Home Impressum Sitemap

Hans-Jürgen Hübner:

Ojibwa - Anishinabe

Zum Buchladen
Geschichte und Gegenwart Kanadas

Version 1.242 (30. November 2014)
Reservate der Anishinabe

Die Ojibwa bezeichnen sich zunehmend als Anishinabe (Plural: Anishinabek).1 Die Bezeichnung Ojibwa (auch Ojibway oder Chippewa, wie in den USA) geht auf eine indianische Gruppe zurück, die im 17. Jahrhundert um Sault Ste Marie in Ontario lebte, und die die Franzosen Outchibou nannten. Sie gehörten einer Gruppe von Stämmen an, die nordwestlich der Georgian Bay und am östlichen Lake Superior wohnten, und auf die dieser Name ausgedehnt wurde. Sie wurden auch Saulteurs oder Saulteaux genannt. Man schätzt die Ojibwa des 17. Jahrhunderts auf rund 4.500 Menschen, doch wurde der Begriff auf weitere Gruppen ausgedehnt, die vielleicht 10.000 Menschen umfassten. Darüber hinaus kam es zu Westwanderungen, die ihr Gebiet vergrößerten.

Die Sprachen der Ojibwa zählen zur Central Algonquian language, die nahe mit den Sprachen der Odawa, Cree und Potawatomi verwandt ist.

Inhalt

Geschichte

Die Herkunft der Bezeichnung ‘Ojibwe’ ist nicht geklärt. Edmund Danziger (1978) behauptet der Name leite sich von von Ozhibii'oweg (‘Those who keep Records of a Vision’ - ‘Jene, die ihre Visionen aufzeichnen’)1a her. Dies sei demnach die Bezeichnung eines benachbarten Stammes. Hingegen vertrat Frances Densmore (1929) die heute verbreitete Deutung, bei ‘Ojibwe’ handele sich um eine bloße Variante zu ‘Anishinaabeg’ . Diese sei auf ein Verb zurückzuführen, das ‘rösten, bis es sich kräuselt’ bedeute (ein Hinweis auf die Methode, die Nähte von Mokassins zu dichten). Das Weglassen des O im Wort O'chippewa, einer der Schreibvarianten von ‘Ojibwe’, durch euroamerikanische Autoren habe später zum Entstehen des Wortes Chippewa geführt, womit die US-Regierung bis heute die Gruppe bezeichnet.1b

George Catlin - Sha-có-pay, The Six, Chief of the Plains Ojibwa - Google Art Project
Sha-có-pay (The Six), ein Häuptling der Plains Ojibwa, George Catlin (1796–1872), 1832, Öl auf Leinwand, 73,7 * 61 cm, Smithsonian American Art Museum

Als die Europäer in ihr Gebiet kamen, lebten die Ojibwa von der Jagd, vom Fischfang und vom Sammeln. Sie lebten in Birkenrindenhäusern, die konisch waren und Kuppeln aufwiesen; sie trugen Kleider aus Fellen und bewegten sich mittels Birkenholzkanus auf den zahlreichen Flüssen und Seen. Im Winter nutzten sie hierzu Schneeschuhe. Ihre Sommerdörfer bargen 150-300 Einwohner. Die Ehen wurden häufig mit einem Kind der Vaterschwester oder des Mutterbruders geschlossen (cross-cousin).

Die natürliche Umgebung brachte zahlreiche Geister (spirits) hervor, die vielfach differenzierte Ansprache verlangten. So waren komplexe Zeremonien und die Visionssuche verbreitete Praktiken. Für die Heilung waren Schamanen verantwortlich, die Riten, wie das Shaking Tent durchführten, um mit den Spirits Kontakt aufzunehmen. Bei den westlichen Ojibwa mündete dies in eine Große Medizingesellschaft, die Midewiwin.

Der Pelzhandel wurde anfänglich von Nipissing und Algonkin vermittelt, doch als Mitte des 17. Jahrhunderts die Expansion der Irokesen und die Vernichtung der Huronen weiträumige Völkerwanderungen auslöste, machte dies die Ojibwa selbst zu Mittelsmännern im Pelzhandel zwischen Franzosen und Briten auf der einen und den nördlichen und westlichen Indianervölkern auf der anderen Seite. So entstanden Feierlichkeiten anlässlich des massenhaften Tausches an Gütern europäischer Herkunft gegen Pelze und andere Waren. Diese nannte man Feast of the Dead.

