Letrados, dem der Intendant bei juristischen Fragestellungen Folge leisten musste.

Die Ämter der Alcaldes Mayores und Corregidores wurden abgeschafft und durch die Subdelegados ersetzt, die nicht mehr von der Krone, sondern vom zuständigen Intendanten eingesetzt wurden. Auch bei den Subdelegados wurde die Rechtsprechung abgekoppelt und Dorfrichtern (Alcaldes) übertragen. Sie sollten aus der lokalen Oberschicht stammen und ihre Ämter ehrenamtlich ausüben. In Dörfern, die auf Grund ihrer Größe und dem indianischen Bevölkerungsanteil über keine eigenen Alcaldes verfügten, übte der Subdelegado ausnahmsweise auch die Rechtsprechung aus. In allen anderen Verwaltungen, war er eine Art kommissarischer Leiter, der nur die Verantwortung für die Finanzverwaltung besaß und die Versorgung der Truppen zu gewährleisten hatte.224

Um die Vizekönige in ihrer Macht zu begrenzen wurde ihnen die Militär- und Finanzverwaltung entzogen, die den direkt von der Krone ernannten Heeres- und Finanzintendanten unterstellt wurde. Es kam also nun zu einer Aufteilung der Verwaltung in zwei voneinander unabhängige Bereiche, der eine umfasste alle Angelegenheiten der zivilen Regierung und der Jurisdiktion, der andere beschäftigte sich mit der Militär- und Finanzverwaltung sowie den Wirtschaftsagenten. Der Vizekönig blieb zwar Oberhaupt der Vizekönigreiche, hatte sich aber stets mit den Finanz-, Heeres- und Superintendanten (Justiz) zu besprechen. Des Weiteren war es ihm untersagt sich in die Angelegenheiten der Intendencias einzumischen.

Das Archiv der Casa de Contratación in Sevilla, links die Kathedrale

Neben den Verwaltungsreformen wurden auch die Kolonialbehörden in Spanien einer Umstrukturierung unterzogen. Von König Karl III. wurde die seit 1503 bestehende Casa de Contratación abgeschafft, die die kolonialen Steuern, also den königlichen Fünften bis dahin erhob. In diesem Zuge verlor Sevilla seinen Status als Monopolhafen, genauso wie man die Monopolbehörde im Zuge des Freihandels nunmehr für eine Behinderung des Warenverkehrs und damit auch der Wirtschaftlichkeit hielt. Der Consejo de Indias blieb zwar als Kolonialbehörde bis 1834 bestehen, abgesehen von einer kleinen Unterbrechung während der napoleonischen Kriege, verlor aber deutlich an Ansehen und Bedeutung. 1714 wurden seine legislativen und administrativen Aufgaben ausgegliedert und ab 1717 immer mehr seiner Kompetenzen an das neu geschaffene "Secretaría de Marina e Indias" übertragen, das die Bourbonen schließlich zur zentralen Kolonialbehörde ausbauten.

Doch Widerstand gegen die Reformen regte sich auf allen Ebenen, so dass schrittweise die Reformen wieder zurückgenommen wurden. 1787 wurden die Befugnisse des neu geschaffenen Amts des Superintendanten wieder an die Vizekönige übertragen. Die Intendanten wiederum entwickelten sich zu bloßen Ausführungsorganen der Vizekönige ohne Handlungsspielraum. In der Bezirks- und Stadtverwaltung bekamen die Subdelegados allmählich wieder dieselben Funktionen wie die vorher abgeschafften Alcaldes Mayores und Corregidores.

Französische Revolution und Napoleonische Kriege (1789–1815)

Französische Revolution, Napoleon, Manuel de Godoy

Jacques-Louis David - The Emperor Napoleon in His Study at the Tuileries - Google Art Project
Napoleon, Öl auf Leinwand, 204*125 cm, Jacques-Louis David (1748–1825), 1812

Karl IV. wurde von seiner Ehefrau Maria Luise von Parma beherrscht, die von 1788 bis 1808 durch Günstlingswirtschaft und Verschwendung die Finanzen belastete, die Rivalen Floridablanca und Aranda gegeneinander ausspielte und 1792 beseitigte. Ihrem Favoriten Manuel de Godoy, Spross einer Hidalgofamilie und seit 1784 Angehöriger der Leibwache, der auch beim König in hoher Gunst stand, verschaffte die Tochter der ältesten Tochter König Ludwigs XV. von Frankreich die oberste Leitung der Staatsgeschäfte bis Mai 1798. Seit 1792 Herzog von Alcudia wurde er zwar als Erster Staatsminister entlassen, doch förderte ihn das Königspaar weiterhin.

Spanien griff nicht in den Sturz der Bourbonen in Frankreich ein, erst 1793 sah es sich durch die Hinrichtung Ludwigs XVI. veranlasst, Frankreich den Krieg zu erklären. Dieser endete mit einer französischen Invasion in Navarra, den baskischen Provinzen und Aragón. Durch den Frieden von Basel vom 22. Juli 1795 geriet Madrid in zunehmende Abhängigkeit von Paris, wie der Zweite Vertrag von San Ildefonso vom 18. August 1796 zeigte. Darin verpflichtete Frankreich seinen südlichen Nachbarn zu einem gemeinsamen Krieg gegen Großbritannien. Die spanische Flotte unterlag jedoch in der ersten Schlacht bei Kap St. Vincent am 14. Februar 1797.

Nach der Entsendung des 25-jährigen Bruders Napoleons Lucien Bonaparte als Botschafter nach Madrid im November 1800 korrespondierte Napoleon nur noch mit dem wieder an die Macht gelangten Godoy. Während die Nahrungsmittelpreise deutlich anstiegen, erhielt er zusätzliche Einkünfte von 500.000 Dukaten. 1801 führte Godoy in französischem Interesse einen weiteren Krieg gegen Portugal, wobei er als erster den Titel eines generalisimo beanspruchte.225 Im Frieden von Amiens, der am 23. März 1802 unterzeichnet wurde, musste Spanien zwar lediglich Trinidad an Großbritannien abtreten, aber seine Herrschaft in den amerikanischen Kolonien war erschüttert, Louisiana ging an Frankreich. Der Fehlschlag der merkantilen und industriellen Förderung und die ungeheure Spaltung der Gesellschaft ließen das Land als Wirtschaftsmacht immer weiter zurückfallen. Bei einem Spaziergang am Manzanares konnte die Königin nur mit Mühe einer wütenden Menschenmenge entkommen.

Godoy musste das finanziell erschöpfte Spanien durch einen weiteren ungünstigen Vertrag mit Frankreich am 9. Oktober 1803 zum Krieg gegen Großbritannien verpflichten, in dem am 22. Juli bei Kap Finisterre und am 20. Oktober 1805 bei Trafalgar die spanische Flotte zerstört wurde. In der Bevölkerung regte sich Protest gegen Godoy, dessen geheime Diplomatie Kontakte zu Frankreichs Gegner Preußen anknüpfte. Diese Pläne wurden jedoch obsolet, als Preußen 1806 gegen Napoleon unterlag; auch Überlegungen zu einem Rückzug des Königspaars in die amerikanischen Kolonien verliefen im Sande. Als sich Godoy am 27. Oktober 1807 mit Frankreich im Vertrag von Fontainebleau gegen Portugal verbündete - er selbst wollte im Süden des Landes souveräner Prinz der Algarve werden - und Napoleon französische Truppen über die Pyrenäen einrücken ließ, kam es am 18. März 1808 in Aranjuez zu einer Volkserhebung gegen ihn. Godoy wurde gestürzt und nur durch Eingreifen eines französischen Generals davor bewahrt, gelyncht zu werden. Unter dem Eindruck des Volkszorns ließ sich der König bewegen, am 19. März zu Gunsten seines minderjährigen Sohnes Ferdinand abzudanken.

Als Ferdinand VII. hielt dieser zwar am 24. März 1808 seinen Einzug in Madrid, doch Karl IV. musste in einem Schreiben an Napoleon seine Thronentsagung als erzwungen zurücknehmen. Der Kaiser zitierte die spanische Königsfamilie nach Bayonne, wo Ferdinand am 5. Mai zu Gunsten seines Vaters auf die Krone verzichtete. Karl IV. trat seine Rechte sogleich an Napoleon ab. Napoleon ernannte seinen Bruder Joseph Bonaparte, den bisherigen König von Neapel, am 6. Juli 1808 im Beisein einer Junta von spanischen und amerikanischen Abgeordneten in Bayonne zum König von Spanien. Joseph und die Junta schworen am 7. Juli einen Eid auf die neue Verfassung und zogen am 20. Juli in Madrid ein.

Unabhängigkeitskrieg (1808–1813), Volkskrieg

Vereidigung der Abgeordneten der Cortes, Cadiz 1810

Die spanische Bevölkerung akzeptierte die Neuerungen nicht, die Napoleon dem Land bringen wollte. Der bewaffnete Widerstand nahm bald den Charakter eines Volkskriegs an. Die im September 1808 in Aranjuez errichtete Junta Suprema Central übernahm die Leitung der Kämpfe.

Inzwischen drangen die Briten unter Arthur Wellesley in Spanien ein, doch mussten sie sich nach Portugal zurückziehen. Im Januar 1810 beherrschten die Franzosen Andalusien, und nach der Einnahme von Ciudad Rodrigo und Almeida drang im August ein Heer von 80.000 Mann in Portugal ein, um die Briten zu vertreiben. Da die Lage für Spanien aussichtslos zu sein schien, schlossen sich viele aus den wohlhabenderen Bevölkerungsschichten den Franzosen an. Die Zentraljunta floh von Sevilla nach Cádiz, wo sie am 2. Februar 1810 zur Abdankung gezwungen wurde. Sie musste eine Regentschaft einsetzen. 1812 verabschiedeten die Cortes von Cádiz die erste moderne Verfassung Spaniens, umgangssprachlich La Pepa genannt, weil sie am Feiertag des heiligen Joseph (Pepe) verkündet wurde.

Die Cortes ernannten Wellington zum Oberbefehlshaber sämtlicher Streitkräfte in Spanien. Im Januar 1812 eroberten diese Ciudad Rodrigo und am 7. April Badajoz, schlugen am 22. Juli die Franzosen bei Salamanca und zogen am 12. August in Madrid ein. Doch musste sich Wellington vor der Übermacht der Franzosen erneut an die portugiesische Grenze zurückziehen, und Madrid wurde von den Franzosen wieder besetzt.

Erst Napoleons Niederlage im Russlandfeldzug 1812 veränderte auch die Lage in Spanien. Am 27. Mai 1812 hatte König Joseph Madrid für immer verlassen und sich mit der französischen Armee nach Vitoria zurückgezogen. Hier wurde sie von Wellington am 21. Juni 1813 geschlagen. Die Franzosen zogen sich über die Pyrenäen zurück und Wellington rückte am 9. Juli nach Frankreich vor. Am 11. Dezember 1813 wurde zwischen Spanien und Frankreich der Vertrag von Valençay unterzeichnet. Er legte die Rückkehr Ferdinands VII. auf den spanischen Thron und die Anerkennung der spanischen Besitzungen fest. Als die Königin 1819 starb, vermachte sie ihren Besitz Godoy, was Ferdinand jedoch verhinderte. Immerhin hatte er die Macht der Inquisition eingedämmt, ansonsten aber wohl ausschließlich seine eigene Karriere gefördert.226

Verfassung (1812), französische Invasion (1823) und erneuter Absolutismus

1808 war im königlichen Palast von Aranjuez die Junta Suprema Central zusammengetreten. Sie sah ihre Aufgabe darin, die Macht während der Abwesenheit des Königs zu übernehmen. Sie erkannte die Herrschaft König Josephs nicht an und handelte im Namen aber ohne Auftrag König Ferdinands. Diese Junta berief am 1. Januar 1810 eine Verfassunggebende Versammlung ein. Dieses als Cortes generales y extraordinarias bezeichnete Parlament trat in Cádiz zusammen und schuf zwischen September 1810 und März 1812 eine Verfassung, die am 19. März 1812 verkündet wurde. Die bemerkenswertesten Neuerungen waren, dass in der Verfassung von der Souveränität des Volkes ausgegangen wurde, dass liberale Wirtschaftsgesetze erlassen wurden und der Zunftzwang und eine große Zahl von Zöllen wegfielen. Der katholische Glaube war immer noch Staatsreligion und jede andere Religion verboten, aber die Inquisition wurde abgeschafft, ebenso die Feudalgerichtsbarkeit.

Am 3. Februar 1814 erließen die Cortes eine Einladung an Ferdinand VII., sich nach Madrid zu begeben und auf die Verfassung von 1812 zu schwören. Damit stellten sie den Vertrag des Königs mit Napoleon Bonaparte (am 13. Dezember 1813 in Valençay abgeschlossen) in Frage, der die königliche Herrschaft in Spanien herstellte und den französischen Einfluss sicherte. Ferdinand betrat am 24. März 1814 in Girona spanischen Boden und nahm am 4. Mai von Valencia aus den Thron in Besitz. Er weigerte sich jedoch, die Verfassung anzuerkennen, nachdem General Elío sich ihm mit 40.000 Mann angeschlossen hatte. Am 11. Mai ließ er die Cortes durch Truppen auseinanderjagen. Dennoch begrüßte ihn die Bevölkerung mit Jubel, als er am 14. Mai in Madrid einzog, weil er als Gegner des verhassten Godoy noch immer populär war.

Ferdinand VII. erklärte bei seiner Rückkehr aus Frankreich durch das Manifest von Valencia für von vornherein ungültig. Er löste die Cortes auf, berief keine neuen Cortes ein und regierte absolutistisch. Viele liberale Politiker flohen vor der Reaktion ins Ausland.

Die Unabhängigkeit einiger Kolonien führte zu einem Ausfall nahezu der gesamten Einnahmen, die von dort in den Staatshaushalt geflossen waren. Finanzminister Martín de Garay legte 1817 den Plan für eine Steuerreform und für die Reform der Staatsschulden vor. Er wurde 1818 abgelöst.

Rafael del Riego

Am 1. Januar 1820 erhob sich im Ort Cabezas de San Juan in der Provinz Sevilla ein Bataillon des Expeditionscorps gegen die absolutistische Herrschaft. Die Truppen sollten in die amerikanischen Kolonien aufbrechen, um dort Aufstände niederzuschlagen. Der Kommandant des Bataillons, Oberstleutnant Rafael del Riego, rief dazu auf die Verfassung von Cádiz wieder in Kraft zu setzen. Die Soldaten marschierten nach Arcos de la Frontera und nahmen dort den Generalkapitän von Andalusien und Oberkommandierenden des Expeditionscorps fest. Anschließend versorgten sie sich in Cádiz und zogen nach Algeciras, Málaga, Córdoba und Antequera. Gleichzeitig gab es eine revolutionäre Bewegung in Galicien die sich auf das übrige Spanien ausbreitete.

Der König stand unter dem Einfluss seiner konservativen Berater, die alle Reformen unterbanden, die wegen der Zerrüttung des Staatswesens geboten gewesen wären. Spanien war daher nicht im Stande, die abgefallenen Kolonien in Amerika wieder zu unterwerfen, und verlor seinen ganzen überseeischen Besitz in den Südamerikanischen Unabhängigkeitskriegen und Mittelamerika mit Ausnahme von Kuba und Puerto Rico. Florida trat es 1819 für 5 Millionen Dollar freiwillig an die Vereinigten Staaten von Amerika ab.

In der Bevölkerung wuchs unterdessen die Unzufriedenheit mit der Königsherrschaft. Besonders das Heer fühlte sich vernachlässigt und so kam es am 1. Januar 1820 zu einer Rebellion bei den für die Überfahrt nach Amerika bestimmten Truppen. In einem Staatsstreich zwang der Revolutionär und Oberstleutnant Rafael del Riego den König, die liberale Konstitution von 1812 anzuerkennen (Trienio Liberal). Doch ein weiterer Staatsstreich durch eine französische Interventionstruppe im Jahr 1823 stellte die absolute Monarchie unter Ferdinand VII. wieder her. Die Verfassung wurde widerrufen und Riego exekutiert (1823–1833, Década ominosa).

Am 6. März erließ Ferdinand ein Dekret, um die Cortes einzuberufen. Die Einberufung sollte nach altem Recht als Ständeversammlung stattfinden, also nach dem Verfahren das vor 1810 angewendet wurde.

Kardinal Luis María de Borbón y Vallabriga, Vorsitzender der Junta Provisional Gubernativa, Goya

Am 7. März 1820 bildete sich vor dem Königlichen Palast in Madrid ein Menschenauflauf. General Francisco Ballesteros, der für die Sicherheit verantwortlich war, weigerte sich, gegen die Menschenmenge mit Waffengewalt vorzugehen. Daraufhin sah sich der König genötigt, durch ein neues Dekret seinen Ministern anzukündigen, dass er vorhabe, auf die Verfassung von Cádiz zu schwören und dass die neuen Cortes entsprechend den Wahlbestimmungen dieser Verfassung einzuberufen seien. Ein Gesetz, das eine allgemeine Amnestie verkündete, wurde am 23. April erlassen. Am 9. März 1820 berief der König in Madrid eine Junta Provisional Gubernativa ein, die in einer Übergangszeit die Aufgaben und Rechte der Cortes wahrnehmen sollte. Ein Dekret vom 9. März 1820 schaffte die Inquisition ab. Die bedeutendste Wendung in der Politik des Königs stellt der Aufruf dar, den er am 10. März an die Nation richtete, und in dem er dazu aufforderte, aufrichtig den Weg der Verfassung zu beschreiten, wobei er als der Erste vorangehen wolle.

Am 18. März 1820 ernannte Ferdinand VII. auf Drängen der Junta Provisional Gubernativa ein neues Kabinett. Von den sieben Ministern waren nur zwei, der Marineminister und der Kriegsminister, nicht Mitglieder der Cortes von Cádiz gewesen. Am 22. März berief der König dann die Cortes für die Jahre 1820 und 1821 ein. In der Eröffnungssitzung vom 9. Juli 1820 ergab sich eine eindeutige Mehrheit von Abgeordneten, die dem gemäßigten Flügel der Liberalen (Moderados) zuzurechnen waren. Bei den liberalen Politikern gab es zwei Strömungen. Die Doceañistas (von doce zwölf, 1812, dem Jahr der Verabschiedung der Verfassung von Cádiz) waren meist Teilnehmer der Cortes von Cádiz. Die Politiker dieses politischen Flügels sahen durch die Verfassung ihre Ziele im Wesentlichen erreicht. Wichtige Repräsentanten dieser Moderados waren Agustín Argüelles und Francisco Martínez de la Rosa. Für die Politiker des anderen Flügels, die Veinteañistas (von veinte zwanzig, 1820) war das Ziel der politischen Veränderungen durch die Inkraftsetzung der Verfassung noch nicht erreicht. Ihre Forderungen nach weitergehenden Veränderungen wurden von den Moderados als übertrieben bezeichnet, daher die Bezeichnung Exaltados. Die Gruppe, die sich auch weiterhin für Fortschritte bei der Reform der Gesellschaft einsetzte, wurde später unter dem Namen Progresistas bekannt.

Die Verfassung gestand dem König ein Vetorecht zu. Er konnte die Unterschrift unter ein Gesetz zweimal ablehnen und es an die Cortes zurückverweisen. Der König machte von diesem Recht durchaus Gebrauch z.B. bei einem Gesetz, das die Desamortisation einer großen Zahl von Klöstern vorsah. Das führte zu Zusammenstößen mit dem Kabinett. Nach der Eröffnung der zweiten Sitzungsperiode am 1. März 1821 entließ der König die Minister. Das neue Kabinett bestand aber wieder aus liberalen Politikern des moderaten Flügels. Der Haushalt, den dieses Kabinett vorlegte, wies ein Defizit von 550 Millionen Reales auf, das durch eine Kreditaufnahme im Ausland und durch eine nationale Anleihe gedeckt werden sollte. Die Cortes führten zwei Verwaltungsreformen durch, die beide einer Stärkung der zentralistischen Verwaltung dienten. Einerseits wurde das Land in 49 Provinzen mit entsprechenden Steuerbehörden aufgeteilt, andererseits wurde das Bildungssystem durch das Gesetz zur Öffentlichen Bildung in eine Grund-, Mittlere und Höhere Bildung unterteilt. Die Anzahl der Universitäten wurde auf zehn festgelegt.

Ab Oktober 1821 kam es im ganzen Land immer wieder zu Unruhen. Der Grund dafür war einerseits die wirtschaftliche Situation, die sich nicht gebessert hatte, andererseits aber auch die Unzufriedenheit einiger politischer Gruppen denen die Veränderungen nicht schnell genug gingen. Die Wahlen im Jahr 1822 führten zu einer Mehrheit der Exaltados in den Cortes. Rafael del Riego der in einem Wahlkreis in Asturien einen Parlamentssitz erhalten hatte, wurde zum Vorsitzenden der Cortes gewählt. Die Arbeit des Parlamentes kam durch die Flügelkämpfe bei den Liberalen nahezu zum erliegen. Im August ernannte der König Evaristo de San Miguel, einen Politiker der Exaltados, zum Ministerpräsidenten.

Ende 1822 kam es wieder zu Unruhen. Diese wurden von Gruppen initiiert, die den Exaltados nahestanden und eine striktere Durchsetzung progressiver Politik verlangten. Andererseits gingen die Unruhen von absoluten Monarchisten aus, die sich immer mehr zu organisieren begannen. Die größte innenpolitische Herausforderung für die Regierung in Madrid war die Regencia de Urgel, eine Gegenregierung, die besonders in Katalonien, Aragón und im Norden eine große Zahl von Anhängern fand. General Francisco Espoz y Mina ließ die Unruhen vorerst niederschlagen, die Mitglieder der Regencia de Urgel flohen nach Frankreich.

Die Heilige Allianz forderte auf ihrem Veroneser Kongress am 22. November 1822 mit der Zustimmung der Vertreter Österreichs, Frankreichs, Preußens und Russlands, aber ohne die Stimme Englands, die französische Regierung auf, in Spanien wieder den Status quo herzustellen, wie er vor der Revolution von Cádiz bestand. Paris stellte eine Armee zusammen, die unter dem Oberbefehl des Herzogs von Angoulême, dem Neffen des Königs stand. Am 2. April 1823 rief der Herzog die Spanier auf, der französischen Armee keinen Widerstand entgegenzusetzen und vereint mit ihr den König zu befreien und Altar und Thron wiederherzustellen. Knapp 80.000 Soldaten überschritten die Grenze in der Nähe von San Sebastián. Weitere 21.000 Soldaten stießen über Figueras auf Barcelona vor. Der Herzog von Angoulême setzte im besetzten Madrid einen Regentschaftsrat unter dem Herzog del Infantado ein. Dieser Regentschaftsrat nahm in Madrid die Rechte König Ferdinands bis zum 1. Oktober 1823 wahr.

Infolgedessen verlegten die Cortes am 22. März 1823 ihren Sitz und den der Regierung und des Königs von Madrid nach Sevilla. In der ersten Sitzung in Sevilla am 11. Juni erließen die Cortes ein Dekret, in dem sie einen Regentschaftsrat einsetzten, da ihrer Ansicht nach der König geistig nicht in der Lage war seine Aufgaben wahrzunehmen. Vorsitzender des dreiköpfigen Rates war Cayetano Valdés y Flores, ehemaliger Generalkapitän von Cádiz. Mitte Juni verlegten die Cortes ihren Sitz und den der Regierung und des Königs nach Cádiz. Die letzte Sitzung fand am 19. September 1823 statt. Cayetano Valdés y Flores musste Ende September den König dem Herzog von Angoulême überantworten.

Am 1. Oktober erklärte der König, dass er seit dem 7. März 1820 nicht frei in seinen Handlungen gewesen sei und daher alle Handlungen der Regierungen der letzten drei Jahre als von vornherein ungültig anzusehen seien. Nach seiner Rückkehr nach Madrid regierte der König wieder absolutistisch. General Rafael del Riego, der am 15. September 1823 in Arquillos in der Provinz Jaén von den französischen Truppen gefangen genommen worden war, wurde der neuen spanischen Regierung übergeben und am 7. November 1823 in Madrid hingerichtet. Die französischen Truppen blieben noch bis 1828 in Spanien.

Carlistenkriege (1833-1876)

Bei seinem Tod 1833 hinterließ der König eine Tochter, Isabella II., aus seiner Ehe mit Maria Christina. Doch der Bruder Ferdinands, Don Carlos, machte Isabella den Thron streitig. Da die Anhänger Don Carlos’ – die Carlisten – Traditionalisten waren, suchte Isabellas Mutter bei den Liberalen Unterstützung. Dies führte zum Ersten Carlistenkrieg, den die Liberalen nach sechs Jahren gewannen.

1840 zwang ein erneuter Staatsstreich von General Baldomero Espartero die Regentin Maria Christina zur Flucht. Espartero selbst übernahm die Macht. Nachdem Isabella 1843 für mündig erklärt worden war, führte General Ramón María Narváez eine Revolte an, die General Espartero zur Flucht aus Spanien zwang. 1845 wurde eine Verfassung angenommen und zwei Jahre später, 1847, begann der Zweite Carlistenkrieg, der 1849 mit dem Sieg Isabellas endete.

Eine Reihe von Aufständen der Progresistas (Liberale, Republikaner und Sozialisten) und Moderados (Monarchisten und Katholiken) führte 1868 zu einer Revolution unter General Prim, die die Herrschaft von Isabella beendete und sie ins Exil nach Frankreich zwang, während General Francisco Serrano Domínguez vorläufig die Regierung übernahm.

1869 proklamierten die Cortes eine neue Verfassung, die als Regierungsform eine parlamentarische Monarchie vorsah. Dann suchten die Spanier in den europäischen Fürstenhäusern nach einem Anwärter, den das Parlament zum König wählen könnte. Ein vielversprechender Kandidat war Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, Spross einer Nebenlinie der Hohenzollern. Der Prinz selbst hatte wenig Ambitionen auf den spanischen Thron, lehnte ihn im April 1870 auch ein erstes Mal ab, ließ sich aber 1870 von Otto von Bismarck überreden, die Kandidatur doch anzunehmen. Es folgte ein Ränkespiel zwischen deutscher und französischer Regierung, das zum Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) führte. Schließlich wählten die Cortes am 16. November 1870 Amadeus von Savoyen, einen Sohn des italienischen Königs Viktor Emanuel II., zum König. Prim wurde 1870 ermordet. Als 1872 der Dritte Carlistenkrieg ausbrach und Amadeus die Ordnung in Spanien nicht wiederherstellen konnte, dankte er im Februar 1873 ab. Die Cortes riefen die Erste Republik aus.

Erste Republik (1873/74), Wiederherstellung der Monarchie, Krieg um Kuba und Philippinen

In den kaum elf Monaten der Ersten Republik regierten die vier Präsidenten Figueras, Pi i Margall, Salmerón und Castelar das Land. Keinem von ihnen gelang es, das Land unter Kontrolle zu bringen. Im Januar 1874 setzte der Putsch von General Serrano der Republik de facto ein Ende. Serrano löste die Cortes auf und regierte als Diktator mit dem Titel eines Präsidenten.

Durch einen Aufstand unter der Führung von Martínez Campos in Sagunt wurde schließlich im Dezember 1874 die Monarchie wiederhergestellt. Das neue Regime war konstitutionell geprägt; es verfügte über ein eingeschränktes Wahlrecht; die Macht der Streitkräfte wurde durch Auslandseinsätze kanalisiert. Der Sohn Isabellas II., Alfonso XII. aus dem Haus der Bourbonen, wurde neuer König. Nach dessen Tod 1885 regierte seine Frau Maria Christina für den minderjährigen Alfonso XIII. Der 1876 beendete Carlistenkrieg und das Ende eines zehnjährigen Krieges auf Kuba läuteten den Beginn einer längeren Friedensperiode ein. 1893 kam es in den westafrikanischen Kolonien zum ersten Rifkrieg.

Die neue Epoche der Restauración war durch ein faktisches Machtabkommen zwischen der Konservativen Partei, deren Führer Cánovas del Castillo die Wiedereinsetzung der Monarchie maßgeblich unterstützt hatte, und der Liberalen Partei unter Práxedes Mateo Sagasta geprägt. Dies sorgte anfangs für eine gewisse Stabilität unter Inkaufnahme der fortdauernden sozialen Ungleichheit. Die Ermordung von Cánovas del Castillo 1897, der Rücktritt und wenig später folgendeTod Sagastas um die Jahreswende 1902/03 und schließlich die außenpolitischen Katastrophen (Spanisch-Amerikanischer Krieg 1898) hoben diese Stabilität jedoch wieder auf.

Verlust der letzten bedeutenden Kolonien an die USA (1898) und Deutschland (1899)

„Ten Thousand Miles From Tip to Tip“, Karikatur der Philadelphia Press zur Expansionspolitik der Vereinigten Staaten zwischen Puerto Rico und Manila; unten eine Karte der sehr viel kleineren USA ein Jahrhundert zuvor

Im Spanisch-Amerikanischen Krieg vom 25. April bis zum 12. August 1898 verlor Spanien die meisten seiner verbliebenen Kolonien. Als 1895 auf Kuba der Unabhängigkeitskrieg ausbrach und sich 1896 auf den Philippinen nationalistische Gruppen erhoben, erklärte Spanien den Erhalt seiner Kolonien zur nationalen Frage. Bis 1898 entsandte die Regierung hunderttausende Soldaten nach Übersee, doch gelang es nicht, die Aufstände niederzuschlagen, wie noch 1765 den Palaris-Aufstand auf Luzón. Die USA unterstützten die Aufstände vor allem aus wirtschaftlichen Erwägungen. Am 12. Juni 1898 erklärte Emilio Aguinaldo die Unabhängigkeit und berief eine verfassunggebende Versammlung ein.

