Die Sankt-Lorenz-Irokesen lebten bis in das späte 16. Jahrhundert entlang des Sankt-Lorenz-Stroms in Québec und Ontario sowie im Bundesstaat New York. Die wichtigste Quelle zu ihrer Geschichte stellen die Aufzeichnungen des Franzosen Jacques Cartier dar, der sich um 1535 in der Region aufhielt. Zwischen seinem Aufenthalt und 1615 sind sie verschwunden, wobei unklar ist, ob sie eingeschleppten Epidemien zum Opfer fielen, oder ob sie vor ihnen oder anderen, uns unbekannten Bedrohungen flohen. Die Bezeichnung Sankt-Lorenz-Irokesen geht auf Bruce G. Trigger (1972) zurück; Georges Sioui (1992) bevorzugt Laurentian Nadoueks, da die Algonquin ihre irokesischen Nachbarn vielfach als Nadouek oder Naudoway bezeichneten.
Die archäologische Situation hat sich seit den 1990er Jahren deutlich verbessert. Im südlichen Ontario sind inzwischen etwa 50 Irokesendörfer aus der Zeit vor 1534, dem Jahr der ersten Überlieferung mit Europäern teilweise oder ganz ausgegraben worden. Allein im mittleren und westlichen Süd-Ontario schätzt man die Zahl der Dörfer auf mehr 1500. Dies hängt damit zusammen, dass sie ihre Dörfer immer nur wenige Jahrzehnte lang bewohnten, und die verlassenen Stätten auch selten wieder besiedelten.
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Mit der zunehmenden Nutzung von Mais als Grundnahrungsmittel gingen in der nordöstlichen Region um 1000 viele Irokesen von einer mehr oder minder nomadischen Lebensweise zu dauerhafteren Niederlassungen über. Die Fruchtbarkeit des Bodens entlang des Sankt-Lorenz-Tals ebenso wie der reiche Fischbestand und die umgebenden Wälder mit viel Wild boten geeignete Plätze für Siedlungen. Etwa um 1300 begann sich das Bild der Siedlungen zu den befestigten Dörfern zu wandeln, für die die Sankt-Lorenz-Irokesen bekannt wurden.
Jacques Cartier besuchte 1535 und 1536 einige Irokesendörfer nördlich der Île d’Orléans, darunter das Dorf Stadacona, etwa am gleichen Ort wie die heutige Stadt Québec, und das Dorf Hochelaga in der Umgebung des heutigen Montreal. Archäologen gruben andere ähnliche Dörfer weiter westlich, unweit des östlichen Ufers des Ontariosees, aus. Die Sankt-Lorenz-Irokesen lebten in Dörfern, die meist wenige Kilometer vom Sankt-Lorenz-Strom entfernt lagen und oft von hölzernen Palisaden umgeben waren. Bis zu 2.000 Menschen lebten in den größeren Dörfern. Obwohl Cartier Langhäuser in Hochelaga erwähnte, überlieferte er keine Beschreibung von Stadacona oder von benachbarten Dörfern. Eines von ihnen stand nahe der kanadisch-amerikanischen Grenze, unweit des Südufers des Sant-Lorenz-Stroms südlich von Saint-Anicet. An dieser Ausgrabungsstätte, der Tsiionhiakwatha/Droulers archaeological site entstand ein interpretation center mit Rekonstruktionen der Häuser, das am 15. Mai 2010 eröffnete. Es handelt sich um eines der bedeutendsten Dörfer, das um 1450 von etwa 500 Irokesen am La Guerre River erbaut wurde.
Linguistische Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Sankt-Lorenz-Irokesen einige unterschiedliche Dialekte entwickelten, oft als Laurentisch bezeichnet, eine der Sprachen der irokesischen Sprachfamilie. Da nur spärliche Aufzeichnungen von Cartier während seiner Reise von 1535 bis 1536 gemacht wurden, darunter zwei Vokabellisten mit insgesamt etwa 200 Wörtern, könnten die Sankt-Lorenz-Irokesen zwei oder mehr verschiedene Sprachen in einem Gebiet gesprochen haben, das sich über 600 km vom Ontariosee bis zur Île d'Orléans erstreckte.
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