Zwischen 1680 und 1800 lassen sich vier Großgruppen unterscheiden, die sich vier verschiedenen natürlichen Umgebungen, aber auch Kontaktkonstellationen mit den Euroäern angepasst hatten. Die Gruppen, die den Lake Superior hinter sich ließen und südwärts nach Wisconsin und Minnesota zogen - und dabei die Dakota verdrängten - werden als Southwestern Chippewa bezeichnet. Die Gruppen, die im nördlichen Waldgebiet von Ontario und Manitoba in einem erheblich kälteren Gebiet lebten, werden Northern Ojibwa genannt. Nach 1780 finden sich Gruppen in Manitoba, Saskatchewan und North Dakota; sie wurden als Plains Ojibwa oder Bungi bezeichnet. Die Southeastern Ojibwa hingegen lebten im südlichen Zentral-Ontario und der unteren Michigan-Halbinsel. Vor allem die Gruppen im südlichen Ontario betrieben auch Ackerbau neben Jagd und Fischfang. Dabei wurden einige Pelztiere überjagt, viele europäische Güter, insbesondere Werkzeuge und Waffen, verdrängten die älteren Güter. In den nördlichen Gruppen tauchten Jagdgebiete als ausschließliches Gebiet bestimmter Familien auf.

Vor 1760 unterstützten die meisten Ojibwa die Franzosen im Kampf gegen die Briten. Doch während der Amerikanischen Revolution und des Krieges von 1812-15 standen sie auf britischer Seite. Sie konvertierten zuerst im Südosten zum Christentum, später im Nordwesten. Erste Verträge mit der Kolonialmacht kamen nicht vor 1850 zustande. Das 1867 gegründete Kanada hingegen drängte auf schnelle Verträge, die als Numbered Treaties bekannt wurden. Dabei bestimmte der Staat, was ein Stamm (band) sei, vielfach auch, wer der Häuptling (chief) sei, und ob es überhaupt einen gab. Wenn nicht, so wurde kurzerhand einer bestimmt, der den Vertrag unterzeichnen sollte.

Gegenwart

Eine äußerst grobe Schätzung geht von mindestens 10.000 Ojibwa aus, als sie erstmals Europäern begegneten. 1996 gab es 140.000 registrierte Angehörige von Ojibwa-Stämmen. Der Großteil der Anishinabe in den USA lebt heute in sieben Reservaten in Minnesota, fünf in Wisconsin und einem Reservat in North Dakota, darüber hinaus in mehreren Großstädten, besonders in Minneapolis und St. Paul am Oberlauf des Mississippi. Um den Gebrauch der traditionellen Sprache gegenüber dem Englischen zu stärken, erklärte die Red Lake Nation Ojibwe zur offiziellen Sprache. Lernprogramme auf der lokalen Ebene und via Internet sind Teile des Programms zur Wiederbelebung.2

Literatur

Externe Links

Anmerkungen

  1. 1 ↑ Die Bezeichnung Chippewa o. ä. bevorzugen etwa die:
    • Athabasca Chipewyan First Nation
    • Chipewyan Prairie First Nation
    • Chippewas of Georgina Island First Nation
    • Chippewas of Kettle & Stony Point First Nation -
    • Chippewas of Nawash Unceded First Nation
    • Chippewas of the Thames First Nation.
    Die im amtlichen Sprachgebrauch Chippewas of Mnjikaning First Nation genannte Gruppe nennt sich selbst Rama Mnjikaning First Nation, benutzt also weder Chippewa- noch Anishinaabek-Derivate. Die, die sich selbst Wauzhushk Onigum First Nation nennen, heißen im amtlichen Gebauch Anishinabe of Wauzhushk Onigum. Anders bezeichnen sich die
    • Animbiigoo Zaagi'igan Anishinaabek
    • Anishnaabeg of Naongashiing
    • Biinjitiwaabik Zaaging Anishinaabek
    • Bingwi Neyaashi Anishinaabek
    • Ketegaunseebee Anishnabai, Garden River First Nation
    • Kitigan Zibi Anishinabeg
    • Nation Anishnabe du Lac Simon
    • Roseau River Anishinabe First Nation Government
    • Sagamok Anishnawbek.
  2. 1a ↑ Eastern Woodland Hunters
  3. 1b ↑ Ojibwe History
  4. 2 ↑ Ojibwe declared Red Lake Nation official language; language revitalization meeting scheduled, in: The Bemidji Pioneer, 10. Juni 2010.

Für die Abbildungen gilt:

Kopieren, Verbreiten oder Modifizieren ist unter den Bedingungen der GNU Free Documentation License, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation, erlaubt. Eine Kopie des Lizenztextes ist unter dem Titel GNU Free Documentation License enthalten.

Der Text findet sich hier.