Der Krieg belastete zunehmend die spanische Innenpolitik, die vom überheblichen Patriotismus zahlreicher Zeitungen geprägt war. Madrid suchte nach einer Kompromisslösung in Form beschränkter Autonomierechte für Kuba und die Philippinen. Doch der Kriegseintritt der USA bewirkte eine rasche militärische Niederlage, die vielfach als El Desastre bezeichnet wurde. 1899 wurde die Erste Philippinische Republik ausgerufen, doch eine knappe Mehrheit in den USA war nicht an einem unabhängigen Staat interessiert. Kuba, die Philippinen und Puerto Rico mussten an die USA abgetreten werden, wenn auch die Philippinen noch bis 1902, ja bis 1916 Widerstand gegen die Amerikaner leisteten (Philippinisch-Amerikanischer Krieg). Etwa ein Fünftel der Bevölkerung kam während dieses Krieges ums Leben. Damit blieben Spanien nur noch Enklaven in Marokko, der Westsahara und Äquatorialguinea, das Land war nach vier Jahrhunderten praktisch keine Kolonialmacht mehr. Schließlich erzwang noch das Deutsche Reich einen Vertrag, in dem Spanien die Karolinen, die nördlichen Marianen und Palau abtreten musste. In Spanien lösten diese Verluste, die Rückkehr der Truppen und die Reaktionen einer nach Partizipation rufenden Öffentlichkeit heftige Erschütterungen aus.

Verschärfung der sozialen Spannungen, Rifkriege, Diskreditierung der Monarchie

Literarisch prägte das „Desaster“ eine ganze Reihe von Schriftstellern und Künstlern, die so genannte Generación del 98. Innenpolitisch verschärften sich die sozialen Spannungen, es kam zur Stärkung sozialistischer und anarchosyndikalistischer Gruppen. Die Unzufriedenheit der Armee wurde zunächst durch neue Kolonialabenteuer abgelenkt, wie schon im Rifkrieg von 1893, auch Guerra de Margallo (nach Juan García Margallo, durch dessen Tod die öffentliche Meinung in Spanien aufgewühlt wurde). Darin hatten sich Spanien und etwa vierzig Stämme des Rifs bekämpft. Am 9. November 1893 hatte Práxedes Mateo Sagasta für Spanien einen Krieg erklärt, der durch das Abkommen von Fez 1894 beendet wurde. Nun fand 1909 ein erneuter militärischer Konflikt zwischen Marokko und Spanien statt, erneut im Rifgebiet (Rifkrieg (1909)). Sowohl Spanien als auch Frankreich gaben ihrem kolonialen Ausgreifen, wie alle Kolonialmächte, eine ideologische Rechtfertigung. Bereits 1904 hatten sich Paris und Madrid, um nicht untereinander in unberechenbare Konflikte zu geraten, über eine Aufteilung Marokkos verständigt. Spanien konnte nach anfänglichen Niederlagen 40.000 Soldaten einsetzen und unter Verlust von 2.500 Mann seine Enklave Melilla erweitern. Gemeinsam mit Frankreich errichtete Spanien ein Protektorat in Marokko. Mit dem Vertrag von Fès vom 30. März 1912 wurde Marokko in mehrere Zonen europäischer Herrschaft aufgeteilt. Madrid hatte sich sein Stück Spanisch-Marokko in Form von zwei Landstreifen gesichert. Einer erstreckte sich entlang der Mittelmeerküste, den anderen bildete der Tarfaya-Streifen, dazu Kap Juby, zwischen der Kolonie Spanisch-Westafrika und dem französischen Teil Marokkos. Die Hauptstadt war Tétouan.

Der zunehmend mit Reservisten und Kriegspflichtigen geführte Krieg führte zwischen dem 25. Juli und dem 2. August 1909 zur Semana Trágica, einem Arbeiteraufstand in Barcelona und in anderen Städten. Über 2.500 Personen wurden festgenommen, von denen 1.700 vor Militärgerichten verurteilt wurden. Es ergingen, 17 Todesurteile, 5 führten zur Hinrichtung. Unter ihnen befand sich der Gründer der Escuela Moderna, der Pädagoge Francisco Ferrer, dem vorgeworfen wurde, der Anführer des Aufstands zu sein. Seine Hinrichtung am 13. Oktober zusammen mit vier anderen in der Kaserne Montjuïc löste in ganz Europa Proteste aus, da er bei den Ereignissen keine bedeutende Rolle gespielt hatte. Es ergingen 59 Urteile, die auf lebenslang lauteten. Die Verfassung wurde bis November suspendiert, anarchistische und linksnationalistische Zeitungen wurden verboten, kulturelle Arbeiterzentren und Versammlungsorte, sowie weit über hundert weltliche Schulen wurden geschlossen. Demonstrationen und Anschläge auf Botschaften waren die Folge.227

Die Verluste während des als Guerra de Melilla bezeichneten ersten und dann des zweiten Rifkriegs, in deren Verlauf sich der König diskreditierte, stärkten bald Forderungen nach Abschaffung der Monarchie.

Zweite Republik (1931-36), Diktaturen (1923-30, 1939-75), Bürgerkrieg (1936-39)

Neutralität im Ersten Weltkrieg, Diktatur Miguel Primo de Rivera 1923–1930

Im Ersten Weltkrieg blieb Spanien neutral und erfuhr einen wirtschaftlichen Aufschwung durch Rohstofflieferungen an die Kriegsmächte, an dem die Masse der Bevölkerung jedoch nicht partizipieren konnte. Die Unzufriedenheit über die Leistungsbeförderungen, welche von einem großen Teil des Offiziercorps abgelehnt wurden, bewirkte 1917 eine Staatskrise, in der die aus Festlands-Armeeeinheiten gebildeten „Juntas“ einen Regierungswechsel erzwangen. Zugleich brachte ein Generalstreik von Arbeitern und Sozialisten, insbesondere in Barcelona, das Regime ins Wanken.

Chowell2014 1918 influenza excess mortality in Spain map
Bevölkerungsverluste pro 10.000 Einwohner in den Provinzen, die infolge der Spanischen Grippe in den drei Phasen von Mai bis Juli und von August bis Dezember 1918 sowie von Januar bis April 1919 wurden, dazu in Karte 4 die kumulative Wirkung. Insgesamt starben an der Pandemie etwa 200.000 Spanier.

Marokko wurde zum Prüfstein der konstitutionellen Monarchie. Der praktisch ohne parlamentarische Kontrolle unternommene „Befriedungs“-Feldzug gegen die Stämme des Rif blieb ohne dauerhaften Erfolg. General Manuel Fernández Silvestre führte mit 25.700 Mann einen Eroberungskrieg im Rif und machte sich über seine Gegner und ihre in seinen Augen lächerliche Kleidung lustig. Bei einem Vorstoß kam es 1921 unter General Silvestre zur militärischen Katastrophe von Annual, bei dem die Berber unter Abd el-Krim über 8.000 spanische Soldaten töteten.228 Spanien verlor fast alle seit 1909 eroberten Positionen mit Ausnahme der Enklaven von Ceuta und Melilla. Die Gefangenen der Schlacht von Annual wurden gegen 4.270.000 Pesetas freigekauft. Die Niederlage machte die Ineffizienz der spanischen Militärorganisation offenbar. Die Verantwortung des Königs blieb in dieser Angelegenheit undurchsichtig. Die sich danach zuspitzenden innenpolitischen Spannungen (23 Regierungen bis 1923) führten ab dem 13. September 1923 zur Diktatur von General Miguel Primo de Rivera, der König Alfonso XIII. 1923 zustimmte. Die Verfassung von 1876 wurde aufgehoben.

Primo de Rivera und der König, 1930. 1922 und 1923 war er Generalkapitän von Katalonien, wo sein Vorgehen gegen die Aufständischen ihm die Abneigung der Bevölkerung einbrachte.

De Rivera und die französische Regierung gingen nun gemeinsam gegen die Rif-Berber vor. Der französische Kriegsminister Paul Painlevé vereinbarte, nach ersten Verhandlungen am 18. Juni 1925 in Madrid, am 25. Juli mit dem Diktator eine Seeblockade. Im September 1925 standen an der Nordgrenze Französisch-Marokkos 160.000 Mann, insgesamt rückten eine halbe Million spanische und französische Soldaten in die verbliebene Rif-Republik ein. Es dauerte noch bis Juli 1927, bis die Spanier das gesamte Gebiet unterworfen hatten. Dabei wurde auf Initiative des Königs, der die Rif-Kabylen ausrotten wollte,229 ab Oktober 1921 Giftgas aus dem deutschen Munsterlager-Breloh eingesetzt. Die beiden Kolonialmächte Spanien und Frankreich besiegten die Aufständischen bis 1927 unter Einsatz von Phosgen und Chlor-Arsen-Kampfstoff. Im Verlauf dieses Chemiewaffeneinsatzes wurden 500-600 t des Giftgases eingesetzt.230 Die spanische Armee bezifferte die Verluste in den Jahren 1921 bis 1926 auf 17.020 Mann.231

Trotz einer zeitweise breiten Unterstützung, auch unter Arbeitern und Intellektuellen (Straßenbau, Verwaltungs- und Steuerreform, Fachkabinett, Wiederherstellung der Herrschaft in Marokko und Frieden in einer kombinierten Operation mit Frankreich 1926), konnte sich Primo de Rivera nur bis 1930 halten. Der General hatte immer wieder angekündigt, dass sein Regime nur ein Provisorium sei und es bald Wahlen gebe, die aber ausblieben, so dass er schließlich durch General Dámaso Berenguer Fusté ersetzt wurde, der für April 1931 Gemeindewahlen ausschrieb. Wegen der Verwicklung des Königs in die Diktatur war das Ende der Monarchie absehbar. Bei den Gemeindewahlen konnten republikanische Kandidaten, benachteiligt durch die Wahlkreiseinteilung, zwar nur ein Fünftel der Sitze gewinnen, was aber 40 % der Stimmen entsprach. Dies führte zur Ausrufung der 2. Republik. Der König verließ das Land, ohne auf den Thron zu verzichten.

Zweite Republik 1931–1936

Feiern zur Ausrufung der Zweiten Spanischen Republik, 1931

Nachdem Alfonso XIII. Spanien verlassen hatte, proklamierte der Großgrundbesitzer Niceto Alcalá Zamora am 14. April 1931 die zweite Republik in der spanischen Geschichte. Ihre Ausrufung fand kaum Widerstand und wurde von weiten Teilen der Bevölkerung begrüßt. Alcalá Zamora wurde Staatspräsident, während eine Koalition aus linksrepublikanischen Parteien und der Sozialistischen Arbeiterpartei unter Manuel Azaña (Acción Republicana) die Regierung übernahm. Eine 1931 gegebene neue Verfassung sah das Frauenwahlrecht vor und führte die Zivilehe ein. Katalonien, Galicien und dem Baskenland wurden 1932 bzw. 1936 Autonomierechte gewährt.

Es zeigte sich jedoch, dass die scharfen politischen und sozialen Konflikte, die die Republik geerbt hatte, sich unter der neuen Regierung weiter verschärften. Wirtschaftliche Probleme und Mangel an politischer Konsenskultur verhinderten eine Konsolidierung der neuen Staatsform. Wichtige Reformprojekte kamen nur zögerlich zustande, Gesetze wurden von Nachfolgeregierungen unter veränderten politischen Vorzeichen wieder zurückgenommen.

Bereits im August 1932 kam es unter Führung von General José Sanjurjo zum ersten Putsch gegen die Regierung, für eine konservativere politische Ordnung. Er scheiterte jedoch.

Nach den Wahlen von 1933 übernahm eine Mitte-rechts-Koalition, bestehend aus der konservativen Confederación Española de Derechas Autónomas und dem liberalen Partido Radical unter dem neuen Ministerpräsidenten Alejandro Lerroux die Regierungsverantwortung. Gegen die neue Regierung kam es im Oktober 1934 zu mehreren Aufständen linker Gruppen. In Barcelona proklamierte die katalanische Regionalregierung ihre Unabhängigkeit, scheiterte damit aber ebenso wie die Anhänger des sozialistischen Gewerkschaftsführers Francisco Largo Caballero mit ihrem Aufstand in Madrid. Zur größten Erhebung kam es in Asturien, wo verschiedene Organisationen der Eisenbahner und Bergarbeiter eine „Arbeiterallianz“ aus der sozialistischen Gewerkschaft Unión General de Trabajadores, den anarchosyndikalistischen Treinistas und den wenigen Anhängern der Kommunistischen Partei aus der Taufe gehoben hatten. Der Aufstand wurde von Regierungstruppen unter Leitung des Generals Francisco Franco niedergeschlagen, wobei etwa 3.000 Menschen ihr Leben verloren.

Die politische Instabilität, die vor allem von den Vertretern linker und rechter Positionen und ihren paramilitärischen Verbänden, aber auch von Mitgliedern regulärer Sicherheitskräfte geschürt wurde, verschärfte sich nach dem Sieg der Volksfront (Frente Popular) aus linksliberalen, sozialistischen und kommunistischen Parteien bei den Parlamentswahlen vom 17. Februar 1936. Rechte Politiker bezichtigten die Wahlsieger der Wahlfälschung und behaupteten, Spanien werde in eine sozialistische Diktatur verwandelt.

Während dieser Zeit kam es zu zahlreichen Straßenschlachten und Anschlägen. Schließlich nahmen führende Generäle die Ermordung des monarchistischen Oppositionsführers José Calvo Sotelo durch Angehörige sozialistischer Milizen und der republikanischen Sicherheitspolizei am 13. Juli 1936 zum Anlass, vier Tage später einen lange geplanten Putsch durchzuführen. Der Putsch konnte die Regierung nicht unmittelbar stürzen, von ihr aber auch nicht unterdrückt werden. Er weitete sich mithilfe internationaler Unterstützung zum Bürgerkrieg aus, in dem die Republik unterging und vom Franco-Regime gewaltsam ausgelöscht wurde.

Der Spanische Bürgerkrieg (1936–1939)

Grundkonstellation

Zwischen Juli 1936 und April 1939 standen sich Republikaner und Sozialisten (Reformer) auf der einen Seite und die Putschisten Francos auf der anderen Seite in einem Bürgerkrieg gegenüber. In der spanischen Geschichte hatten friedliche Lösungen kaum eine Tradition. So standen sich katholisch-nationalistische, bürgerlich-liberale und sozialrevolutionäre Gruppierungen in weit zurückreichender Feindschaft gegenüber. Wegen der wirtschaftlichen Krise und der sich verändernden Lage durch das Aufkommen des Faschismus verschärfte sich die Situation zusehends. Bald wandte sich auch die Arbeiterschaft gegen die Republik. Nachdem sich die sozialen Reformen als nicht durchsetzungsfähig erwiesen und 1934 die neue Rechtsregierung einen harten Kurs eingeschlagen hatte, sahen die organisierten Arbeiter in der neuen parlamentarischen Staatsform nichts weiter als eine Fortsetzung der alten Politik der Unterdrückung. Die Anarchisten hatten fast von Anfang an die Republik bekämpft; die zuvor reformistische sozialistische Gewerkschaft UGT schwenkte aus Enttäuschung über das Regierungsbündnis mit den Republikanern ab 1933 auf einen revolutionären Kurs um und propagierte die Diktatur des Proletariats. Maßgebliche Teile der sozialistischen Partei PSOE setzten dagegen weiterhin auf eine Kooperation mit den Liberalen. Weite Teile des Bürgertums fürchteten eine Dominanz der Arbeiterschaft und waren daher bereit, eine Diktatur zu unterstützen. Hinzu kamen die Bestrebungen des katalanischen und baskischen Bürgertums, den kastilisch dominierten Zentralstaat zu verlassen.

Eine eigene Rolle, insbesondere seit dem Desaster von 1898, spielte das Militär. 1932 fand ein erster Putsch statt, der durch einen anarchistischen Generalstreik vereitelt wurde. Ende 1933 zerbrach die erste Koalition, der eine von den rechten Parteien tolerierte und gewählte Zentrumsregierung folgte. Sie amnestierte die Putschisten, machte die Reformen rückgängig. Linke wie Liberale verstanden dies als Provokation. Im Oktober 1934 riefen Sozialisten sowie die bürgerliche katalanische Regierung den Aufstand aus. Wegen unzureichender Vorbereitungen und der Absage der Anarchisten scheiterte dieser Versuch. Einzig in Asturien konnte der Aufstand sich halten; die Regierung rief das Kriegsrecht aus. Unter dem späteren Diktator Francisco Franco wurde die Erhebung niedergeschlagen, 1.300 Menschen starben, davon 78 % Zivilisten. Es folgte eine Verhaftungswelle, die auch liberale und sozialistische Spitzenpolitiker erfasste, und eine Zensur. Die Confederación Española de Derechas Autónomas, die katholizistische Sammlungsbewegung, die in Teilen mit dem europäischen Faschismus sympathisierte, drängte an die Macht, scheiterte aber am Staatspräsidenten.

Ende 1935 war auch die zweite Koalition wegen interner Querelen und eines Finanzskandals am Ende. Um das Mehrheitswahlrecht diesmal für sich zu nutzen, bildeten Sozialisten, Republikaner, liberale Katalanisten, der stalinistische Partido Comunista de España und der linkskommunistische Partido Obrero de Unificación Marxista die Frente Popular. Unterstützt wurden sie von baskischen Nationalisten und Anarchisten, die diesmal keinen Wahlboykott formulierten. Dagegen stand die Frente Nacional aus CEDA, Monarchisten, einer Grundbesitzer-Partei und den Karlisten. Dazwischen standen die Parteien der Mitte, die kaum mehr Bedeutung besaßen.

Die Wahlen von 1936, Sieg der Volksfront

Am 16. Februar 1936 gewann die Volksfront die Wahlen; auch die parlamentarische Opposition erkannte ihren Sieg an. Den meistzitierten Angaben Javier Tussells zufolge erhielten die Parteien der linken Volksfront im ersten Wahlgang 4.654.116 Stimmen, diejenigen der rechten Nationalen Front 4.503.505 Stimmen und sonstige Parteien, darunter Zentrum, baskische Nationalisten und der Partido Republicano Radical, 562.651 Stimmen. Dies führte nach dem zweiten Wahlgang am 1. März zu folgender Sitzverteilung: Volksfront 301 Sitze (davon PSOE 99 und Izquierda Republicana 83), Nationale Front 124 (davon CEDA 83), andere 71.231n

Durch den Sieg der Volksfront hatte für Teile der Rechten die Republik aufgehört zu existieren. Ungeachtet des moderaten Reformprogramms der neuen Regierung unter Azaña kam es zu spontanen Landbesetzungen, Streiks und Straßenkämpfen, die von bewaffneten Ordnungskräften zum Teil gewaltsam unterdrückt wurden. Die faschistische Falange übte gezielten Terror aus, gegen den der Staat sich machtlos zeigte.

Auf dem Höhepunkt der Unruhen wurde am 13. Juli der monarchistische Oppositionsführer José Calvo Sotelo durch Angehörige der Guardia de Asalto und der Zivilgarde ermordet. Sein Tod bewog die Carlisten, den Putsch der Offiziere mit ihren paramilitärischen Verbänden zu unterstützen.

Als der Aufstand begann, leisteten vor allem die Arbeiter Widerstand. Wo sie erfolgreich waren, reagierten sie mit einer Revolution, die hauptsächlich von den Anarchisten getragen wurde. Aus dem Putsch wurde ein Bürgerkrieg, der schon bald in das internationale Beziehungsgeflecht Europas geriet.

Die Rolle der europäischen Mächte, Hitler und Mussolini, Stalin

Ein während der Schlacht von Guadalajara zerstörtes Wegwärterhäuschen

Die anderen europäischen Mächte bildeten unter der Ägide des Völkerbundes das Nichteinmischungskomitee, doch stellte sich bald heraus, dass das Prinzip der Nichteinmischung nicht ernsthaft verfolgt wurde.

Auf der einen Seite unterstützten die faschistischen Mächte Italien und Deutschland die Putschisten, während die liberalen Mächte Frankreich und Großbritannien eine Nichteinmischungspolitik praktizierten und damit den Siegeszug der Aufständischen begünstigten. Die Sowjetunion belieferte die Republik bis 1938 mit Waffen und Beratern. Dadurch konnte sie den Partido Comunista de España stärken. So wurde Spanien zu einem militärischen und politischen Fokus für die schwelende Systemkonkurrenz in Europa, die in den Zweiten Weltkrieg mündete.

Nach einem dringlichen Hilfegesuch Francos unterstützte Hitler die Putschisten. Für das NS-Regime war der Bürgerkrieg ein Schlachtfeld im Konflikt mit dem „Bolschewismus“. Spanien sollte von keinem Regime regiert werden, das dem Deutschen Reich feindlich gegenüberstehen würde. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass Frankreich seit Juli 1936 ebenfalls eine Volksfront-Regierung besaß, deren Vorgängerin bereits erste Annäherungen zur Sowjetunion betrieben hatte – was aber auf britischen und innenpolitischen Druck hin bald ein Ende fand. Spanien besaß zudem eine Reihe von Rohstoffen, die für die Rüstungsindustrie relevant waren und die man sich per Abkommen mit dem Franco-Regime aneignen wollte. Bereits unmittelbar nach dem Putsch verließen sämtliche Angestellte von deutschen Konzernen die von der Republik kontrollierten Gebiete. Sie begaben sich entweder in die von Franco kontrollierten Gebiete oder verließen per Schiff Spanien. Es kämpften insgesamt vielleicht 15.000 deutsche Staatsbürger auf Seiten Francos, zeitweise waren es 10.000. Die Anzahl der getöteten deutschen Staatsbürger wird mit 300 angegeben.

Die finanziellen Beihilfen Deutschlands zugunsten der Nationalisten betrugen 1939 etwa £ 43.000.000. Diese Beihilfen wurden zu 15,5 % für die Gehälter und Ausgaben, 21,9 % für Waffenlieferungen und 62,6 % für die Legion Condor verwendet.232

Bereits einige Tage nach dem Militärputsch, am 22. Juli 1936, war das deutsche Dampfschiff Girgenti im Hafen von Valencia von republikanischen Kräften nach Waffen durchsucht worden. Das deutsche Außenministerium protestierte in Madrid. Kurz darauf wurde die Girgenti von Joseph Veltjens gechartert und am 22. August 1936 in Hamburg erneut mit Waffen für die Militärs in der Region La Coruña beladen. Zudem lieferte Veltjens am 14. August 1936 an General Emilio Mola sechs He 51. Bei einer Verhandlung mit dem diktatorisch regierenden portugiesischen Ministerpräsidenten António de Oliveira Salazar erreichte am 21. August 1936 Johannes Bernhardt, dass Kriegsmaterial und Treibstoff über den Hafen von Lissabon eine Blockade des spanischen Hafens von Cádiz durch die republikanische Marine umgehen konnte. Weil die Putschisten nicht über genug Währungsreserven verfügten, wurde mit dem Deutschen Reich ein Verrechnungssystem etabliert, in dem Kriegsgerät etwa gegen Bergbau-Konzessionen verrechnet wurde. Laut dem Historiker Hugh Thomas bereiste Friedrich Bethke direkt nach der Einnahme Bilbaos im Juni 1937, über 14 Tage lang Erzbergwerke, Hochöfen und Walzwerke in dieser Region.233 Später überschrieb Franco zur Zahlung seiner Kriegsschulden sogar sechs Minen dem Deutschen Reich gegen 480 Millionen Reichsmark.

Die IG-Farben und Siemens und weitere deutsche Unternehmen unterstützten die Legion Vidal, eine Sanitätstruppe der Putschisten. Zudem lieferte die IG-Farben wichtige Rohstoffe zur Erzeugung von Kriegsgütern. Laut einem US-Regierungsbericht konnten insgesamt 104 Personen identifiziert werden, die als Spitzel für die IG-Farben sowie andere deutsche Firmen tätig waren.234

Die erste militärische Unterstützung Francos durch Berlin erfolgte gleich zu Beginn des Bürgerkrieges. Am 27. Juli 1936 wurde der „Sonderstab W“ unter Hermann Göring gebildet, der von Helmut Wilberg und Erhard Milch geleitet wurde. Das erste Projekt des Sonderstabs W, das Unternehmen Feuerzauber, war die Luftbrücke mit Flugzeugen der Lufthansa, durch welche Truppen der Putschisten, darunter auch Fremdenlegionäre, von Spanisch-Marokko auf das Festland nach Cádiz und Málaga verlegt wurden. Die Verlegung dauerte vom 28. Juli bis Oktober 1936, dabei wurden etwa 14.000 Fremdenlegionäre und 500 Tonnen Material transportiert.235 Zudem sicherten die deutschen Panzerschiffe Deutschland und Admiral Scheer als Begleitschutz nationalistische Schiffe, die über die Straße von Gibraltar Truppen aus Spanisch-Westafrika nach Südspanien transportierten.236 Zur weiteren Unterstützung des putschenden Generals Franco entsandte Hitler als Geschäftsträger der Reichsregierung Wilhelm Faupel, einen ehemaligen Militärberater in Argentinien und Generalinspekteur der peruanischen Armee. Die deutsche Militärhilfe war ausschließlich für Franco-Einheiten der Spanischen Legion bestimmt.237

Am 16. November 1936 trafen die ersten 5.000 deutschen Soldaten und am 26. November 1936 weitere 7.000 der Legion Condor in Cádiz ein238, zu der 19.000 Mann gehörten. Die Legion Condor verfügte bereits nach einigen Monaten über 100 Flugzeuge. Trotz der deutschen Unterzeichnung einer Nicht-Interventions-Vereinbarung im September 1936 griff die Legion Condor in alle wichtigen Schlachten ab 1937 ein: um Bilbao, Brunete, Teruel, Ebro-Bogen. Berüchtigt wurde der Luftangriff auf Gernika am 26. April 1937, bei dem die religiöse Hauptstadt des Baskenlandes zerstört wurde. Die Legion Condor war auch am Massaker von Málaga beteiligt, bei dem etwa 10.000 Menschen ums Leben kamen. Während des Bürgerkrieges hatte die Legion Condor keinerlei Versorgungsproblem mit Erdölprodukten, die Royal Dutch Shell, Texas Oil Company und Standard Oil Company lieferten.238d

Übersichtskarte über die Operationsgebiete zur Durchsetzung des beschlossenen Waffenembargos (Gebiet der deutschen Kriegsmarine ist in grau)

Im Februar 1937, während der Schlacht von Malaga, beschoss die Admiral Graf Spee Malaga.239 Mit Seestreitkräften Großbritanniens, Italiens und Frankreichs beteiligte sich die Kriegsmarine auch an der internationalen Seeblockade zur Durchsetzung eines Waffenembargos, wobei ihr ein Küstenbereich im Mittelmeer etwa zwischen Almería und Valencia zugewiesen war. Die Kriegsmarine entsandte die Panzerschiffe Admiral Scheer und Deutschland. Bis Mitte Oktober wurden des Weiteren der Leichte Kreuzer Köln und vier Torpedoboote entsandt.

Bei der Operation Ursula (benannt nach der Tochter von Karl Dönitz) entsandte die Kriegsmarine am 20. November 1936 die U-Boote U 33 und U 34.240 Die U-Boote erreichten das Mittelmeer in der Nacht vom 27. auf den 28. November und übernahmen Patrouillen von italienischen U-Booten, die bereits republikanische Häfen blockierten. Ende November hielten sich die beiden deutschen U-Boote im Seeraum zwischen Cartagena und Almeria auf. Am 1. Dezember 1936 eröffneten die U-Boote einen Unterwasserkrieg mit der Torpedierung eines republikanischen Zerstörers. Die Rückkehr der U-Boote nach Wilhelmshaven im Dezember markiert das Ende der Operation Ursula. Als letztes U-Boot verließ U 35 Ferrol am 5. Januar 1939 das Mittelmeer in Richtung Brunsbüttel.

Bundesarchiv Bild 183-L15327, Spanien, Heinrich Himmler bei Franco
Reichsführer SS Heinrich Himmler (vorne, zweiter von links) mit SS-Obergruppenführer Karl Wolff (links) bei einem Treffen mit Franco (zweiter von rechts) in Spanien, 25. Oktober 1940. Anwesend waren auch Minister Ramón Serrano Suñer und, halb verdeckt, General Moscardo, Bundesarchiv.

1937 errichteten die Putschisten in Miranda de Ebro ein Konzentrationslager nach deutschem Vorbild. Dieses Lager wurde von dem SS- und Gestapo-Mitglied Paul Winzer geführt. Nach einem Gestapo-Bericht vom August 1939241 befanden sich Gestapo-Beamte in Spanien, die Gefangene vernahmen. Nach dem Polizeiabkommen vom 31. Juli 1938 zwischen Heinrich Himmler und Severiano Martínez Anido wurde von SS-Sturmbannführer Winzer neben dem bestehenden Abwehrnetz ein SD-Netz aufgebaut. Die Zusammenarbeit beinhaltete auch die gegenseitige Auslieferung von „politischen Verbrechern“.242

Nachdem Franco sich zum Staatsoberhaupt hatte erheben lassen, erkannten Deutschland und Italien am 18. November 1936 das Militär als rechtmäßige Regierung an. Göring gab in den Nürnberger Prozessen an, Hitler zur Erprobung der neuen Luftwaffe gedrängt zu haben.

Neben dem Deutschen Reich mischte sich vor allem Italien ins Kriegsgeschehen ein, und zwar in weit größerem Umfang als die deutsche Seite, womit sich für Mussolini nach dem Abessinienkrieg eine neue Bühne für militärische Kraftproben bot. In Rom hatte man, anders als in Deutschland, schon im Vorfeld über die Absichten der spanischen Generäle Bescheid gewusst. In der ersten Phase, als sie noch mit einem schnellen Sieg rechneten, sandten die Italiener weniger reguläre Truppen als vielmehr faschistische Milizionäre nach Spanien, die die Schlagkraft von Mussolinis Regime demonstrieren sollten. Bereits am 18. November 1936 erkannte Italien mit Deutschland das Franco-Regime als rechtmäßige Regierung Spaniens an. Mussolini stellte Franco außerdem vier Zerstörer und im weiteren Verlauf des Jahres 1938 den alten Kreuzer RN Taranto zur Verfügung.243 Im Juli 1938, während der Schlacht am Ebro, griffen italienische U-Boote zahlreich sowjetische und britische Schiffe mit Kriegsmaterial für die Republik an.244 Italienische U-Boote unternahmen von November 1936 bis Februar 1938 108 Angriffe gegen Kriegs- und Handelsschiffe. Die Intervention, die Italien insgesamt etwa 10.000 Tote und 4,5 Milliarden Lira kostete, honorierte Franco lediglich mit 100.000 Tonnen Eisen und einer protokollarischen Zusicherung, dass die Beziehungen zwischen Italien und Spanien „weiterentwickelt“ werden sollten.

Als in Spanien 1936 der Bürgerkrieg ausbrach, unterstützte die portugiesische Militärdiktatur den Putsch. Zudem erfolgte die Versorgung der Nationalisten mit Kriegsmaterial über Portugal. Bereits in den ersten Wochen des Krieges sollte die Legion Viriato aufgestellt werden, doch nach pro-republikanischen Unruhen in Portugal beschloss die Regierung Salazar Abstand von einem direkten Eingriff in das Kriegsgeschehen zu nehmen. Die Legion wurde aufgelöst. Unter dem Deckmantel der Neutralität autorisierte die portugiesische Regierung die Rekrutierung von Freiwilligen für die Spanische Legion. Bis zu 12.000245 portugiesische Freiwillige kämpften während des Krieges auf Seiten Francos. Bei der Siegesparade Francos in Madrid, am 19.Mai 1939, bildete die portugiesische Legion Viriato mit der deutschen Legion Condor die Nachhut.246 Im März 1939, kurz vor dem Ende des Spanischen Bürgerkrieges im April 1939, unterzeichnete Portugal einen Freundschafts- und Nichtangriffspakt mit Spanien.

Während des Bürgerkrieges kämpften etwa 700 irische Freiwillige in der Irischen Brigade unter der Führung von Eoin O'Duffy auf der Seite Francos. Am 12. Dezember 1936 verschiffte im Auftrag des deutschen Reiches Joseph Veltjens insgesamt 600 irische Freiwillige von Galway in den spanischen Marine-Hafen El Ferrol. Danach erfolgte in Cáceres, dem Hauptquartier Francos, die militärischen Ausbildung der Freiwilligen. Die Iren wurden ein Teil des XV Bandera Irlandesa del Terico der Spanischen Legion. Die Brigade war die größte ausländische Einheit in der Legion.

Die Sowjetunion hatte 1935 ihren über die Komintern in den Westen exportierten Konfrontationskurs aufgegeben und strebte nun, in die geostrategische Defensive überwechselnd, eine Allianz mit den europäischen Demokratien an (Volksfrontpolitik). Am 28. Oktober 1936 erklärte der russische Botschafter Iwan Michailowitsch Maiski in London, zugleich Repräsentant in dem Nichteinmischungskomitee, die Sowjetunion fühle sich nicht stärker an das Nichteinmischungsabkommen gebunden als Deutschland, Italien oder Portugal.247

Erst am 18. September 1936, nachdem Stalin einen Entschluss gefasst hatte, wurde in Paris eine Sitzung einberufen, in der Eugen Fried den Beschluss Stalins zur Aufstellung einer Internationalen Brigade verkündete. Daraufhin organisierten Kommunistische Parteien verschiedener Länder die Rekrutierung von Freiwilligen.248 Die Brigaden setzten sich aus 40.000 bis 48.000 Mann zusammen.249 Die Sowjetunion blieb (neben Mexiko) der einzige nennenswerte Bündnispartner für Madrid; die Republik geriet somit faktisch in die Abhängigkeit von Moskau. Es folgte der Aufstieg der spanischen kommunistischen Partei PCE. Der PCE traten vornehmlich Spanier bei, die der Sozialen Revolution feindlich gesinnt waren. Sie gewann vor allem Mitglieder in der Mittelschicht und im Kleinbürgertum, die befürchten müssten, ihre Privilegien zu verlieren. Mit der Hilfe des Generalkommissars Alvarez del Vayo gelang es bis zum Frühjahr 1937, das Militärwesen so weit zu dominieren, dass 125 der 168 Bataillonskommisare Parteigänger der PCE und PSUC oder Mitglieder der Vereinigung der kommunistischen Jugendverbände Spaniens waren.250 Laut Antony Beevor entsandte die Sowjetunion 30 sowjetische Offiziere, die als Kommandeure in den Internationalen Brigaden dienten. Drei der vier Kompanien unterstanden Leutnants der Roten Armee. Die genaue Zahl der sowjetischen Fachleute wird mit maximal 2150 angegeben, wobei sich zu keiner Zeit mehr als 800 sowjetische Fachleute im Land aufhielten. Der oberste sowjetische Militärberater war Jan Karlowitsch Bersin. Darüber hinaus erfolgte in Tiflis, in einem Ausbildungszentrum mit einer Kapazität von 60 Infanterieoffizieren und 200 Piloten, die Ausbildung von Angehörigen der Internationalen Brigaden.251

Die ersten sowjetischen Waffenlieferungen trafen im Oktober 1936 in Spanien ein. Die Lieferung umfasste 42 Doppeldecker vom Typ Polikarpow I-15 und 31 Polikarpow I-16 Jagdflugzeuge. Bereits am 29. Oktober 1936 griffen sowjetische Tupolew SB-2-Bombenflugzeuge Sevilla an und am 3. November waren die ersten Polikarpow I-16 über Madrid zu sehen. Die Sowjetunion gewährte der Regierung aber kaum Kredite, so dass die sowjetischen Waffenlieferungen mit bedeutenden Teilen der spanischen Goldreserven vergütet wurden. Mit den sowjetischen Waffenlieferungen verschob sich das Kräfteverhältnis hin zu einer autoritären Machtkontrolle durch die PCE. Es folgte eine massive Terrorwelle gegen die anarchistische CNT, die marxistische POUM oder echte und vermeintliche Trotzkisten. Sie wurden als faschistisch-trotzkitische, als „fünfte Kolonne Francos“ oder als Defätisten diffamiert. Die Auseinandersetzungen gipfelten in den Maiereignissen von Barcelona, einem „Bürgerkrieg im Bürgerkrieg“ – ein interner Konflikt, der die Republik zusätzlich schwächte. Der sowjetische Geheimdienst NKWD ermordete im Namen des Antifaschismus missliebige Mitkämpfer.

Unklar ist bis heute in der Forschung, weshalb Stalin ab 1938 seine Unterstützung fast gänzlich einstellte. Der militärische Anteil der Sowjetunion wurde in kommunistischen Darstellungen bis in die 1950er-Jahre hinein geleugnet. Erst seit 1956 änderte sich die Betrachtungsweise.252

Die republikanische Regierung erhielt auch Hilfe aus Mexiko. Es weigerte sich, die Nicht-Interventions-Vereinbarung vom September 1936 zu befolgen und unterstützte die Republikaner mit über 2.000.000 $, sowie mit 20.000 Gewehren. Mexikos wichtigste Beiträge für die spanische Republik waren die diplomatische Hilfe und die Aufnahme von rund 50.000 republikanischen Flüchtlingen.

In Großbritannien hegten die konservativen Eliten Sympathien für die Putschisten, da diese die Eigentumsverhältnisse unangetastet ließen. Mit der Nichteinmischungspolitik sollte Spanien „neutralisiert“, der Konflikt auf die Iberische Halbinsel beschränkt und das Land weder kommunistisch noch faschistisch werden. Franco kam den Briten hier entgegen, indem er 1938 vorsorglich seine Neutralität in einem möglichen europäischen Konflikt erklärte. So intensivierten sich trotz nicht unbedeutender Spannungen die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Großbritannien und dem Franco-Regime, vor allem nach der Einnahme des Baskenlandes.

60 % aller Auslandsinvestitionen in Spanien kamen aus Frankreich. In Paris regierte im Juli 1936 auch eine ähnlich gestaltete Regierung, die sozialistische Regierung von Léon Blum, sodass das Nachbarland sich als Bündnispartner für Spanien anbot. Tatsächlich war die von einer pazifistischen Strömung mitgeprägte Dritte Französische Republik in ähnlicher Weise gespalten wie die spanische. Weite Teile des bürgerlichen Lagers waren auf Seiten der Putschisten. Zudem kämpfte eine kleine Abteilung von rechtsgerichteten Franzosen in der spanischen Fremdenlegion. Hingegen sympathisierte die Linke mit der legitimen Spanischen Regierung. Um den Bürgerkrieg nicht im eigenen Land austragen zu müssen, unterließ Paris schnell offene materielle Hilfeleistungen, zumal man sich außenpolitisch eng an Großbritannien gebunden hatte.

Anarchismus

Fanelli (ganz oben in der Mitte) gemeinsam mit den ersten spanischen Internationalisten 1869 in Madrid

Der Anarchismus Spaniens hat eine eigenwillige Geschichte.253 Der Italiener Giuseppe Fanelli kam durch eine von Michail Bakunin geplante Reise nach Spanien, mit dem Vorhaben Mitglieder für die Internationale Arbeiterassoziation zu gewinnen. Im Winter 1868/69 reiste Fanelli nach Madrid und Barcelona; es entstanden erste Sektionen der Internationale, die erste in Barcelona wurde am 2. Mai 1869 gegründet, weitere Sektionen entstanden in Cádiz, Sevilla, Saragossa und Palma. Die Zeitung La Solidaridad wurde ab dem 15. Januar 1870 in Madrid herausgegeben, La Federaciòn in Barcelona und El Obrero Balear 1900 bis 1936 in Palma de Mallorca. Anarchistische Ideen verbreiteten sich auch bei der Landbevölkerung. Die spanische Sektion der Internationale wurde 1870 in Spanische Föderation umbenannt; nach nur 18 Monaten gab es in Spanien bereits 150 Teilgesellschaften mit etwa 40.000 Mitgliedern.254

Die Sozialisten und die Liberalen in der Spanischen Föderation wollten 1871 Spanien in fünf Handelssektionen (comarcas) organisieren, doch nach Konflikten versuchte sich die Föderation dezentral und abhängig von den „Aktionen der Arbeiter“ zu organisieren und nicht in organisierten Konzilien. Bereits vor dem Haager Kongress der Internationale von 1872 stellte die Spanische Föderation mit 848 Ortssektionen die mit Abstand größte Landesorganisation dar.255 1872 wurde Bakunin aus der Internationale ausgeschlossen, woraufhin die spanischen Sektionen die treibende Kraft bei der Bildung der Antiautoritären Internationale wurden.

Die Zeitung der Escuela Moderna, eines anarchistischen Bildungsprojekts von Francesc Ferrer i Guàrdia

Um 1870 hatte die Spanische Föderation die meisten ihrer Mitglieder in den ländlichen Gebieten von Andalusien und in Katalonien. Nachdem in der Region Alcoi 1873 Streiks für den Achtstundentag stattgefunden hatten, versuchte die Regierung die Aktivitäten der Föderation zu unterbinden. Ihre vorübergehend größte Mitgliederzahl erreichten die anarchistischen Sektionen 1883 mit fast 60.000 Mitgliedern.256

Gewaltakte wurden vom wieder aufkommenden Anarchosyndikalismus abgelehnt.257 Umfangreiche Demonstrationen folgten dem Haymarket-Massaker von 1886 in Chicago, das die 1.-Mai-Tradition begründete. Dabei waren auch acht Anarchisten verhaftet worden, vier von ihnen, darunter der Chefredakteur und Herausgeber der Arbeiter-Zeitung, wurden hingerichtet, einer tötete sich in seiner Zelle. Der 1. Mai 1890 bildete dabei den Auftakt zur bis dahin größten europäischen Streikwelle, die erst am 8. Mai für beendet erklärt wurde.258

1891 wurde die Mehrzahl der Organisationen aufgelöst, worauf in Jerez de la Frontera 1892 ein Aufstand begann, der jedoch schnell niedergeschlagen wurde. Über 400 Anarchisten wurden nach einem Bombenanschlag im Gefängnis von Montjuïc in Barcelona 1892 gefangengesetzt, viele wurden gefoltert, fünf Gefangene exekutiert.

Im Jahr 1900 entstand eine neue Organisation, die Federación de Trabajadores de la Región española, die den Syndikalismus mit libertären Prinzipien verband und deren Teilnehmer auf 52.000 geschätzt wurden.259 Mit neuen Erziehungskonzepten wurden Wege gesucht, den Analphabetismus zu bekämpfen, wie etwa durch Francesc Ferrer i Guàrdia mit seiner Escuela Moderna, die 1901 in Barcelona entstand.

1909 wurde eine Textilfabrik mit 800 Arbeitern geschlossen, die Löhne im ganzen Industriesektor gekürzt. Zur gleichen Zeit ließ die Regierung verlautbaren, dass sie militärische Reserven für den Krieg in Marokko einziehen wolle. Ein Generalstreik begann am 26. Juli in Barcelona. Nach der daraus erwachsenen Revolte wurden etwa 1.700 Personen angeklagt, 450 wurden verurteilt, davon zwölf zu lebenslanger Freiheitsstrafe, fünf wurden hingerichtet. Unter ihnen war Ferrer, der zum Zeitpunkt der Revolution gar nicht in Barcelona war. Gewerkschaften und ihre Zeitungen wurden verboten und liberale Schulen geschlossen.

Gründungskongress der CNT 1910

Im Oktober 1910 wurde die Confederación Nacional del Trabajo (CNT) gegründet. Sie hatte anfangs 30.000 Mitglieder. Fünf Tage nach der Gründung wurde zum Generalstreik aufgerufen. Die CNT wurde zur illegalen Organisation. 1917 kam es zu einem von Sozialisten, mit wesentlicher Unterstützung von Anarchisten, organisierten Generalstreik in Barcelona, bei dem 70 Menschen ums Leben kamen.

1919 lösten die Beschäftigten eines Kraftwerks einen 44-tägigen Generalstreik mit mehr als 100.000 Teilnehmern aus. Barcelona wurde unter Kriegsrecht gestellt, die Regierung versuchte den Streik zu beenden, indem sie alle Arbeiter zum Militärdienst einberief. Die Streikenden forderten den Achtstundentag, die Anerkennung der Gewerkschaften und die Wiedereinstellung entlassener Streikender. Der Achtstundentag wurde für alle Beschäftigten durchgesetzt, womit Spanien das erste Land mit einem landesweiten Gesetz dieser Art war.

Nach dem Generalstreik von 1919 kam es zu zunehmender Gewalt gegen die Organisatoren der CNT im Zuge des Aufstiegs von Miguel Primo de Rivera zum Diktator, der alle anarchistischen Organisationen und Publikationsorgane verbot. Gewaltakte der Regierung und Anschläge eskalierten, 1921 fiel der Ministerpräsident Eduardo Dato einem Anschlag zum Opfer. Die CNT hatte zu dieser Zeit fast eine Million Mitglieder, doch fürchteten die Anarchisten ein entsprechend der Verbreiterung der Mitgliederbasis geringeres Interesse an ihrer Lehre.

1927 wurde die Federación Anarquista Ibérica gegründet, um diese Tendenz zu bekämpfen. Sie basierte auf autonomen Bezugsgruppen, darunter auch Los Solidarios. Ihre Mitgliederzahl stieg in den ersten Monaten des Bürgerkriegs stark an, sie wurde dominiert von Militanten wie Buenaventura Durruti. Sie unterstützte aber auch gemäßigte Anstrengungen gegen die Diktatur und half 1936 bei der Schaffung der Volksfront. Zu dieser Zeit, als die anarchistischen Organisationen mit der republikanischen Regierung zusammenzuarbeiten begannen, wurde die FAI de facto eine politische Partei, und das Modell der Bezugsgruppen wurde aufgegeben.

Mujeres Libres, Fotografie von Gerda Taro, 1936

Arbeiter und Landarbeiter kollektivierten Landbesitz und Industrie, verwalteten diese selbst und setzten Räte ein. In Katalonien setzte sich der Anarchosyndikalismus durch. Daneben gab es noch andere Arten des Anarchismus, vor allem in Saragossa, und in Form von Bauernvereinigungen in Andalusien. Die wichtigsten Gruppen waren die Confederación Nacional del Trabajo, dann die 20.000 Frauen der Mujeres Libres und die Anhänger des Partido Obrero de Unificación Marxista der linken Opposition.

Mit Fortschreiten des Krieges gelang es der Regierung und der kommunistischen Partei über ihren Zugang zu sowjetischen Waffen, die Kontrolle über die kriegswichtige Produktion zu erlangen. Gleichzeitig führten die kommunistischen Truppen Säuberungen durch. Ziel war es, die Anarchisten der CNT und die Links-Marxisten des POUM zu zerschlagen. Danach brach der Widerstand in den von Anarchisten kontrollierten Regionen zusammen.

Die CNT hieß anfangs die Zweite Spanische Republik als Alternative zur Diktatur zwar willkommen, hielt jedoch an dem Prinzip fest, dass alle Staatsgewalt zerstörerisch sei. Ein Streik von Telefonarbeitern führte zu Straßenkämpfen zwischen der CNT und Regierungskräften; die Armee setzte Maschinengewehre ein. Ein ähnlicher Streik brach einige Wochen später in Sevilla aus und es wurde Artillerie eingesetzt. Einige Anarchisten – darunter Durruti – wurden nach Afrika deportiert. Aufständische Bergarbeiter in Alto Llobregat übernahmen die Ortschaft.260

Tausende von Anarchisten wurden inhaftiert, gleichzeitig kam es zu Auseinandersetzungen innerhalb der CNT, ausgelöst durch das Manifest der Dreißig. Dem Fokus auf die Republik und Reformen setzten die Anarchisten ein Ziel entgegen, das im Ausruf kulminierte: „Vor Wahlen erst soziale Reformen!“ Im Dezember 1933 fand erneut ein Aufstand in Katalonien statt, den die Polizei abermals niederschlug. In Saragossa kam es gleichfalls zu einer kurzzeitigen Erhebung, im April zu einem Streik von fünf Wochen. Der in Asturien ausgelöste Bergarbeiterstreik wurde von Anarchisten, Sozialisten und Kommunisten gemeinsam durchgeführt. Durch die Unterstützung aus der Sowjetunion übten die Kommunisten trotz ihrer geringen Zahl starken Einfluss aus. Die Streikenden besetzten Städte, auch die Provinzhauptstadt Oviedo. Doch der Aufstand wurde militärisch niedergeschlagen. Der Einsatz, der durch den General Lopez Ochoa angeführten Spanischen Fremdenlegion und der Befehl, Spanier zu töten, riefen Empörung hervor.

Gegen die Zusammenschlüsse im rechten Politikspektrum beschlossen die Linksparteien nach französischem Vorbild den Zusammenschluss in einer Volksfront mit Republikanern, Sozialisten und Kommunisten, doch die Anarchisten wiesen dies zurück. So brachen in den Monaten nach dem Aufstieg der Volksfront Streiks und Rebellionen aus. Der nationale Kongress der CNT im Mai 1936 hatte einen offen revolutionären Tonfall. Unter den diskutierten Themen waren sexuelle Freiheit, Pläne für landwirtschaftliche Kommunen und die Beseitigung gesellschaftlicher Hierarchien.

Angesichts der Bedrohung durch die Vorgänge in Marokko raubten Angehörige der CNT ein Waffenlager aus. Milizen wurden Tage vor der geplanten Erhebung als Alarmwachen platziert. Die Erhebung wurde kurzfristig um zwei Tage auf den 17. Juli vorverlegt, doch sie wurde in vielen Gebieten von bewaffneten Arbeitermilizen besiegt, wie in Barcelona. Einige Anarchistenhochburgen, wie Saragossa, fielen. Die Anarchistenmilizen waren entsprechend ihre Grundsätzen organisiert, bevor sie 1937 zum Teil in der regulären Armee aufgenommen wurden.

Die bekannteste anarchistische Einheit war die Kolonne Durruti. Sie begann mit 3.000 Milizionären und zählte auf ihrem Höhepunkt 8.000 Mann. Doch Durrutis Tod am 20. November 1936 führte letztlich dazu, dass die Männer in die reguläre Armee eingegliedert wurden.

Ticket für ein Kino, das von Anarchisten betrieben wurde

Viele Unternehmen wurden der „Herrschaft der Arbeiter“ unterworfen; in anarchistischen Hochburgen wie Katalonien zu drei Vierteln. Fabriken wurden von Arbeiterkomitees betrieben, Ländereien kollektiviert und als „Freie Kommunen“ betrieben. In den kollektivierten Gebieten orientierte man sich am Grundprinzip „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.“261 Die anarchistischen Kommunen produzierten mehr als vor der Kollektivierung. Statt 25 Fabriken im September 1936 arbeiteten im Juli 1937 300 Betriebe mit einer Gesamtbelegschaft von 150.000 Arbeitern in der Kriegsindustrie, wo die Produktion um 30 bis 40 % stieg; ähnliches galt für die zivilen Betriebe. Die Landwirtschaft steigerte in Katalonien ihre Erträge um 40 %.262

Demonstration während der „Tragischen Woche“ in Barcelona im Mai 1937

1936 entschied die CNT, mit der Regierung von Largo Caballero zusammenzuarbeiten. Juan García Oliver wurde Justizminister, Federica Montseny († 1994) wurde Gesundheitsministerin. Doch Kommunisten und Liberale auf der republikanischen Seite trugen dazu bei, die anarchistische Revolution zu beenden. Die Hierarchie wurde partiell wiederhergestellt, die Macht wurde den Arbeitern und Gewerkschaften genommen und der Volksfront überantwortet. Die Milizen wurden teilweise für illegal erklärt und mit der republikanischen Armee verschmolzen. Während der Maiereignisse kam es vom 4. bis 8. Mai 1937 zu schweren Straßenkämpfen, die 500 Bewohner Barcelonas das Leben kosteten. Die FAI wurde verboten, die Anarchisten mussten ihre Waffen abgeben. Während des Zweiten Weltkrieges arbeiteten die spanischen Anarchisten mit der französischen Résistance zusammen.

Der Guerilla-Widerstand gegen Franco erlosch um 1960. Die CNT spaltete sich 1979 in die CNT/AIT und die CNT/U. Die CNT/U änderte 1989 ihren Namen in Confederación General del Trabajo (CGT); sie ist mit etwa 60.000 Mitgliedern größer als die CNT und die drittgrößte Gewerkschaft des Landes. Während die CGT, wie jede andere spanische Gewerkschaft, an Syndikatswahlen teilnimmt, in denen Mitarbeiter ihre Vertreter für die Tarifverhandlungen wählen, nimmt die CNT nicht an diesen elecciones sindicales teil. Die Spaltung sorgt dafür, dass den Gewerkschaften keine Fabriken zurückgegeben werden können, die das Franco-Regime eingezogen und der einzig zugelassenen Gewerkschaft Sindicato Vertical übergeben hatte.263 Die Federación Anarquista Ibérica (FAI) hat sich reorganisiert und ist Mitglied der Internationale der Anarchistischen Föderationen.

Verlauf des Bürgerkriegs

Im Bürgerkrieg kamen allein auf den Schlachtfeldern 100 bis 150.000 Menschen ums Leben, etwa eine halbe Million Spanier ging ins Exil. „Dabei hat die republikanische Seite nach bisherigen Erkenntnissen an die 50 000 Tote zu verantworten, während der franquistischen Repression zwischen 1936 und 1950 etwa 140 000 Menschen zum Opfer fielen.“264 In Francos Konzentrationslagern waren Hunderttausende - nach Schätzungen bis zu 400.000 - interniert. Das letzte Lager wurde erst 1962 aufgelöst.

Initiiert durch eine Militärrevolte in Spanisch-Marokko begann am 17. Juli 1936 der Staatsstreich des Militärs. Die Putschisten stützten sich vor allem auf die Kolonialtruppen in Spanisch-Marokko (die Regulares, ein Heer marokkanischer Söldner, sowie die Spanische Legion) und hofften, schnell die Kontrolle über die Hauptstadt Madrid und alle wichtigen Städte zu erlangen. 80 % des unteren und mittleren Offizierskorps, die Mehrheit der Unteroffiziere, aber nur vier Divisionsgeneräle, entschieden sich für den Putsch. Die Putschisten errangen bald die Kontrolle über Sevilla, Cádiz, Jerez de la Frontera, Córdoba, Saragossa, Oviedo sowie über Galicien, Mallorca und das carlistische Navarra; sie scheiterten jedoch in den Provinzen Madrid, Valencia und Barcelona, Sitz von 70 % der spanischen Industrie.

Anführer des Militärputsches war General Sanjurjo, der bereits 1932 mit einem Putsch gescheitert war und sich deshalb im portugiesischen Exil befand. Auf dem Rückflug aus dem Exil verunglückte der General tödlich, was zu einem Machtvakuum bei den Nationalspaniern führte. Dieses wurde durch ein Triumvirat der Generäle Emilio Mola, Franco und Gonzalo Queipo de Llano beendet.

Eine der ab März 1937 zur Unterstützung Francos eingesetzten Heinkel He 111 E („Pedro“ genannt) der Legion Condor auf einem spanischen Flugplatz im Jahr 1939

Auf der Seite der Nationalisten kämpften weite Teile der Armee, darunter viele maurische Söldner, die carlistischen Milizen (Requeté) und die Falange, die bis 1937 noch relativ unabhängige Befehlsstrukturen behielten. In der republikanischen Zone wurde Regierungschef Casares am 19. Juli durch den moderaten Martínez Barrio ersetzt, der den Aufständischen politische Mitsprachemöglichkeiten und die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung versprach, die die konservative Opposition in den vorhergehenden fünf Monaten vergeblich im Parlament eingefordert hatte. Dieser wurde jedoch schon einen Tag danach durch den radikaleren Giral ausgetauscht, als die Bemühungen um Vermittlung gescheitert waren. Treu zur Republik blieb die Mehrheit der Generäle, zwei Drittel der Marine und die Hälfte der Luftwaffe, doch konnten sie das Fehlen eines intakten Offiziers- und Unteroffizierskorps in den entscheidenden ersten Monaten nicht kompensieren. Die loyal gebliebenen Truppen mit der paramilitärischen Guardia Civil und der Guardia de Asalto bildeten mit Milizgruppen der Sozialdemokraten, der Kommunisten, der Sozialisten und den Anarchosyndikalisten zu Beginn des Bürgerkrieges das militärische Rückgrat der Republik.

Die ersten internationalen Milizionäre zu Beginn des Bürgerkrieges waren vornehmlich Teilnehmer der Volksolympiade in Barcelona und politische Emigranten, die in Spanien lebten. Es waren an die 300 internationale Milizionäre, die sich nach dem Militärputsch in Barcelona in Grupos organisierten. Sie bildeten mit den ersten internationalen Freiwilligen, die über Frankreich nach Spanien kamen, Gruppen von internationalen Milizionären. Diese Gruppen gingen auf in Hundertschaften (Centuria). Diese Hundertschaften kämpften zu Beginn des Bürgerkrieges vornehmlich an der Aragon-Front. Kommunistische internationale Freiwillige kämpften vornehmlich in PSUC-Milizeinheiten, sozialistische internationale Freiwillige vornehmlich in POUM-Milizeinheiten und anarchistische vornehmlich in CNT-Milizeinheiten. Bei den internationalen Milizionären gab es viele bekannte Personen wie George Orwell und André Malraux.

Flagge der Interbrigaden

Eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielte der Partisanenkampf im Hinterland der Front, der zum Beispiel von Ernest Hemingway in seinem Roman Wem die Stunde schlägt beschrieben wird.

Die republikanische Seite, die einem materiell unterlegenen, aber besser ausgebildeten Gegner gegenüberstand, wurde von der Sowjetunion mit umfangreichen Materiallieferungen und 2000 Bewaffneten unterstützt. Das Kriegsgerät bestand allerdings zu weiten Teilen aus einem Sammelsurium ausgemusterter Exemplare. Diese Waffenkäufe wurden mit dem spanischen Goldvorrat, der dafür vom NKWD in die Sowjetunion verbracht wurde, verrechnet.

Im gesamten Krieg standen 1533 deutschen und italienischen Flugzeugen nur 806 sowjetische gegenüber. Die sonstige Materialhilfe des Deutschen Reichs und Italiens fiel im Vergleich mit der Sowjetunion geringer aus, doch überstieg die Zahl gerade der italienischen Freiwilligen weit das von der Sowjetunion geschickte militärische Personal. Die demokratischen Länder Europas beriefen sich auf ihre Neutralität, lediglich Frankreich öffnete bei zwei Gelegenheiten seine Grenze, um die Frente Popular mit Material zu unterstützen. Polen unterstützte zwar die Putschisten nicht offiziell, lieferte aber Waffen an sie. Jedem Polen, der in die Internationalen Brigaden der Republik eintrat, wurde die polnische Staatsbürgerschaft entzogen.

Vier Stadien des Frontverlaufs bis Oktober 1937

Die letzten Hoffnungen auf ein schnelles Ende wurden am 21. Juli zerstört, als die Nationalisten die Marinebasis Ferrol in Nordwestspanien eroberten und dort zwei Kreuzer erbeuteten. Des Weiteren half Franco die erste Luftbrücke der Geschichte, Truppen aus den spanischen Kolonien aufs Festland zu verschieben und so die republikanische Marineblockade in der Straße von Gibraltar zu umgehen und das von ihnen kontrollierte Gebiet zu konsolidieren. Am 26. Juli beschlossen die Achsenmächte den Nationalisten beizustehen, die Hilfe lief dann Anfang August an.

Francos nationalistische Kräfte errangen mit der Eroberung Toledos am 27. September und der Beendigung der Belagerung des Alcázars von Toledo einen weiteren wichtigen propagandistischen Sieg. Zwei Tage später erklärte sich Franco selbst zum Generalísimo und Caudillo (Führer). Die Nationalisten begannen im Oktober bei einem Kräfteverhältnis von 1:3 eine Großoffensive Richtung Madrid. Der zunehmende Widerstand durch die Regierung, die Mobilisierung der Bevölkerung sowie der Eingriff von Verstärkungen brachte den Vormarsch aber am 8. November zum Stehen. Inzwischen hatte sich die Regierung am 6. November von Madrid nach Valencia zurückgezogen.

Die Achsenmächte erkannten das Francoregime nach der Befreiung der in der Festung von Toledo eingeschlossenen nationalspanischen Soldaten am 18. November an und am 23. Dezember schickte Italien eigene Freiwillige, um für die Nationalisten zu kämpfen.

Das von der Legion Condor zerstörte Guernika

Mit durch die italienischen Truppen und Kolonialtruppen aus Marokko verstärkten Kräften versuchte Franco im Januar und Februar 1937 nochmals Madrid zu erobern, scheiterte jedoch erneut. Málaga wurde am 8. Februar erobert und am 28. April betraten Francos Truppen Guernica, zwei Tage nach der Bombardierung durch die Legion Condor.

Im Mai begann die Regierung eine Kampagne zur Rückeroberung Segovias, um Franco zu zwingen, Truppen von der Madridfront abzuziehen und so deren Vormarsch zu stoppen. Anfang Juli begann die Regierung sogar eine starke Gegenoffensive bei Brunete im Gebiet von Madrid, um die Hauptstadt zu entlasten. Die Nationalisten konnten diese jedoch unter Einsatz der Legion Condor abwehren. Danach konnte Franco die Initiative zurückerlangen. Er konnte nach Kantabrien und Asturien vordringen und eroberte die Städte Santander und Gijón, was die Eliminierung der Nordfront bedeutete. Am 28. August erkannte der Heilige Stuhl Franco unter dem Druck Mussolinis an. Ende November ging die Regierung nach Barcelona.

Im Januar und Februar kämpften die beiden Parteien um den Besitz der Stadt Teruel, wobei die Nationalisten sie ab dem 22. Februar endgültig halten konnten. Am 6. März entschied die republikanische Seite das größte Seegefecht des gesamten Bürgerkrieges für sich und versenkte den Schweren Kreuzer Baleares in der Schlacht von Cabo de Palos. Doch der Ausgang des Gefechtes hatte keinen Einfluss auf den Verlauf des Krieges. Am 14. April brachen die Nationalisten zum Mittelmeer durch. Das republikanische Gebiet wurde somit in zwei Teile geteilt. Im Mai bat die Regierung um Frieden, doch Franco verlangte die bedingungslose Kapitulation.

Die Regierung begann nun eine Großoffensive, um ihre Gebiete wieder miteinander zu verbinden: Die Ebroschlacht begann am 24. Juli und dauerte bis zum 26. November 1938. Acht Tage vor Jahresende schlug Franco zurück, indem er starke Kräfte für eine Invasion Kataloniens aufbot.

Die Nationalisten eroberten Katalonien während der ersten zwei Monate des Jahres 1939. Tarragona fiel am 14. Januar, Barcelona am 26. Januar und Girona am 4. Februar. Fünf Tage danach wurde der letzte Widerstand in Katalonien gebrochen. Am 27. Februar erkannten die Regierungen von Großbritannien und Frankreich das Francoregime an.

Nur noch Madrid und einige andere Hochburgen verblieben den Regierungskräften. Am 28. März fiel Madrid mit Hilfe der berüchtigten „fünften Kolonne“ an Franco. Am folgenden Tag gab Valencia ebenfalls auf, das fast zwei Jahre unter dem Beschuss der Nationalisten ausgehalten hatte. Franco verkündete am 1. April den Sieg.

Repressionen und politische Morde

Die Kirche schätzt, dass zwischen 1931 und 1939 fast 7.000 Geistliche getötet wurden. Bekannt sind 6.832.265 Die Angaben über die Zahl der Ermordeten gehen allerdings sehr weit auseinander; für die nationalistische Zone lagen die Schätzungen bisher zwischen 75.000 und 200.000 (gegenwärtig wird die Zahl der „Verschwundenen“ allerdings stark nach oben korrigiert, so dass dies auch erhebliche Auswirkungen auf die Gesamtopferzahl haben wird),266 in der republikanischen Zone zwischen 35.000 und 65.000 Opfern. Antony Beevor schrieb dazu in Der Spanische Bürgerkrieg: „Das Morden lief auf beiden Seiten nicht in gleicher Weise ab. Während die grausamen Säuberungen von ›Roten und Atheisten‹ auf dem Gebiet der Nationalisten Jahre lang anhielt, waren die Gewalttaten auf Seiten der Republikaner in der Hauptsache spontane und hastige Reaktionen auf unterdrückte Ängste, verstärkt durch den Wunsch nach Vergeltung für Gräueltaten des Gegners“.267 César Vidal, ein prominenter Vertreter des spanischen Geschichtsrevisionismus,268 verwirft jedoch diese Annahme und weist auf die aktive und andauernde Verwicklung republikanischer Institutionen in auf republikanischem Gebiet begangene Verbrechen hin.269

Beim Massaker von Málaga an der fliehenden Bevölkerung der Stadt wurden im Februar 1937 etwa 10.000 Menschen von den Nationalisten ermordet. In den während des Krieges errichteten Konzentrationslagern wurden an den republikanischen Häftlingen – mit nationalsozialistischer Unterstützung – auch medizinische Versuche durchgeführt, die angebliche körperliche und psychische Deformationen erforschen sollten.270 Nach dem Krieg gelangte die republikanische Armee in Gefangenschaft. Insgesamt wurden nach Kriegsende etwa 275.000 Menschen in Stierkampfarenen und Fußballstadien gefangengehalten. Bis Ende der 1940er Jahre verringerte sich die Zahl auf etwa 45.000.

Im Februar 1939 gab es fast 500.000 Kriegsflüchtlinge. Sie wurden anfangs zumeist in Südfrankreich interniert. Mehr als die Hälfte kehrte in den nächsten Monaten nach Spanien zurück. In Frankreich blieben ungefähr 150.000. Einige Tausende Spanier wurden nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht als Kriegsgefangene in verschiedene Stammlager verbracht und seit dem 6. August 1940 in das KZ Mauthausen. Dort lebten über 7.000 spanische Häftlinge, von denen 5.000 starben. Einige Spanier wurden von der Gestapo aus Frankreich an Franco ausgeliefert, andere, wie der ehemalige Regierungschef Francisco Largo Caballero, wurden in andere deutsche Konzentrationslager verschleppt.

Die insbesondere vom Nationalsozialismus vertretenen Rassenlehren fanden in Spanien kaum Widerhall. Rund 20 bis 35.000 europäische Juden konnten sich über Spanien vor der Verfolgung retten.271 Das Regime verlangte zur Einreise ein französisches Ausreisevisum, das die Flüchtlinge selten beibringen konnten, so dass oft nur die illegale Einreise blieb. Zudem operierten deutsche Diplomaten und später die Gestapo im spanischen Hinterland. Portugal stellte ab 1941 die Verfolgung der Flüchtlinge weitgehend ein. Ein Engagement bei der Rettung der bedrohten Juden hingegen, das Franco später für sich in Anspruch nahm, kann als widerlegt gelten. Franco soll sich zwar für einen Teil der sephardischen Gemeinden in Griechenland eingesetzt haben.272 Von diesen Sepharden hatten einige in den 1920er-Jahren als Nachfahren 1492 vertriebener Juden die spanische Staatsbürgerschaft annehmen können. Francos Engagement bezog sich nur auf diese Sepharden spanischer Staatsbürgerschaft, die mit 4.500 von 175.000 Sepharden verhältnismäßig gering an Zahl waren. Archivfunde aus Madrid belegen, dass Franco spätestens seit 1944 detailliert über die Judenvernichtung im KZ Auschwitz informiert war und das „Ausmaß der Vernichtung genauestens kannte“.273

Zugleich stellte Franco im Dezember 1943 gegenüber dem deutschen Botschafter Dieckhoff seine Position mit den Worten heraus, dass „…die Einstellung der spanischen Regierung gegenüber Bolschewismus und Kommunismus sich nicht ändern werde, und dass dieser Kampf im In- und Ausland fortgeführt werden würde, ebenso wie gegen das Judentum und die Freimaurerei“.274 Bereits 1938 war die Synagoge von Madrid geschlossen worden, die in der Zeit der Zweiten Republik in mehreren Städten errichteten jüdischen Gemeinden wurden wieder aufgelöst und Sakralgegenstände entwendet.275 Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs entspannte sich die repressive Haltung des Regimes in Hinblick auf die Behandlung der jüdischen Gemeinden wieder; die unter Verbot gestellten jüdischen Gemeinden wurden wieder zugelassen und die – jedenfalls in Barcelona – profanierten Synagogen wurden wieder geöffnet.276

Spanish Civil War - Mass grave - Estépar, Burgos
Ein Grab, das im Juli/August 2014 in Estépar (Burgos) entdeckt wurde. Dort wurden 26 Republikaner, die zu Beginn des Bürgerkriegs im August/September 1936 ermordet worden waren, verscharrt.

Der Repression, deren Erforschung erst vor wenigen Jahren intensiviert werden konnte, sind vermutlich nochmals weit mehr als 100.000 Regimegegner zum Opfer gefallen. Bis vor kurzem ging man davon aus, dass mindestens 30.000 bis 35.000 ermordete Anhänger der Republik, die außerhalb der Dörfer und Städte verscharrt worden waren, in zumeist ungekennzeichneten Massengräbern liegen. Laut jüngsten Forschungsergebnissen dürfte die Zahl um ein Vielfaches höher liegen, denn allein für Andalusien wird die Zahl der „verschwundenen“ Republikaner mit 70.000 angegeben.277 In einem Bericht des Deutschlandfunks vom September 2008 heißt es dazu: „Es ist keine zehn Jahre her, da bezifferte man die Erschossenen und Verschwundenen auf etwa 30.000. In jüngster Zeit vermuteten Historiker bereits 100.000 Opfer. Jetzt wurde der erste Versuch einer tatsächlichen und gründlichen Zählung vorgestellt. Sie ergab eine schockierende, dabei auch nur vorläufige Zahl. 143.353 Fälle nennt Empar Salvador, Sprecherin eines Zusammenschlusses von Hinterbliebenenverbänden, die seit Jahren in allen Regionen Spaniens nach Massengräbern forschen und sie ausheben.“278

Seit dem Jahr 2000 bemüht sich die Organisation ARMH (Asociación para la Recuperación de la Memoria Histórica, Vereinigung zur Rückgewinnung des historischen Gedächtnisses) um Exhumierung und würdige Neubestattung. Eines der vermutlich größten Massengräber wurde 2003 in El Carrizal bei Granada entdeckt; dort waren 5.000 Hinrichtungsopfer vergraben worden.279 Seit 2007 sieht ein Gesetz vor, dass die Kommunen die private Initiative der Exhumierungsarbeiten unterstützen. In vielen Gemeinden und Regionen stellt sich, auch heute, der konservative Partido Popular gegen die Auffindung und Umbettung der ermordeten Franco-Opfer.280

Die Rolle Francos bei der Integration der Rechten

Die politischen Ansichten von Katholiken, den beiden monarchistischen Strömungen Alfonsinos, Carlistas), konservativen Republikanern, Falangisten und Kleinbauern waren in der Tat sehr unterschiedlich und deshalb war der Aufstand zunächst auch als rein militärische Erhebung geplant, ohne Einbeziehung politischer Gruppen außer den Carlisten. Dies ließ sich nicht mehr aufrechterhalten, als der Putsch in den Bürgerkrieg überging. Nach dem Tod von General Sanjurjo bildete sich so unter dem Vorsitz der Generäle Franco, Mola und Queipo de Llano eine aus Militärs bestehende Verteidigungsjunta mit Sitz in Burgos, während Monarchisten und Falange ihre eigenen Kommandostrukturen, Milizeinheiten, Akademien und Propagandaorgane behielten oder neu gründeten.

Dies war für die Fortführung des Krieges nicht ungefährlich, denn die konservativen Monarchisten, Katholiken und Agrarier hatten mit der sozialrevolutionären Falange nicht viel gemein und es kam sowohl zu schweren Differenzen auf der Führungsebene als auch zu Ausschreitungen. Angesichts heftiger interner Kämpfe um Karrieren und Kriegsbeute nahm die Falange bald den Charakter einer „Misstrauens- und Denunziationsgemeinschaft“280c an, die nur noch durch die extreme Gewalt gegen die Verteidiger der Republik zusammengehalten wurde. In dieser Situation entschied sich die Junta, einen provisorischen Staatschef und Oberkommandierenden zu ernennen, General Franco. Um die Gegensätze zu überwinden, vereinigte dieser 1937 die Traditionalisten und die Falange zur Falange Española Tradicionalista, der spanischen Einheitspartei bis 1975. Ab 1937 gab es auch eine technische Junta, eine Art Zivildirektorium, die sich den nicht-militärischen Aufgaben widmete.

General Franco verstand es, anders als die Republikspanier, die verschiedenen Parteien auf sich zu vereinigen. Auch wenn viele enttäuscht waren – die Monarchisten wegen des Ausbleibens der Restauration, die Falange wegen der ausbleibenden sozialen Revolution, die konservativen Republikaner wegen der sich abzeichnenden Diktatur –, konnte Franco doch alle auf den kleinsten gemeinsamen Nenner vereinigen: Stellenwert der Kirche, Privateigentum, staatlich gelenkter Ausgleich zwischen Arbeitgebern und -nehmern, autoritär-korporative Strukturen, Übernahme der Traditionen des Spaniens der katholischen Könige.

Nachkriegszeit und späte Aufarbeitung

Während der auf den Bürgerkrieg folgenden Diktatur Francos galt der Bürgerkrieg als Befreiungskrieg nationaler Kräfte gegen einen internationalen Kommunismus, der Spanien zerstören wollte. Diese Sichtweise wurde auch in den Jahren der Transición nicht revidiert, da viele Eliten nicht ausgetauscht wurden. In den 1980er Jahren herrschte weiterhin ein ungeschriebenes Gesetz der Verschwiegenheit. Zu Beginn der 2000er Jahre regten einige Ereignisse, wie der Prozess gegen den ehemaligen chilenischen Diktatur Augusto Pinochet, die Bemühungen um die Exhumierung Federico García Lorcas aus einem Massengrab (fosa) oder die öffentliche Auseinandersetzung mit der ETA, die Debatte um die Vergangenheit wieder an. Diese führte zum 2007 verabschiedeten Ley de Memoria Histórica, einem Gesetz, das die Opfer der franquistischen Gewaltherrschaft anerkennt und die Diktatur öffentlich als solche benennt.281 Im Mai 2011 veröffentlichte die Regierung eine Karte mit Informationen zu anonym begrabenen Opfern des Bürgerkrieges.

Auf der anderen Seite stehen Bewertungen wie die des US-amerikanischen Historikers Stanley G. Payne, dessen Buch The Spanish Civil War, the Soviet Union and Communism Antony Beevor wie folgt zusammenfasste:

„Das Buch liefert eine Neueinschätzung des … großen Mythos, nach welchem der spanische Bürgerkrieg ein Kampf zwischen Demokratie und Faschismus gewesen sei. … Der wichtigste Aspekt … ist die abschreckende Mahnung, dass viele linke Führer die Aussichten auf einen Bürgerkrieg begrüßt haben. Sie glaubten irrtümlich, dass ein Konflikt zu einem wesentlich schnelleren Sieg der Revolution führen würde als der russische Bürgerkrieg, vor allem, weil sie annahmen, dass sie Hilfe von außen bekämen. Waren sie gedankenlos gegenüber dem erwartbaren schrecklichen Leiden, oder war es revolutionäre Besessenheit? Auf jeden Fall war es eine schreckliche Fehleinschätzung, die zu einer fundamentalen Unehrlichkeit führte. Der Krieg in Spanien war nie ein Krieg zwischen liberaler Demokratie und Faschismus … Es gab nur zwei Möglichkeiten: eine stalinistische Diktatur, die all ihre Rivalen innerhalb der Linken zerschmettert hätte, oder das grausame – reaktionäre, militärische und klerikale – Regime mit oberflächlich faschistischem Putz, das der siegreiche Franco zuwege brachte.“283

Die Diktatur Francisco Francos (bis 1975)

Franco wollte nach seinem eigenen Bekunden die Fehler des Diktators Miguel Primo de Rivera vermeiden, dessen Diktatur zwischen 1923 und 1930 nie über eine „persönliche Militärdiktatur lateinamerikanischen Stils“284 hinausgekommen war, weil seine Herrschaft bar jeder politischen Überhöhung, Doktrin oder Struktur gewesen war. Franco fand in der „Falange Española de las JONS“ aufgrund ihres Führerprinzips (caudillaje) das geeignete Mittel.

1934 hatte sich die im Vorjahr gegründete Falange Española mit den ihr weltanschaulich nahestehenden Juntas de Ofensiva Nacional Sindicalista (JONS), zu deutsch „Vereinigungen der Nationalsyndikalistischen Offensive“ zur Falange Española de las JONS zusammengeschlossen. Die neue Organisation propagierte in einem aus 27 Punkten bestehenden Parteiprogramm die Abschaffung der Demokratie und einen „nationalen Syndikalismus“. Unter Letzterem verstand sie die Erfassung der Bevölkerung in ständischen Organisationen. Ferner enthielt ihr Programm Forderungen nach Verstaatlichung des Bankenwesens und einer radikalen Agrarreform.

Der Anführer der Falange, José Antonio Primo de Rivera, Sohn Miguel Primo de Riveras, glorifizierte ähnlich wie Mussolini das Soldatentum. Am 20. November 1936 wurde der bereits seit März inhaftierte José Antonio Primo de Rivera durch die Republik nach einem Gerichtsverfahren am 20. November 1936 hingerichtet und die Partei damit führerlos. Franco bemächtigte sich handstreichartig der geschwächten und zerstrittenen falangistischen Bewegung und wurde deren Caudillo (span. ‚Anführer‘). Er hatte der Falange vorher weder angehört noch politisch nahegestanden.

Franco zeigte bald darauf, dass er sich der Falange hauptsächlich zum Zweck der Machtergreifung und als Klammer für die Parteien und Bewegungen der frente nacional bemächtigt hatte. Ernst Nolte ging so weit zu sagen, dass „der spanische Faschismus … den konservativen Mächten nicht mehr bloß verbündet, sondern versklavt war“.285 Das falangistische Programm von nunmehr sechsundzwanzig Punkten wurde in den Rang einer Staatsdoktrin erhoben, während Franco dieses Programm nur als Ausgangspunkt bezeichnete, das nach den Anforderungen der Zeit abzuwandeln wäre.

Erkennungsmarke der Falange Española de las JONS während des Bürgerkriegs

Am 19. April 1937 wurde die revolutionär-antimonarchistische Falange mit der monarchistisch-absolutistischen und daher im Spektrum der rechten Bewegungen genau entgegengesetzten carlistischen Comunión Tradicionalista zur Einheitspartei Falange Española Tradicionalista y de las JONS zusammengeschlossen. Francos Schwager Ramón Serrano Súñer († 2003), der selbst weder der Falange noch den Carlisten, sondern der CEDA angehörte, hatte Franco die Vereinigung vorgeschlagen. Er selbst wurde auf Wunsch Francos der erste Generalsekretär der neuen Partei und befasste sich damit, die verschiedenen Teile der neuen Bewegung zu koordinieren. Dies gelang ihm jedoch nicht vollständig, da nicht alle Falangisten sich dem neuen Kurs anschließen wollten. Durch diesen Zusammenschluss der beiden ungleichen Partner hatte Franco das franquistische System in seinen Grundzügen angelegt: Aus einer lockeren Koalition war eine Bewegung unter seiner alleinigen Führung geworden. Bald darauf wurden auch die legitimistischen Monarchisten der Bewegung angeschlossen, andere Organisationen wie die CEDA waren bereits aufgelöst.

In der neuen Organisation „F.E.T. y de las JONS“, genannt Movimiento Nacional traten konservative und monarchistische Zielsetzungen in den Vordergrund, von einer Bodenreform war keine Rede mehr. Andererseits wurden zentrale falangistische Programmpunkte wie der Syndikalismus beibehalten. So wurden nach und nach alle politischen Kräfte der nationalspanischen Kriegspartei unter Francos Führung zusammengefasst, während umgekehrt das politische Spektrum auf Seiten der Republik – das noch heterogener als die nationale Seite war – immer uneiniger wurde und sogar Bürgerkriege innerhalb des Bürgerkriegs austrug. Neben den italienischen Waffenlieferungen war dieses geschlossene Vorgehen der Grund für den Sieg der nationalspanischen Sache über die Republik im Frühjahr 1939.

Phasen des franquistischen Regimes

Franco stellte am 1. April 1939 das Ende des Bürgerkriegs fest286: „Am heutigen Tage wurde die rote Streitmacht gefangengesetzt und entwaffnet, und die nationalen Truppen haben ihre militärischen Endziele erreicht. Der Krieg ist beendet.“

Die Diktatur begann mit einer etwa fünfjährigen Phase gewaltsamer „Säuberungen“, gefolgt von einem Ansatz, eine Art Planwirtschaft durchzusetzen. Ab etwa Ende der 1950er Jahre bis zu Francos Tod folgte eine lange Zeit der politischen und gesellschaftlichen Stagnation.

Verkörpert im so genannten „Estado Nuevo“, zeigte sich der Franquismus in den Jahren des Bürgerkriegs und in der unmittelbaren Nachkriegszeit als Despotie in einem verwüsteten, wirtschaftlich am Boden liegenden Land. Nach der Parteifarbe der Falange wurden die Säuberungsaktionen als „blauer Terror“ bezeichnet. Am 13. Februar 1939 wurde ein Dekret über das „Verfahren mit politischen Missetätern“ in Kraft gesetzt, das Aktivitäten, die von Franco als umstürzlerisch angesehen wurden, bis zurück in das Jahr 1934 rückwirkend unter Strafe stellte.

Hinter den Verbrechen des „nationalen“ Lagers stand, wie etwa der Historiker Carlos Collado Seidel schreibt, eine „tendenziell genozidale Intention“, die Spanien durch die „physische Vernichtung alles als unspanisch wahrgenommenen Lebens“ reinigen wollte.287 Francos Presseattaché gab zu Protokoll, für das Ziel, das Krebsgeschwür des Marxismus in einer blutigen Operation aus dem spanischen Volkskörper zu entfernen, dürfe ein Drittel der männlichen Bevölkerung Spaniens eliminiert werden.288

Bernecker gibt die Zahl derer, die zwischen 1936 und 1944 durch politischen Mord und Justizverbrechen ums Leben kamen, mit bis zu 400.000 Menschen an. Neuere Schätzungen289 gehen von 150.000 bis 200.000 Opfern aus. In der Literatur wird die Zahl der politischen Häftlinge nach dem Bürgerkrieg zumeist auf ca. 1,5 Millionen geschätzt. 30.000 Kinder von Republikanern wurden von ihren Familien getrennt und der katholischen Kirche überantwortet.290

Nach seiner Konsolidierung ging das Regime allmählich zu weniger offen gewaltsamen Maßnahmen über. Doch die letzten Konzentrationslager, von denen es rund 190 gab, und in die bald eine halbe Million Parteigänger der Republik, und während des Zweiten Weltkriegs auch einige zehntausend Flüchtlinge aus ganz Europa interniert wurden, wurden erst 1962 geschlossen.291 Hinzu kamen Strafbataillone (Batallones de Trabajadores, kurz: BB.TT.), deren Angehörige im Straßen- und Bahnbau, in der Stahlindustrie, als Minenarbeiter oder zur Arbeit an Prestigebauten des Regimes wie etwa dem Valle de los Caídos eingesetzt wurden. Allein im Gebiet der westlichen Pyrenäen (Navarra) wurden 15.000 politische Häftlinge als „Sklavenarbeiter“292 aus ganz Spanien zur Zwangsarbeit im Straßenbau verpflichtet.

Rund 500.000 Menschen, darunter allein 150.000 Basken, flohen ab 1939 hauptsächlich nach Frankreich, wo sie in Internierungslager wie Argelès-sur-Mer verbracht wurden. Einige der Flüchtlinge konnten aber auch nach Mexiko emigrieren, wohin sich die republikanische Exilregierung wandte. Führende Politiker der Republik wurden jedoch von Vichy-Frankreich oder durch die Gestapo an Spanien ausgeliefert. In der Forschung ist von 13.000 „Rotspaniern“ die Rede, die nach der Besetzung Frankreichs durch Hitlers Truppen aufgegriffen wurden und den Weg in deutsche Konzentrationslager nahmen, wo 10.000 von ihnen ums Leben gekommen sein sollen – 7.000 davon allein im KZ Mauthausen. Eine Generalamnestie wurde nie ausgesprochen, und so kehrten sehr viele Spanier erst nach Francos Tod aus dem Exil zurück.

1946 hatte die UNO einen diplomatischen Boykott gegen Spanien verhängt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war das Franco-Regime außenpolitisch und wirtschaftlich fast vollständig isoliert. Dies führte zu großen Problemen bei der Versorgung der Bevölkerung. Erst 1953 konnte Franco vor dem Hintergrund des Kalten Krieges mit den USA ein Truppenstationierungsabkommen abschließen. Wenig später wurde ein Konkordat mit dem Vatikan geschlossen. 1955 trat das Land schließlich der UNO bei.

Der außenpolitischen Offensive folgten jedoch keine innenpolitischen Freiheiten. Erst unter dem Druck eines bevorstehenden wirtschaftlichen Kollapses und nach wachsenden Protesten der Bevölkerung erfolgte eine wirtschaftspolitische Liberalisierung, die von konservativen Eliten wie etwa Angehörigen des Opus Dei getragen wurde.

Mit dem zunehmenden Wohlstand breiterer Schichten der Bevölkerung konsolidierte Franco seine Herrschaft noch einmal. Dieser wirtschaftspolitische Paradigmenwechsel, der innenpolitisch mit dem relativen Machtverlust des Militärs und des Movimiento einherging, wurde dadurch ermöglicht, dass Franco auf Grundlage der außenpolitischen Erfolge auch die innere Lage stabilisieren konnte.

Franco vertrat bis zuletzt antimodernistische Vorstellungen. Er gestand der Bevölkerung kaum Rechte und keine Koalitionsfreiheit außerhalb der vom System kontrollierten Syndikate zu und behielt sich vor, jederzeit nach seinem Ermessen Instrumente politischer und gesellschaftspolitischer Unterdrückung gegen jede Art von Opposition einzusetzen.

Der franquistische Staat wurde nach dem Tod des Diktators 1975 binnen weniger Jahre im Rahmen einer Transition (Transición) friedlich – mit der Ausnahme des Putschversuchs in den Cortes am 23. Februar 1981 – in eine parlamentarische Monarchie umgewandelt.

Das System des Franquismus

Francos System bestand in der Hauptsache aus einem Kompromiss zwischen Militär, Movimiento Nacional und katholischer Kirche, die Franco nach Bedarf gegeneinander ausspielte. Daneben gab es mit den Latifundisten und der Großfinanz weitere Gruppierungen, deren Einfluss unübersehbar war. Außerdem sind in dem Zusammenhang die Acción Católica und nicht zuletzt das erst in späteren Jahren einflussreiche Opus Dei zu nennen. Im Zusammenhang mit dem Aufbau des franquistischen Staats dürfen ferner die Zwangskorporationen, die Sindicatos verticales, nicht vergessen werden.

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Francisco Franco (1969)

Die schlecht austarierte Koalition konnte jederzeit zerbrechen, sobald eine der Gruppierungen, aus denen sie sich zusammensetzte, das Übergewicht erhalten würde. Franco löste dieses Dilemma, indem er diese Gruppierungen teils durch Zwang, teils durch Überredung und Versprechungen unter seine persönliche Kontrolle brachte und ihre politischen Energien auf Flügelkämpfe im Rahmen des Movimiento Nacional richtete.

Dem fehlenden Charisma versuchte Franco mit der Inszenierung eines Personenkults entgegenzuwirken. Bei dem einzigen persönlichen Zusammentreffens mit Hitler in Hendaye 1940 nach der Unterwerfung Frankreichs, forderte er als Gegenleistung für eine Beteiligung am Krieg unter anderem den französischen Teil Marokkos, wobei Franco mit dieser Forderung lediglich den Preis für seine Unterstützung unannehmbar hoch treiben wollte.

Franco sorgte bereits zu Lebzeiten dafür, dass nach ihm niemand dieselbe Machtfülle auf sich vereinen würde. Das Amt des Regierungschefs übertrug er 1967 auf Luis Carrero Blanco, nach dessen Ermordung durch die ETA im Jahr 1973 auf Carlos Arias Navarro. Bereits 1947 hatte Franco die Monarchie in Spanien gesetzlich wieder verankert, jedoch den Thron dauerhaft vakant gelassen. Sich selbst sah Franco wohl als Reichsverweser an, der die Wiedereinsetzung der Monarchie vorbereiten wollte, sich aber selbst mit monarchischem Glanz umgab, sogar mit dem Gottesgnadentum. Sein persönlicher Titel lautete por la gracia de Dios, Caudillo de España y de la Cruzada. Er übernahm die Erziehung Juan Carlos’ I., den er schließlich 1969 zu seinem Nachfolger ernannte.

Schon bald entzog Franco dem Militär seinen Einfluss und besetzte die Regierungsämter überwiegend mit Zivilisten. Das Militär, das ihm im Wesentlichen treu ergeben war, blieb jedoch infolge seines Einflusses auf die Sicherheitskräfte sowie seiner Stellung in der Verwaltung und im Wirtschaftsleben eine Macht, die er nicht vernachlässigen durfte, obwohl das Bürgerkriegsheer 1939 auf 220.000 Mann reduziert wurde. Das Militär erwies sich als zuverlässige Stütze bei der „Entfaschisierung“ des Systems in den Nachkriegsjahren. Der Umstand, dass die Militärs zuletzt kaum noch Einfluss auf politischer Ebene ausüben konnten, führte zu einer Entpolitisierung und Disziplinierung des Militärs. Dennoch stockte der Diktator das Militär wieder bis auf 380.000 Mann auf, um die Guerilla zu bekämpfen.293

Die Abzeichen der Falange Española de las JONS (oben) und der Comunión Tradicionalista wurden zusammen von der F.E.T. y de las JONS fortgeführt. Üblicherweise wurden von 1936 bis 1977 beide Flaggen aufgezogen, zwischen ihnen die Flagge des spanischen Staats – ebenso, wie üblicherweise als so genannter Triple Himno zusätzlich zur Nationalhymne Marcha Real (auch genannt: Marcha de Granadera) die falangistische Parteihymne Cara al Sol und die carlistische Marcha de Oriamendi intoniert wurden.

Staatspartei war die Falange Española Tradicionalista y de las Juntas de Ofensiva Nacional Sindicalista („Spanische Traditionalistische Phalanx der Vereinigungen der Nationalsyndikalistischen Offensive“, kurz F.E.T. y de las JONS, eine „Organisation … so schwerfällig wie ihr Name“294). Sie wurde auch Movimiento Nacional oder nach der lange Zeit dominierenden Teilfraktion einfach „Falange“ genannt.

Die Machtfülle des Movimiento Nacional war besonders groß, als Franco zwischen den Parteien des Weltkrieges die Balance zu wahren und nach Kriegsende die außenpolitische Isolation zu überwinden suchte. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg prägte die Bewegung die Ideologie des Franquismus. Franco führte jedoch den Einfluss des Movimiento immer weiter zurück. Einige Historiker sprechen sogar von einer „Entfaschisierung“ des franquistischen Staats durch Franco selbst. So kosteten die Regierungswechsel von 1957 und 1969 den Movimiento jeweils erhebliche Macht, die anderen Gruppierungen, vor allem dem Militär und später dem Opus Dei übertragen wurde. Da zahlreiche Altfalangisten (camisas viejas, Althemden), von denen 60 % im Krieg ums Leben gekommen waren, den Kurs Francos ablehnten, gab es sogar rechte oppositionelle Gruppierungen. Francisco Herranz, ein Mitbegründer der Falange, ging so weit, sich 1969 aus Protest gegen den „Verrat an der Falange“ selbst zu erschießen.295

Ab 1970 wurde die Bewegung in Movimiento Nacional umbenannt. Der Movimiento füllte die Funktionen einer Staatspartei immer weniger aus. Ihre ideologische Ausrichtung war bereits während des Bürgerkrieges unklar und wurde nach dem umfangreichen Zustrom von Mitgliedern im Jahr 1939 noch diffuser. Waren die Fraktionen des Movimiento selbst auch von der direkten Macht ausgeschlossen, die von Franco ausgeübt wurde, so waren sie deshalb nicht machtlos. Ihre Anführer wurden durch Franco auf Basis eines Vertrauensverhältnisses eingesetzt, was dazu führte, dass keine dieser Gruppen gänzlich oder auf Dauer übergangen wurde.296

Ideologisch deutlich divergierende Gruppen wie etwa die carlistischen, monarchistischen, altrechten und falangistischen Flügel innerhalb der Staatspartei F.E.T y de las JONS konnten sich gerade aufgrund des charakteristischen Fehlens einer Staatsideologie bilden und ihre Auffassungen zu tagesaktuellen und selbst grundsätzlichen Fragen artikulieren. Franco verwendete große Sorgfalt darauf, dass dieser relative Pluralismus der einzelnen Fraktionen nicht etwa in oppositionelle Haltungen umschlug. Die carlistische Arbeiterbewegung MOC forderte in einem Entwurf für das neue Syndikatsgesetz freie und demokratische Gewerkschaften; die carlistische Studentenverbindung AET griff die staatliche Studentengewerkschaft SEU an. Als Francisco Javier (I.), der Prätendent der Carlisten, Verständnis für baskische und katalanische Autonomiebestrebungen äußerte, ließ Franco den Prätendenten und sämtliche Prinzen der II. Carlistischen Dynastie aus Spanien ausweisen.297

Mit dem Antimonarchismus der falangistischen Fraktion etwa war es Franco möglich, ein Gegengewicht zu den monarchistischen Gruppen, vor allem den Carlisten zu schaffen. Aus demselben Grund war die Falange wegen ihres sozialistischen Einschlags gegenüber den Konservativen und der alten Rechten nützlich.

Der Movimiento behielt jedoch bis zuletzt eine nicht zu übergehende Stellung durch die ständische Organisation des Staatswesens, durch seine Vertretung in den Cortes Generales sowie durch seinen Einfluss auf das Universitätssystem und auf die Massenmedien. Radio und Fernsehen wurden gänzlich, die Presse zu einem beträchtlichen Teil von der Staatspartei kontrolliert. Dabei stieg die Zahl der Studenten von 1961 bis 1976 von 65.000 auf über 400.000.298 1969 gaben universitäre Unruhen den Anlass zur Aufhebung der Grundrechte, doch bis zum Ende des Regimes bestanden oppositionelle Gruppen fort.

Das ständestaatliche Modell – im franquistischen Staat „organische Demokratie“ genannt – wurde im Gesetz über die Prinzipien des Movimiento Nacional von 1958 festgeschrieben. Politische Organisationen, die außerhalb von Familie und Gemeinde und anderer für diesen Zweck eingerichteter Körperschaften, insbesondere also außerhalb der Syndikate standen, waren verboten. Als „organisch“ wurde das ständestaatliche Modell bezeichnet, weil es davon ausging, dass alle Gruppen von einem gemeinsamen Interesse zusammengehalten würden. Demzufolge wurden alle, die sich mit Metall beschäftigten, im Metallsyndikat, alle in der Landwirtschaft Tätigen im Agrarsyndikat, alle Rechtsgelehrten in der Anwaltskammer zusammengefasst. Die Syndikate gingen auf José António Primo de Rivera zurück. Dieser hatte bereits 1935 die Umwandlung der Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen in berufsständische Syndikate gefordert, die nach Produktionszweigen gegliedert, Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einer einzigen Organisation unter Aufsicht und Leitung des Staates zusammenfassen sollten. Andere Organisationen mit gewerkschaftsähnlichen Funktionen wurden aufgelöst, die Neubildung verboten. Dieses Verbot wurde jedoch nicht lückenlos durchgesetzt, da die Hermandades Obrera de Acción Católica (Arbeiterbruderschaften der Katholischen Aktion, HOAC) sich weiter betätigten und offen als Alternative zu den Sindicatos verticales darstellten. Wegen ihres immer schärferen Konfrontationskurses wurde Anfang der 1960er Jahre schließlich die katholische HOAC-Führungsmannschaft auf Druck des Regimes abgesetzt. Das Syndikatssystem bestand im Wesentlichen unverändert bis zu Francos Tod, wurde allerdings von ab 1967 illegalen Interessenvertretungen wie den Comisiones Obreras (CC.OO) zuletzt bis fast zur Bedeutungslosigkeit unterwandert und ausgehöhlt. Sie stellten eine Art Räte dar und waren zwischen 1958 und 1962 entstanden, ab da wurden sie zu festen Institutionen, die nicht jeweils wieder aufgelöst wurden.299

Während der ersten beiden Jahrzehnte der ausgeprägt klerikalistischen Herrschaft Francos war die katholische Kirche eine der wirksamsten Stützen des franquistischen Staats, zumal es im Land kaum Nichtkatholiken gab (etwa 2.000 Muslime, 6-8.000 Juden, 31.000 Protestanten300). Im Gegenzug für die Legitimierung der Diktatur erhielt sie weitreichenden Einfluss auf dem Gebiet der Gesellschaftspolitik.

Dieser nacional-catolicismo hatte bereits während des Bürgerkriegs Gestalt angenommen. Einerseits ging es der Kirche mit ihrer Parteinahme für die nationalspanische Seite darum, ihre Privilegien zurückzuerhalten, die sie in der antiklerikal geprägten Zweiten Republik verloren hatte. Andererseits lagen dieser Entscheidung aber auch die zahlreichen gewalttätigen Übergriffe gegen Klerus, Laien und Kirchengebäude während der Zweiten Republik und des Bürgerkriegs zugrunde. 1937 erschien darum ein von allen spanischen Bischöfen bis auf zwei verfasster Hirtenbrief an alle Bischöfe der Welt, in dem der Kampf gegen die Republikaner als „Kreuzzug“ und „nationale Bewegung“ gerechtfertigt wurde. Franco versicherte sich dieses einflussreichen Bundesgenossen dadurch, dass er seinen Putsch als einen Kampf für die gesamte Christenheit in Gestalt der westlichen Zivilisation im Allgemeinen und der hispanidad im Besonderen ausgab und als cruzada (Kreuzzug) bezeichnete. Dieser Kampf für die Religion wurde zu einem Gründungsmythos des Regimes.

Die Haltung Roms unterschied sich jedoch durchaus von derjenigen der spanischen Kirche. Pius XI. wird seit der Öffnung der vatikanischen Archive für die Zeit seines Pontifikats im September 2006 nach Forschungen des Historikers Vincente Cárcel Ortí „eine Distanz (…), wenn nicht gar Opposition des Papstes gegen den Generalísimo“ zugeschrieben.301 Pius nahm in seiner Enzyklika Divini redemptoris 1937 zwar Partei gegen die „Greuel des Kommunismus in Spanien“,302 ohne allerdings Franco selbst gutzuheißen.

Dem Katholizismus wurde als einziger Konfession die Abhaltung öffentlicher Zeremonien und Kundgebungen ermöglicht. Die Kirche war in den Cortes repräsentiert, Kleriker waren in politischen Spitzenpositionen vertreten. Mit Hilfe der Laienorganisationen war es der Kirche gelungen, den Einfluss der Falange zurückzudrängen. Vor allem die Asociación Católica de Propagandistas stellte erhebliche Mengen an Personal, ebenso wie die anderen Laienorganisationen. Im Rahmen des nacional-catolicismo kam es so zu einer Verschmelzung von Kirche und Staat. Eine für das Franco-Regime bezeichnende Geste war es, der Mutter Gottes den Rang eines Ehrengenerals der Armee einzuräumen.303

1953 schloss Franco ein für den Vatikan sehr vorteilhaftes Konkordat ab.304 Dabei steht der Abschluss dieses Konkordats im Zusammenhang mit den Bemühungen des Franco-Regimes, die internationale Ächtung zu durchbrechen. Daher hatte der Vatikan lange mit dem Abschluss einer solchen Vereinbarung gezögert. Erst die Verhandlungen der USA über den Abschluss eines Stationierungsabkommens mit Spanien beendeten diese Hinhaltetaktik. Das Konkordat sicherte der katholischen Kirche eine noch weitergehendere Einflussnahme auf das öffentliche Leben – insbesondere durch die Übertragung elementarer Teile des Bildungs- und Erziehungswesens sowie von Zensurbefugnissen in dogmatischen und moralischen Belangen. Der Kirche wurde das Bildungs- und Erziehungswesen größtenteils übertragen; das Konkordat schrieb unter anderem verbindlichen Religionsunterricht von der Grundschule bis zur Universität vor, der in vollem Einklang mit der katholischen Dogmatik und Morallehre zu stehen hatte. Weitere Bestandteile des Konkordats waren Steuerbefreiungen für die kirchlichen Institutionen und eine Entschädigung für Enteignungen während der Zweiten Republik. Ferner sollte der Staat für den Unterhalt der Priester und die Erhaltung der Kirchengebäude aufkommen. Die Möglichkeit einer zivilrechtlichen Scheidung wurde abgeschafft. Bis 1979 gab es keine zivilen Trauungen. Im Gegenzug erhielt der Staat ein Vorschlagsrecht für die Besetzung der Bischofsstühle und damit die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Spitzen der Kirche. Erst 1967 kam es im Rahmen eines Gesetzes über die Freiheit des Kultus’ (Ley de la libertad de cultos) zu einer Besserstellung der nichtkatholischen Konfessionen, die allerdings keine Gleichberechtigung bewirkte.

Nachdem der Vatikan Franco vergebens aufgefordert hatte, auf sein Mitbestimmungsrecht bei der Investitur von Bischöfen zu verzichten, ließ er Bischofssitze vakant und ernannte lediglich Weihbischöfe, ein Amt, bei dessen Besetzung Franco Mitbestimmung laut Konkordat nicht zustand. Zu ersten Änderungen des Konkordats kam es 1976. 1979 wurden schließlich etwa zwei Drittel der Bestimmungen gestrichen.

Ab etwa 1960 verbreitete sich an der kirchlichen Basis eine oppositionelle Haltung zum Regime. Die Kirche rückte – zuerst im Baskenland – von der ihr zuerkannten Rolle ab, das Regime zu legitimieren. An der Kirchenbasis handelten in diesem Sinne die so genannten curas rojos und Arbeiterpriester. Die Regierung nahm Priester ohne Zustimmung ihrer Bischöfe fest, um sie einem eigenen Gefängnis für Geistliche bei Zamora (etwa 250 km nordwestlich von Madrid) zuzuführen. Solche Maßnahmen führten zu einer Distanzierung von Franco, was nach dem II. Vaticanum dazu führte, dass die spanische Bischofskonferenz Franco die Forderungen der Kirche vortrug. Auch das Kloster Montserrat, in dem die Messen in der verbotenen katalanischen Sprache gelesen wurden, ist in diesem Zusammenhang bekannt geworden. Das Loblied auf die Muttergottes von Montserrat, Virolai de Montserrat, ersetzte während der Franco-Zeit die verbotene katalanische Hymne Els Segadors.

Als Stützen des Systems sind noch der Großgrundbesitz und die Finanzkreise zu erwähnen. Sie profitierten vor allem in der Autarkiephase nach 1939 erheblich. Sie konnten auch nach Ende dieser Phase und sogar nach Francos Tod ihren Einfluss bewahren. Die Großgrundbesitzer waren die wesentlichen Träger des Klientelsystems caciquismo, die das Wahlverhalten der Landbevölkerung kontrollierte. Der Diktator dankte es ihnen mit staatlich garantierten Abnahmepreisen.

Die Banken erhielten von 1936 bis 1962 eine gesetzlich durch den status quo bancario garantierte Monopolstellung, wobei Franco das Parteiprogramm der Falange von 1934, das die Verstaatlichung der Banken forderte, ein weiteres Mal überging. Dieses Bankenoligopol wurde mit einem Verbot der Neugründung von Banken verbunden. Die Folge davon war ein starker Konzentrationsprozess auf dem Banksektor, in dessen Zuge sich sieben Großbanken etablierten, während die Zahl der Banken durch Übernahmen und Fusionen sich fast halbierte. Diese Großbanken wurden auch nach der Bankenreform von 1962 noch lange von wenigen, untereinander vielfach verwandten und verschwägerten Clans kontrolliert.

Das Opus Dei wurde als katholische Laienorden von dem Franco-Bewunderer Josémaría Escrivá de Balaguer gegründet und geleitet. Als die Autarkiepolitik das Regime an den Rand einer Katastrophe führte, warf Franco 1957 das Ruder herum und berief ein Technokratenkabinett, dessen Schlüsselressorts Handel und Finanzen mit Alberto Ullastres beziehungsweise Navarro Rubio besetzt wurden, beide Angehörige des Opus Dei. Bald konnten Mitglieder des Opus Dei alle wirtschaftlich bedeutenden Positionen im Kabinett besetzen. Dahinter stand dessen Förderer Luis Carrero Blanco, der als graue Eminenz des Regimes galt, selbst diesem Orden aber nicht angehörte. Das Opus Dei ermöglichte es Franco, Spanien einem umfassenden Modernisierungsschub auszusetzen, ohne dass der Kongregation daran gelegen gewesen wäre, zugleich eine politische Liberalisierung herbeizuführen. Das so genannte „spanische Wirtschaftswunder“ nach langen Jahren der Stagnation war wesentlich auf ihre Reformen zurückzuführen. Hierbei konzentrierte sich das Opus zunächst auf den Bankensektor, da die Frage der Finanzierung von Investitionen im Rahmen moderner Finanzprodukte für die Entwicklung der Industrie wesentlich war. Mit dem Tod seines Protektors Carrero Blanco im Jahr 1973 wurden dem Opus seine Möglichkeiten zur direkten Einflussnahme auf die spanische Politik im Wesentlichen genommen.

Die katholisch-akademische Laienbewegung Acción Católica hatte 1931, nach der Aufgabe der alten monarchistischen Parteien, mit der Acción Nacional – später Acción Popular – einen politischen Arm gebildet, der sich als katholische Reaktion auf die Zweite Republik verstand. Diese Partei akzeptierte die Republik, wenngleich nicht ihre antikirchliche Gesetzgebung. Gleichwohl war ihre Hauptforderung die Wiederherstellung der alten Verfassung. Ihr Anführer José María Gil-Robles y Quiñones nahm sich den Korporativismus des österreichischen Ständestaates unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß zum Vorbild. Mit einigen kleineren Gruppen ähnlicher Ausrichtung bildete die Acción Popular die Confederación Española de Derechas Autónomas (CEDA), die in der Zweiten Republik für zwei Jahre zur Regierungspartei wurde. Mit allen anderen Parteien verschwand auch die CEDA, die Teil der nationalspanischen Koalition wurde, 1936 unter Franco. Es verblieb die Acción Católica.

Neben dem Opus Dei stellte auch die Acción Católica ab 1957 zahlreiche Mitglieder in führenden Positionen, insbesondere im Außenministerium und im diplomatischen Corps. Dieser Bewegung war im Konkordat, als einziger Laienorganisation, das Recht auf Betätigung eingeräumt worden. Teile der Bewegung, nämlich die HOAC, entwickelten teils neben, teils zusammen mit der illegalen freigewerkschaftlichen Bewegung der Comisiones Obreras (CC.OO.), Züge einer Gewerkschaft, obwohl die gewerkschaftliche Betätigung außerhalb der Sindicatos verticales verboten war. Im Umkreis der HOAC wurde Anfang der 1960er Jahre ferner die illegale unabhängige Gewerkschaft USO (Unión Sindical Obrera, „Arbeitergewerkschaftsbund“) mit einem linkskatholischen Programm gegründet, die sich vorübergehend mit der ebenfalls illegalen freien Gewerkschaftsbewegung der CC.OO verbündete.

Der Franco-Staat erhielt erst im Wege allmählich und über die gesamte Dauer seines Regimes hinweg erlassener Grundgesetze erst nach und nach eine Art Verfassung. Franco war – weit eher als an einem totalitären Staat nach faschistischem Muster – insgesamt an einer konservativ-katholischen gesellschaftlichen Renaissance interessiert.

In seinem Testament beschwor Francisco Franco ein letztes Mal eine Bedrohung der christlichen Zivilisation: ein Gedanke, den er bereits im Bürgerkrieg unter dem Schlagwort der cruzada aufgegriffen hatte. Franco sah den Parlamentarismus ebenso als Bedrohung, wie den Marxismus. Ein Austausch von Botschaftern mit der Sowjetunion wurde erst 1973 beschlossen.

Außenpolitisch war das Franco-Regime nach dem Zweiten Weltkrieg fast völlig isoliert, denn es wurde als Verbündeter der Achsenmächte angesehen. Am 29. April 1946 verurteilte der Sicherheitsrat in der Resolution 4 das Regime und begann eine Untersuchung. Im Juni erneuerte er in der Resolution 7 die Verurteilung. Am 2. November beendete der Sicherheitsrat mit der Resolution 10 sein Engagement in der Sache und übergab die Akten der Generalversammlung. Im Dezember 1946 zogen nach einer UN-Resolution fast alle Staaten ihre Botschafter aus Madrid ab. Diese vor allem von der Sowjetunion und Polen initiierte Resolution kam allerdings in einer Weise zustande, die erkennen ließ, dass die USA und Großbritannien sie nicht begrüßten. Frankreich schloss zudem seine Grenze. Franco überstand diese Krise durch Geduld und durch umfangreiche Weizenlieferungen des mit ihm sympathisierenden argentinischen Präsidenten Juan Perón.

1950 hob die UNO ihr Verdikt gegen Spanien wieder auf. Es folgte der Austausch von Botschaftern und 1951 die Zahlung amerikanischer Fördermittel, die den años del hambre, den Jahren des Hungers, ein Ende setzten. Obwohl eine Mitgliedschaft Spaniens für die NATO nicht in Frage kam, konnte Franco 1953 durch ein Stützpunktabkommen mit den USA (Tratado de Amistad y Cooperación, Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit) einen fast gleichwertigen Status herbeiführen, wenngleich Spanien kaum greifbare Gegenleistungen von den USA erhielt.305306 Was Spanien für die USA besonders interessant machte, war der Umstand, dass die Flugplätze außerhalb der Reichweite sowjetischer Maschinen lagen. Von den Zentren bei Sevilla, Saragossa und Madrid aus konnte das Strategic Air Command mit seinen Tankflugzeugen und seinem Jagdschutz operieren. Die Versorgung erfolgte durch den Stützpunkt Rota bei Cadíz. Durch den Stützpunktvertrag flossen 1,5 Milliarden Dollar zur Errichtung der militärischen Infrastruktur nach Spanien.

1955 erfolgte die Aufnahme in die Vereinten Nationen. Vom Beginn der 1960er Jahre an bemühte sich Franco um ein Assoziierungsabkommen mit der EG. Einen entsprechenden Antrag reichte er am 9. Februar 1962 ein. Erst 1966 begannen die Verhandlungen, die sich vor allem wegen politischer Vorbehalte der damals noch sechs Staaten bis zum Abschluss eines ersten Abkommens im Jahr 1970 hinauszögerten.

Bevölkerungsbewegungen in Spanien zwischen 1950 und 1981 (von blau zu rot)

Auch ökonomisch lassen sich zwei Phasen unterscheiden: Zunächst die Autarkiepolitik während und nach Ende des Bürgerkriegs und dann die wirtschaftsliberalen Reformen ab Ende der 1950er Jahre.

Hatten die westlichen Alliierten auch den Vorschlag Stalins nicht gutgeheißen, nun auch Madrid zu erobern, wurde Spanien doch von der Mitgliedschaft in der UNO ferngehalten und vor allem von der Teilnahme am Marshallplan und generell von Krediten aus dem Ausland.

Franco strebte im Sinne einer falangistisch motivierten Wirtschaftspolitik danach, Spanien von Einfuhren unabhängig zu machen und im Wesentlichen nur für den eigenen Bedarf des Landes zu produzieren. Er unterzog zu diesem Zweck die Wirtschaft einer Anzahl von Maßnahmen wie staatlicher Lenkung und der Festsetzung von Höchstpreisen. Ein wichtiges Instrument dieser Politik war der 1941 gegründete Instituto Nacional de Industria (INI). Diese Politik führte, abgesehen davon, dass Spanien ein Agrarland mit einer international nicht konkurrenzfähigen Wirtschaft blieb, zu einer lange Jahre anhaltenden Stagnation bei stetig sinkenden Reallöhnen und den typischen Folgeerscheinungen einer Mangelwirtschaft wie Schwarzmärkten, hoher (offiziell aber inexistenter) Arbeitslosigkeit, Nepotismus und Herstellung von Waren mangelhafter Qualität. Bis 1951 blieben die Grundnahrungsmittel rationiert. Während der gesamten fünfziger Jahre bewegte sich Spanien am Rande des Staatsbankrotts.

Um 1957 spitzte sich die Krise zu, als die Inflation Rekordhöhen erreichte, die von Lohnsteigerungen nicht aufgefangen wurden. Streiks, die sich auch durch dekretierte Lohnerhöhungen nicht beschwichtigen ließen, und die als Aufstand behandelt wurden, brachten die Wirtschaft fast zum Erliegen. Die falangistische Wirtschaftspolitik wurde aufgegeben und mit der Zulassung eines Wirtschaftsliberalismus die entgegengesetzte Strategie verfolgt. Die neue Politik stand unter dem Schlagwort des desarrollo (Entwicklung), nicht-politische Streiks wurden ab 1965 erlaubt.

Ein SEAT 600

Im Zuge dieser Reformpolitik trat Spanien dem Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der OECD bei, die mit den heimischen Technokraten ein Stabilisierungs- und Liberalisierungsprogramm ausarbeiteten, das ab 1959 umgesetzt wurde. Der Aufschwung in den Folgejahren rettete das Regime und legitimierte Francos Herrschaft nun auch ökonomisch. Bis 1974 sank der Anteil des Agrarsektors an der heimischen Wirtschaft auf unter 10 %, der Anteil Berufstätiger in der Landwirtschaft sank von 50 auf 28 %. Dies hing mit einer rapiden Verstädterung zusammen, da viele Bauern in die Großstädte zogen. So wuchs die Bevölkerungszahl Madrids in zwei Jahrzehnten von 1,6 auf 3,2 Millionen Einwohner an. Spanien, das jahrelang die neben Japan zweitgrößten Wachstumsraten der westlichen Welt aufwies, rückte zur zehntgrößten Industrienation der Welt auf. Ferner wurde Spanien als Touristenziel entdeckt – 35.000 Touristen im Jahr 1951 und 1,4 Millionen Touristen im Jahr 1955 standen 6 Millionen im Jahr 1960 und 33 Millionen im Jahr 1972 gegenüber. 1987 lag diese Zahl gar bei 50, 1992 bei 55 Millionen; 1987 brachten sie Deviseneinkommen von 14 Milliarden Dollar.307

Symbol dieses Wirtschaftswunders wurde der Seat 600. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen stieg von 315 Dollar im Jahr 1960 auf 827 Dollar im Jahr 1971. Hinzu kam, dass sich zahlreiche Spanier – Anfang der siebziger Jahre waren es eine Million – als Gastarbeiter im Ausland verdingten. Die Rücküberweisung ihrer Ersparnisse war wichtig für die spanische Zahlungsbilanz.

1966 wurde ein reformiertes „Pressegesetz“ (Fraga-Gesetz) erlassen. Die Zensur wurde etwas gelockert, obwohl die Pressefreiheit damit noch immer keineswegs gewährleistet war.

Den Abschluss der franquistischen Staatsverfassung bildete das am 11. Januar 1967 erlassene „Staatsorganisationsgesetz“ (Ley Orgánica del Estado). Neben einigen weiteren Umbauten in der Staatsorganisation, welche die Zuständigkeiten verschiedener Gremien wie des Nationalrats und des Rates des Königreichs neu regelten, wurden im Wesentlichen die Ämter des Staatsoberhaupts und des Haupts der Exekutive (des Ministerpräsidenten) getrennt. Staatsoberhaupt blieb Franco, das Amt des Ministerpräsidenten blieb zunächst vakant. Zu einer konkreten Regelung der Sukzession in das Amt des Staatsoberhaupts kam es jedoch erst zwei Jahre später, als Juan Carlos I. auch offiziell für Francos Nachfolge ausgewählt wurde.

Opposition

Hochburgen des Maquis in Spanien

Bis 1977 bestand eine Exilregierung der Republik in Mexiko, die sich erst nach den ersten freien Wahlen auflöste. Im Zuge der ökonomischen Krise Ende der fünfziger Jahre, die das Opus Dei in seiner Machtrolle beförderte, gab auch die Opposition außerhalb Spaniens ein viel beachtetes Lebenszeichen von sich, als alle oppositionellen Parteien mit Ausnahme der Kommunisten einen Kongress in München abhielten.

In den späteren Jahren des Franco-Regimes bildeten sich von diesen traditionellen Parteien und Bewegungen weitgehend unabhängige oppositionelle Gruppen heraus. Als eine neue Form der Opposition, die nicht allgemeinpolitisch tätig war und von der traditionellen Linken und Teilen der Kirche unterstützt wurde, sind insbesondere die illegalen freien Gewerkschaften anzusehen. Neben der HOAC und der USO sind hier besonders die Comisiones Obreras (CC.OO, Arbeiterkommissionen) hervorzuheben. Sie wurden von 1956 an, als das franquistische System gerade durch Streiks und Wirtschaftskrise gelähmt wurde, als freie Gewerkschaftsbewegung zu einer der bedeutsamsten oppositionellen Gruppierungen. In ihnen verbanden sich Sozialisten, Kommunisten und die katholische Arbeiterbewegung. Dabei kam es in den letzten Jahren des Regimes zu Verhaftungen und zu Verurteilungen zu langjährigen Haftstrafen, wie insbesondere im Falle der „11 von Carabanchel“ oder 1972/73 im „Prozess Tausendeins“ gegen die Führungsmannschaft der CC.OO.

Der Franquismus und die nichtkastilischen Gebiete

Der Franquismus war zentralistisch ausgerichtet und stand Autonomiebestrebungen der seit jeher mangelhaft in den Staat integrierten nichtkastilischen Gebiete, insbesondere Kataloniens und des Baskenlands, mit größtem Misstrauen gegenüber. Diese Gebiete hatten zudem während des Bürgerkriegs die Republik unterstützt, weshalb die Repressionsmaßnahmen hier besonders hart ausfielen – am stärksten hatte das Baskenland, dessen drei Provinzen Franco wegen ihrer Rolle im Bürgerkrieg als „Verräterprovinzen“ bezeichnete, zu leiden. Unter Franco konnte bereits ein katalanischer Volkstanz, die Sardana, oder das Zeigen der baskischen Flagge, der Ikurriña, als Aufforderung zum Umsturz aufgefasst werden.

Der Unterricht in nichtkastilischen Sprachen wurde abgeschafft, so dass nur noch der Unterricht in „christlicher“ (kastilischer) Sprache zulässig war. Ortsnamen wurden hispanisiert und der Gebrauch der katalanischen, baskischen und galicischen Sprache wurde bei Behörden und in der Öffentlichkeit verboten.

In Katalonien überwog der passive Widerstand bis in die siebziger Jahre und fand ab Anfang der sechziger Jahre Ausdruck in der Nova Cançó, dem „Neuen Lied“. Berühmte Vertreter der Nova Cançó waren Lluís Llach (nicht zuletzt mit seinem Lied L'estaca (Der morsche Pfahl), mit dem er auf das Franco-Regime anspielte), Francesc Pi de la Serra, Maria del Mar Bonet und Raimon. Die Nova Cançó wurde nach dem Ende des Franquismus zunächst voreilig als überholt abgetan, setzte sich aber auch in der Folgezeit durch, als Lluís Llach in den Achtzigern daran mit Liedern wie No es aixó (Kein solches Spanien war gemeint) anknüpfte.

Im Baskenland begann sich ab etwa 1960 – dem Jahr der Gründung der ETA – Widerstand zu formieren, der sich ab 1967 in Bombenanschlägen äußerte.

Valle de los Caídos

Franco selbst wurde zum Gegenstand der Mythologisierung. Der Führerkult bediente sich dabei nicht selten religiöser Vergleiche, indem er Franco als auserwählten Retter Spaniens und sogar als vom Heiligen Geist erleuchtet darstellte. Franco wurde von seinen Anhängern ferner mit Alexander dem Großen, Napoleon oder dem Erzengel Gabriel verglichen.308 Der Diktator, dessen Geburtsstadt Ferrol in „El Ferrol del Caudillo“ umbenannt wurde, war in den größeren Städten mit einem Standbild hoch zu Ross als Anführer der cruzada und in zahllosen weiteren Orten als Namensgeber der Hauptstraßen vertreten.

Der Führerkult und das Bürgerkriegsgedenken kommen in dem franquistischen Bauwerk par excellence – dem Valle de los Caídos (Tal der Gefallenen) bei El Escorial – am deutlichsten zum Ausdruck. Es wurde von Kriegs- und politischen Gefangenen in den Felsen der Sierra de Guadarrama gehauen. In diesem Mahnmal wurden neben den Gebeinen zehntausender auf Seiten Nationalspaniens sowie der Republik gefallener Krieger nicht nur Franco selbst, sondern auch der (der franquistischen Darstellung zufolge – ein weiterer Gründungsmythos – als Märtyrer ums Leben gekommene) Gründer der Falange José Antonio Primo de Rivera beigesetzt. Nach Darstellung des Regimes handelte es sich um einen Ausdruck der „Versöhnung“, da auch Spanier der gegnerischen Seite dort ihre letzte Ruhestätte fanden. Doch blieb diese Versöhnung vordergründig, wie neben der Apotheose Francos die des jüngeren Primo de Rivera erweist.

Ende des Franquismus

Mitte Oktober 1975 erkrankte Franco, der immer deutlichere Zeichen von Senilität gezeigt hatte, an Grippe und erlitt hierauf drei Herzinfarkte. Erst am 20. November 1975 wurde sein Tod bekannt gegeben. In seinem Testament ermahnte er die Spanier, dass die Feinde des Landes und der christlichen Zivilisation nicht ruhen würden und dass sie, die Spanier, sich um den zukünftigen König scharen und die Einheit Spaniens bewahren sollten.309

Die maßgeblichen Stellen des franquistischen Staats, der Nationalrat, der Königliche Rat und die Cortes, waren weiterhin durch seine Anhänger besetzt. Entsprechend gering war der Spielraum König Juan Carlos', der noch im selben Jahr inthronisiert wurde und eine Thronrede hielt, in der er ausführte, dass „eine freie und moderne Gesellschaft die Beteiligung aller in den Entscheidungszentren, den Medien, den unterschiedlichen Ebenen des Erziehungswesens und der Kontrolle des nationalen Wohlstands“ erfordere. Er sah sich, wie er weiter ausführte, als „König aller Spanier, Wächter der Verfassung und Kämpfer für die Gerechtigkeit“.

Zunächst blieben der Premier Carlos Arias Navarro, der ausdrücklich kundtat, den Franquismus weiterführen zu wollen, und seine Regierung im Amt. Unter dem Eindruck von Massendemonstrationen und auf Verlangen des Königs reichte Arias schließlich seinen Rücktritt ein. Nachfolger wurde am 3. Juli 1976 Adolfo Suárez, der letzte Generalsekretär des Movimiento Nacional. Sein Programm umschrieb er wie folgt: „Die Krone hat ihrem Wunsch Ausdruck verliehen, aus Spanien eine moderne Demokratie zu formen. Es ist mein fester Entschluss, dem zu dienen.“ Seine Reformen, die mit der Zulassung der politischen Parteien und Gewerkschaften vorangetrieben und von einem Referendum im Dezember 1976 (Ley para la Reforma Política) gekrönt wurden, brachten ihm den Respekt der demokratischen Opposition ein.

1976 wurde im Zuge einer Strafrechtsreform die Bildung von Parteien wieder legalisiert. Im Zentrum der von Suárez angestoßenen Reform aber stand eine neue Verfassung, die aus den Cortes, die zuvor ein Ständeparlament gewesen waren, ein allgemein, frei, gleich und geheim gewähltes Zweikammerparlament machte. Juan Carlos’ Anteil an diesen Reformen bestand nicht zuletzt darin, dass er sich hinter seinen Premier stellte, seine eigene Reputation für ihn in die Waagschale warf und bei den alten Stützen des Systems für die Neubegründung des Staats warb. Ein Referendum sprach dem neuen System eine Zustimmung von nicht weniger als 95 % der Stimmen aus. Der Franquismus brach nicht zusammen, sondern er machte einem neuen System auf unblutige Weise Platz.

Nachwirkungen

Insbesondere der Bürgerkrieg und die Nachkriegsjahre werden bis heute ungern thematisiert, und erst in den letzten Jahren ist ein gesteigertes Interesse an den Vorkommnissen festzustellen.310 Einen breitenwirksamen Impuls zur Aufarbeitung des Bürgerkriegs von 1936 setzte in den 1990er Jahren der Film Land and Freedom.311

Aber erst seit etwa der Jahrtausendwende werden die Massengräber aus der Zeit während und nach dem Bürgerkrieg geöffnet.312 Eine Exhumierung von 13 Bürgerkriegsopfern im Herbst 2000 führte zur Gründung der Organisation Asociación para la Recuperación de la Memoria Histórica (ARMH, Vereinigung zur Rückgewinnung des historischen Gedächtnisses), die sich um Exhumierung und würdige Neubestattung kümmert. Eines der wohl größten Massengräber wurde 2003 in El Carrizal bei Granada entdeckt; dort waren 5.000 Hinrichtungsopfer vergraben worden.313 Die Zahl der unidentifizierten Opfer wird landesweit auf 30.000 geschätzt.

Im November 2002 verurteilte das Parlament einstimmig die Diktatur und versprach denjenigen Angehörigen, die ihre damals „verschwundenen“ Angehörigen (siehe auch Desaparecidos) aufzufinden und zu exhumieren wünschten, Unterstützung. Seit November 2007 sieht das „Gesetz über das historische Gedenken“ vor, dass die Kommunen die private Initiative der Exhumierungsarbeiten unterstützen. Der oppositionelle Partido Popular kritisiert dieses Gesetz allerdings, weil es „alte Wunden aufreiße und nur den Zweck habe, die spanische Nation zu spalten“.314 In vielen Gemeinden und Regionen stellte er sich bereits gegen die Auffindung und Umbettung der ermordeten Franco-Opfer.315

Früher: Monumento al General Franco; heute: Monumento al Ángel Caído in Santa Cruz de Tenerife

Erst seit diesen Arbeiten wird darüber debattiert, dass an zahlreichen Stellen das falangistische Pfeilbündel und auf Straßentafeln der Name des Diktators zu sehen ist. In der ersten Jahreshälfte 2005 kam es auf Betreiben der PSOE-Regierung zur Entfernung zweier verbliebener Franco-Statuen aus Madrid und Guadalajara,316 was nicht ohne Zwischenfälle vor sich ging. Auf Betreiben der sozialistischen Regierung von Zapatero verabschiedete das spanische Parlament ein Gesetz, in dem die Unrechtsurteile der Franco-Zeit für unrechtmäßig erklärt werden und die letzten Symbole und Denkmäler der Diktatur auch gegen den Widerstand der Gemeinden entfernt werden dürfen.317

Der Artikel 15 des Ley de Memoria Histórica vom 26. Dezember 2007 (ley 52/2007),318 schreibt die Entfernung von öffentlichen Symbolen und Denkmälern vor, die den Militäraufstand, den Bürgerkrieg und die Unterdrückungsmaßnahmen während der Diktatur verherrlichen.319 Für den Valle de los Caídos mit dem Grab Francos schreibt der Artikel 16 des Gesetzes vor, dass dieser Ort nach den allgemeinen Regeln für Friedhöfe zu behandeln sei.

Eine weitere Wiedergutmachung franquistischen Unrechts besteht in der Möglichkeit für Flüchtlinge des Bürgerkriegs und der Nachkriegszeit sowie ihrer Nachkommen, die spanische Staatsangehörigkeit anzunehmen bzw. zurückzuerhalten. Es wird angenommen, dass eine halbe Million oder mehr Personen vor allem aus lateinamerikanischen Ländern dieses Angebot wahrnehmen möchten.320

Parlamentarische Monarchie

Demokratisierung 1976–1982

Die Jahre zwischen Francos Tod und dem Militärputsch vom 23. Februar 1981 („23-F“) waren durchaus nicht ohne Spannungen. So kam es zu Bombenattentaten vermutlich rechtsgerichteter Kräfte gegen Carlisten des Partido Carlista auf dem Montejurra,321 und am 24. Januar 1977 in Madrid zum Blutbad von Atocha gegen Anwälte der CC.OO. In diesen Jahren waren von linker Seite außerdem die erst 2007 für aufgelöst erklärte Terrororganisation GRAPO mit ihren marxistisch-leninistischen Zielsetzungen und auch weiterhin die ETA aktiv.

Die wichtigste Nachfolgeorganisation der Falange, die von Blas Piñar geleitete Fuerza Nueva (später Frente Nacional) spielte ab den 1980er Jahren keine Rolle mehr, nicht zuletzt, weil der Partido Popular das Spektrum rechts des PSOE abdeckte und die Nachfolgeorganisationen „mit dem untüchtigen und verhassten Franco-Regime identifiziert wurden. … Selbst jene, die Francos Regime unterstützt hatten, mussten zugeben, dass sich in den letzten Jahrzehnten eine politische, soziale und wirtschaftliche Revolution in Spanien vollzogen hatte und dass das Franco-Regime nicht wiederzuerwecken war.“322

1978 nahmen 88 % der Bevölkerung die Verfassung an, die Spanien zu einer parlamentarischen Monarchie machte. Erster Ministerpräsident wurde Adolfo Suárez. Am 23. Februar 1981 versuchten Angehörige der Armee unter General Jaime Milans del Bosch und der paramilitärischen Polizeitruppe Guardia Civil unter Oberst Antonio Tejero einen Militärputsch. Tejero stürmte dabei das Parlament, wo Leopoldo Calvo-Sotelo gerade zum Regierungschef gewählt werden sollte. Die Parlamentarier wurden als Geiseln genommen. Mit dem entschlossenen Auftreten des Königs als Oberbefehlshaber der Armee, der sich im Rahmen einer landesweit ausgestrahlten Fernsehansprache für die Demokratie aussprach und das Militär auf seine Seite zog, konnte der Staatsstreich noch in der Nacht vereitelt werden.

Spanien trat am 30. Mai 1982 der NATO bei und in einem von Ministerpräsident Felipe González anberaumten Referendum sprachen sich am 12. März 1986 die Wähler für einen Verbleib im Atlantischen Bündnis ohne Beteiligung an der integrierten militärischen Kommandostruktur der NATO aus. Im November 1986 billigte das Parlament die Teilnahme an der neuen Militärstruktur der NATO, was extern als Schritt zur Stabilisierung betrachtet wurde.

Spanische Soldaten mit Transportpanzer BMR-600 im Rahmen des SFOR-Einsatzes in Bosnien-Herzegowina im Mai 2002

Mit dem Beitritt in das nordatlantische Bündnis kam auch die europäische Integration voran. 1986 wurde Spanien Mitglied der Europäischen Gemeinschaft und am 14. November 1988 unterzeichnete es den Beitrittsvertrag zur Westeuropäischen Union, der am 27. März 1990 ratifiziert wurde. 1999 entschied es sich, den Euro als neue Währung ab 2002 zu übernehmen.

Der konservative Partido Popular gewann die Wahlen vom 3. März 1996 und José María Aznar wurde am 5. Mai 1996 als Ministerpräsident vereidigt. Seine innenpolitische Agenda basierte auf der Sanierung der Staatsfinanzen im neoliberalen Sinne, einem starken Wirtschaftswachstum und dem Kampf gegen die ETA; außenpolitisch suchte Aznar die Nähe der Regierung Bush. Bei den Wahlen am 12. März 2000 gelang es Aznar, die absolute Mehrheit zu erringen. Zusammen mit Großbritannien und unter Führung der USA schloss sich Aznar trotz des Widerstands eines Großteils der Bevölkerung der „Koalition der Willigen“ an. Deutschland, Russland und Frankreich verweigerten die Teilnahme.

Madrider Zuganschläge, Regierung der Sozialisten (2004-2011)

Am 11. März 2004 kam es zu einer Serie islamistisch motivierter Terroranschläge auf Nahverkehrszüge in Madrid. 191 Tote und ca. 1500 Verletzte wurden beklagt. Nur drei Tage später am 14. März 2004 fanden Parlamentswahlen statt, die entgegen allen Umfragen die Sozialistische Partei unter José Luis Rodríguez Zapatero gewinnen konnte. Damit verbunden kündigte sich ein Politikwechsel an. Im Inneren wurden die gesellschaftliche Liberalisierung und die Trennung von Staat und Kirche vorangetrieben und die Dezentralisierung des Landes fortgesetzt, wobei insbesondere die nationalistischen Ansprüche in Katalonien und im Baskenland zunehmende Beachtung fanden. Im Sommer 2006 nahm die Regierung Verhandlungen mit der ETA auf, nachdem diese im März einen „permanenten Waffenstillstand“ angekündigt hatte; nach dem Bruch des Waffenstillstands durch ein ETA-Attentat am 30. Dezember 2006 im Madrider Flughafen wurden diese Verhandlungen allerdings wieder eingestellt. Die innenpolitischen Maßnahmen Zapateros bewirkten eine starke Polarisierung der politischen Parteien. Außenpolitisch näherte sich Spanien an Deutschland und Frankreich an. Ministerpräsident Zapatero zog die Armee bis Juli 2004 aus dem Irak ab, doch stockte er wenig später mit Rücksicht auf die durch diesen Rückzug geschädigten Beziehungen zu den USA das Militärkontingent in Afghanistan auf, wo bis November 2013 34 Spanier starben.323 2008 gelang es Zapatero, Spanien als dauerhaften Gast der G-20-Gipfel zu etablieren.

Wirtschaftskrise (seit 2007), Aus- und Zuwanderung

Spanien ist die viertgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone nach Deutschland, Frankreich und Italien.324 Nachdem das Bruttosozialprodukt mehrere Jahre angetrieben von der Bauwirtschaft stetig angestiegen war, befand sich das Land ab Mitte 2008 in einer Rezession. Der Immobilienmarkt brach ein und die Arbeitslosenquote stieg von 8,6 % im letzten Quartal 2007 auf 21,5 % im letzten Quartal 2011.325 Im März 2013 lag sie bei 27,16 %, von den unter 25-jährigen waren 57,22 % ohne Beschäftigung.326 Im Januar 2015 lag sie bei 4,53 Millionen oder 23,7 %.326a

Investitionsruine auf Ibiza (Cala de Bou, Sant Josep)

Zwischen 1996 und 2006 befand sich der extrem intransparente Immobilienmarkt in einer Expansionsphase mit stark steigenden Preisen. Diese Entwicklung ließ den Anteil des Bau- und Immobiliensektors bis auf rund 18 % des Bruttoinlandsprodukts (2007) anschwellen, und dieser Wirtschaftssektor war es auch, der maßgeblich zu dem über dem EU-Durchschnitt liegenden Wirtschaftswachstum beitrug. Es entstand eine Immobilienblase,327 die 2007 platzte.328 Die Wirtschaft geriet in eine Rezession.329

Die Regierung beschloss ab Anfang 2008 mehrere Konjunkturprogramme. Im April legte die in den Wahlen vom 9. März 2008 wiedergewählte Regierung Zapatero ein Programm auf, das für 2008 und 2009 Konjunkturimpulse in Höhe von insgesamt rund 18 Milliarden Euro vorsah. Der Mindestlohn sollte erhöht werden, die Vermögensteuer 2009 abgeschafft werden. Weitere Investitionen sollten für die Verbesserung der Infrastruktur und für den sozialen Wohnungsbau getätigt werden.330 Im August 2008 verabschiedete die Regierung ein weiteres Konjunkturpaket, das für 2009 und 2010 Ausgaben von 20 Milliarden Euro vorsah.331 Ende November 2008 wurde ein weiteres Konjunkturpaket von 11 Milliarden Euro, das unter anderem öffentliche Aufträge in Höhe von 8 Milliarden Euro vorsah, aufgelegt. Durch Förderung von Infrastrukturprojekten und der Autoindustrie sollten bis zu 300.000 neue Stellen geschaffen werden.332 Ende Dezember wurde zusätzlich eine Erhöhung der Renten um 2,4 bis 7,2 %, sowie eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns um 4 % auf 624 Euro (bei 14 Monatsgehältern) dekretiert. Am 12. Januar 2009 stellte die Regierung Zapatero schließlich den „Plan E“ vor.333 Dieser bündelte über 80 zum Teil schon vorher für 2008/2009 geplante Einzelmaßnahmen im Gesamtwert von über 70 Milliarden Euro.

Die vermehrten staatlichen Ausgaben für die verschiedenen Stabilisierungsprogramme bei gleichzeitig zunehmender Inanspruchnahme von Sozialleistungen führten zu einer Vergrößerung des Haushaltsdefizits. Die Regierung sah sich gezwungen, neue Kredite in Höhe von über 220 Milliarden Euro aufzunehmen.334

Im Juni 2009 kündigte die Wirtschafts- und Finanzministerin Elena Salgado daher einschneidende Kürzungen für die Staatsausgaben 2010 an.335 Die Mehrwertsteuer sollte ab Juli 2010 von 16 auf 18 % steigen.336 Die Kapitalertragsteuer für Gewinne von mehr als 6.000 Euro sollte von 18 auf 21 % erhöht werden. Zudem sollten im Staatshaushalt die Ausgaben gekürzt werden.337

Ende Januar 2010 legte Madrid ein hartes Austeritätsprogramm für die kommenden drei Jahre vor.338 Mit Haushaltskürzungen von 50 Milliarden Euro und Steuererhöhungen sollte das Budgetdefizit, das zuletzt bei 11,2 % des BIP gelegen hatte, bis 2011 auf 6 % gesenkt werden. 2013 sollte dann der EU-Grenzwert von 3 % wieder eingehalten werden.339 Im Mai 2010 kündigte das Kabinett Zapatero zusätzliche Kürzungen von 15 Milliarden Euro bis 2011 an. Am 27. Mai 2010 wurde dieses neuerliche Ausgabenkürzungspaket mit einer Stimme Mehrheit vom Parlament verabschiedet.

Am 20. November 2011 fanden vorgezogene Neuwahlen statt. Der Partido Popular unter Mariano Rajoy gewann die absolute Mehrheit. Anfang Juli 2012 räumten die europäischen Finanzminister Spanien eine größere Zeitspanne für die Verringerung der Neuverschuldung ein. Im Frühjahr war das Ziel für das Haushaltsdefizit bereits von 4,4 auf 5,3 % bis Ende 2012 angehoben worden. Es wurde dann nochmals auf 6,3 % angehoben. Spanien sollte seine Neuverschuldung nicht mehr – wie ursprünglich avisiert – bereits 2013, sondern nun erst im Jahre 2014 unter die EU-Obergrenze von 3 % drücken.

Im August 2012 verschärfte Rajoy seinen Austeritätskurs (von 65 Milliarden Euro auf etwa 102 Milliarden Euro).340 Er reagierte damit vor allem auf die gestiegenen Zinsen, die Spanien zahlen musste, sobald es neue Kredite aufnahm.341 Auch am Sekundärmarkt, wo die bereits früher ausgegebenen Staatsanleihen gehandelt werden, stiegen die Renditen für zehnjährige spanische Papiere auf über 7 %. Im September 2013 plante das Kabinett Rajoy, die Renten nicht mehr automatisch mit der Inflationsrate steigen zu lassen, um binnen zehn Jahren 30 oder 33 Milliarden Euro einzusparen.

Immer wieder kam es zu Massenprotesten gegen die Kürzungen, wie etwa am 19. Februar 2012 in Madrid, als 500.000 Menschen gegen Sozialkürzungen protestierten.

Mit einer Reform wurde der Kündigungsschutz gelockert, um so Anreize für mehr unbefristete Arbeitsverträge zu schaffen. In Spanien waren zu dieser Zeit etwa 25 % aller Arbeitsverhältnisse befristet; einer der höchsten Werte in der EU.342

Am 9. Juni 2012 sagten die Euro-Finanzminister der Regierung einen Kredit von maximal 100 Milliarden Euro für ihre Banken zu. Zu diesem Zeitpunkt stand der genaue Finanzbedarf der Banken allerdings noch nicht fest. Sie hatten Schuldtitel im Wert von rund 670 Milliarden Euro im Portfolio, ein Großteil davon wurde an Kleinanleger ausgegeben.343 Im August 2013 teilte die spanische Zentralbank mit, dass die „faulen Kredite“ in den Bilanzen der Banken auf ein Rekordniveau gestiegen waren; er habe sich von 11,2 % im Mai 2013 auf 11,6 % im Juni erhöht. Offenbar ist die Wirkung der Schaffung einer staatlichen „Bad Bank“, der Sociedad de Gestión de Activos de la Reestructuración Bancaria (Sareb) weitgehend verpufft.344 Zugleich reicht die Korruption bis in die Regierung und das Königshaus. Grundlage ist die Abschottung der Eliten mit ihrer verbreiteten Selbstbedienungsmentalität.

Die Wirtschaftslage zwang viele Spanier, ins Ausland zu gehen, während die desolate politische und wirtschaftliche Situation in Nordafrika eine wachsende Fluchtwelle auslöste. Zwischen 1797 und 1877 stieg die Einwohnerzahl Spaniens von 10,5 auf 16,6 Millionen, wobei ein besonders starker Anstieg ab 1830-1840 einsetzte. Während sich die Einwohnerzahl Spaniens von 1900 bis 1981 von etwa 18,3 auf 37,6 Millionen Einwohner etwa verdoppelte, bis 2012 gar auf 47,3 Millionen anstieg, kam es immer wieder zu großen Auswanderungswellen. Die Einwohnerzahl, die 2013 erstmals sank - zwischen Januar 2011 und Januar 2013 verließen 500.000 Menschen das Land, darunter 117.523 Spanier345 -, dürfte jedoch bis zum Jahr 2052 auf 41,5 Millionen zurückgehen.346 Gleichzeitig lebten 2013 allein 783.137 Marokkaner in Spanien, davon waren 23.408 im Jahr 2012 ins Land gekommen. Die Zahl der Spanier in Marokko, die nach offiziellen Angaben bei 2.600 lag, dürfte erheblich höher gelegen haben. Nach Angaben von Eurostat lebten im März 2013 etwa 1,9 Millionen Menschen aus Nordafrika in Europa.347 2014 trat die Regierung mit Plänen an die Öffentlichkeit, allen Nachkommen der ab 1492 vertriebenen sephardischen Juden die spanische Staatsbürgerschaft einzuräumen. Bisher mussten Antragsteller nicht nur ihre bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben, sondern auch für den Zeitraum von mindestens zwei Jahren einen Wohnsitz in Spanien nachweisen.348

Am 1. Juni 2018 verlor Rajoy sein Amt als Ministerpräsident infolge eines Korruptions- und Parteispendenskandals durch ein Misstrauensvotum. Sein Nachfolger wurde der Sozialist Pedro Sánchez, dessen Partei aber nur über 84 Sitze im Parlament verfügt. Sánchez erhielt beim Misstrauensvortum 180 von 350 Stimmen, ist aber aufgrund der geringen Zahl der Sitze im Parlament auf die Tolerierung durch Unidos Podemos, die Nationalpartei des Baskenlandes und verschiedene separatistische Parteien angewiesen. Als eine der ersten Maßnahmen erhielt Katalonien den gleich Autonomiestatus wie das Baskenland, die Zwangsverwaltung durch Madrid wurde aufgehoben. Regionalpräsident wurde Quim Torra.

Verwaltung des Kulturerbes

Quelleneditionen

Literatur

Überblickswerke

Urgeschichte

Überblickswerke

Paläolithikum

Mesolithikum

Neolithikum

Metallzeitalter

Poblado preibérico de San Cristóbal (Mazaleón)
Voriberische Siedlung San Cristóbal (Mazaleón)

Torre D´en Galmés
Torre D´en Galmés auf Menorca

Casco de Leiro, Castelo San Antón (A Coruña)
Casco de Leiro, Castelo San Antón, ein goldener Hut aus der späten Bronzezeit

Griechen, Karthager und Römer

Detail eines Mosaiks aus Emporion, 1. Jahrhundert v. Chr.

Westgoten, Sueben, Basken

Muslimische Epoche, Reconquista, Bürgerkriege, Vereinigung von Kastilien und Aragón

Habsburgerreich, Bourbonen

Republik, Franquismus, jüngste Geschichte

Kanaren

Wissenschaftsgeschichte

Bibliographien

Externe Links

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Replikat

Filmbeiträge

Anmerkungen

  1. 1 ↑ Grahame Clark: World Prehistory in New Perspective, Cambridge University Press, Cambridge 1977.
  2. 2 ↑ David Lordkipanidze, Marcia S. Ponce de León, Ann Margvelashvili, Yoel Rak, G. Philip Rightmire, Abesalom Vekua, Christoph P. E. Zollikofer: A Complete Skull from Dmanisi, Georgia, and the Evolutionary Biology of Early Homo, in: Science 342,6156 (18. Oktober 2018) 326-331 doi:10.1126/science.1238484.
  3. 3 ↑ Christopher J. Lepre u. a.: An earlier origin for the Acheulian, in: Nature 477 (2011) 82–85 doi:10.1038/nature10372
  4. 4 ↑ Gary R. Scott, Luis Gibert: The oldest hand-axes in Europe, in: Nature 461 (2009) 82–85. doi:10.1038/nature08214
  5. 5 ↑ Nicolas Rolland: The earliest hominid dispersals beyond Subsaharan Africa: A survey of underlying causes, in: Quaternary International 223-224 (2010) 54-64.
  6. 6 ↑ Josep M. Parés, Alfredo Pérez-González: Paleomagnetic Age for Hominid Fossils at Atapuerca Archaeological Site, Spain, in: Science, New Series 269,5225 (1995) 830-832.
  7. 7 ↑ J. M. Bermúdez de Castro et al.: Early Pleistocene human mandible from Sima del Elefante (TE) cave site in Sierra de Atapuerca (Spain): a comparative morphological study, in: Journal of Human Evolution 61,1 (2011) 12–25, doi:10.1016/j.jhevol.2011.03.005
  8. 8 ↑ Welterbeliste der UNESCO, Archäologische Stätten in der Sierra de Atapuerca (K/2000)
  9. 9 ↑ Isidro Toro-Moyano, Bienvenido Martínez-Navarro, Jordi Agustí, Caroline Souday, José María Bermúdez de Castro, María Martinón-Torres, Beatriz Fajardo, Mathieu Duval, Christophe Falguères, Oriol Oms, Josep Maria Parés, Pere Anadón, Ramón Julià, José Manuel García-Aguilar, Anne-Marie Moigne, María Patrocinio Espigares, Sergio Ros-Montoya, Paul Palmqvist: The oldest human fossil in Europe, from Orce (Spain), in: Journal of Human Evolution 65,1 (Juli 2013) 1–9 (Im Gegensatz hierzu handelte es sich bei einem Hinterhauptfragment, gedeutet als Mensch von Orce), wohl eher um den Überrest eines Fohlens).
  10. 9a ↑ Iván Lozano-Fernández, Hugues-Alexandre Blain, Juan Manuel López-García, Jordi Agustí: Biochronology of the first hominid remains in Europe using the vole Mimomys savini: Fuente Nueva 3 and Barranco León D, Guadix-Baza Basin, south-eastern Spain, in: Historical Biology: An International Journal of Paleobiology (2014). Gegen die Annahme derart früher Homininen erhob sich Widerspruch, der als Junges-Europa-Hypothese von Giovanni Muttoni, Dennis V. Kent, Giancarlo Scardia, Edoardo Monesi: Migration of Hominins With Megaherbivores into Europe via the Danube-Po Gateway in the Late Matuyama Climate Revolution (2013) vorgetragen wurde. Gegen diese wandten sich wiederum Joan García, Kenneth Martínez, Gloria Cuenca-Bescós, Eudald Carbonell: Human occupation of Iberia prior to the Jaramillo magnetochron (>1.07 Myr)in: Quaternary Science Reviews 98 (2014) 84–99.
  11. 10 ↑ José María Bermúdez de Castro, J. L. Arsuaga, E. Carbonell, A. Rosas, I. Martínez, M. Mosquera: A Hominid from the Lower Pleistocene of Atapuerca, Spain: Possible Ancestor to Neanderthals and Modern Humans, in: Science 276 (1997) 1392–1395 (Zusammenfassung).
  12. 11 ↑ Bernard Wood, Nicholas Lonergan: The hominin fossil record: taxa, grades and clades, in: Journal of Anatomy 212 (2008) 362, DOI:10.1111/j.1469-7580.2008.00871.x, Volltext (PDF; 292 kB)
  13. 12 ↑ Ann Gibbons: A New Face for Human Ancestors, n: Science 276 (1997) 1331–1333, doi:10.1126/science.276.5317.1331
  14. 13 ↑ J. M. Bermúdez de Castro et al.: Early Pleistocene human mandible from Sima del Elefante (TE) cave site in Sierra de Atapuerca (Spain): a comparative morphological study, in: Journal of Human Evolution 61,1 (2011) 12–25, doi:10.1016/j.jhevol.2011.03.005
  15. 14 ↑ C. Arambourg: Récentes découvertes de paléontologie humaine réalisées en Afrique du Nord française (L'Atlanthropus de Ternifine - L'Hominien de Casablanca), in: J. D. Clark, S. Cole (Hg.): Third Panafrican Congress on Prehistory. Livingstone 1955, Chatto & Windus, London 1957, S. 186-194.
  16. 15 ↑ Chris Stringer: Human evolution: Out of Ethiopiam in: Nature 423 (2003) 692–695, doi:10.1038/423692a, Volltext (PDF)
  17. 16 ↑ Katerina Harvati: Neanderthals, in: Evolution: Education and Outreach, Band 3, Nr. 3, 2010, S. 368, DOI:10.1007/s12052-010-0250-0
  18. 17 ↑ Bernard Wood, Nicholas Lonergan: The hominin fossil record: taxa, grades and clades, in: Journal of Anatomy 212 (2008) 362, DOI:10.1111/j.1469-7580.2008.00871.x, Volltext (PDF; 285 kB).
  19. 18 ↑ Margherita Mussi: Earliest Italy. An Overview of the Italian Paleolithic and Mesolithic, Springer, 2001, S. 46.
  20. 19 ↑ El Periódico de Catalunya, 27. März 2008.
  21. 20 ↑ Jean-Yves Crochet u. a.: Une nouvelle faune de vertébrés continentaux, associée à des artifacts dans le Pléistocène inférieur de l'Hérault (Sud de la France), ver 1,57 Ma. Comptes Rendus Palevol 8, 2009, S. 725-736 doi:10.1016/j.crpv.2009.06.004
  22. 21 ↑ Marta Arzarello, Federica Marcolini, Giulio Pavia, Marco Pavia, Carmelo Petronio, Mauro Petrucci, Lorenzo Rook, Raffaele Sardella: Evidence of earliest human occurrence in Europe: the site of Pirro Nord (Southern Italy), in: Naturwissenschaften 94 (2007) 107-112.
  23. 22 ↑ Eudald Carbonell et al.: The first hominin of Europe, in: Nature 452 (2008) 465–469, doi:10.1038/nature06815. Aus dieser frühesten Phase stammen, wie 2015 in einem Beitrag zur Avifauna veröffentlicht wurde, Überreste von einer Reihe von Vogelarten, nämlich von nicht genauer zu bestimmenden Gänsearten, Krickenten und Seeadlern sowie nicht näher fassbaren Hühnervögeln, hinzu kommen Wachtel, nicht näher bestimmte Sperlingsvögel, Haubenlerche, Heidelerche, Brachpieper, Gebirgsstelze, Wacholderdrossel / Misteldrossel, Rotdrossel / Amsel / Singdrossel, Muscicapa sp., Saatkrähe, Saatkrähe/Aaskrähe sowie Corvus corax antecorax (Carmen Núñez-Lahuerta, Gloria Cuenca-Bescós, Rosa Huguet: First report on the birds (Aves) from level TE7 of Sima del Elefante (Early Pleistocene) of Atapuerca (Spain), in: Quaternary International, 1. Oktober 2015 doi:10.1016/j.quaint.2015.08.016)
  24. 23 ↑ Vgl. Projekt Primeros Pobladores de Extremadura, 7. Juli 2014.
  25. 24 ↑ José María Bermúdez de Castro, María Martinón-Torres, Ruth Blasco, Jordi Rosell, Eudald Carbonell: Continuity or discontinuity in the European Early Pleistocene human settlement: the Atapuerca evidence, in: Quaternary Science Reviews 76 (15. September 2013) 53–65.
  26. 25 ↑ Mario Menéndez Fernández u.a.: Prehistoria Antigua de la Península Ibérica, Madrid 2012, Tabelle 2, S. 223, Lokalisierung auf einer Landkarte auf S. 229.
  27. 26 ↑ Mario Menéndez Fernández u.a.: Prehistoria Antigua de la Península Ibérica, Madrid 2012, S. 234.
  28. 27 ↑ Jüngere Untersuchungen zeigten, dass dieses hohe Alter nicht für alle bisher in diese Epoche datierten Schichten gilt. Es zeigte sich, dass einige Schichten zwar in die Zeit vor 450.000 Jahren zu datieren sind, wie etwa anhand von Thermolumineszenverfahren ermittelt wurde, jedoch gilt dies nach anderen Verfahren nicht für die Schichten GIIIa bis GIIb, in denen andere Verfahren zu einem geringeren Alter kamen. In der Schicht GIIa stimmen die Resultate mit 350 bis 450.000 Jahern wieder überein (Christophe Falguères, Jean-Jacques Bahain, James L. Bischoff, Alfredo Pérez-González, Ana Isabel Ortega, Andreu Ollé, Anita Quiles, Bassam Ghaleb, Davinia Moreno, Jean-Michel Dolo, Qingfeng Shao, Josep Vallverdú, Eudald Carbonell, Jose María Bermúdez de Castro, Juan Luis Arsuaga: Combined ESR/U-series chronology of Acheulian hominid-bearing layers at Trinchera Galería site, Atapuerca, Spain, in: Journal of Human Evolution 65,2 (2013) 168–184).
  29. 28 ↑ Julià Maroto, Angel Galobart Lorente, Joan Pons-Moyà, Mauricio Antón: Descripción del material de "Homotherium latidens" (Owen) de los yacimientos del Pleistoceno inferior de Incarcal (Girona, NE de la Península Ibérica), in: Paleontologia i evolució 34 (2003) 99-141.
  30. 29 ↑ B. M. Navarro and P. Palmqvist: Presence of the African Machairodont Megantereon whitei (Broom, 1937) (Felidae, Carnivora, Mammalia) in the Lower Pleistocene Site of Venta Micena (Orce, Granada, Spain), with some Considerations on the Origin, Evolution and Dispersal of the Genus, in: Journal of Archaeological Science 22 (1995) 569-582.
  31. 30 ↑ Y. Fernández-Jalvo, J. C. Díez, I. Cáceres, J. Rosell: Human cannibalism in the Early Pleistocene of Europe (Gran Dolina, Sierra de Atapuerca, Burgos, Spain), in: Journal of Human Evolution 37,34 (1999) 591–622 doi:10.1006/jhev.1999.0324
  32. 31 ↑ Eric Delson, Ian Tattersall, John Van Couvering, Alison S. Brooks: Encyclopaedia of Human Evolution and Prehistory, Routledge, 2013, S. 101. (Google Books)
  33. 32 ↑ James L. Bischoff, Ross W. Williams, Robert J. Rosenbauer, Arantza Aramburu, Juan Luis Arsuaga, Nuria García, Gloria Cuenca-Bescós: High-resolution U-series dates from the Sima de los Huesos hominids yields 600 kyrs: implications for the evolution of the early Neanderthal lineage, in: Journal of Archaeological Science 34/5 (2007) 763-770.
  34. 33 ↑ J. L. Arsuaga, I. Martínez, A. Gracia, J. M. Carretero, E. Carbonell: Three new human skulls from the Sima de los Huesos Middle Pleistocene site in Sierra de Atapuerca, Spain, in: Nature 362 (1993) 534-537.
  35. 34 ↑ J. L. Arsuaga, C. L. Lorenzo, J. M. Carretero, A. Gracia, I. Martínez, N. García, J. M. Bermúdez de Castro, E. Carbonell: "A complete human pelvis from the Middle Pleistocene of Spain." Nature 399 (1999): 255-258.
  36. 35 ↑ Adrián Pablos, Ignacio Martínez, Carlos Lorenzo, Ana Gracia, Nohemi Sala, Juan Luis Arsuaga: Human talus bones from the Middle Pleistocene site of Sima de los Huesos (Sierra de Atapuerca, Burgos, Spain), in: Journal of Human Evolution 65,1 (Juli 2013) 79–92. Zu Fortschritten bei der Geschlechtsbestimmung vgl. Pontus Skoglund, Jan Storå, Anders Götherström, Mattias Jakobsson: Accurate sex identification of ancient human remains using DNA shotgun sequencing, in: Journal of Archaeological Science 40,12 (Dezember 2013) 4477–4482; mit Hinweisen auf Fehler durch bloße Berücksichtigung morphologischer Kriterien.
  37. 35d ↑ Alina Schadwinkel: Gefeiertes Frühmenschen-Genom hinterlässt Forscher ratlos, in: Die Zeit, 4. Dezember 2013 (online). Dieser Beitrag bezieht sich auf Matthias Meyer, Qiaomei Fu, Ayinuer Aximu-Petri, Isabelle Glocke, Birgit Nickel, Juan-Luis Arsuaga, Ignacio Martínez, Ana Gracia, José María Bermúdez de Castro, Eudald Carbonell , Svante Pääbo: A mitochondrial genome sequence of a hominin from Sima de los Huesos, in: Nature 505 (2013) 403-406. 10.1038/nature12788
  38. 36 ↑ Zur Höhle, in der eine 5 m dicke Schicht, die älter als 780.000 Jahr ist, auch Homo-Heidelbergensis-Zähne barg sowie Spuren von Feuer, vgl. M. J. Walker, M. López-Martínez, J. S. Carrión-García, T. Rodríguez-Estrella, M. San-Nicolás del-Toro, J.-L. Schwenninger, A. López-Jiménez, J. Ortega-Rodrigáñez, M. Haber-Uriarte, J.-L. Polo-Camacho, J. García-Torres, M. Campillo-Boj, A. Avilés-Fernández, W. Zack: Cueva Negra del Estrecho del Río Quípar (Murcia, Spain): A late Early Pleistocene hominin site with an “Acheulo-Levalloiso-Mousteroid” Palaeolithic assemblage, in: Quaternary International 294 (2013) 135–159.
  39. 37 ↑ Gary R. Scott, Luis Gibert: The oldest hand-axes in Europe, in: Nature 461 (2009) 82–85. doi:10.1038/nature08214
  40. 38 ↑ Zu den frühesten Nachweisen von Feuergebrauch in Europa vgl.: Wil Roebroeks, Paola Villa: On the earliest evidence for habitual use of fire in Europe, in: PNAS (14. März 2011) doi:10.1073/pnas.1018116108
  41. 38d ↑ Marina Lozano, José M. Bermúdez de Castro, Eudald Carbonell, Juan Luis Arsuaga: Non-masticatory uses of anterior teeth of Sima de los Huesos individuals (Sierra de Atapuerca, Spain), in: Journal of Human Evolution 55,4 (2008) 713-7128.
  42. 39 ↑ Michael Walker, A. Vincent Lombardi, Josefina Zapata, Erik Trinkaus: Neandertal mandibles from the Sima de las Palomas del Cabezo Gordo, Murcia, Southeastern Spain, in: American Journal of Physical Anthropology 142,2 (2010) 261-272.
  43. 39c ↑ The University of Valencia found three new remains of Neanderthals in the “Cova Negra” of Xàtiva, Website der Universität Valencia, 29. Oktober 2013.
  44. 40 ↑ Jorge Machado, Cristo M. Hernández, Carolina Mallol, Bertila Galván: Lithic production, site formation and Middle Palaeolithic palimpsest analysis: In search of human occupation episodes at Abric del Pastor Stratigraphic Unit IV (Alicante, Spain), in: Journal of Archaeological Science, 40 (2013) 2254-2273.
  45. 40f ↑ David Santamaría Álvarez, Marco de la Rasilla Vives: Datando el final del Paleolítico medio en la Península Ibérica. Problemas metodológicos y límites de la interpretación, in: Trabajos de Prehistoria 70,2 (2013) (online).
  46. 41 ↑ Jean-Jacques Hublin, Erik Trinkaus: The Mousterian human remains from Zafarraya (Granada, Spain), in: American Journal of Physical Anthropology, suppl 26 (1998) 122-123.
  47. 42 ↑ Rachel E. Wood, Cecilio Barroso-Ruíz, Miguel Caparrós, Jesús F. Jordá Pardo, Bertila Galván Santos, Thomas F. G. Higham: Radiocarbon dating casts doubt on the late chronology of the Middle to Upper Palaeolithic transition in southern Iberia, in: Proceedings of the National Academy of Sciences 110,8 (2013) 2781–2786. doi.
  48. 43 ↑ Martin Kehl, Christoph Burow, Alexandra Hilgers, Marta Navazo, Andreas Pastoors, Gerd-Christian Weniger, Rachel Wood, Jesús F. Jordá Pardo: Late Neanderthals at Jarama VI (central Iberia)?, in: Quaternary Research 80,2 (September 2013) 218–234.
  49. 44 ↑ Herbert Ullrich: Hominid Evolution. Lifestyles and Survival Strategies, Edition Archaea, Gelsenkirchen 1999, S. 437.
  50. 44c ↑ Alfred Sanchis, Juan V. Morales, Leopoldo J. Pérez, Cristo M. Hernández, Bertila Galván: La tortuga mediterránea en yacimientos valencianos del Paleolítico medio: distribución, origen de las acumulaciones y nuevos datos procedentes del Abric del Pastor (Alcoi, Alacant), in: A. Sanchis, J. L. Pascual (Hg.): Preses petites i grups humans en el passat. II Jornades d'arqueozologia, Valencia, S. 97-120. (online, PDF)
  51. 45 ↑ Gerrit Leendert Dusseldorp: A View to a kill. Investigating Middle Palaeolithic subsistence using an Optimal Foraging perspective, Leiden 2009, S. 50.
  52. 46 ↑ M. C. Stiner: Overlapping species “Choice” by Italian Upper Pleistocene predators, in: Current Archeology 33 (1992) 433-451.
  53. 47 ↑ Presseerklärung der Regierung von Gibraltar No. 49/2008: Gibraltar Neanderthals in Science and Technology Yearbook.
  54. 48 ↑ Rekonstruktionsverfahren und Ergebnis, Computer-Assisted Paleoanthropology (CAP)
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  140. 118m ↑ Leonardo García Sanjuán, José Antonio Lozano Rodríguez: Menga (Andalusia, Spain): a biography of an exceptional megalithic monument, in: Luc Laporte, Chris Scarre (Hg.): The Megalithic Architectures of Europe, Oxbow, Oxford/Philadelphia 2016, S. 3–16, hier: S. 7.
  141. 119 ↑ A. García-Alix, F. J. Jimenez-Espejo, J. A. Lozano, G. Jiménez-Moreno, F. Martinez-Ruiz, L. García Sanjuán, G. Aranda Jiménez, E. García Alfonso, G. Ruiz-Puertas, R. Scott Anderson: Anthropogenic impact and lead pollution throughout the Holocene in Southern Iberia, in: Science of The Total Environment 449 (2013) 451–460.
  142. 119t ↑ Dies und das Folgende nach Corinna Kortemeier: Rekonstruktion der prähistorischen Siedlungs- und Landschaftsentwicklung auf Menorca (Balearen/Spanien) – Untersuchungen zur Anwendbarkeit frei zugänglicher geoarchäologischer Datenquellen für die retrospektive Analyse räumlicher und zeitlicher Siedlungsdynamiken , Diss. Kiel 2014 (online, PDF).
  143. 119x ↑ Cova des Càrritx, Menorca talayótica.
  144. 119y ↑ Ses Arenes de Baix, L'Arqielogia de Menorca.
  145. 120 ↑ Martín Almagro Gorbea, Jorge Maier Allende: De Pompeya al Nuevo Mundo: la Corona española y la Arqueología en el siglo XVIII, Real Academia de la Historia, 2012. (Google Books)
  146. 120x ↑ Fernando González de Canales Cerisola: Tarshish-Tartessos, the Emporium Reached by Kolaios of Samos. CIPOA 2, 2014, S. 559f. (online).
  147. 121 ↑ Hans Georg Niemeyer, Hermanfrid Schubart: Trayamar. Die phönizischen Kammergräber und die Niederlassung an der Algarrobo-Mündung, von Zabern, Mainz 1975.
  148. 121q ↑ Pedro Barceló, Juan José Ferrer: Die Phokäer und die iberische Halbinsel, in: Eckart Olshausen, Holger Sonnabend (Hg.): „Troianer sind wir gewesen“ --Migrationen in der antiken Welt. Stuttgarter Kolloquium zur Historischen Geographie des Altertums, 8, 2002, Steiner, 2006, S. 291-309. (Google Books).
  149. 122 ↑ Michael Blech: Archäologische Quellen zu den Anfängen der Romanisierung, in: Walter Trillmich, Annette Nünnerich-Asmus (Hg.): Hispania Antiqua – Denkmäler der Römerzeit, von Zabern, Mainz 1993, S. 74.
  150. 123 ↑ Ruta dels Ibers, Museu d’Arqueologia de Catalunya.
  151. 124 ↑ José Mattoso (Hg.): História de Portugal, Bd. 1, Editorial Estampa, Lissabon 1993, S. 217 f.
  152. 125 ↑ José Mattoso (Hg.): História de Portugal, Bd. 1, Lissabon 1993, S. 218.
  153. 126 ↑ Karl Guido Rijkhoek: Studien zu Sertorius. 123-83 v. Chr., Diss. Bonn 1989, Habelt, Bonn 1992.
  154. 127 ↑ Klaus Herbers: Politik und Heiligenverehrung auf der Iberischen Halbinsel. Die Entwicklung des „politischen Jakobus“, in: Jürgen Petersohn (Hg.): Politik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter, Thorbecke, Sigmaringen 1994, S. 199-202.
  155. 128 ↑ Jan van Herwaarden: The origins of the cult of St James of Compostela, in: Journal of Medieval History 6 (1980) 1-35, hier: S. 3-7.
  156. 129 ↑ Jan van Herwaarden: The origins of the cult of St James of Compostela, in: Journal of Medieval History 6 (1980) 1-35, hier: 7-18.
  157. 130 ↑ Klaus Herbers: Politik und Heiligenverehrung auf der Iberischen Halbinsel. Die Entwicklung des „politischen Jakobus“, in: Jürgen Petersohn (Hg.): Politik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter, Sigmaringen 1994, S. 177–275, hier: S. 196; Thomas Deswarte: De la destruction à la restauration, Turnhout 2003, S. 106f.
  158. 131 ↑ Robert Plötz: Der Apostel Jacobus in Spanien bis zum 9. Jahrhundert, in: Spanische Forschungen der Görresgesellschaft, 1. Reihe 30 (1982) 20-22.
  159. 132 ↑ Zum Concilium Eliberritanum vgl. Eckhard Reichert: Die Canones der Synode von Elvira. Einleitung und Kommentar, Diss., Hamburg 1988, Hamburg 1990 und Concilium Eliberitanum in den Documenta Catholica Omnia.
  160. 132b ↑ Ältestes jüdisches Zeugnis auf der Iberischen Halbinsel, Archäologie online, 25. Mai 2012.
  161. 133 ↑ Virginia Burrus: The Making of a Heretic. Gender, Authority, and the Priscillianist Controversy, University of California Press, 1995. (Google Books)
  162. 134 ↑ Peter Brown: Through the Eye of a Needle. Wealth, the Fall of Rome, and the Making of Christianity in the West, 350-550 AD, Princeton University Press 2012, S. 6. (Google Books)
  163. 135 ↑ Peter Brown: Through the Eye of a Needle. Wealth, the Fall of Rome, and the Making of Christianity in the West, 350-550 AD, Princeton University Press 2012, S. 12.
  164. 136 ↑ Codex Theodosianus 5, 18, 1; Elisabeth Herrmann-Otto: Die Gesellschaftsstruktur der Spätantike, in: Alexander Demandt, Josef Engemann (Hg.): Konstantin der Große. Imperator Caesar Flavius Constantinus. von Zabern, Mainz am Rhein 2007, S. 188.
  165. 137 ↑ Peter Sarris: Empires of Faith. The Fall of Rome to the Rise of Islam, 500–700. Oxford University Press, Oxford 2011, S. 31.
  166. 138 ↑ Hans-Georg Beck: Das byzantinische Jahrtausend, C. H. Beck, München 1994, S. 47.
  167. 139 ↑ Peter Brown: Through the Eye of a Needle. Wealth, the Fall of Rome, and the Making of Christianity in the West, 350-550 AD, Princeton University Press 2012, S. 43.
  168. 140 ↑ Peter J. Heather: The Huns and the end of the Roman Empire in Western Europe, in: The English Historical Review 110 (1995) 4–41.
  169. 141 ↑ Siehe etwa Karl Christ: Geschichte der römischen Kaiserzeit, 4. Aufl., München 2002, S. 336 ff.
  170. 142 ↑ Später wurde die Trennung der beiden Gruppen als bloße räumliche Aufteilung gedeutet, aus den ersteren wurden die Westgoten, aus letzteren die Ostgoten. Diese Darstellung ist allerdings grob vereinfachend, denn tatsächlich nahmen sowohl Teile der Greutungen als auch Mitglieder anderer gentes an der Ethnogenese der Westgoten teil. Ebenso waren die aus dem Gros der Greutungen hervorgehenden Ostgoten kein ethnisch homogener Verband. Siehe Artikel Goten, In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 12 (1998) 402–443, insbesondere ab S. 428.
  171. 143 ↑ Die beste Quelle für die Ereignisse bis 378 ist Ammianus Marcellinus und sein Bericht im 31. und letzten Buch seines Geschichtswerks. Von seinen Res gestae sind nur die Bücher 14–31 erhalten, die den Zeitraum von 353 bis 378 abdecken, eine Zeit, die er als Offizier der Garde und Augenzeuge verfolgt hat. Vgl. dazu Peter J. Heather: Goths and Romans, 332–489, Oxford University Press 1991, S. 122ff., und Herwig Wolfram: Geschichte der Goten, 1. Auflage. C. H. Beck, München 1979, S. 137ff.
  172. 144 ↑ Orosius, VII, 37, 9.
  173. 145 ↑ Herwig Wolfram (Hg.): Die Geburt Mitteleuropas. Kremayr und Scheriau, Wien 1987, S. 35.
  174. 146 ↑ Zur Rolle Iberiens unter Heermeister Ricimer vgl. Friedrich Anders: Flavius Ricimer. Macht und Ohnmacht des weströmischen Heermeisters in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts, Lang, 2010, S. 480-95. (Google Books)
  175. 147 ↑ Pablo C. Díaz Martínez: El reino suevo (411-585), S. 71.
  176. 148 ↑ Pablo C. Díaz Martínez: El reino suevo (411-585), S. 76.
  177. 149 ↑ Helmut Castritius: Die Vandalen. Etappen einer Spurensuche, Kohlhammer, Stuttgart 2007, S. 113f.
  178. 150 ↑ Nach Manuel Koch: Ethnische Identität im Entstehungsprozess des spanischen Westgotenreiches, Walter de Gruyter, 2011, S. 229, ist dies nicht völlig eindeutig, da Isidor dies so versteht.
  179. 151 ↑ Zur Entstehung des Namens al-Andalus siehe Volker Noll, in: Italica et Romanica 1997 (PDF; 192 kB).
  180. 152 ↑ Zum Disput über die Herkunft der Goten aus Skandinavien vgl. Walter Goffart: Jordanes's Getica and the Disputed Authentity of Gothic Origin from Scandinavia, in: Speculum 80 (2005) 379–398; dagegen: Volker Bierbrauer: Archäologie und Geschichte der Goten vom 1.-7. Jahrhundert. Versuch einer Bilanz, in: FMASt 28 (1994) 51-171.
  181. 153 ↑ Klaus Herbers: Geschichte Spaniens im Mittelalter. Vom Westgotenreich bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Kohlhammer, Stuttgart 2006, S. 36; E. A. Thompson: Romans and Barbarians. The Decline of the Western Empire, University of Wisconsin Press, 1982, S. 190.
  182. 154 ↑ Klaus Herbers: Geschichte Spaniens im Mittelalter. Vom Westgotenreich bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, Stuttgart 2006, S. 35.
  183. 155 ↑ Die Pionierrolle Eurichs betont Isidor von Sevilla, Historia Gothorum 35. Ob schon Eurichs Vorgänger gesetzgeberisch tätig waren oder vor Eurich nur Gewohnheitsrecht galt, ist strittig.
  184. 156 ↑ Dietrich Claude: Geschichte der Westgoten, Stuttgart 1970, S. 37f. mit Diskussion der älteren Forschung.
  185. 157 ↑ Dietrich Claude: Geschichte der Westgoten, Stuttgart 1970, S. 52f.
  186. 158 ↑ Klaus Herbers: Geschichte Spaniens im Mittelalter. Vom Westgotenreich bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Kohlhammer, Stuttgart 2006, S. 38.
  187. 159 ↑ Klaus Herbers: Geschichte Spaniens im Mittelalter. Vom Westgotenreich bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Kohlhammer, Stuttgart 2006, S. 63.
  188. 160 ↑ Dietrich Claude: Geschichte der Westgoten, Stuttgart 1970, S. 112.
  189. 161 ↑ Klaus Herbers: Geschichte Spaniens im Mittelalter. Vom Westgotenreich bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Kohlhammer, Stuttgart 2006, S. 56.
  190. 162 ↑ Zu Hintergründen vgl. Dietrich Claude: Untersuchungen zum Untergang des Westgotenreichs (711–725), in: Historisches Jahrbuch 108 (1988) 329–358.
  191. 163 ↑ Pomponius Mela: „Nam a Pyrenaeo ad Garumnam, Aquitani … Aquitanorum clarissimi sunt Ausci … Urbes opulentissimae in Auscis Eliumberrum“ (III 15) „Die Aquitanier erstrecken sich von den Pyrenäen bis zur Garonne … Die Ausci sind die wichtigsten Aquitaner … Die blühendste Stadt ist Eliumberrum, bei den Ausci“
  192. 164 ↑ Dies und das Folgende nach Carlos Collado Seidel: Die Basken. Ein historisches Portrait, C. H. Beck, München 2010, hier: S. 17.
  193. 165 ↑ Website der Grabungsstätte Iruña-Veleia.
  194. 166 ↑ Carlos Collado Seidel: Die Basken. Ein historisches Portrait, C. H. Beck, München 2010, S. 24. Eine detaillierte Analyse bietet Hector Iglesias: Les inscriptions de Veleia-Iruña (2009) 1-230 (Les inscriptions de Veleia-Iruña (version entièrement revue et augmentée d'un index alphabétique). (PDF; 2,7 MB) Artxiker, bibliothèque numérique d'IKER, Centre de recherche sur la langue et les textes basques, Baiona-Bayonne).
  195. 167 ↑ Hans-Rudolf Singer: Der Maghreb und die Pyrenäenhalbinsel bis zum Ausgang des Mittelalters, in: Ulrich Haarmann (Hg.): Geschichte der arabischen Welt, Beck, München 2001, S. 264-322, hier: S. 265.
  196. 168 ↑ Der älteste Beleg für diesen arabischen Namen ist eine Dinar-Münze, die im Archäologischen Museum von Madrid aufbewahrt wird. Die Münze trägt auf der einen Seite „al-Andalus“ in arabischer Schrift und auf der Kehrseite das iberisch-lateinische „Span“. Die Unsicherheit der Datierung ergibt sich daraus, dass die Münzen zweisprachig in Latein und Arabisch beschriftet sind und das angegebene Jahr der Prägung in den beiden Sprachen differiert. Vgl. Heinz Halm: Al-Andalus und Gothica Sors, in: Der Islam 66 (1989) 252–263, doi:10.1515/islm.1989.66.2.252; Georg Bossong: Der Name Al-Andalus: Neue Überlegungen zu einem alten Problem, in: David Restle, Dietmar Zaefferer (Hg.): Sounds and systems: studies in structure and change. A festschrift for Theo Vennemann, Mouton de Gruyter, Berlin 2002, S. 149–164. (online, PDF, 1 MB).
  197. 169 ↑ Robert Lawrence Trask: The History of Basque. Routledge, London 1997, S. 12. (Google Books, ebook)
  198. 169f ↑ Sigurd Abel, Bernhard Simson: Jahrbücher des Fränkischen Reiches unter Karl dem Großen, Band 1. 2. Aufl. Berlin 1888, S. 289. (online, PDF)
  199. 169m ↑ Alexander Pierre Bronisch: Reconquista und Heiliger Krieg – die Deutung des Krieges im christlichen Spanien von den Westgoten bis ins frühe 12. Jahrhundert, Aschendorff, Münster 1998, S. 144; vgl. Abschnitt Der Begriff des 'Heiligen Kriegs' ab S. 201.
  200. 171 ↑ Tertius Chandler: Four Thousand Years of Urban Growth: An Historical Census, St. David’s University Press 1987 (etext.org), archive.org.
  201. 171c ↑ Christian Müller: Gerichtspraxis im Stadtstaat Córdoba. Zum Recht der Gesellschaft in einer mālikitisch-islamischen Rechtstradition des 5./11. Jahrhunderts, Brill, Leiden 1999, S. 109-141 (Google Books).
  202. 172 ↑ Die Juden in der Welt: Spanien, Gallut Sfarad 2; „… die zu dem Ausweisungsbefehl von 1492 führen. 300.000 Juden (nach anderen Quellen 800.000) haben in dreimonatiger Frist Spanien zu verlassen. Ein Drittel wendet sich nach Portugal, ein Drittel nach der Türkei, etwa 25.000 gehen nach den Niederlanden, ebenso viele dürften nach Nordafrika, vornehmlich nach Marokko, gegangen sein, der Rest verteilt sich auf Frankreich, Italien, Ägypten …“; Gallut Sfarad 2; Zugriff 11. August 2008
  203. 173 ↑ Zu Pelayos Aufstand vgl. Jan Prelog: Die Chronik Alfons’ III., Frankfurt 1980, S. 154f.; Yves Bonnaz: Chroniques asturiennes, Paris 1987, S. 142f. Die Hauptquelle ist die Chronik Alfons’ III. (Redaktion B) 6.1, hgg. von Yves Bonnaz, Chroniques asturiennes, Paris 1987, S. 38f.; zu ihrer Glaubwürdigkeit siehe Claudio Sánchez-Albornoz: Orígenes de la Nación Española, Bd. 2, Oviedo 1974, S. 86–89 und 105–111.
  204. 174 ↑ Dies und das Folgende zu Kastilien nach dem Art. im Lexikon des Mittelalters, Bd. V, Sp. 1038-1049.
  205. 175 ↑ Antonio Riera Melis: Alfons V., in: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 1, Artemis & Winkler, München/Zürich 1980, Sp. 398.
  206. 176 ↑ Andrés Gamba (Hg.): Alfonso VI. Cancillería, curia e imperio, Centro de Estudios e Investigación "San Isidoro", 1998, S. 236.
  207. 177 ↑ Chronica Gothorum, hgg. von Alexandre Herculano in Portugaliae Monumenta Historica, Scriptores 1 (1856), S. 10f.
  208. 178 ↑ Antonio López Ferreiro: Historia de la Santa A. M. Iglesia de Santiago de Compostela. Bd. 3 (1900), Appendix Nr. 25, S. 75f.
  209. 179 ↑ Archivo de la Catedral de Lugo, Tumbo viejo, folio 16r.–17.
  210. 180 ↑ Ibn Challikan: Wafayāt al-aʿyān wa-anbāʾ abnāʾ az-zamān, in: The Image of Alfonso VI and His Spain in Arabic Historians, hgg. von Tom Drury, Princeton University, 1974, S. 326.
  211. 181 ↑ Las crónicas anónimas de Sahagún, hgg. von Julio Puyol y Alonso in: Boletín de la Real Academia de la Historia 67 (1920) §14, S. 120f.
  212. 182 ↑ María del Carmen Pallares Méndez, Ermelindo Portela: La Reina Urraca, Editorial Nerea, Domostia-San Sebastián 2006, S. 16. (Google Books)
  213. 183 ↑ Zitiert nach Therese Martin: Queen as King. Politics and Architectural Propaganda in Twelfth-Century Spain, Brill, Leiden 2006, S. 97, Anm. 5.
  214. 184 ↑ Charles Julian Bishko: The Spanish Journey of Abbot Ponce of Cluny, in: Ricerche di storia religiosa. Studi in onore di Giorgio La Piaña. Bd. 1 (1957), S. 311–319.
  215. 185 ↑ Cartulaire général de l’ordre des hospitaliers de Saint Jean de Jérusalem, 1110-1310. Bd. 1, hgg. von Joseph Delaville Le Roux (1894), S. 34.
  216. 186 ↑ Las crónicas anónimas de Sahagún, hgg. von Julio Puyol y Alonso in: Boletín de la Real Academia de la Historia. Vol. 77 (1920), §70–71, S. 53–59.
  217. 187 ↑ Las crónicas anónimas de Sahagún, hgg. von Julio Puyol y Alonso in: Boletín de la Real Academia de la Historia. Vol. 77 (1920), §73, S. 155f.
  218. 188 ↑ Documentos Medievais Portugueses, Dosumentos Régios. Vol. 1, hgg. von Rui Pinto de Azevedo (1958), Nr. 48–49, S. 59–60.
  219. 189 ↑ Historia Compostelana, hgg. von Enríque Flórez in: España Sagrada. Bd. 20 (1765), S. 270.
  220. 190 ↑ Calixti II papæ epistolæ et privilegia, hgg. von Jacques Paul Migne, Patrologiae cursus completus. Series Latina, Bd. 163, Sp. 1171.
  221. 191 ↑ Historia Compostelana, hgg. von Enríque Flórez in: España Sagrada. Bd. 20 (1765), S. 324–327.
  222. 192 ↑ História de Portugal III, hgg. von Luiz Gonzaga de Azevedo (1940), S. 123–125.
  223. 193 ↑ Calixti II papæ epistolæ et privilegia, hgg. von Jacques Paul Migne in, Patrologiae cursus completus. Series Latina. Bd. 163, Sp. 1222–1223 und 1299–1300.
  224. 194 ↑ Bei den Gründungsdaten folge ich dem Art. im Lexikon des Mittelalters, Bd. V, Sp. 1042.
  225. 195 ↑ Emilio Sáez: Alfons IX., in: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 1, Artemis & Winkler, München/Zürich 1980, Sp. 400–401.
  226. 196 ↑ Joseph F. O'Callaghan: Reconquest and Crusade in Medieval Spain, University of Pennsylvania Press, 2004, S. 145f.
  227. 197 ↑ Miguel Dolan Gomez: The Battle of Las Navas de Tolosa. The Culture and Practice of Crusading in Medieval Iberia, PhD diss., University of Tennessee, 2011, passim. (online)
  228. 198 ↑ Zu Ferdinand folge ich Ludwig Vones: Ferdinand III. ‘el Santo’, i: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 4, Artemis & Winkler, München/Zürich 1989, Sp. 359–360.
  229. 199 ↑ Emilio Sáez, Odilo Engels, Alberto Várvaro: Alfons X. der Weise, in: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 1, Artemis & Winkler, München/Zürich 1980, Sp. 396–398.
  230. 200 ↑ Digitalisat des Gesamtwerks und f. 290r
  231. 201 ↑ José M. Salrach Marés: Die Grafschaft Aragón, in: Lexikon des Mittelalters 1, Sp. 855f., Artemis, München und Zürich 1980.
  232. 201v ↑ Wolfgang Stürne: Friedrich II., Darmstadt 1992, S. 104f.
  233. 201w ↑ Wolfgang Stürne: Friedrich II., Darmstadt 1992, S. 120.
  234. 203 ↑ Alfred Kohler: Karl V. (1519–1556), in: Die Kaiser der Neuzeit, München 1990, S. 35.
  235. 204 ↑ Michael North: Das Geld und seine Geschichte. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Beck, München 1994, S. 86.
  236. 205 ↑ Brigitte Vacha (Hg.): Die Habsburger. Eine europäische Familiengeschichte, Wien 1992, S. 114.
  237. 206 ↑ Brigitte Vacha (Hg.): Die Habsburger. Eine europäische Familiengeschichte, Wien 1992, S. 115.
  238. 207 ↑ Horst Rabe: Reich und Glaubensspaltung. Deutschland 1500–1600, München 1989, S. 152.
  239. 208 ↑ Alfred Kohler: Karl V., Kaiser, in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 196; online.
  240. 209 ↑ Horst Rabe: Reich und Glaubensspaltung. Deutschland 1500–1600, München 1989, S. 153.
  241. 210 ↑ Horst Rabe: Reich und Glaubensspaltung. Deutschland 1500–1600. München 1989, S. 205f.
  242. 211 ↑ Gerhard Hartmann, Karl Schnith (Hg.): Die Kaiser, Wiesbaden 2006, S. 494.
  243. 212 ↑ Alfred Kohler: Karl V., Kaiser, in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 209; online.
  244. 213 ↑ Karl Brandi: Kaiser Karl V., F. Bruckmann, München, 7. Auflage 1964, S. 528f.
  245. 214 ↑ Mauricio Drelichman, Hans-Joachim Voth: The Sustainable Debts of Philip II. A Reconstruction of Castile’s Fiscal Position, 1566–1596, in: The Journal of Economic History 70,4 (2010) 813–842.
  246. 214q ↑ James Casey: The Kingdom of Valencia in the Seventeenth Century, Cambridge University Press, S. 6. (Google Books).
  247. 215 ↑ Vgl. Horst Pietschmann: Die staatliche Organisation des kolonialen Iberoamerika, Klett-Cotta, Stuttgart 1980, S. 120-123.
  248. 216 ↑ Horst Pietschmann: Die staatliche Organisation des kolonialen Iberoamerika, Klett-Cotta, Stuttgart 1980; S. 46f.
  249. 217 ↑ Horst Pietschmann: Die staatliche Organisation des kolonialen Iberoamerika, Klett-Cotta, Stuttgart 1980; S. 50f.
  250. 218 ↑ Horst Pietschmann: Die staatliche Organisation des kolonialen Iberoamerika, Klett-Cotta, Stuttgart 1980, S. 133.
  251. 219 ↑ Friedrich Edelmayer: Die Neue Welt. Süd- und Nordamerika in ihrer kolonialen Epoche, Promedia Verlag, Wien 2001, S. 67.
  252. 220 ↑ Zur Rolle der Kirche vgl. Hans-Jürgen Prien: Die Geschichte des Christentums in Lateinamerika, Göttingen 1978.
  253. 221 ↑ Horst Pietschmann: Die staatliche Organisation des kolonialen Iberoamerika, Klett-Cotta, Stuttgart 1980, S. 67 ff.
  254. 222 ↑ Friedrich Edelmayer: Die Neue Welt. Süd- und Nordamerika in ihrer kolonialen Epoche, Promedia Verlag, Wien 2001, S. 106–112.
  255. 223 ↑ Horst Pietschmann: Die staatliche Organisation des kolonialen Iberoamerika, Klett-Cotta, Stuttgart 1980, S. 85.
  256. 224 ↑ Horst Pietschmann: Die staatliche Organisation des kolonialen Iberoamerika, Klett-Cotta, Stuttgart 1980, S. 67ff.
  257. 225 ↑ Julia Ortiz Griffin, William D. Griffin (Hg.): Spain and Portugal: A Reference Guide from the Renaissance to the Present, Infobase, 2007, S. 207.
  258. 226 ↑ Julia Ortiz Griffin, William D. Griffin (Hg.): Spain and Portugal: A Reference Guide from the Renaissance to the Present, Infobase, 2007, S. 208.
  259. 227 ↑ Vgl. Thomas Hugh: The Spanish civil war, Penguin, 2013, S. 29.
  260. 228 ↑ Dirk Sasse: Franzosen, Briten und Deutsche im Rifkrieg 1921-1926. Spekulanten und Sympathisanten, Deserteure und Hasardeure im Dienste Abdelkrims, Diss. Münster 2003, S. 40.
  261. 229 ↑ Dirk Sasse: Franzosen, Briten und Deutsche im Rifkrieg 1921-1926. Spekulanten und Sympathisanten, Deserteure und Hasardeure im Dienste Abdelkrims, Diss. Münster 2003, S. 58f.
  262. 230 ↑ Rudibert Kunz, Rolf-Dieter Müller: Giftgas gegen Abd el Krim. Deutschland, Spanien und der Gaskrieg in Spanisch-Marokko 1922–1927, Rombach, Freiburg 1990, S. 72.
  263. 231 ↑ Dirk Sasse: Franzosen, Briten und Deutsche im Rifkrieg 1921-1926. Spekulanten und Sympathisanten, Deserteure und Hasardeure im Dienste Abdelkrims, Diss. Münster 2003, S. 56.
  264. 231n ↑ Pío Moa: El derrumbe de la segunda república y la guerra civil, Encuentro, 2001, S. 258f. (Google Books)
  265. 232 ↑ Christopher Othen: Franco’s International Brigades. Foreign Volunteers and Fascist Dictators in the Spanish Civil War, Reportage Press, 2008, S. .
  266. 233 ↑ Hugh Thomas: Der spanische Bürgerkrieg, Verlag Ullstein, 1967, S. 346.
  267. 234 ↑ Die IG FARBEN im Spanischen Bürgerkrieg, „Selbstverständliche Pflicht, Franco zu helfen“.
  268. 235 ↑ Hugh Thomas: Der spanische Bürgerkrieg, Ullstein, Berlin 1962, S. 194.
  269. 236 ↑ Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg, 2. Aufl., Goldmann, München 2008, S. 101.
  270. 237 ↑ Der Spanische Bürgerkrieg, Eine Chronologie (PDF; 432 kB).
  271. 238 ↑ Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg, 2. Auflage, Goldmann, München 2008, S. 255.
  272. 238d ↑ Robert H. Whealey: Hitler and Spain: The Nazi Role in the Spanish Civil War, 1936-1939, University Press of Kentucky, 1989, Paperback 2005, S. 122. (Google Books)
  273. 239 ↑ Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg, 2. Auflage, Goldmann, München 2008, S. 256.
  274. 240 ↑ The Wehrmacht’s Training Ground, Ian Allan publishing, 2004, S. 58
  275. 241 ↑ Martin Schumacher (Hg.): M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung 1933–1945. Droste-Verlag, Düsseldorf 1991, S. 109.
  276. 242 ↑ Fremde Freiheit, in: Die Zeit, Nr. 20/1992.
  277. 243 ↑ Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg, 2. Auflage, Goldmann, München 2008, S. 407.
  278. 244 ↑ Arno Lustiger: Schalom Libertad, Juden im Spanischen Bürgerkrieg, Aufbau Taschenbuch Verlag, 2001, S. 32.
  279. 245 ↑ Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg, 2. Auflage, Goldmann, München 2008, S. 253.
  280. 246 ↑ Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg, 2. Auflage, Goldmann, München 2008, S. 501.
  281. 247 ↑ Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg, 2. Auflage, Goldmann, München 2008, S. 224.
  282. 248 ↑ Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg, 2. Auflage, Goldmann, München 2008, S. 203.
  283. 249 ↑ Walter Lehmann: Rezension zu Walther L. Bernecker / Sören Brinkmann: Kampf der Erinnerungen, Sehepunkte 7 (2007), Nr. 12.
  284. 250 ↑ Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg. 2. Auflage, Goldmann, München 2008, S. 260.
  285. 251 ↑ Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg, 2. Auflage, Goldmann, München 2008, S. 210.
  286. 252 ↑ Walter L. Bernecker: Die internationale Dimension des Spanischen Bürgerkrieges: Intervention und Nichtintervention (PDF; 68 kB) S. 23.
  287. 253 ↑ Eine jüngere Untersuchung mit Schwerpunkt auf Barcelona bietet Chris Ealham: Class, Culture and Conflict in Barcelona, 1898-1937, Routledge 2013. (Google Books)
  288. 254 ↑ Max Nettlau: Bakunin und die Internationale in Spanien 1868–1873, in: Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung 4 (1914) 243-303, hier: S. 264.
  289. 255 ↑ Wolfgang Eckhardt (Hg.): Michael Bakunin. Konflikt mit Marx, Teil II: Texte und Briefe ab 1871, Karin Kramer Verlag, Berlin 2011, S. 409.
  290. 256 ↑ Max Nettlau: Anarchisten und Sozialrevolutionäre. ASY-Verlag, Berlin 1931, S. 289.
  291. 257 ↑ J. Romero Maura: Terrorism in Barcelona and its Impact on Spanish Politics 1904-1909, in: Past and Present 41,1 (1968) 130-183.
  292. 258 ↑ Max Nettlau: Die erste Blütezeit der Anarchie 1886-1894, Topos Verlag, Vaduz 1981, S. 335ff. Der 1. Mai wird in Spanien erst wieder seit 1977 begangen.
  293. 259 ↑ Max Nettlau: Die erste Blütezeit der Anarchie: 1886-1894, Topos Verlag, Vaduz 1981, S. 343.
  294. 260 ↑ Cristina Borderías: La Insurrección del Alto Llobregat, enero 1932. Un estudio de historia oral, Tesina de Licenciatura (Masterarbeit), Barcelona 1977.
  295. 261 ↑ Walther L. Bernecker: Krieg in Spanien 1936-1939. Darmstadt 2005, S. 167.
  296. 262 ↑ Heleno Saña: Die libertäre Revolution. Die Anarchisten im spanischen Bürgerkrieg, Nautilus, 2001, S. 129.
  297. 263 ↑ Larry Gambone: The Spanish CGT - The New Anarcho-syndicalism, 11. November 2004.
  298. 264 ↑ Zitiert nach Walter Lehmann: Rezension zu Walther L. Bernecker / Sören Brinkmann: Kampf der Erinnerungen, Sehepunkte 7 (2007), Nr. 12.
  299. 265 ↑ Walter Lehmann: Rezension zu Walther L. Bernecker, Sören Brinkmann: Kampf der Erinnerungen, in: Sehepunkte 7 (2007).
  300. 266 ↑ Vgl. dazu Gregor Ziolkowski: Das dunkelste Kapitel der Franco-Diktatur. Bericht des Deutschlandfunks, 23. September 2008.
  301. 267 ↑ Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg, in: Die Zeit, 13. Juli 2006.
  302. 268 ↑ Vgl. dazu Javier Tusell: El revisionismo histórico español. Juli 2004.
  303. 269 ↑ Entgegen der von der Frente Popular vorgetragenen Behauptung, die Morde seien ein spontaner Ausbruch des Volkszorns gewesen (…), waren sie vielmehr eine geplante und von den Staatsorganen selbst durchgeführte Operation. César Vidal: La guerra que ganó Franco. Barcelona 2007, S. 246.
  304. 270 ↑ Javier Bandrés, Rafael Llavona: La psicología en los campos de concentración de Franco, in: Psicothema 8,1 (1996) 1–11. Vgl. Rafael Llavona y Javier Bandrés: Psicología y anarquismo en la guerra civil española: La obra de Félix Martí-Ibáñez, Psicothema 10,3 (1998) 669-678. (online, PDF)
  305. 271 ↑ Bernd Rother: Spanien und der Holocaust, Niemeyer Verlag, Tübingen 2001.
  306. 272 ↑ Walther L. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, Beck, München 1997, S. 82.
  307. 273 ↑ Excelencia, esto ocurre en Auschwitz, in: El País, 21. März 2010.
  308. 274 ↑ The Spanish Government and the Axis
  309. 275 ↑ Die schwierige Rückkehr nach Sepharad, in: Jüdische Zeitung, März 2007.
  310. 276 ↑ Die schwierige Rückkehr nach Sepharad, in: Jüdische Zeitung, März 2007.
  311. 277 ↑ Walther L. Bernecker, Sören Brinkmann: Kampf der Erinnerungen. Der Spanische Bürgerkrieg in Politik und Gesellschaft 1936-2006, Münster 2006.
  312. 278 ↑ Gregor Ziolkowski: Das dunkelste Kapitel der Franco-Diktatur, Bericht des Deutschlandfunks, 23. September 2008.
  313. 279 ↑ Wo Franco 5000 Opfer verscharren ließ, Spiegel, 1. September 2003.
  314. 280 ↑ W. Bernecker, S. Brinckmann: Zwischen Geschichte und Erinnerung. Zum Umgang mit der Zeitgeschichte in Spanien, in: A. Nützenadel u. a. (Hg.): Zeitgeschichte als Problem. Nationale Traditionen und Perspektiven der Forschung in Europa (Geschichte und Gesellschaft Sonderheft 20), Göttingen 2004, 78–106, hier: S. 105; Guardian: A painfull past uncovered. 21. August 2008.
  315. 280c ↑ Marco Claas: Der Aufstieg der Falange Española. Faschistische Kultur und Gewalt im Nordwesten Spaniens 1933-1937, Göttingen 2016, S. 228.
  316. 281 ↑ La ley de memoria se aprueba entre aplausos de invitados antifranquistas, in: El País, 1. November 2007
  317. 283 ↑ In: The Times Literary Supplement vom 11. März 2005, zit. in der „Welt“ vom 15. März 2005.
  318. 284 ↑ Stanley Payne: Geschichte des Faschismus. Aufstieg und Fall einer europäischen Bewegung, Wien 2006, S. 323.
  319. 285 ↑ Ernst Nolte: Die faschistischen Bewegungen (= dtv-Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, Band 4), München 1966, S. 141.
  320. 286 ↑ Vgl. auch dieses franquistische Propagandaplakat.
  321. 287 ↑ Carlos Collado Seidel: Der Spanische Bürgerkrieg. Geschichte eines europäischen Konflikts, Beck, München 2006, S. 187.
  322. 288 ↑ Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg, Besprechung in: Die Welt, 15. Juli 2006.
  323. 289 ↑ U. a. von Michael Richards: Civil War, violence and the construction of Francoism, in: Paul Preston, Ann L. Mackenzie (Hg.): The Republic Besieged. Civil War in Spain 1936-1939. Edinburgh 1996, S. 197–239.
  324. 290 ↑ BELEG
  325. 291 ↑ Carme Molinero, Margarida Sala, Jaume Sobrequés (Hg.): Una inmensa prisión. Los campos de concentración y las prisiones durante la guerra civil y el franquismo, Crítica, Barcelona 2003. (Google Books)
  326. 292 ↑ Fernando Mendiola, Edurne Beaumont: Esclavos del franquismo en el Pirineo, La carretera Igal-Vidángoz-Roncal (1939–1941). Navarra 2007, S. 74–76. (Google Books)
  327. 293 ↑ Walther L. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, Beck, München 1997, S. 69. (Google Books)
  328. 294 ↑ Salvador de Madariaga: Spanien. Land, Volk und Geschichte, Heyne, 1983, S. 353.
  329. 295 ↑ Stanley G. Payne: Fascism in Spain, 1923-1977, University of Wisconsin Press, 1999, S. 450f.
  330. 296 ↑ Walther L. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, Beck, München 1997, S. 77.
  331. 297 ↑ Rote Mützen, in: Der Spiegel, 6. Januar 1969.
  332. 298 ↑ Walther L. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, Beck, München 1997, S. 154.
  333. 299 ↑ Walther L. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, Beck, München 1997, 162.
  334. 300 ↑ Walther L. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, Beck, München 1997, S. 145 f.
  335. 301 ↑ Nikolaus Nowak: Neue Quellen über Papst Pius XI. und Francos Krieg, in: Die Welt, 28. Januar 2008, S. 29.
  336. 302 ↑ Absatz 20; nachdem er in Dilectissima nobis bereits eine ganze Enzyklika der „Kirchenverfolgung in Spanien“ während der Zweiten Republik gewidmet hatte.
  337. 303 ↑ Walther L. Bernecker, Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, Beck, München 1997, S. 71.
  338. 304 ↑ Raimund Beck: Das Regierungssystem Francos, Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1979, hier: S. 206.
  339. 305 ↑ Aufgrund des Abkommens operierten die USA in Spanien auch mit Nuklearwaffen. In Palomares kam es hierbei 1966 nach dem Absturz einer B-52 zu dem bislang folgenreichsten Unfall mit Waffen dieser Kategorie, siehe atomwaffena-z.info. Franco strebte möglicherweise später selbst nach Nuklearwaffen, siehe sueddeutsche.de und diepresse.com
  340. 306 ↑ Eine zeitgenössische Kritik an dieser Annäherung an Franco-Spanien hat James Wright in seinem Gedicht Eisenhower’s Visit to Franco (1959) formuliert, siehe uni-giessen.de
  341. 307 ↑ Walther L. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, Beck, München 1997, S. 138 f.
  342. 308 ↑ Interview mit Paul Preston: Das Ende des Schweigens, in: Die Welt, 26. Mai 2005.
  343. 309 ↑ David Zurdo, Angel Gutiérrez: La vida secreta de Franco. El rostro oculto del dictador, Edaf, Madrid 2005, S. 210.
  344. 310 ↑ Zum Themenkreis der spanischen Vergangenheitsbewältigung während und nach der Transición vgl. Julia Machter: Verdrängung um der Versöhnung willen? (PDF; dt.; 504 kB) sowie dieses Interview mit Walther L. Bernecker und Interview mit Paul Preston: Das Ende des Schweigens, in: Die Welt, 26. Mai 2005. Siehe auch Wunderbare Mamita, in: Die Welt, 10. Oktober 2006.
  345. 311 ↑ Eine Zusammenfassung des Films kann auf fictionzone.comicblog.de nachgelesen werden.
  346. 312 ↑ Vgl. etwa Franco spaltet Spanien noch immer, in: Die Welt, 19. November 2005.
  347. 313 ↑ Wo Franco 5000 Opfer verscharren ließ, in: Spiegel Online, 1. September 2003.
  348. 314 ↑ Irene Fuentetaja Cobas, Laura Mestre Gascón in arte.tv
  349. 315 ↑ W. Bernecker, S. Brinckmann: Zwischen Geschichte und Erinnerung. Zum Umgang mit der Zeitgeschichte in Spanien, in: A. Nützenadel u. a. (Hg.): Zeitgeschichte als Problem. Nationale Traditionen und Perspektiven der Forschung in Europa (Geschichte und Gesellschaft Sonderheft 20), Göttingen 2004, S. 78–106, 105. A painfull past uncovered, in: Guardian, 21. August 2008; siehe zum Beispiel: Republicanos muertos en Albalate, in: El Periódico de Aragón, 5. September 2008, elperiodicodearagon.com. PP y CC rechazan realizar una de ley de exhumación de desaparecidos en Canarias durante la Guerra, in: Canarias 24 horas, 12. Juni 2008, canarias24horas.com. PoblacionPress, Tenemos un problema en Monroyo, 22. Mai 2007: poblacionpress.net. La exhumación cuenta con el apoyo de la alcaldía, in: La Voz de asturias, 2. August 2007, lavozdeasturias.es. Vgl. auch die die Stellungnahme der konservativen Bürgermeisterin von Santa Cruz im Dokumentarfilm Santa Cruz por ejemplo… – Der Mord von Santa Cruz von H. Peseckas und G. Schwaiger. Ute Müller: Franco-Opfer: Richter will Schicksal klären. In: Die Welt, 3. September 2008
  350. 316 ↑ Zu den Vorfällen in Madrid: Letzte Franco-Statue wird entfernt, in: Kölner Stadtanzeiger, 18. März 2005.
  351. 317 ↑ Spanien will Franco-Symbole entfernen, in: Tages-Anzeiger, 11. Oktober 2007 (archive.org, 24. Oktober 2007).
  352. 318 ↑ Cortes de España: LEY 52/2007, de 26 de diciembre. 27. Dezember 2007, abgerufen am 10. Juni 2012 (PDF; 197 kB, spanisch, Text des Gesetzes).
  353. 319 ↑ Mit dem Problem der Zerstörung von Kulturgütern als Folge dieses Gesetzes beschäftigt sich eine Zeitschrift des Kulturministeriums aus dem Jahr 2009 Antón Castro, Antonio Rodríguez (Hg.): Conservar o destruir: la Ley de Memoria Histórica. REVISTA PATRIMONIO CULTURAL DE ESPAÑA, Ministerio de Cultura, Madrid 2009, S. 322 (online, PDF).
  354. 320 ↑ Späte Heimkehr, in: Die Welt, 26. Januar 2009.
  355. 321 ↑ Montejurra: La Operación Reconquista y el acta fundacional de las tramas antiterroristas, Partido Carlista de Euskalherria.
  356. 322 ↑ Walter Laqueur: Faschismus. Gestern, Heute, Morgen, Ullstein 2000, S. 177 f.
  357. 323 ↑ Operation Enduring Freedom, Coalition Deaths by Nationality, archive.org, 23. April 2015.
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  360. 326 ↑ Spanien meldet höchste Arbeitslosenquote aller Zeiten, AFP, 25. April 2013.
  361. 32a6 ↑ Zahl der Arbeitslosen in Spanien im Januar leicht gestiegen, finanzen.net, 3. Februar 2015.
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  382. 347 ↑ Spanischer König besucht in einem symbolischen Akt Marokko, in: EuropeNews, 17. Juli 2013.
  383. 348 ↑ Gerechtigkeit für sephardische Juden, in: Die Welt, 11. Februar 2014.

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